n e u n u n d z w a n z i g

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Der gellende Pfiff des Schiedsrichters ertönte und wäre fast unter den wütenden Schreien der Fans untergegangen, dennoch kündigte er das Ende der ersten Halbzeit an. Mit hängenden Schultern sah ich Kai vom Platz schlurfen, der sich lustlos und mit grimmiger Miene die verschwitzen Locken aus der Stirn strich.

Leverkusen lag mit 2:0 hinten und Kai war nicht gerade unbeteiligt daran gewesen, da das 2:0 nach einem einfachen Ballverlust von ihm entstanden war.

Ich schluckte den aufkommenden Kloß herunter, bei dem Gedanken an die vereinzelten Pfiffe, die danach immer mal wieder, wenn er am Ball war, ertönt waren. Den Stadionbesuch hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt, nicht mit Buh-Rufen und wüsten Schimpfwörtern, die aus dem Publikum erklangen. Lea versicherte mir zwar, dass das sonst nie vorkam, dass Fans gegen die eigenen Spieler wetterten, aber das beruhigte mich noch weniger. Denn auch, wenn das für zukünftige Stadionbesuche positiv war, war es dennoch eine Situation, in der Kai sich nicht oft befand.

Sonst war er immer das Wunderkind, das Megatalent mit dem Zauberfuß, der Überflieger, der sämtliche Rekorde gebrochen hatte, wie ich in einigen Berichten aus dem Internet gelesen hatte und ich wusste sehr gut, was jetzt in Kai vorging.

Kurz zögerte ich bei dem Anblick der tausenden Menschen um mich herum und den Menschenmassen, die sich durch die schmalen Gänge der roten Sitzreihen schoben, dann faste ich einen Entschluss.

„Ich muss mal kurz auf Klo.", murmelte ich und sprang wie von der Tarantel gestochen von meinem Sitz auf. Lea nickte nur ziemlich erstaunt und blickte mir verwirrt hinterher, während ich anfing, mich durch den Menschenauflauf zu quetschen. Ich kannte mich hier zwar nicht aus und ich hatte auch keine Ahnung, ob ich überhaupt zu Kai kommen würde, aber ich spürte, dass er mich brauchte und deswegen würde ich alles versuchen, um wenigstens kurz zu ihm zu kommen.

Ich verließ den Innenraum des Stadions und machte mich auf den Weg nach unten. Hecktisch schaute ich mich um, ob mir irgendwas bekannt vorkam, während ich die Treppe runter hetzte und mich zwischen den ganzen Fans ein wenig verloren fühlte. Ich bog um die Ecke und musste feststellen, dass ich in einer Sackgasse gelandet war. Ich drehte mich um und Panik stieg in mir auf, als ich feststellte, dass ich keine Ahnung mehr hatte, wo ich war. Ich fing an wieder in entgegengesetzte Richtung zu laufen und lief um so viele Ecken, mal rechts, mal links, dass ich schon gar nicht mehr zählen konnte, wie oft ich abgebogen war.

Aus der Puste stoppte ich kurz und ließ meinen Blick über die Wand neben mir schweifen. Meine Augen weiteten sich, als ich die schwarz-rote Zeichnung von Kai erkannte, die mir auf dem Weg vom Auto zu den Kabinen schon aufgefallen war. Von hier aus wusste ich, wie ich zu Kai kam. Schnell lief ich den Gang weiter bis zum Ende und wollte links abbiegen, doch noch während ich um die Ecke bog, stieß ich mit jemandem zusammen.

„Tschuldigung.", murmelte ich und wollte schon weiterlaufen, als mir erneut zwei Arme den Weg versperrten.

„Entschuldigung junge Dame, hier dürfen sie nicht weiter. Der Bereich ist nur für die Mannschaften und den Trainerstab. Bitte gehen sie einen anderen Weg zurück ins Stadion."

Ich blickte auf und erkannte einen Security-Mann, mit dem ich wohl zusammen gestoßen war und der mich jetzt nicht mehr durchlassen wollte.

„Bitte.", sagte ich fast schon flehend und schaute den Mann verzweifelt an. „Ich bin die Freundin von Kai Havertz und muss nur kurz zu ihm. Das dauert auch nur eine Minute, versprochen."

melody of memories | kai havertz Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt