32. Nicht okay

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„Das ist schon okay, Mister Jake."
Müde rieb Bürgermeister John sich die Augen.
Er saß in seinen Rollstuhl und stand im Korridor des Rathauses. Jake nickte Coral zu, die dicht hinter ihm stand.
„Alles klar, du kannst in meinem Zimmer schlafen. Während ich im Nebenzimmer bleibe."
„Bitte, ich möchte Sie wegen mir nicht verdrängen."
„Das sind doch keine Umstände", meinte Bürgermeister John schläfrig und rollte zurück in sein Zimmer.
In der Zwischenzeit gelangte Jake mit den Neuankömmlingen in den ehemaligen Aufenthaltsraum. Dort angekommen glättete er die Decke auf dem Sofa und schüttelte ein paar Kissen aus.
Coral und Priscilla beobachten ihn schweigend.
Als er damit fertig war, platzierte er sich daneben.
„Setzt euch."
„Ist das wirklich okay für Sie?", fragte sie.
„Zumindest wäre es nicht okay für mich, wenn Sie auf dem Boden schlafen würden."
Sie nickte und rollte sich auf dem Sofa zusammen. Die afrikanische Maus drängte sich an sie und ließ sich in der Mitte ihrer Schlingen nieder. Jake betrachtete ihre helle Farbe. In dem dunklen Raum erschien sie wie ein Geist. Nachdem ihr langer Körper ihren Platz gefunden hatte, schickte sich die dunkle Klapperschlange an den Raum zu verlassen.
„Nun denn, gute Nacht. Falls Sie irgendetwas brauchen, können Sie mich rufen."
Er wandte sich ab.
„Das war nicht nötig."
Er sah sie an. „Wieso denn das?"
„Hätten Sie uns nicht geholt, dann hätten Sie wegen uns nicht so viele Probleme."
„Ich musste es tun."
„Warum?"
„Ich hasse Männer, die eine Frau schlagen."
Sie senkte den Blick. Er kroch auf sie zu und hob ihr Kinn mit seiner Waffe an.
„Sie werden euch nicht bekommen", flüsterte er.
„Ich befürchte aber, dass sie kommen werden."
„Ich werde das Haus bewachen."
„Aber für wie lange? Wie soll das weitergehen?"
„Ich denke, wir sollten erst mal schlafen. Morgen sieht wieder alles anders aus."
Sie seufzte. „Na schön. In diesem Fall, wünsche ich Ihnen eine gute Nacht."
„Gleichfalls."
Sein Blick wanderte zum Aye-Aye. „Und dir auch."
„Nacht", murmelte eine Antwort.
Leise verließ die Klapperschlange den Raum. Anschließend schloss er die Tür und rutschte den Korridor runter. Plötzlich hielt er an. Da waren Schritte auf der Treppe. Er lauschte. Er drehte sich nicht um. Er wartete bis die Füße auf der letzten Stufe der Treppe zum Stillstand kamen.
Er seufzte und drehte sich um. Die Gila-Echse sah ihn an, doch es war keine Begrüßung.
Sie sahen einander an. Niemand sagte ein Wort, doch sie wussten den Grund dafür. Und Bill sprach es sofort aus.
„Nun, sieht so aus, als konntest du für dich eine Freundin greifen, aber nicht für mich, nicht wahr?"
Jake verengte die Augen. „Sie ist nicht meine Freundin."
„Was sonst?"
„Sie war in Gefahr."
„Alle von ihnen sind in Gefahr. Aber warum sie?"
„Wenn du denkst, ich bin unfair wegen deiner flüchtigen Bekanntschaft, ihr Vater hat sie jedenfalls nicht bedroht. Doch er hätte dich erschossen."
Er beobachtete, wie die Nägel der Echse sind in das Treppengeländer gruben. „Und?! Wenn wir Reis „entführt" hätten, hätten wir jetzt nicht so viele Probleme, aber mit denen, bekommen wir jetzt noch mehr Schwierigkeiten als vorher!"
Die Klapperschlange senkte ihren Blick, sodass sein Hut seine Augen verdeckte.
„Es ist spät."
Das Gila-Monster verengte die Augen und nickte verbittert. „Ja, es ist spät."
Er wandte sich ab und stieg die Treppe hoch. Die Klapperschlange sah nicht auf und hielt den Blick nach unten gerichtet. Er hörte nur wie die Schritte leiser wurden bis sie ihren Lauf durch eine schließende Tür beendeten.
Stille trat ein.
Die Sheriff-Schlange lauschte ihrem eigenen Atem. Dann kroch sie durch die Rathaus-Tür ohne zu wissen, wie die Tür von Johns Zimmer sich langsam schloss.
Auf der Straße ließ die Klapperschlange ihren Blick schweifen. Die Sterne funkelten hell am Himmel. Niemand hielt sich hier auf, außer Gordy, der in einem ausgetrocknetem Wassertrog lag. Ihre Augen trafen sich. Der Truthahn hob seinen Flügel.
„Unheil."
Dann hickste er einmal und schlief ein.
Die Klapperschlange kniff die Augen zusammen und sah sich um. Er konnte es nicht sehen, aber er spürte, dass ein Sturm im Anmarsch war.

RANGO // OӘͶAЯ - Another Outlaw Story [dt.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt