big girls cry

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Sami sagte noch irgendwas, aber es drang nicht zu meinen Ohren vor. Ich fühlte mich komplett taub und taumelte ein paar Schritte zurück. Dieser Satz eben war mehr als eine Bestätigung für mich dafür, dass ich es nun auch geschafft hatte den letzten Menschen, den ich noch liebte abzuweisen.

Rückblickend war meine Reaktion wohl ziemlich dumm. Sami hatte weder gesagt, dass er mich nicht liebt, noch dass er Schluss macht. Ich wusste nicht, was er noch zu sagen hatte und trotzdem hatte es mir gereicht um aus der Wohnung zu rennen. Ehrlich gesagt weiß ich nicht mehr wie ich an den See kam, irgendwann war ich einfach da. Ich hatte diesen See noch nie zuvor gesehen, wusste nicht mal dass er existiert. Nun lag ich hier im nassen Gras ein paar Meter vorm Ufer und ließ den Regen, der in den letzten Minuten zu einer Art Sintflut geworden war, auf mich herabprasseln.

Es dauerte keine zwanzig Sekunden und ich war bis auf die Knochen durchnässt. Aber es tat gut. Ich spürte regelrecht wie die Taubheit aus meinem Körper wich und von einer beißenden Kälte ersetzt wurde, die wiederum bewirkte, dass mein Kopf klarer wurde. Ich atmete tief aus und ein, was ich kurz darauf wieder bereute, da ein heftiger Hustenfall mich durchschüttelte. Nachdem sich meine Lungen wieder beruhigt hatten versuchte ich in den Himmel zu gucken, ohne die ganze Zeit meine Augen zu schließen wegen der Regentropfen die weiterhin auf mich herabfielen. Es gelang mir nicht wirklich. Also schloss ich einfach die Augen und wartete. Aber worauf? Darauf, dass Sami kam, alles aufklärte und sagte dass er mich niemals verlassen würde? Nein. Das hier war kein Märchen.

Darauf, dass jemand anderes mich finden würde um mich ins Trockene zu bringen? Nein. Ich wollte nicht, dass irgendjemand jetzt kam und mich sah.

Tief in meinem Inneren wusste ich ganz genau worauf ich wartete, Traute mich aber nicht den Gedanken festzuhalten. Stattdessen stellte ich mir vor, wie der See langsam über seine Ufer trat, die Wassermassen Zentimeter um Zentimeter weiter zu mir hervorkrochen bis sie mich vollkommen umhüllten und in die Tiefe zogen.

Die eiserne Kälte, die sich eben noch so befreiend angefühlt hatte, verwandelte sich langsam in einen unerträglichen Schmerz. Aber ich konnte nicht aufstehen. Selbst wenn ich es gewollt hätte, ich war vor Kälte wie gelähmt. Also lag ich weiterhin dort und wartete dass der Schmerz erneut zur Taubheit wurde und ich nichts mehr zu spüren brauchte.

Ich konnte nicht verhindern, dass meine Gedanken zu Sami wanderten und ich mir immer mehr eingestehen musste wie dumm ich gewesen war. Hätte ich nicht so überreagiert, hätte er noch weitergeredet. Und wahrscheinlich wollte er mir nur helfen. Und ich hatte wie so immer alles kaputt gemacht. Im ersten Moment erschrak ich über die plötzliche Hitze die ich auf meinem Wangen spürte, dann realisierte ich, dass das lediglich meine Tränen waren, die sich langsam ihren Weg aus meinem Auge bahnten. Die Mischung aus ungewohnter Wärme und Salz ließen meine Haut brennen.

Der Regen hörte und hörte nicht auf und jeder normale Mensch hätte jetzt wahrscheinlich Panik bekommen wenn er bemerkt hätte dass er sich nicht mehr bewegen konnte.

Aber ich war noch nie normal gewesen. Eine überwältigende Ruhe überkam mich und ich konzentrierte mich vollkommen auf das Schwarz das ich unter meinen geschlossenen Liedern sah. Mein letzter Gedanke war, dass ich mich bei Sami entschuldigen muss und ihn liebe, bevor ich endgültig das Bewusstsein verlor.

(Sami Slimani Fanfiction) when a hero comes alongWo Geschichten leben. Entdecke jetzt