7 || Montagmorgen

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Als an diesem Morgen mein richtiger Wecker klingelte und das Lied "Golden" von Harry Styles Spielte, kam ich kaum aus dem Bett.

Ich hatte definitiv zu wenig geschlafen und rollte mich weiter im Bett herum, bis meine Mutter durch meine Tür lugte.

„Gina, du hast Schule! Aufstehen!" Ohne auf meine Antwort zu warten, war sie auch wieder verschwunden und ich quäle mich widerspenstig aus meinem gemütlichen Bett.

Ich schlurfe in Richtung Badezimmer und will gerade die Türklinke runterdrücken, als sie von der anderen Seite geöffnet wird und ein verschlafener Jace vor mir steht.

Mein Blick fällt auf seine Augenringe, die sicherlich bei mir ebenfalls vorhanden sind, nur dass ich sie gleich mit Concealer überschminken werde.

Als Jace mich erblickt, verdunkeln sich seine Gesichtszüge zu einer wütenden Miene. Ohne was zu sagen geht er an mir vorbei in sein Zimmer.

Ich sehe ihm noch kurz nach und muss schmunzeln. Das hat er verdient.

Schnell putze ich mir meine Zähne und suche mir ein schickes, aber bequemes Outfit raus. Ich lege mir meine Schulsachen zurecht und werfe ein Blick auf mein Handy. Ich habe noch ein wenig Zeit zum Frühstücken.

Auch wenn ich zwar kein Hunger habe, drückt meine Mom mir etwas zu essen in die Hand, was ich in Windeseile aufesse.

„Bist du aufgeregt?" Fragt sie mich, wie als wäre die Frage zu schwer, um sie selbst zu beantworten.

„Natürlich bin ich das", gebe ich nervös wieder und gehe nochmal alles im Kopf durch, bis ich mir sicher bin, dass heute nichts schieflaufen dürfte.

Mathew hatte mir sogar extra den Stundenplan von Jace gegeben, damit ich weiß an welchen Tagen wir gleichlang haben, so dass er mich mit nachhause nehmen kann.

Heute müsste einer dieser Tage sein.

„Kommst du?" Jace Kopf tauch in der Küchentür auf wo meine Mom gerade ihre dritte Tasse Kaffee runterkippt.

„Viel Spaß", meine Mom winkt mir noch nach, als ich hinter Jace die Küche verlasse.

Spaß? Seit wann verbindet man Schule denn mit Spaß?

Jace fährt einen sportlichen BMW mit fünf sitzen, der fertig in der Auffahrt des Hauses steht.

Da Mason und er vorne platznehmen, mache ich es mir auf der Rückbank bequem. Sobald Jace den Motor startet, geht das Radio an und wurde auch bis zur Schule nicht mehr ausgemacht. Eigentlich hätte ich damit kein Problem gehabt, wäre die Lautstärke nicht so hoch gedreht, dass ich mich frage wie die beiden noch hören können.

Nach keiner allzu langen Fahrt, kommen wir beim Schulparkplatz der Charlottesville Highschool an. Es ist ein großes, aber recht schlichtes Gebäude, wovor sich Massen an Schüler tummeln.

Rasch packe ich meine Tasche und steige aus, wobei schon gleich Blicke auf mir landen. Ein paar fangen sogar an zu reden und gucken mich dabei verschwörerisch an.

Das wird ja ein toller Schultag! Abwesend verdrehe ich meine Augen und mache mich auf den Weg zum Eingang, als ich von Jace wieder zurückgerufen werde.

„Ey, Gina", zum ersten Mal höre ich ihn meinen Namen aussprechen und auf eine merkwürdige Weise gefällt es mir.

Ich drehe mich zu ihm um und ziehe fragend eine Augenbraue nach oben.

„Sei pünktlich, ich werde nicht auf dich warten, verstanden?" Es war weniger eine Frage, sondern vielmehr eine Aussage.

Ich mag es nicht, dass er so fordernd mit mir spricht. Wie als wäre ich seine bedienstete. Wiederum will ich auch nicht noch mehr Streit mit ihm anfangen, da dies wohl heißen würde, dass ich den Rücktritt alleine und zu Fuß antreten müsste.

„Verstanden", gebe ich nur zurück und gehe endlich Richtung Eingang, der mir wie das Tor zur Hölle erscheint.

Überall sind Schüler, von denen ich nicht ein einzigen kenne.

Woher auch?

Aber trotzdem war es ein komisches Gefühl. Ohne großes Interesse zu spenden, gehe ich zu meinem ersten Klassenraum, den ich extra im Voraus auf dem Schulplan im Internet gesucht hatte.

Es sitzen bereits Schüler im Klassenraum, die sich laut unterhalten. Viele sitzen auf Tischen bei ihren Freunden, so, dass ich nicht weiß welcher Platz bereits vergeben ist und welcher nicht.

Verloren stehe ich in der Eingangstür rum und merke wie meine Handflächen zu schwitzen beginnen. Gerade als ich den Gedanken erfasse mich einfach umzudrehen und wieder rauszustürmen, winkt mich ein Mädchen zu ihr.

Verwirrt blicke ich hinter mich, um festzustellen dass sie auch wirklich mich meint. Da wiederum niemand hinter mir steht, gehe ich auf sie zu.

„Der Platz hier ist noch frei, falls es das ist, was du suchst", das Mädchen zeigt auf einen Tisch, schräg hinter ihr und ich lächel.

„Danke." Ich stelle meine Schultasche ab und setze mich auf den Holzstuhl. Damit ich nicht unfähig herumsitze, fange ich an meine Sachen für die Stunde raus zu wühlen, als das Mädchen auf einmal vor mir steht.

„Bist du neu?" Fragt sie höflich und ich blickt auf. Sie sieht nett aus, mit ihren dunklen Haaren, die zwischendrin dunkellilane Strähnen besitzen.

„Ja, ich bin erst vorgestern nach Charlottesville gezogen", erklärte ich und stelle meine Tasche auf den Boden. Die Schulsachen hatte ich ordentlich in die Rechte, obere Ecke platziert.

„Und, gefällt es dir?" Sie scheint neugierig zu sein, aber das beruhigt mich auf eine bestimmte weise. So fühle ich mich nicht so allein.

„Naja, von der Stadt habe ich bis jetzt noch kaum etwas gesehen", ich bemerke erst jetzt, dass ich bei der Autofahrt zur Schule zum ersten Mal Charlottesville bei Tag gesehen habe.

Es unterscheidet sich nicht so sehr von anderen Städten, aber sie wirkt ein wenig friedlicher und einladender als Danville.

Das Mädchen fängt an zu grübeln. „Es wirkt so als würde es dir nicht gefallen", rät sie und blickt mich neugierig an.

Ich muss lachen. „Es ist kompliziert. Meine Mutter wollte dass wir hierher ziehen wegen ihrer Beziehung. Dieser wiederum hat zwei Söhne und sagen wir mal so: Wir können uns nicht leiden", beende ich den Satz.

„Ich weiß was du meinst", verständnisvoll lehnt sie sich zu mir rüber, „Ich habe zwar nur einen Bruder, aber der ist schlimm genug", sie schmunzelt und leichte Grüppchen kommen zum Vorscheinen.

Auf einmal wird es in der Klasse ganz leise und unsere Köpfe drehen sich zum Pult, wo ein Mann im mittleren Alter gerade seine Tasche auf den Tisch fallen lässt.

Alle wuseln durcheinander, auch das Mädchen mit dem ich geredet hatte, bis sie alle auf ihren Plätzen sitzen und leise sind.

Der Lehrer schaut sich zufrieden um, bis sein Blick auf mir verharrt. Er dreht sich zu seiner Aktentasche um und fängt an einen Zettel rauszukramen. Rasch setzt er seine Lesebrille auf, bis er gefunden hat was er gesucht hatte.

„Guten Morgen, liebe Klasse. Wie ihr vielleicht schon wisst, habt ihr eine neue Mitschülerin, Gina Stephert", mit einer Handbewegung zeigt er zu mir und alle fünfundzwanzig Köpfe drehen sich um.

Ich versinke automatisch etwas tiefer in meinem Stuhl und fühle wie meine Wangen rot anlaufen, als die Blicke auch schon wieder nachlassen.

„Ihr werdet in der Pause genug Zeit haben sie näher kennen zu lernen, aber jetzt machen wir mit unserem Thema zur Lyrik weiter", und so war ich schon wieder nur Nebensache und die Blicke wanderten zur Tafel.

Ich atme einmal tief ein und aus, glücklich darüber das ich mich nicht vorstellen musste.

Sag Niemals NieWhere stories live. Discover now