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„Flora Thompson, wo bist du?!" ertönt die wütende Stimme meiner Chefin. Sofort drücke ich mein Klemmbrett an meine Brust und laufe mit schnellen Schritten zu ihr.

„Der Dreh beginnt in einer Stunde und hast du es geschafft schon irgendwas vorzubereiten? Hast du die Darsteller informiert?" ihre Augen verengen sich und sie mustert mich. Sie sitzt in einem engen schwarzen Kleid auf ihrem Stuhl und kritisiert so ziemlich alles, was man kritisieren kann. Ihre blondierten Haare sind nach oben gestylt und mit viel Schminke verdeckt sie auch ihre Falten. Sie ist um die 45, will dieses jedoch deutlich verbergen.

„Jetzt gehen sie mir aus den Augen und erfüllen ihre Aufgaben" erneut begutachtet sie mich angewidert und deutet mit einer Handbewegung zu den Fluren der Darsteller.

Ich gehe mit schnellen Schritten davon und blicke an mir hinab.

Ich trage eine einfache schwarze Jeans, kombiniert mit einem roten Top. Nicht zu schlicht und nicht zu auffällig. Um meinen Hals trage ich eine silberne Kette mit einem Kreuz als Anhänger. Sie gehörte meiner Mom und ist seither mein tägliches Accessoires. Meine braunen Haaren fallen mir leicht gewellt über meine Schultern und mit meinen Sommersprossen auf den Wangenknochen, sowie auf meinem Nasenrücken wirke ich wie ein ganz normales zierliches Mädchen.

Ich schaue auf mein Klemmbrett mit dem darauf festgehaltenen Tagesablauf.

Um das Büfett habe ich mich bereits gekümmert und am Set sollte auch alles vorbereitet sein für die erste Szene von „Jonathen Clark" ein Kleinstaat Autor, der in eine Mordszene verwickelt wird und aus der Realität entfliehen möchte.

Eigentlich ein Film wie jeder andere und würde ich nicht am Set arbeiten, würde ich mich wahrscheinlich auch gar nicht dafür interessieren.

Ich blicke auf meine Armbanduhr und meine Schritte werden größer. Ich muss es schaffen den Zeitplan einzuhalten und ich muss definitiv die Aktöre darüber informieren, dass es gleich losgeht.

Ich pralle gegen eine harte Brust und falle Sekunden später auf den Boden. Mein erster Blick gilt meinem Klemmbrett, aus dem der ganze Zeitplan nun verteilt auf dem Boden liegt „Fuck!" mein Herz beginnt zu rasen und ich versuche schnell alle Blätter einzusammeln. Ich kann von Glück reden, wenn ich es schaffe sie wieder in die richtige Reihenfolge zu sortieren.

„Tut mir leid" erst jetzt widme ich meinen gegenüber meine Aufmerksamkeit. Ich blicke in die blau strahlenden Augen, welche ich schon seit einer ganzen Weile nicht mehr gesehen habe. Sofort kommen mir die Erinnerungen hoch, die ich jedoch sofort verdränge.

„Mein Name ist Tom" er kniet sich zu mir und hilft mir die Blätter aufzusammeln. Er reicht sie mir und ich nehme sie nickend an. „Ja, ich weiß" ich lächle leicht und gehe meinen Weg weiter.

Ich drehe mich noch einmal um „Mr Felton?" frage ich nach seiner Aufmerksamkeit, doch diese besaß ich bereits. Ich blicke auf meine Armbanduhr „in einer halben Stunde beginnt der Dreh" während ich dies sage, werden meine Augen groß und ich gehe mit schnellen Schritten weiter.

Der Zusammenstoß stand nicht in meinem Zeitplan und jetzt muss ich mich zusammenreißen, damit ich auch wirklich alles schaffe.

Ich Presse meine Lippen aufeinander, während ich auf mein Klemmbrett blicke. Als erstes werde ich die anderen informieren und dann muss ich mich darüber kümmern, dass alles wieder seine Reihenfolge findet.

Ich klopfe an der ersten Tür und spähe durch den Türspalt „Mr Reeves? Ich wollte sie lediglich darüber informieren, dass in einer halben Stunde der erste Akt beginnt" der ältere Herr mit den langen dunklen Haaren und dem, sich bereits grau färbenden Bart, lächelt mich an „wir waren doch bereits beim du" er zwinkert mir zu „der erste Akt beginnt gleich Keanu" lächle ich „danke liebes" er nickt dankend und ich schließe lächelnd wieder die Tür.

Mit Keanu habe ich schon einige Filme zusammen gedreht. Zwar mehr zufällig, aber es war mir immer wieder eine Freude mit dem älteren Herren zu drehen. Auch wenn ich nur die Frau Backstage bin, die sich um jeden Kram kümmert, hat er sich immer herzlich um mich gekümmert.

Ich setze meine Ankündigung in den darauffolgenden Zimmern durch und atme tief aus, als ich damit endlich fertig war.

Heute war der erste Drehtag und da waren alle ziemlich angespannt. Egal wie lange ich diesen Job schon mache und egal bei welchem Unternehmen ich auch war, es ist jedesmal eine neue Herausforderung und man muss sich jedesmal auf das neue, neu einarbeiten.

Die erste Klappe fällt und ich setze mich erleichtert auf einen der freien Stühle und sortiere meinen Zeitplan neu ein.
Trotz des Zusammenstoßes mit Tom Felton liege ich wieder gut im Zeitplan und kann mir diese kurze Pause erlauben.

Ich blicke abwechselnd ein paar mal auf und beobachte die Dreharbeiten.

Tom macht sich ziemlich gut in der Rolle von Jonathen Clark und sein Text sitzt mehr als nur perfekt. Ich schweife wieder an meine ehemaligen Tage vor der Kamera zurück und wie jedesmal vermisse ich diese Tage. Es ist ein schönes Gefühl vor der Kamera zu stehen, jedoch war diese Zeit schon lange vorbei. Aber jetzt einen Film zusammen mit Tom zu produzieren löst in mir andere Gefühle aus. Mit noch keinen der anderen Darsteller von damals habe ich mich am Set wiedergetroffen und das war auch gut so. Denn in diesen Moment erinnere ich mich nur noch mehr an die Drehtage mit ihnen damals. An die schönste Zeit vor dem Chaos.

All I needWhere stories live. Discover now