39 || Ausreißen mit Freude

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,,Gina, was ist denn los?" Vernehme ich die müde Stimme von Gillian, am anderen Ende der Leitung. ,,Ich habe schon geschlafen", quengelt sie.

,,Tut mir leid, aber es ist wichtig", ich jogge die Straße endlang und sehe auf meine Handyuhr. Noch fünf Minuten und der letzte Bus macht seine Abfahrt.

,,Ahja", murmelt Gillian ,,So wichtig, dass es nicht bis morgen warten kann?"

Ich laufe weiter die Straße hinunter, bis ich schweratmend an der Bushaltestelle ankomme und meine Hände auf meine Knie abstütze.

,,Wir haben doch mal gesagt", ich nehme ein paar mal tief Luft, ,,Egal was kommt, wir sind immer für einander da, oder?" Ich atme tief ein und aus und krame das restliche Geld aus meiner Jacke, was ich noch finden kann.

,,Schieß los", ich höre wie sich Gillian aufsetzt, da man Kissen rascheln hört und sie dann müde seufzt.

,,Also", fange ich an, wobei ich mir jetzt schon ihre Reaktion ausmalen kann ,,Ich steige gleich in den Bus und bin in eineinhalb Stunden in Danville", fange ich an und sehe den Bus bereits um die Ecke biegen und auf mich zukommen.

,,Was?" Auf einmal klingt Gillian hellwach. ,,Gina, es ist ein Uhr morgens!" Bringt sie aufgebracht entgegen, wobei nun kein bisschen Müdigkeit mehr in ihrer Stimme zu hören ist.

,,Ja, ich kann auch Uhren lesen", entgegne ich und warte darauf dass der Bus anhält, damit ich vorne einsteigen kann.

,,Eine Langstrecken Fahrkarte bitte", ich lege das Geld auf die kleine Platte und bekomme einen musternden Blick von der Fahrerin.

,,Ist es nicht einwenig zu spät für dich, jetzt noch eine Langstrecke zu fahren?" Sie blickt mich fragend an, aber ich schüttel nur mit den Kopf. ,,Ganz und gar nicht", ich schenke der Busfahrerin ein freundliches Lächeln, aber kassiere nur einen irritierten Blick.

Wiederum tippt sie dann kurz auf ihr Display herum und ich schnappe mir gleich darauf die Fahrkarte, die bei dem kleinen Spalt herauskommt.

,,Danke sehr." Ich gehe in schnellen Schritten in den hintersten Bereich des Buses und lege mein Handy wieder an mein Ohr.

,,Also?" Frage ich Gillian, die gerade einen Satz beendet hat, den ich nicht gehört habe. ,,Kann ich bei dir Schlafen oder muss ich meine Nacht neben Obdachlosen verbringen?"

Ich höre ein schnaufen von der anderen Seite und dann eine kurze Stille, ehe Gillian antwortet.

,,Schreib mir wenn du da bist", erklingt dann wieder ihre müde und erschöpfte Stimme. ,,Aber ich werd ein Hühnchen mit dir rupfen wenn du hier bist. Meine Mutter hat ohnehin momentan ziemlich schlechte Laune, da macht dein spontaner Besuch sicherlich keine plus Punkte".

,,Ach komm", ich winke ab, obwohl ich weiß dass sie es nicht sehen kann. ,,Deine Mutter liebt mich".

Ich platziere meine Reisetasche neben mich und fahre mir einpaar mal durch meine Haare, so dass sie nicht länger einem Vogelnest gleichen, da der Wind vom laufen ziemliches angerichtet hat.

,,Hmm", kommt es nur von Gillian ,,Wie auch immer, ich werd jetzt noch einwenig Schlafen. Im Gegensatz zu dir bin ich nämlich verdammt müde."

,,Na schön, dann bis gleich", flüster ich in den Hörer, da ich mir sicher bin, dass die Busfahrerin unser ganzes Gespräch mitverfolgen konnte, so leise wie es hier drinnen ist.

,,Bis gleich", murmelt Gillian nur zurück und ich höre sie in ihrem Bett herum drehen und dann auflegen.

Ich weiß auch nicht wieso meine Laune rapide gestiegen ist. Vielleicht ist es das Adrenalin, welches durch meinen Körper strömt und meine Zellen wieder zum erwecken bringt.

Sag Niemals NieWhere stories live. Discover now