12 || Wenn Blicke töten könnten...

11.5K 299 21
                                    

Langsam gewöhne ich mich an den morgendlichen Ablauf der Lockwoods und finde mich immer mehr zurecht in deren Haus, wie auch in ihren Alltag.

Sofern die ersten Stunden am Morgen reibungslos verlaufen, wie an diesem Morgen der fall war und ich mit einem Brötchen in der Hand die Tür ins Schloss fallen lasse.

Mason und Jace haben heute, wie auch sonst, nichts für mich übrig und reden über das bevorstehende Football Spiel von Jace, am bevorstehenden Sonntag.

Das war ebenfalls das Gesprächsthema am letzten Abendbrotstisch gewesen, da meine Mom unbedingt Jace spielen sehen will und aus „Ich würde dich gerne Spielen sehen" ein „Gina und ich" draus machte, wodurch sie ein bösen Blick von mir einfing.

Als das Essen endlich vorbei war, hatte sie mich zur Seite genommen und mir erklärt, dass dies ein guter weiterer Einstieg wäre, mich mit Jace besser zu verstehen.

Sie hörte mir aber schon gar nicht mehr zu, als ich ihr versuchte zu erklären, dass dies nicht in meiner Intention liegt und Jace sich doch auch keine Mühe machen würde.

Auch wenn wir uns gestern für einen kurzen Moment gut verstanden haben, weiß ich jetzt schon, dass dies nicht lange anhalten wird.

Wir sind so unterschiedlich und außerdem können wir uns immer noch nicht leiden.

Im allgemeinen kann ich diese ganze Familiensituation nicht leiden. Alles ist so viel... mehr.

Der Abwasch ist mehr.

Das Essen ist mehr.

Alleine fürs Tischaufdecken brauche ich länger als alles andere. Meine Mutter und ich haben früher nur im seltensten Falle am Tisch gesessen und gegessen. Meistens saßen wir vor dem Fernseher oder einfach nur auf der Couch und redeten über Gott und die Welt.

Das vermisse ich am meisten seit dem ich hier bin. Die Zeit mit meiner Mom. Denn wir beide haben eine ganz besondere Bindung zueinander, aber seitdem ich hier bin, habe ich das Gefühl das Mathew nun die neue Nummer eins ist.

Vielleicht kommt mir das auch nur so vor, da ich noch nie eine Art „Vater" hatte. Schließlich war ich gerade mal sieben Jahre alt als mein Vater meine Mutter und mich verließ und daraufhin nie mehr zurückkehrte.

Mein Mom hatte mir erzählt, dass sie zu diesem Zeitpunkt alles getan hatte um ihn davon abzuhalten zu gehen. Sie hatte ihn angefleht, angebettelt er solle doch bei ihr und mir bleiben.

Danach hatte sie mir immer wieder eingeflößt mich nie von einem Jungen abhängig zu machen.

Auch wenn sie mittlerweile drüber hinweg ist, hat sie jedes Mal diesen einzigartigen, schmerzhaften Gesichtsausdruck, wenn sie mir von meinem Vater erzählt.

Früher wollte ich noch viel von ihm wissen. Die Anrufe an Geburtstagen und Weihnachten reichten mir schon schnell nicht mehr, aber er war immer zu beschäftigt um sich genügend Zeit für mich zu nehmen.

Als ich klein war hatte ich ihn dafür entschuldigt, aber mitlehrweile habe ich verstanden dass ich ihn nicht interessiere. Nur meine Mom vermisst er noch manchmal, weswegen er auch gestern unbedingt anrufen wollte.

Aber nun war ein neuer Tag, in einer neuen Stadt, in einer neuen Familie. Und nachdem der Morgen gut verlaufen ist, gingen auch die Schulstunden schnell rumm.

In der zweiten Pause sitze ich mit Viola, Jes und Layla auf den Stufen vor den Schuleingang und rede über Jes Probe am Nachmittag.

„Zuerst werden wir den Song „Make You Mine" von The Public Spielen. Das wird recht gut laufen, aber am meisten Angst habe ich vor meinem Solo. Auch wenn ich Let Her Go schon gefühlte eintausendmal geprobt habe, bin ich mir doch noch manchmal unsicher ", nervös pult Jes an ihrer Nagelhaut herum und scheint tief in Gedanken versunken zu sein.

Sag Niemals NieWhere stories live. Discover now