12. Rauch und Flammen

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Jake kroch so schnell er konnte durch die Wüste wie noch nie zuvor in seinem Leben. Seine Lungen brannten, doch eine Pause machen wollte er nicht. Es fiel ihm nicht schwer seine Spur zurückzuverfolgen. Er wusste nicht wie lange, doch irgendwann erblickte er ein paar ihm bekannte Hügel. Er züngelte.
Rauch lag in der Luft. Qualm stieg zum Himmel auf.
Er fühlte schnelle Schritte auf dem Boden. Zwei davonrennende Pekaris rannten ihm entgegen. Jake wich ihnen aus. Ohne sein Tempo zu drosseln, erreichte er die Spitze des Hügels.
Auf der Ranch herrschte das totale Chaos.
Pekaris rannten in alle Richtungen, egal ob außerhalb oder innerhalb des Farmen-Gebietes.
Reiter auf Roadrunnern hatten das Farmer-Haus umzingelt. Die Scheune hingegen stand in Flammen.
Jake kniff die Augen zusammen und erkannte Nagetiere auf den reitenden Tieren.

Stump hielt sich in der Küche auf. Seine Waffe hielt er in der Hand. Meggy und ihre Söhne saßen zusammengekauert in einer Ecke. Ihr Arm war rot von Blut. Chorizo hatte sich hinterm Fenster im Wohnzimmer verschanzt.
„Wie lange wollen die uns noch bedrängen?", fragte die Maus bei sich.
„Bis sie das Interesse an uns verloren haben", vermutete Stump.
Er sprang zur Seite, als eine Kugel die schon kaputte Fensterscheibe durchbrach.
Meggy zog die Kinder enger zu sich ran.
„Komm raus!", schrie eine wütende Männerstimme zu ihnen rein. „Jetzt sei nicht so schüchtern und kämpfe wie ein Mann."
„Ich habe keinen Grund gegen deine Bande anzutreten."
„Ach, komm schon. Komm raus, und ich werde dich gehen lassen... nachdem wir dich vermöbelt haben."
Stump nahm einen tiefen Atemzug. „Na schön. Nimm dir was du willst, aber lass meine Familie in Frieden."
„Wir wollen doch nur mit ihnen spielen", spottete Joey. „Genauso wie es dein kranker Sohn heute getan hat. Und ich bin sauer genug zu hören, dass wir wegen einer verfluchten Schlange einen so schlechten Tag gehabt hatten, die du unter deinem Dach verfrachtet hattest."
„Er kam als Fremder auf unser Land. Du tätest gut daran genauso gastfreundlich zu sein wie wir."
„Oh ja, ich wäre so gastfreundlich, dass ich ein paar Gäste zu einem Schlangen-Frikassee einladen würde."
„Du bist ein Bastard!", schrie Meggy.
Plötzlich krachte ein ganzer Kugelhagel an die Hauswände. Schnell warfen sich Stump und Chorizo auf den Boden.
Die Jungen begannen zu weinen. Das war zu viel für ein Mutterherz. Meggy sprang auf, nahm sich ein Gewehr von der Wand, rannte damit ans Fenster und schoss.
Die Reiter zogen die Köpfe ein und wichen aus.
„So eine verdammte Schlampe!", fluchte Joey. „Zeit für ein kleines Feuerwerk."
Einer der Jenkins Brüder wartete nicht lange und warf eine Stange Dynamit in das Flammeninferno der Scheune. Das brennende Gebäude explodiert in einer Wolke aus Rauch und gesplittertem Holz.
„Das war nur zum Aufwärmen", rief Joey. „Jetzt verfrachten wir euer Haus kostenlos in den Himmel."
Nervös rieb sich Stump über den Kopf. Sein Blick wanderte zu seiner Frau.
„Meggy, nimm die Kinder und lauf mit ihnen zum Notausgang neben dem Garten."
„Den Teufel werde ich tun!", protestierte sie.
Mit einem tiefen Seufzer legte er seine Hände auf ihre Schulter. „Ich komme nach. Versprochen. Es wird nicht lange dauern."
Meggy wollte etwas erwidern, doch da hatte Stump schon die Kinder an den Händen genommen. „Kinder, ihr kennt doch den Geheimgang, oder?"
Die beiden Jungen nickten. „Ja."
„Dann nehmt ihr jetzt eure Mutter und geht raus. Ich komme später nach."
„Ich möchte hierbleiben!", rief Meggy.
„Schau mich an, Schatz. Schau mich an. Ich hab dir gesagt, dass ich gut für dich und die Kinder sorgen würde. Ich hab's damals gesagt und ich werde es auch halten. Jetzt tu mir den Gefallen und versteck dich bis es vorbei ist."
Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn und beugte sich zu seinen Söhnen runter. „Behaltet sie im Auge, meine großen Jungs."
Stanley und Portley nickten, dann nahmen sie jeweils eine Hand von ihrer Mutter.
„Komm, Mum."
Widerwillig ließ sie sich von ihren Kindern führen, verließ ihn aber nicht ohne einen Kuss.
Danach begaben sie sich zur Hintertür. Stump schaute zu Chorizo.
„So wie ich dich kenne, wirst du auch nicht gehen wollen, oder?"
„Du weißt, ich steh immer hinter dir."
Stump nickte. Dann nahm er ein weißes Tuch zur Hand und hielt es aus dem Fenster.
„Wir ergeben uns! Nicht schießen!"
„Die geben auf", murmelte Joey zufrieden. „Wie klug. Ich wusste doch, dass du vernünftig werden würdest."
Langsam öffnete Stump die Tür und schritt mit erhobenen Händen raus.
Chorizo beobachtete ihn, der sich hinter einer Gardine am Fenster versteckte.
Joey verzog das Gesicht. „Wo ist der Rest von dir?"
„Zuerst gibst du mir dein Wort, dass du niemanden verletzt."
„Natürlich werde ich das. Nachdem ich dir eine Lektion erteilt habe."
Mit diesen Worten zielte er mit einer Waffe auf ihn. „Ich hasse Leute, die mich zu lange hinhalten."
Er drückte mit dem Finger auf dem Abzug.
Plötzlich war das eine Bewegung um die Hausecke.
Einer der Jenkins Brüder reagierte und schoss.
Daraufhin erwiderte auch Meggy das Feuer, verfehlte jedoch das Ziel Joey nur ganz knapp.
Jetzt eröffneten alle anderen Jenkins-Banditen das Feuer. Zwei von ihnen ritten um das Haus herum, während Meggy schnell zurück ins Haus durch die Hintertür flüchtete.
Joeys Blick wanderte zur Haustür, wo Stump gerade vor hatte um eine Ecke zu verschwinden.
„Du wirst schön hierbleiben!"
Stump sank auf die Knie, als Joeys Kugel ihn am Bein streifte.
Der Bandit war kurz davor einen neuen Schuss abzufeuern, als in diesem Moment Chorizo nach draußen gestürmt kam und sich mit seiner langen Waffe schützend vor Stump stellte.
„Nicht schießen!"
Doch die Jenkins Brüder hatten längst Gefallen an den Kugelschießen gefunden und schossen wie verrückt auf die Hauswände.
„Blast das Haus in die Luft!", befahl Joey mit lautem Brüllen.
Einer der Jenkins Brüder ließ sich nicht länger darum bitten und zündete die Lunte einer Dynamitstange an.
Stump und Chorizo hielten den Atem an, als er die Hand mit dem brennenden Teil hob.

Fassungslos beobachtete Jake wie der Jenkins Bruder kurz davor war das Dynamit zu werfen.
Er blinzelte. Sein innerer Konflikt vollführte einen regelrechten Krieg. Es könnte ein Fehler werden, wie schon damals vor vielen Wochen. Dies könnte ein neuer schwarzer Tag für ihn werden. Wieso hatte er den Farmern bloß geholfen, als sie von der Schlangenbande angegriffen wurden? Und er bedauerte es, dass er es getan hatte.
Das Jenkins Clan Mitglied schien sein Ziel gefunden zu haben.
Jake ging nochmal tief in sich.
Dann machte er einen gewaltigen Sprung und schlitterte den Hügel runter. Und während er runterrutschte, schoss er.
Der Roadrunner, auf dem das Nagetier mit dem brennenden Dynamit saß, geriet in Panik und warf seinen Reiter ab. Doch es war so gut wie zu spät. Der Nager hatte es schon längst geworfen, verlor aber für diesen Moment das Gleichgewicht und das Dynamit landete stattdessen knapp neben der Hauswand.
Eine laute Explosion erschütterte die Luft. Nachdem der erste Rauch sich verzogen hatte, stürzte ein Teil des Hauses krachend in sich zusammen.
Stump und Chorizo standen da wie eingefroren, fuhren aber kurz darauf erschrocken hoch, als einige Männer ihre Waffen auf sie richteten. Plötzlich aber sprang ein großer Schatten hervor und begab sich neben sie.
Beide Säugetiere wussten nicht wie ihnen geschah, als die Schlange um sich schoss, als hätte sie nie im Leben etwas anderes getan.
Zuerst versuchten die Jenkins Brüder zurückzuballern, doch gegen so eine gewaltige Wucht und Menge von Geschossen kamen sie nicht an.
Schreie erhoben sich. Viele der Männer hielten sich ihre Beine oder Arme.
Jake unterbrach für eine Sekunde sein Kanonenfeuer, als ein Reiter ihn von hinten niederschießen wollte. Doch die Schlange ergriff schnell einen Holzbalken und schlug den Reiter von seinem Roadrunner zu Boden.
Anschließend schoss er weiter.
„Los, wir hauen ab!", brüllte Joey.
Das musste er nicht zweimal kommandieren. Sofort schnappte sich jeder sein Reittier und ergriff die Flucht. Jake gab ihnen noch ein paar Schüsse hinterher, dann hörte er auf. Sie waren weg.
Eine Stille entstand. Nur die züngelnden Flammen knisterten im zerbrochenen Holz.
„Meggy! Meggy!"
Stump rannte ins Haus. Chorizo folgte ihm. „Sei vorsichtig! Das Haus könnte jeden Moment einstürzen!"
Jake hielt den Atem an. Aber es dauerte zum Glück nicht lange und sie kamen zurück. In ihren Händen trugen sie etwas heraus. Sie zogen es ein paar Meter von Haus weg und legten es anschließend auf den Boden.
Die Hasenfrau war völlig verrußt und mit Staub bedeckt.
Stump beugte sich über sie und berührte sachte ihr Gesicht.
„Meggy! Oh Gott! Sprich mit mir!"
Doch seine Frau gab keinen Laut von sich. Mit schweren bebenden Händen fühlte er nach ihrem Puls.
Jake beobachtete sie schweigend und kam etwas näher. Die Frau bewegte sich immer noch nicht. Ihr Mann war kurz davor in Tränen auszubrechen.
„Wir brauchen den Arzt!"
„Das kostet zu viel Zeit", wandte Chorizo ein. „Wir bringen sie in die Stadt."
Jakes Blick wanderte zur Seite, wo die beiden Kinder um eine Ecke standen und alles mitansahen.

RANGO // OӘͶAЯ - Another Outlaw Story [dt.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt