• Kapitel 3 •

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Kapitel 3:
Schmerzhafte Wahrheit
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Es passieren schreckliche Dinge, wenn ich wütend bin. Dinge, die ich nicht kontrollieren kann.
Dinge, die eigentlich unmöglich sind.

Eines Tages hatte ich nach einem Streit mit meiner Mom unser Haus unter Wasser gesetzt. Keine Ahnung, wie ich das geschafft hatte, aber es kam plötzlich aus allen Abflüssen des Hauses..

Dies war auch der Tag gewesen, an dem ich festgestellt hatte, dass ich anders bin.

Anders als alle anderen in meiner Familie.
Anders als alle meine Freunde.
Anders als alle anderen aus meiner Schule.
Anders als der Rest der verdammten Menschheit.

Manchmal fühlte ich mich, als wüsste ich nicht, wer ich bin. Manchmal, wenn ich in den Spiegel sah, wusste ich nicht, wer da zurück lächelte.

Ich sah jedesmal dieses blasse Mädchen, mit der kleinen Stupsnase und den roten Haaren.
Doch wer war sie eigentlich?
Ich hatte das Gefühl mich selbst nicht zu kennen.

Und genau jetzt, in diesem Moment..
überkam mich erneut dieses Gefühl.

Tracy kam wütend auf mich zu.
„Du hast nichts dagegen unternommen, als sie ihn rausgeschmissen hat?!" rief sie laut. Ich seufzte, und fuhr mir durch die Haare. „Was hätte ich denn machen sollen? Es war ihre Entscheidung, da rede ich ihr sicher nicht rein!" rief ich zurück.

Meine kleine Schwester schüttelte ungläubig mit dem Kopf. „Wie konntest du nur dabei zusehen.. er liebt dich! Er liebt uns alle!"

Entgeistert blickte ich in ihre grünen Augen.
„Er liebt mich?! Ist das etwa gerade dein Scheiß ernst?! Er ignoriert mich seit Wochen, und er interessiert sich einen Scheiß für mich!"

Meine Wut stieg ins Unermessliche.

„Er soll Mom lieben? Sag mir, wieso er sie dann schlägt?! Schlägt man etwa Menschen, die man liebt?" fuhr ich fort, und lief aufgebracht durch unsere Küche. Sie sagte nichts mehr.

„Mag sein, dass er dich liebt.. immerhin bist du ja das Lieblingskind, mit dem ja alles so einfach ist.."
Sie lachte perplex auf. „War ja klar, dass du mir das wieder zum Vorwurf machst.." Wütend fuhr ich zu ihr rum. „Es ist doch so verdammt! Wenn es nicht so wäre, würdest du ihn nicht verteidigen.. dann würdest du nicht darüber hinwegsehen, was für ein riesen Arschloch er eigentlich ist!"

Plötzlich platzte ein Wasser Glas, das vor uns auf dem Tisch stand, in tausend kleine Teile, die sich in Windeseile in der ganzen Küche verteilten. Geschockt sogen wir beide die Luft ein, und drehten unsere Köpfe reflexartig zur Seite. Niemand von uns sagte mehr etwas. Völlig entgeistert drehten wir uns wieder um, und starrten auf die vielen Glassplitter auf dem Boden. „Was zum.." murmelte Tracy.

Wortlos starrte ich auf das Wasser, welches nun auf dem ganzen Tisch verteilt war.

Ich war das gewesen.
Ich musste es gewesen sein.
Gläser zerbrechen nicht einfach so aus dem Nichts.

Ich schloss für einen Moment meine Augen, und sah dann wieder zu meiner Schwester, die mich verwirrt ansah. Wahrscheinlich hatte sie gerade dieselben Gedankengänge, wie ich.

Und in der nächsten Minute, kam unsere Mom in die Küche gestürmt. „Was ist passiert?!" fragte sie überrascht, als sie die ganzen Glasscherben sah.
Tracy blickte sofort verunsichert zu mir herüber, und sagte nichts. Doch ihr Blick sprach Bände.

Tränen traten mir in die Augen. „Wieso gehst du nicht einfach Dad hinterher, wenn es dir so wichtig ist, dass Lieblingskind zu sein." zischte ich Tracy wütend entgegen, und stürmte gerade zur Tür, als sie etwas sagte, was mich plötzlich innehalten lies.

„Wenigstens bin ich sein wahres Kind- Sobald sie realisierte, was sie da gesagt hatte, verstummte sie.

Ich war für eine Sekunde lang wie versteinert, während dieser Satz sich immer und immer wieder in meinem Kopf wiederholte. „Was?" flüsterte ich, und drehte mich wieder zu ihr um. Unsere Mom sah aus, als hätte sie gleich einen Mental Breakdown.

Und anhand ihres Gesichtsausdruckes, konnte ich mit Sicherheit sagen, dass Tracy da wohl eben in ihrer Wut etwas ausgeplaudert hatte, was sie wohl besser für sich behalten hätte.

Was?!" hakte ich etwas nachdrücklicher nach.

Tracy wurde blass vor Schreck, und sah hilfesuchend zu unserer Mom rüber, die jedoch nichts sagte.

„Was soll das heißen?" rief ich ungläubig.

Unsere Mom sah mich mitleidig an.
„Wir wollten noch mit dir darüber reden, aber dann kam ein Zeitpunkt, an dem Dad und ich uns nur noch gestritten haben.." stammelte sie.

Warme Tränen liefen mir über die Wangen, als ich in ihre grünen Augen sah. „Über was reden?" Sie verzog ihre Lippen zu einem schmalen Streifen, und suchte in dem Blick ihrer kleinen Tochter Halt.

Doch den fand sie nicht.

Ich trat einen Schritt auf sie zu. „Über was reden, Mom?" hakte ich ungeduldig nach. „Sag es mir.." befahl ich ihr wütend und enttäuscht zugleich.

Sie sah mich einen Moment nachdenklich an, bis sie schließlich seufzte und nickte. „Okay." sagte sie, und setzte sich auf einen der weißen Küchenstühle.

Erwartungsvoll sah ich sie an, und verschränkte die Arme vor der Brust. Meine Mom strich sich ihre blonden Haare hinter die Ohren, und sah mich ernst an. „Reyna.. du.. du bist.." wisperte sie.

„Du bist nicht unsere wahre Tochter..
Wir haben dich sozusagen adoptiert."

stars in the sky | rise Where stories live. Discover now