1. Tod - Wo bist du?

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Hallo, (wichtig) bevor ihr diese Geschichte lest, wäre es nützlich die Info am Text-Anfang (+ am Schluss) durchzulesen! ;)

So, für all diejenigen, die den Film 'Rango' kennen, muss ich hier die „Bremse" ziehen. Es handelt sich hier zwar um eine Rango Fanfiktion, allerdings basiert sie nicht auf der Film-Handlung! Stattdessen spulen wir hier komplett nochmal zurück (mit ein paar gravierenden Veränderungen) und fangen nochmal ganz von vorne an!
Es ist, wie anfangs erwähnt, eine veränderte Film-Version.
Denn alle Figuren, die wir aus dem Film kennen, werden vom Charakter her, eher das Gegenteil hier sein, was sie eigentlich sein sollten.
Das soll heißen, dass in dieser Geschichte die Guten die Bösen sind (mehr oder weniger) und die Bösen die Guten. Zumindest wird dies auf die Hauptcharaktere zutreffen.
Somit wünsche ich viel Spaß beim Lesen und Erkunden der Figuren von ihrer anderen Seite - ihren neuen Vorlieben, Fähigkeiten, Gefühlen und vielem mehr.


Nebenbei erwähnt sei noch, die Überschrift hat nichts mit einem Wort aus einer Fremdsprache zu tun, sondern soll lediglich nur verdeutlichen, dass die Geschichte praktisch „spiegelverkehrt" erzählt wird, weshalb auch Rangos Name hier spiegelverkehrt eingeblendet ist.

Okay, in dem Fall, genießt die Story. ;)
Übrigens, einige Szenen könnt ihr nochmal im Film mitverfolgen.
Ich wünsche euch eine schöne Lesezeit.
Film ab.

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Unbarmherzig brannte die Sonne vom Himmel herab. Selbst der heiße Wind brachte keine Abkühlung.
Ist das der Ofen auf Erden oder schon der Eingang zur Hölle?
Zittrig hob die Klapperschlange den Kopf, als der Wind ihm Sand in die Augen wehte. Auf dem Haupt trug er einen schwarzen, ledrigen Hut. Ein Revolvergürtel, besetzt mit mehreren Kugeln, ummantelte einen Teil seines langen Körpers und eine Gatling Gun besonderen Kalibers zierte seine Schwanzspitze statt einer Rassel.
Er musste husten.
Sein Mund war trocken, seine Lippen spröde und an einigen Stellen schon aufgeplatzt.
Nicht der kleinste Hauch von Wasser war in der Luft spürbar. Nichts was ihm Hoffnung auf Erleichterung in seinem Elend verschaffen könnte.
Er senkte den Blick. Schmerzen durchzogen seinen von gebrochenen Rippen geplagten Körper. Er biss die Zähne zusammen. Nicht weit von ihm entfernt erstreckte sich der Highway.
„Verdammte Autos!", fluchte er, als eines dieser Fahrzeuge über den heißen Asphalt raste.
Wenigstens hatte der Fahrer die verletzte Klapperschlange nicht bemerkt, die sich unter einem alten, verbeulten Straßenschild zusammengerollt hatte. Der Schatten der Blechplatte, beschriftet mit schmutzigen, kaum lesbaren Buchstaben wie „Las Vegas" oder „Los Angeles", bot ihm wenig Schutz vor der Hitze.
Zwar hatte er sich noch im letzten Moment in Sicherheit bringen können, doch der Kampf auf der Straße hatten ihm die letzten Kräfte gekostet.
Sein Blick wandte sich gegen Süden.
Er hatte es geschafft zu entkommen. Aber hier – hier endete seine Reise.
Erschöpft schloss er die Augen. Vielleicht könnte er... Er spannte die Muskeln an, gab aber danach sofort wieder auf.
Nein, es war sinnlos.
Wenigstens würde er nicht im Süden sterben.
Er ist aus dem Süden gekommen und im Norden würde er auch sterben. Hauptsache er war weit weg vom Süden. Ganz weit weg. Innerhalb weniger Tage hatte er diesen Highway erreicht, der südlich der Mojave Wüste verlief. Er hatte es gerade noch geschafft die Straße zu überqueren, einer seiner schlimmsten Feinde. Bis ihn dann doch noch ein Auto erwischt hatte. Der Fahrer fuhr einfach über ihn drüber - ohne Gnade, ohne Anzuhalten.
Die Menschen hassten ihn.
Jeder hasste ihn jetzt.
Er musste abhauen. Weit weg. Niemals sollten sie ihn kriegen und ihm noch die Haut abziehen. Es war immer noch besser hier zu sterben als dort.
„Hallo, Amigo", unterbrach jemand seinen Gedankengang.
Die Klapperschlange sah auf und blickte in zwei kleine Augen.
„Hi!", grüßte ihn die dazu gehörige Stimme noch einmal.
Drei kleine Eulen in bunten Kostümen standen vor ihm und einer von ihnen, der ihn zuvor gegrüßt hatte, winkte ihm mit dem Flügel zu.
„Stimmt etwas nicht mit Ihnen?", erkundigte sich die Eule. „Brauchen Sie Hilfe?"
Schweigend starrte die Klapperschlange sie an. Dann umspielte ein kaltes Lächeln seinen Mund. „Es gibt nichts, was mir jetzt noch helfen könnte."
Die Eule hob die Augenbrauen. „Wirklich? Wir dachten, Sie benötigen sogar sehr schnelle Hilfe oder hat Sie kein Auto erwischt?"
„Das geht euch nichts an", entgegnete die Schlange. „Jetzt geht und lasst mich allein. Mein Weg endet heute hier."
Die zweite Eule kratzte sich am Kopf. „Oh, wenn das nicht Ironie des Schicksals ist. Denn wir denken, unser Weg geht heute gerade erst los."
„Yeah", stimmte die Dritte mit ein. „Wir warten nur noch auf unseren Companion und dann werden wir eine kleine Reise machen."
„Wohin?", fragte die Klapperschlange tonlos. Der Tod würde ihn eh bald einholen. Bis dahin konnte er sich solange die Zeit mit was anderem vergeuden.
„Keine Ahnung", antwortete die Eule. „Das Schicksal wird es uns schon zeigen. Wir sind Musiker."
„Yeah! Wir sind die Mariachis!"
Einer von ihnen blies triumphierend seine Trompete.
„Ich bin Raoul. Das ist Chico und..."
„Ich bin Lupe!"
Damit holt jeder von ihnen sein Musik-Instrument hervor. Chico die Trompete, Raoul seine Gitarre und Lupe die Violine.
Die Klapperschlange besah sich die bunte Mischung mit leeren Augen. War das wirklich das Letzte, was er mitansehen musste, bevor er aus dem Leben schied?
„So, wie ist denn dein Name?", fragte Raoul.
„Warum willst du das wissen?"
„Nun ja, vielleicht weil es üblich ist, dass man sich zur Begrüßung mit seinem Namen vorstellt."
Die Schlange stieß einen tiefen Seufzer aus. „Jake."
Stille trat ein. Dann zuckte Lupe die Achseln. „Einfach und kurz. Schön dich kennen zu lernen..."
„Und das wäre auch schon alles. Haut ab und lasst mich allein!"
„Tut uns leid, Mister Jake, aber das können wir nicht. Wir müssen hier auf unseren Freund warten."
„Warum gerade hier?"
„Äh... keine Ahnung... Warum gerade hier, Raoul?"
Doch auch Raoul hatte dafür keine plausible Antwort parat. „Weiß nicht. Irgendwo muss man doch jemanden treffen. Und ich denke, dieser Ort ist gerade irgendwie dieses irgendwo."
Jake verdrehte die Augen. „Na schön, na schön. Ihr könnt hier warten. Aber seid bitte ruhig. Ich habe ein Recht dazu wenigstens in Frieden zu sterben."
Die Eulen nickten. „Ganz wie du möchtest, Amigo."

Chico verbrachte die Zeit damit die vorbeifahrenden Autos auf der Straße zu zählen, während Raoul und Lupe von Zeit zu Zeit ihre Instrumente stimmten.
Eine ganze Stunde verstrich. Zwei Stunden... zwei Stunden und 10 Minuten... zwei Stunden und 20 Minuten... zwei Stunden und 32 Minuten...
„Hallo, Amigos!"
In diesem Moment rauschte ein Auto über die Straße. Eine kleine Figur erhob sich vom Autodach in den Himmel und segelte zu ihnen runter. In seinen Klauen trug er ein Akkordeon.
„Señor Flan!", riefen die drei anderen Eulen begeistert und umarmten ihren Vierten im Bunde. „Jetzt sind wir komplett!"
Chico blies zur Begrüßung seine Trompete.
Señor Flan löste sich aus den umarmenden Händen und stellte sich in Position. „Alles klar, Amigos, unsere Reise kann beginnen."
Er hielt inne, als er die Klapperschlange erblickte.
„Und wer ist das?", fragte er und deutete auf die verletzte Klapperschlange unter dem Straßenschild.
„Sein Name ist Jake", klärte Lupe ihn auf.
„Jake?", wiederholte Señor Flan irritiert. „Wie Jake aus dem Roman „Klapperschlangen Jake" von Jerry Barker?"
Jake warf ihm einen beleidigten Blick zu und verdrehte die Augen.
„Ich habe eine Menge Bücher über den Westen gelesen", fuhr Señor Flan fort.
Jake kommentierte es nur mit einem genervten Fauchen. „Schön für dich."
Señor Flan hob die Augenbrauen und umkreiste die Klapperschlange mit neugierigen Blicken.
Nach einer Weile wurde es Jake langsam zu viel.
„Was ist denn?!", keifte er die Eule an.
„Oh, tut mir furchtbar leid, Sir", entschuldigte sich Señor Flan. „Ich suchte nur nach ein bisschen Inspiration."
„Hä..." Grimmig verengte Jake die Augen.
„Oh, sorry, Mister." Señor Flan hob seine Flügel. „Lassen Sie es mich erklären. Wir sind hierhergekommen, um das Unbekannte des Westens zu erforschen, was wir dann wiederum für unsere Eindrücke in Form unserer Musik sammeln möchten."
„Eindrücke?", fragte Jake ungläubig. „Wo seht ihr denn hier Eindrücke? Hier gibt es gar nichts."
Señor Flan musste kichern. „Der Schein kann trügen. Manchmal findet man Dinge, die man noch nie zuvor gesehen hat. Und du... mmmh, Klapperschlagen sind ein typischer Teil des Westens. Was wäre denn ein Westen ohne eine Klapperschlange?"
„Ich vermute mal, dass er in großen Schwierigkeiten steckt", meinte Chico.
Jake kniff die Augen zusammen und stieß ein Knurren aus. „Jetzt geht doch! Seht ihr denn nicht, dass ich verletzt bin? Also, tut mir den Gefallen und lass mich meinen Frieden finden."
„Amigos!", verkündete Señor Flan. „Ich denke, dies könnte das erste Musikstück unserer Reise werden. Highway – Sonne – Tod – u n d... Trauer."
Jake warf einen Blick gegen den Himmel.
Tod. Wo bist du, wenn man dich braucht?
Die Eulen wechselten kurz ein paar Worte miteinander, dann spielten sie ein Orchester, das selbst den hartgesonnensten eine Träne entlockt hätte.
Mit offenem Mund starrte Jake sie an. Dann schrie er laut auf. „Wie lang wollt ihr das denn noch spielen?!"
Die Eulen unterbrachen ihr Trauerspiel.
„Nun, ich dachte, es würde dir das Sterben erleichtern", erklärte Señor Flan.
„Hölle verdammt! Ich brauch keine musikalische Begleitung auf meinem Weg ins Schicksal."
Lupe räusperte sich. „Mister, ich denke, dass es nicht gerade klug ist das Wort „H-ö-l-l-e" zu fluchen, kurz bevor man stirbt."
Die Klapperschlange stieß ein böses, lautes Zischen aus. Die Eulen senkten ihre Musikinstrumente und hielten zur Vorsicht etwas mehr Abstand von dem wütenden Reptil.
Doch statt sie anzugreifen, wich die Klapperschlange einfach deren Blicken aus.
„Ich suche mir jetzt einen anderen Ort, um meinen Tod zu finden."
Mit diesen Worten erhob die Schlange mühsam ihren Oberkörper. Er sog scharf die Luft ein, als sich sein von Schmerzen geplagter langen Körper in Bewegung setzte. Die Verletzungen schnitten sich durch seine Nerven wie Messer. Aber er schaffte es sie für eine Weile zu ignorieren und schlitterte mit zittrigen Bewegungen in die Wüste Richtung Norden.
Besorgt sahen die Eulen ihm nach.
„Flan?", begann Raoul schließlich. „Ich denke, wir sollten unsere Musik-Richtung nochmal gründlich überdenken."
„Oder einfach nur eine andere Melodie spielen", schlug Señor Flan vor. „Ich vermute, der Tod verschiebt seinen Termin auf einen anderen Ort."
„Und was sollen wir jetzt machen?", fragte Raoul.
Señor Flan dachte eine Sekunde nach. „Nun, ich würde sagen, einfach ihm nach."
Damit verließen sie den von Menschenhand gemachten Ort und folgten der Klapperschlange in die einsame, lebensfeindliche Wildnis.

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!!!!!! Und noch eine weitere wichtige Info zur Geschichte! (Ist zumindest hilfreich um das Gesamtbild auf der Landkarte zu verstehen. )
>>>> Bei der Straße, die Jake in diesem Kapitel überquert hat, handelt es sich nicht um dieselbe Straße, die Rango im Film überquerte! Gut wäre es, wenn ihr euch auf google maps eine Karte von der Mojave Wüste anschaut. Denn die Mojave Wüste liegt zwischen zwei Straßen „eingeklemmt". Im Süden die Road 40 und im Norden die Road 15. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Rango im Film die Road 15 überquert hat, wo sich auch auf der anderen Seite das bekannte „Death Valley" befindet und wo es auch Richtung Las Vegas geht. Jake befindet sich hier an der Road 40 und begibt sich auf den Weg nach Norden weiter in die Mojave Wüste! Die Road 15 wird allerdings später noch kommen.

RANGO // OӘͶAЯ - Another Outlaw Story [dt.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt