Wir schicken jemanden vorbei.

- Z. Marblod

Leise fluchend steckte ich das Telefon weg. Egal zu welcher Zeit oder an welchem Ort, mein Großvater schaffte es immer das zu tun, was ich zu verhindern versuchte.

Arden trat neben mich, als hätte er gespürt, dass etwas vorgefallen war, aber ich hielt den Blick auf den hellen Steinboden gerichtet. Mir war nicht danach, meine Sorgen mit jemandem zu teilen, der sie nicht verstehen würde. Hoffentlich würde mir der Unterricht dabei helfen, für einige Stunde alle Gedanken an Zephael oder den Mord zu verdrängen.

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Die anderen Studenten hatten Arden misstrauisch beäugt, als er sich an die Wand hinten im Klassenraum gelehnt hatte. Es war schwer zu übersehen, dass er nicht hierhergehörte. Mit seinem copy-paste-Anzug und steinernen Miene hatte er die freien Sitzplätze keines Blickes gewürdigt, während er nach hinten gegangen war. Zumindest hatte er sorgfältig darauf geachtet, sich nicht mit mir zu unterhalten.

Keine zehn Minuten, nachdem wir eingetreten waren, wurde Ardens Anwesenheit von den meisten ignoriert. Regungslos verschmolz er mit der weißen Wand, den Blick auf nichts Bestimmtes gerichtet. Nur noch wenige Studenten warfen ihm in regelmäßigen Abständen neugierige Blicke zu.

Noch schien ihn niemand mit mir in Verbindung zu bringen, aber mir graute vor dem Moment, in dem sich das ändern würde. Die Aufmerksamkeit würde ins Gegenteil umschlagen, sobald der Grund für seine Anwesenheit bekannt wurde.

In der dritten Stunde richteten Arden und ich uns im Klassenraum für Artenlehre ein, als Marceo auf mich zusteuerte. Im Speisesaal hatte sich Cassia um den Werwolf gekümmert, aber ohne ihren Begleitschutz war ich Freiwild.

Marceos Gesichtsausdruck verriet bereits, dass es Ärger geben würde, und ich seufzte leise auf. Ich wollte diesen Tag ohne Vorfälle hinter mich bringen, aber der Morgen schien sich ins Endlose zu ziehen.

„Du siehst gesünder aus als gestern. Hattest du einen kleinen Snack oder bist du noch auf der Suche nach deinem nächsten Opf-", begann er seine übliche Tour, bevor er den Faden verlor.

Ich bemerkte erst, dass Arden sich von der Wand gelöst hatte, als er mein Sichtfeld versperrte. Alle, mich eingeschlossen, sahen zu Arden auf, der Marceo unbeeindruckt ansah, als wollte er sagen: War klar, dass es jemanden wie dich geben würde - und jetzt solltest du dich wieder setzen.

„Wenn du Erys etwas zu sagen hast, kannst du es an mich richten", informierte Arden sein Gegenüber sachlich, aber in seiner Stimme schwang ein angewiderter Tonfall mit, den ich ihm nicht im Geringsten übelnahm. „Das geht an euch alle."

Marceo musterte Arden, bevor er entschieden haben musste, dass ich den Ärger nicht wert war. Betont gelassen schlenderte er zurück zu seinem Tisch und Arden wandte sich mir mit einem, wie ich mir einbildete, zufriedenen Gesichtsausdruck zu. Ich brachte ein dankbares Lächeln zustande, obwohl er gerade zugegeben hatte, meinetwegen hier zu sein.

Einige Schüler murmelten bereits angeregt – zweifellos um grundlose Mutmaßungen über Arden anzustellen –, während sich andere lieber in ihren Textbüchern vergruben. Allesamt wichen sie seinen forschenden Blicken aus, bis der Professor eintrat.

Roman begann ohne Umschweife mit dem Stoff, doch als sich unsere Stunde dem Ende näherte, bat er alle darum, ihre Bücher zu schließen.

„Ich bin mir sicher, ihr habt von dem Vorfall gehört, der gestern stattgefunden hat. Einige von euch werden sogar dort gewesen sein", begann er unerschrocken und ich sackte in meinen Sitz zusammen. Diesem Roman schien es immer zuzufallen, mir das Leben schwerzumachen. „Die Akademie wurde für die Ermittlungen abgeriegelt und es gibt auch schon erste Verdächtige. Die Sache wird bald geklärt sein, ich will also keine Panikmache sehen, okay?"

Die Akademie der Lichtalben - Band IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt