The Games We Play (BoyxBoy)

By SunshinePulse

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Ace hat die Nase voll von seinem Leben. In der Schule steht er an erster Stelle auf der Abschussliste der Mob... More

Vorwort & Aesthetics
Grayton Beach, Florida
Wie ich meine Ferien verbracht habe
Schulbeginn
Willkommen zurück
Körperliche Ertüchtigung
Sommerspaß mit Freunden
//Mortal Realms
//Fremdenführer
//Gal'grim
Gay Bois hmu
//Zuflucht
//hetero
Jose
//Geringe Hoffnungen
Echte Freunde
//Tyrann
Ermüdend
Nachtwandler
//Player versus Player
Mitgefühl
Ace macht Selfies
Missoula
Häschen
Morgen danach
Ethan ist nicht glücklich
Win some, lose some
Funkstille
Gefühlsgelaber (1)
Gefühlsgelaber (2)
Ace, der Forscher (1)
Ace, der Forscher (2)
Ace erweitert seinen Horizont (1)
Ace erweitert seinen Horizont (2)
Schulausflüge
//Ace, Herr des Chaos
Ace wird bissig (1)
Ace wird bissig (2)
Gehirntumor
Planänderungen (1)
Planänderungen (2)
Ace und die Kunst der Erpressung
Ace ist ein mieser Geheimniswahrer (1)
Ace ist ein mieser Geheimniswahrer (2)
//Wetten
Arschlochfreunde (1)
Arschlochfreunde (2)
Ace wünscht Gesellschaft (1)
Nero wählt das geringere Übel (2)
Nero wählt das geringere Übel (3)
Ace ist grundsätzlich überfordert (1)
Ace ist grundsätzlich überfordert (2)
Enthüllungen (1)
Enthüllungen (2)
Schadensbegrenzung (1)
Schadensbegrenzung (2)
Schlussstrich (1)
Schlussstrich (2)
Schlussstrich (3)
Oben in den Boonies (1)
Oben in den Boonies (2)
Oben in den Boonies (3)
Oben in den Boonies (4)
Oben in den Boonies (5)
Wie macht man dieses Flirten? (1)
Wie macht man dieses Flirten? (2)
Wie macht man dieses Flirten? (3)
Wie macht man dieses Flirten? (4)
Wie macht man dieses Flirten? (5)
Wie macht man dieses Flirten? (6)
Wie macht man dieses Flirten? (7)
Wie macht man dieses Flirten? (8)
Wie macht man dieses Flirten? (9)
Wie macht man dieses Flirten? (10)
Kein Kapitel, shame on me
Nehmt keine Drogen, Kinder (1)
Nehmt keine Drogen, Kinder (2)
Nehmt keine Drogen, Kinder (3)
Nehmt keine Drogen, Kinder (4)
Halloween (1)
Halloween (2)
Halloween (3)
Halloween (4)
Willkommen zurück
Willkommen zurück (2)
Willkommen zurück (3)
Willkommen zurück (4)
Willkommen zurück (5)
-Info für Leser-
april april
Aufrüsten

Zwergenaufstand

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By SunshinePulse


„Ace? Kann ich dich mal kurz sprechen?" Ace, der gerade noch froh war, dem Matheunterricht heil und unbeschadet entronnen zu sein, versuchte nicht zusammenzuzucken. Mit einem ausgesprochen natürlichen frohen Gesichtsausdruck drehte er sich Mr. Vaughan um, der ihn unter dicken Brillengläsern freundlich anlächelte. Einen Moment lang schluckte er.

„Was gibt's denn?" Mr. Vaughan wedelte mit dem eigenen Smartpad, und ganz kurz verstand Ace nichts mehr, bis es ihm wieder einfiel. Oh. Ja. Der Hausaufgabentest. Unsicherheit keimte in ihm auf. Wenn Para den jetzt komplett versemmelt hatte...

„Du warst am Freitag nicht da, als ich euch eure Arbeitsblätter zurückgeschickt hatte, aber das kommt mir ohnehin gelegen, ich wollte dich nochmal fragen... Du hattest doch auch mit Anteil an diese Lösungen, oder?"

„...Klar?", murmelte Ace und hoffte, dass die Röte in seinem Gesicht sich in Grenzen hielt. Seine Ohren schienen ein klein wenig wärmer zu werden. „Ich hab das im Nachhilfeunterricht bearbeitet." Wenn man die Geschehnisse sehr weit interpretierte, war das auch nicht gelogen, oder? Die Brauen von Mr. Vaughan hoben sich ein wenig beim Stichwort ‚Nachhilfe', ehe er Ace das Pad mit den Aufgaben unter die Nase schob.

„Und wenn ich dich bitten würde, es nochmal vorzurechnen?" Oh Gott, nein. Ace starb innerlich einen kleinen Tod, während er auf Reihen von Gleichungen starrte, die sich mit keinem der Lösungsschlüssel zu vertragen schienen, die sie im Unterricht behandelt hatten.

„Ich... könnte es auf jeden Fall versuchen..." Er betete still, und ausnahmsweise schien sich oben oder unten tatsächlich jemand seiner Seele zu erbarmen. Mr. Vaughan zog das Pad wieder weg und klang amüsiert.

„Ace, ich habe wirklich nichts dagegen, wenn du dir solche Hilfe suchst, aber ich will auch, dass du selbst noch etwas lernst... und lass mich raten, allzu viel ist nicht hängengeblieben?" Ace schüttelte den Kopf stumm, mit betretener Miene, und das schien die richtige Antwort zu sein. Mr. Vaughans Seufzen klang beinahe erleichtert. „Ich will dir nicht das Leben schwermachen. Es geht mir nur darum, dass du auch etwas lernst, okay? Also wenn du das nochmal in der Nachhilfe behandelst – was ich dir ja nicht verbieten will – dann bitte auch so, dass dus mir hinterher erklären kannst. Okay?"

„Okay.", meinte Ace mit schwachem Seufzen, ehe er aufsah. „Heißt das jetzt, ich kriege eine schlechte Note?"

„Nein, auf keinen Fall. Ist ja alles richtig. Nur... du weißt schon. Eigenanteil." In einem Versuch, nahbar und unkompliziert zu wirken, zwinkerte Mr. Vaughan ihm noch einmal zu, ehe Ace aus dem Klassenraum entlassen wurde und draußen wagte aufzuatmen.


StrangeGuy18: Dein Mathe ist übrigens doof -_-

Er hatte sich nach draußen gesetzt – diesmal nicht an den abgeschiedenen Turnhallenrand, sondern in eine schattige Ecke des belebten Pausenplatzes, wo die Leute es mitbekommen würden, wenn irgendwer auf ihn zukommen würde. Unter den normalen Schülern konnte Ace zwar immer noch mit Sticheleien und hämischen Kommentaren rechnen, aber nennenswert verprügelt wurde er nie, solange es Zeugen gab. Unter anderen Umständen wäre er lieber für sich geblieben und hätte sich still weit weg von allen verkrochen, aber es war, als gäbe ihm sein Handy – oder eher das Gefühl von Verbundenheit, dass es ihm verschaffte – eine Art von Unverwundbarkeit, die Getuschel und Gekicher rund um ihn auf ein erträgliches Niveau abschwellen ließ.

PARADOX: :o

PARADOX: was

StrangeGuy18: Mein Lehrer wollte, dass ich es ihm persönlich vorrechne, und hat mir einen Vortrag gehalten x.x

PARADOX: oof

PARADOX: das hatte ich natürlich bedacht

PARADOX: aber du hast meine perfekten gegenmaßnahmen sabotiert

StrangeGuy18: Ich habe gar nichts gemacht!

PARADOX: richtig

PARADOX: und dabei wäre es so einfach

PARADOX: du hättest mir nur ein foto schicken müssen

Ace lehnte sich zurück, hob die Brauen und grinste schließlich verstohlen.

StrangeGuy18: ...Irgendwie habe ich das Gefühl, dir geht es gar nicht um Mathe.

PARADOX: wow

PARADOX: hey

PARADOX: das ist eine unterstellung

PARADOX: ich habe nur dein bestes im sinn

StrangeGuy18:Okay, wenn du das sagst... wie exakt soll mein Foto helfen, mich vor dem Zorn meines Mathelehrers zu schützen?

Nach kurzer Wartezeit trudelte irgendein Memebild eines um Worte verlegenen Strichmännchens ein. Ace pulte mit der Gabel eine weitere Pommes aus ihrem erdrückenden Grab aus Käse und Chilisoße, während er Staub vom Rand seiner Jeans rieb und Para ein einzelnes Fragezeichen schickte.

PARADOX: ich hätte es ausgedruckt, mir aufs gesicht geklebt und das zeug an deiner stelle gemacht

PARADOX: so.

StrangeGuy18: Das ist der absolut beste Plan, den ich heute gehört habe.

PARADOX: ja, oder?

StrangeGuy18: ...Warum ist dir dieses doofe Foto so wichtig? Q.Q

Vermutlich war es Para nicht annähernd so wichtig, wie Ace gerne hätte, und erst recht nicht so wichtig, wie es Ace selbst wäre, endlich eines zu erhalten... aber das hatte er nicht vor zu verraten.

PARADOX: ...neugierde? :x

Auch wenn das Aces erste Vermutung gewesen wäre, sprachen die Smileys irgendwie doch eine andere Sprache.

StrangeGuy18: Verheimlichst du mir was?

PARADOX: niemals!

PARADOX: (maybe)

Ace blinzelte, schüttelte den Kopf und blinzelte erneut. Er wusste, dafür würde es irgendeine absolut harmlose, Para-mäßige Ausrede geben, und dennoch klopfte sein Herz, als würde es unabhängig von Aces Gehirn ein Eigenleben führen.

StrangeGuy18: Erzähl! Ich muss es wissen!

Eine zeitlang herrschte Schweigen, und Ace war sich nicht zu schade, seinen Gildenküken-Faktor auszureizen, während er weiter mit seinen Pommes kämpfte.

StrangeGuy18: Bitte!

StrangeGuy18: Ich werde sterben :c

StrangeGuy18: Vor Neugierde!

StrangeGuy18: Para Q.Q

Dann, endlich, die drei Punkte, die erneutes Schreiben andeuteten. Entweder ließ Para ihn schmoren, oder er hatte gerade irgendwas Sinnvolles – zum Beispiel Essen – gemacht, während Ace ihn mit Fragen zutextete... bei dem Gedanken bereute er kurz, überhaupt ein Wort geschrieben zu haben.

PARADOX: chill x)

PARADOX: ...okay

PARADOX: vielleicht hat mir spidey ja letzte woche so eine art spiel aufgeschwatzt

PARADOX: weil sie meinte, ich ‚mache leuten angst' und wirke ‚arrogant' und ‚einschüchternd'

PARADOX: und darum gucken wir gerade, wer von uns sich besser um ein gewisses gildenküken kümmern kann

PARADOX: und weil du ihr das bild zuerst geschickt hast, hat sie vom punktestand viel zu sehr aufgeholt ò.ó

Ace musste sein Kichern mit dem Ärmel seiner Jacke dämpfen. Spidey verlieh dem Wort Wingman ja beinahe ganz neue Bedeutung, und er würde irgendeine Möglichkeit suchen müssen, ihr seinen Dank auszudrücken.

StrangeGuy18: Wenn ich jetzt erfahre, dass du nur mit mir redest, um gegen Spidey zu gewinnen ...D:

PARADOX: nope

PARADOX: aber es ist immer ein schöner bonus zu sehen, dass man besser als andere ist :>

StrangeGuy18: Bist du ja nicht. Sie hat das Bild zuerst gekriegt.

PARADOX: trotzdem noch punktesieger o/

StrangeGuy18: Das könnte ich ziemlich einfach ändern, oder? :D

PARADOX: ...

PARADOX: WAG ES ò.ó

Diesmal lachte er lauter und fing sich einige irritierte Blicke von den Schülern, die weiter weg auf einer Bank saßen. Hastig zog Ace den Kopf wieder ein.

StrangeGuy18: Ich könnte dir beim aufholen helfen, wenn ich ein Bild von dir bekomme? :p

Einige Sekunden lang hatte er das Gefühl, er hätte eine ungeschriebene Grenze übertreten, dann erschien der Ladebalken im Chat, während eine Datei geschickt wurde. Für einen kurzen Moment lang setzte Aces Herz aus, fing seinen Rhythmus aber rasch wieder, als er sah, dass der Junge darauf – die zwei ausgestreckten Mittelfinger einmal beiseite gelassen - sein komplettes Gesicht mit einem übergeworfenem Kleidungsstück verhüllt hatte. Die strahlenden Farben darauf wollten nicht ganz zu seinem üblichen nüchternen Farbschema passen, und Ace hatte das Gefühl, dass die Jacke nicht seine eigene war, sondern zu Anonymisierungszwecken irgendeiner Freundin geklaut worden war. Er hat hübsche Hände, kommentierte ein Teil von Ace, den er kurzzeitig versuchte zu verdrängen, ehe er die Bemühungen aufgab und auf das Bild starrte wie der minimal besessene Teenager, der er nicht sein wollte. Paras Finger waren lang, aber schienen eher kräftig als filigran, die Knöchel stellenweise aufgeschürft, und die helle Haut wirkte weich und gepflegter als Aces Handflächen, an denen er viel zu oft herumkaute oder -kratzte. Sehnen und einzelne Adern traten deutlich hervor, die Schatten akzentuierten entspannte Muskeln, und die Haare waren so fein und hell, dass man sie kaum sehen konnte.

PARADOX: netter versuch

PARADOX: but no

StrangeGuy18: :'c

StrangeGuy18: Sag mal ... Glaubst du, Spidey interessiert, wie ich im realen Leben heiße?

PARADOX: ...

PARADOX: strapazier dein glück

PARADOX: irgendwann kriegst du das zurück :>

Es war verblüffend. Von jedem anderen Jungen – einigen Exemplaren ganz besonders – hätten die Worte ihm Angst gemacht, aber hier konnte Ace nicht anders, als den Kopf zu senken, weil seine Mundwinkel sich immer wieder zu einem Grinsen zogen, als hätte er spastische Zuckungen in seinen Gesichtsmuskeln.

Als er einen Blick auf die Uhr warf, schlang er die restlichen Pommes in Windeseile herunter und beeilte sich, zur Sporthalle herüberzueilen. Er wollte weder der allererste noch der allerletzte im Umkleideraum sein, sondern bevorzugt irgendwann hineinschlüpfen, wenn keiner der anderen Jungen auf ihn achtete.


Ace hatte eine Überlebensstrategie für Umkleideräume, und die ließ sich zusammenfassen mit ‚Wenn ich sie nicht sehe, sehen sie mich auch nicht'. Zugegeben, diese Logik hatte Lücken, aber dennoch schien sie öfter zu funktionieren, als sie es nicht tat. Er bewegte sich mit gesenktem Kopf und eingezogenen Schultern um Bänke und zwischen Spindreihen und ließ den quasselnden Jungen zu seinen Seiten kaum einen Blick zukommen, bis er sein Schließfach gefunden hatte. Dort begann er mit schnellem Kleiderwechsel, den Blick starr zur Wand gerichtet. Das letzte, was Ace noch brauchte, waren Gerüchte von wegen, er würde zu lange andere Kerle in der Umkleide angucken.

In Windeseile entledigte Ace sich seiner Klamotten, ehe er einen Moment innehielt – nicht bewusst, aber sein Körper hatte es sich einfach angewöhnt, für wenige Sekunden gelähmt zu sein, wenn er die Stimmen hörte. Vielleicht zum provisorischen Totstellen.

Sobald ihm klar wurde, dass das aufgeregte Gespräch der Jungen nicht ihm galt und sie auch nicht wirkten, als würden sie in naher Zukunft um die Ecke kommen und sich mit Ace beschäftigen, entspannte sich sein Körper erneut. Ace hatte sich ohnehin einen Spind in der Reihe der Jungen gesucht, von denen er keinen Stress zu erwarten hatte. Die meisten von ihnen waren kleiner gewachsen, nicht sonderlich muskulös oder möglicherweise auch noch wegen irgendwelcher Hobbies in der Schule verpönt, und auch wenn sie nicht so stark angegangen wurden wie Ace persönlich, hatte keiner von ihnen persönliches Interesse, ihm das Leben noch schwerer zu machen.

„Ich fänds einfach toll, wenn wir uns auf einander verlassen könnten, man!" Ace zuckte zusammen beim Geräusch einer zuknallenden Spindtür, und seine Augen flackerten zur Seite, wo Ethan mit schweren Schritten an ihrer Reihe vorbeistapfte. Seine Bewegungen waren verkrampft und zornig, als er sich das Shirt überzog.

„Jetzt beruhig dich mal.", hörte er Devons Stimme, um Besänftigung bemüht, und Ethan fuhr auf. „Beruhigen? Es ist nichtmal mehr ein Monat bis zum ersten Spiel der Saison, und dieser Spast West denkt, dass hier irgendwelche Sonderregeln für ihn gelten, und du unterstützt ihn auch noch-!" Erst jetzt schien ihm bewusst zu werden, dass die verstohlenen Blicke der anderen Jungen auf ihm ruhten. Ethan fuhr herum. „Was glotzt du so dumm?" Ace senkte den Kopf in Windeseile, und seine Schultern bebten, als er die nahenden Schritte hört.

Dann wurde plötzlich der Junge neben ihm gepackt und an den Schultern gegen die Spindtüren gepresst. Genauso wie die anderen wich Ace in Schwarmbewegung zurück, als wäre Pech etwas Ansteckendes. Ein Stich des Mitleids überkam ihn, als er die geweiteten Augen des Jungen sah. Zacharias, kam ihm in den Sinn. Er machte... Schach... oder Tabletop, oder Computerclub, Ace hatte es selbst nicht mehr im Kopf, aber es war irgendeines der Hobbys, dass in Verbindung mit der schmächtigen Gestalt zu sozialer Ausgrenzung führte.

„Ich habe dich gefragt, was du so glotzt!" Der Junge zuckte zusammen bei den anschwellenden Worten, und Ace vergrub die Finger in seiner Sportjacke, während er vorgab, keinen Laut zu hören. Sein Blick war zur Seite gesenkt, und er biss sich auf die Lippen. Klatschen ertönte neben ihm, gefolgt von aufgebrachten Worten. „Haste jetzt deine Zunge verschluckt, du Stück Scheiße?" Im Gegensatz zu Nero oder Devon, die gerne den Anschein überheblicher Ruhe aufrecht erhielten, war Ethan weniger gesammelt. Seine Ausbrüche flammten schnell auf und vergingen genauso schnell, und hinterher wollte er nichts mehr von den Leuten wissen, die seinen Zorn abbekommen hatten.

„Ich hab überhaupt nicht geguck-!" Wieder das Klatschen. Ace biss die Zähne zusammen. Er hörte das Glucksen von irgendeinem der anderen Sportler, genauso wie missbilligendes Schnauben, aber niemand machte sich die Mühe einzugreifen. Wozu auch. Es war doch nichts Wichtiges. Es war ja nur Zacharias. In gefühlter Zeitlupe entknotete Ace die Finger, die er gerade noch in die Jacke gegraben hatte.

„Ah ja? Hast du das? Willst du mir damit sagen, dass ich blöd bin? Dass ich nicht sehen kann, was direkt vor meinen Augen ist?!" Ace hatte den Kopf zur Seite gedreht, und er konnte nur das gepeinigte Ächzen hören, ohne genau zu wissen, worauf es zurückzuführen war. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Sei leise, sonst bist du der Nächste. Sei leise, sonst wird es bei dir schlimmer. Dinge, die man ihnen zum Beginn der Schulzeit eingeprägt hatte und die bis heute nachhallten, aber dennoch... was würde Spidey sagen, wenn sie ihn hier sehen könnte? Oder Para? Wie würden sie an seiner Stelle handeln? Würden sie...?

„Nein!" Zacharias Stimme klang weinerlich. „Nein, ich meine, ich wollte nur..." Ace sah Ethan aus dem Augenwinkel ausholen und fuhr herum. Es war keine ganz bewusste Entscheidung, und sicher nicht die Klügste, aber sein Mund bewegte sich schneller als sein Gehirn.

„Lass Zacharias in Ruhe. Es ist nicht seine Schuld, dass du nicht den Mut hast, dich mit Nero persönlich anzulegen." Stille legte sich über ihre Reihe, bis Ace glaubte, sein eigenes Blut in seinen Ohren pochen zu hören. Irgendjemand begann gedämpft zu lachen, und Ethans zuvor schon erhitztes Gesicht nahm eine tiefrote Farbe an, während Ace schwören könnte, es war Devon, der unter den Zuschauern am Rand der Spinde ein vernehmbares „What the Fuck" murmelte.

„Was hast du da gerade gesagt?" Diesmal sprach Ethan so langsam, dass es Aces Alarmglocken klingeln ließ, und im nächsten Moment wurde er schon am Kragen gepackt. „Hey. Hey, Acehole. Ich hab dich gefragt, was du gesagt hast."

„Er hat gesagt, du sollst nicht so lange trödeln. Wir gehen vor." Neros Stimme, belustigt, und sie rauschte irgendwo an Ace vorbei, der sich gerade im Licht nahender Scheinwerfer gefangen sah.

Diesmal gab es keine langen Reden vor dem ersten Schlag. Aces Kopf ruckte zur Seite, ehe er ihn wieder hängen ließ. Er konnte ein klein wenig Blut auf seiner Lippe schmecken, und es benetzte seine Zunge, während sein Blickfeld eingeengt schien, an den Seiten so verschwommen, dass er kaum die Gesichter der anderen Jungen sehen konnte. Ethans Stimme rauschte um ihn, hüllte ihn ein, und trotzdem fiel es ihm schwer, einzelne Worte vor dem nächsten Schlag auszumachen.

Weitere Treffer prasselten über ihn nieder, und Aces Arme erlitten blaue Flecken, als er kurzzeitig versuchte, sein Gesicht mit ihnen abzuschirmen. Schließlich packte man ihn, stieß ihn tiefer in den Spind hinein, und ehe Ace noch einmal Gelegenheit bekam, die Füße gegen die Tür zu stemmen und sie aufzustoßen, erklang ein Klicken, als sie von draußen einrastete. „Rühr die an, und du bist der nächste!", wurde gegen irgendeinem Jungen geröhrt – es klang so nah, dass Ace spontan Zacharias vermutete. Er ließ sich zurücksinken, tastete mit der Zunge zaghaft seine anschwellende Lippe entlang, und obwohl Angst und Ärger noch in ihm nachklangen, hatte er nicht das Gefühl, dass es ihm wirklich leid tat. Stattdessen schwamm ein irritierendes Gefühl von bitterbösem Stolz in seiner Brust, dass selbst von den Schmerzen nicht ausgelöscht werden konnte. Andererseits war ihm klar, dass sich das vermutlich ändern würde, wenn er die Jungen heute noch einmal sah, sobald sie ihn rausholten oder so... Ethan war nur wütend gewesen. Mit wütend konnte er noch leben. Aber Nero und Devon waren grausam, und wie sie auf sein Aufbegehren reagieren würden, konnte und wollte Ace sich nicht ausmalen.


Als er noch jünger war, kam es relativ regelmäßig vor, dass man ihn – genauso wie andere unglückliche Jungen an der Schule – in Spinde schmiss und die zuschloss. Allerdings war er damals noch kleiner und schmaler gewesen, und auch wenn Ace nicht riesig in die Höhe geschossen war, konnte er feststellen, dass der Platzmangel diesmal um einiges beängstigender war. Er wusste, dass ihm die Luft nicht ausgehen konnte – da waren Schlitze an der Spindtür – und dennoch lag ein immer drückenderes Gewicht auf seiner Brust, dass ihn fürchten ließ, jeden Moment in Atemnot zu geraten. Seine Züge liefen abgehackt und zunehmend hektischer. Er fürchtete sich schon davor, tatsächlich in Panik zu verfallen, als plötzlich ein Klicken erklang und die Tür aufschwang.

Das Licht draußen war inzwischen erloschen, die anderen Jungen schon zur Sportstunde verschwunden, und Ace musste einen Moment ins Halbdunkel blinzeln, bis er die Silhouette und die Gesichtszüge von Jose ausmachen konnte. Der andere Junge schien kurz mit sich zu ringen, ehe er die Hand ausstreckte, und Ace ergriff sie und ließ sich mit ein wenig Kraftaufwand nach vorne zerren, raus aus seinem bedrückenden Gefängnis. Sie sahen sich stumm an, bis Jose schließlich zur Seite sah, als wäre ihm der Blickkontakt unangenehm. „Vielleicht hatte ich Unrecht mit dem Weichei."

„Hm.", brummte Ace, der sich um Worte verlegen fühlte. Er zerrte seine zerknautschte Kleidung wieder zurecht, ehe er den Kopf hob. „Danke." Immer noch sah Jose ihn nicht frontal an, aber er konnte schwören, den Jungen knapp lächeln zu sehen.


Ein Blick in den Spiegel hatte Ace gezeigt, dass seine Lippe geschwollen war, und die Haut rund um sein linkes Auge schien aufgeschürft, während ein beginnender blauer Fleck auf der Wange prangte... aber er hatte schon in schlimmeren Zustand am Sportunterricht teilgenommen. Solange Ace nicht persönlich auf ihn zukam, würde Mr. Morrison keine Fragen stellen. Und wenn doch, das hatte Ace von anderen Fällen gehört, dann würden die Ausflüchte folgen. Sicher, ihr Sportlehrer hieß Gewalt nicht gut, aber Jungen rauften sich nunmal. Gerade, wenn eine wichtige Spielsaison anstand, waren die Gemüter doch ohnehin alle erhitzt, das musste man doch verstehen. Ace würde eine Entschuldigung bekommen, und leere Worte, und wenn Eltern sich einschalteten, dann gab es eine Woche Aushilfsdienst für Ethan, und wenn alle anderen die Sache schon wieder vergessen hatten, dann würde der Zorn von ihm und seinen Freunden über Ace hinwegfegen wie ein Vulkanausbruch. Und diesmal würden keine vorzeigbaren Spuren zurückbleiben außer die Narben in seiner Erinnerung. Alles schon passiert, alles schon gesehen. Die Tatsache, dass die Sportler wie kleine Superstars behandelt wurden, sorgte für stolze Eltern, fließende Spenden, positive mediale Aufmerksamkeit und vor allem ein Schulklima, in dem Kinder wie Ace den Haien zum Fraß überlassen wurden.

Draußen auf dem Sportplatz konnte er Ethans Blick im Nacken spüren, als er seine Zuspätkommer-Runden lief. Noch nervöser als er selbst schien Jose, der sich ja quasi Ethans Anweisung widersetzt hatte, indem er im Stillen dageblieben war, um Ace zu helfen. Ace suchte nach beruhigenden Worten, die er ihm sagen könnte, und fand doch keine. Der einzig positive Aspekt war, dass die anderen Jungen heute vermutlich noch Training hatten und damit keine Zeit, um irgendwen für ausgedehnte Lektionen vom Schulgelände zu entführen.

Als das eingängliche Basketballspiel beendet war und sie sich an ihren Stationen für die Schulsportfestübungen einfanden, drückte sich Zacharias in ihrer Nähe herum. Sobald er sicher war, dass niemand Wichtiges zu ihm herübersah, bewegte er sich mit schnellen Schritten zu Jose und Ace und holte Luft, ehe er in einem zusammenhängenden Wortwulst ausstieß: „DankefürdieHilfedaswarmutig." Er versuchte wahrscheinlich leise zu sprechen, aber war einer dieser Menschen, die ihre Stimme nie zu hundert Prozent kontrollieren konnten, und wurde zum Ende hin schwankend lauter. Ace spürte sich ganz schwach lächeln.

„Hab ich gerne gemacht." Zacharias zögerte noch, setzte neu zum Sprechen an, schob die Zunge zwischen die Zähne und stockte dann doch wieder. Er grinste noch einmal, ein bisschen verlegen, ehe er sich wieder entfernte und sich nicht ganz entscheiden zu können schien, ob er schnell oder langsam laufen wollte.

Hab ich doch gerne gemacht." Jose gluckste neben ihm. „Cooler Spruch, aber du hast im Umkleideraum geguckt, als würdest du dir im nächsten Moment in die Hose machen." Ace zog die Mundwinkel zur Seite. Und? Wenigstens hatte er etwas gesagt, oder?

„So hab ich mich auch gefühlt.", antwortete er stattdessen wahrheitsgemäß, schob das Stelleisen an seiner Sprint-Startposition nach hinten und kniete sich noch einmal davor. Wie üblich spürte er keinerlei Unterschied, aber der Sportlehrer hatte sein Bestes getan, ihnen dieses Umstellen nahezulegen. Jose räusperte sich und fuhr leise fort.

„Und was dieses... andere Zeug angeht..." Ace, der sich denken konnte, worum es ging, schwieg mit gehobenen Brauen. „...mach dir keine Sorgen. Mir ist klar, dass man nen besseren Weg suchen muss."

„Oh.", sagte Ace nur, der gar nicht wusste, ob er in Worte fassen konnte, wie sehr es ihn erleichterte, dass Jose von selbst darauf zu sprechen kam. Wie kommts, wollte er fragen, aber ein Teil von ihm fürchtete, dass es alles zunichte machen könnte, nachdem Jose sich schon zu diesem Stück Offenheit überwunden hatte. Vielleicht würde er es ihm früher oder später selbst erzählen. „Hast du denn einen besseren Weg?"

„Gift?" Ace zuckte zusammen, und erst, als er sich umdrehte und Jose grinsen sah, wurde ihm klar, dass der ihn auf den Arm nehmen musste.

„Nicht! Witzig!", knurrte Ace, ohne dass es etwas am Gesichtsausdruck seines Gegenübers änderte. Jose schien sich zu gefallen in der Rolle desjenigen, der die furchtbarsten Dinge sagte und den Rest des Raumes in Verlegenheit brachte.

„Okay, Autounfälle?... Nee, keine Ahnung, um ehrlich zu sein. Aber das wird schon noch." Ganz am anderen Ende der Reihe, wo zwei weitere Läufer standen, gab der fünfte Mann an ihrer Station das Startsignal, und sie stürzten los.


Der Stolz hatte nachgeklungen, bis Ace – diesmal unbeschadet – die Umkleide verlassen hatte, und im Bus, der ihn nach Hause brachte, kehrte das nagende Gefühl in seinem Magen zurück. Diesmal war nichts passiert, aber... was wenn? Was, wenn Ethan beschloss, dass er doch nicht genug für seine Frechheit bezahlt hatte? Was, wenn sie sich am Ende doch noch Jose schnappten? Als Ace schließlich in sein Zimmer stolperte, fühlte er sich weit unsicherer als heute Morgen, und selbst seine Dankesworte gegenüber Spidey fielen halbherzig aus, so voll war sein Kopf mit anderen Sorgen.


Am Abend hatte Spidey sie alleingelassen – Dodge benötigte sie für irgendwas, hieß es, und als sie verschwunden war, brummte Duffy, Dodge wolle sie ja nur nicht teilen – aber wirklich unglücklich konnte Ace nicht darüber sein. Nicht, seit Para zurück war und mit ihnen PVP-Minigames spielte, in denen man auf diversen Fluggeschöpfen ritt und mit ihrer Hilfe und ausgesuchten Zaubern Stützpunkte eroberte und verteidigte. Sobald Duffy sich zum Abendessen verabschiedet hatte, meinte Para:

„Kannst du bei B in der Mitte ne Elementarkugel hinterlegen? Ich glaub, irgendwas bei mir brennt gerade." Ace versuchte, in der höchst verwirrenden 3D-Ansicht wieder in die Horizontale zu kommen und sich in Richtung von Stützpunkt B zu bewegen, und bei aller Konzentration konnte er Paras Worte nur noch am Rand erfassen. „Ist eigentlich alles okay? Wirkst so abgelenkt."

„Hm? Ja, ich..." Ace zögerte und meinte schließlich. „Also, ich meine, es geht schon. Ich komme klar."

„Wenn du das sagst... Warte, ich seh dich. Flieg nach unten, durch dieses Loch in den Wurzeln." Welche Wurzeln, wollte Ace überfordert fragen, bis er das dicke Pflanzengestrüpp zwischen zwei der fliegenden Inseln entdeckte, durch das es in die Tiefe ging. „Andere Frage, Samstag in einer Woche ist bei dir vermutlich noch frei, ja?"

„Äh... schätze schon?", meinte Ace, der für gewöhnlich nicht weiter plante als die nächsten drei Tage und jedes Mal völlig überrascht war, wenn seine Eltern etwas von Hochzeiten und Geburtstagen erzählten, die sie ihm angeblich schon vor Monaten angekündigt hatten.

„Sehr gut. Halt den weiter frei.", tönte vergnügt, während Ace die Stirn runzelte.

„Kommt da irgendeine neue Erweiterung raus und du brauchst mich für nen Raid?"

„Als ob ich dich für nen First Run mitnehmen würde... nichts für ungut, aber bis dahin hast du noch ein bisschen zu lernen. Nee, geht um was anderes." Jetzt spürte Ace sich innehalten.

„Warte... um was?" Er konnte Para förmlich Grinsen hören.

„Ist noch geheim."

„Im Ernst, um was?"

„Ich sagte doch, geheim ... wenn ichs dir jetzt sage, wirst du bis dahin alles zerdenken und hundert Ausreden finden, warum dein Samstag doch verplant ist." Ace fühlte sich gleichzeitig erschrocken und spürte Aufregung einsetzen. Was hieß das nun wieder?

„Sag es mir oder ich werde Spidey sagen, dass sie mein Lieblingselternteil ist."

„Was lässt dich glauben, dass ich auf einmal erpressbar bin?" Para lachte leise. „Hab ein bisschen Geduld... wir verlieren übrigens gerade C, guck mal, ob du rüberfliegen kannst." Ace kam dem nach, und je mehr sie wieder im Spiel versanken, konnte er das Gefühl nicht ganz abschüttelt, dass Para mit Absicht ablenkte. Es fiel ihm schwer, einen vernünftigen Gedanken zu fassen. Samstag in einer Woche? Was war am Samstag in einer Woche, das ihm so große Angst machen könnte, dass Para da ein Geheimnis draus machte? Ace wollte ihn mit Fragen löchern und war dennoch unsicher.

„...Und wenn wir das Spiel jetzt gewinnen, erzählst du mir dann, was am Samstag-" Para seufzte deutlich und ließ Ace verstummen.

„Ich erzähl gleich gar nichts mehr. Hab ein bisschen Geduld, Icy. Wir reden früh genug drüber. Augen zurück aufs Spiel." Ace brummte, sein Herz noch ein wenig klopfend, und hinterließ Verstärkungen, die in der Luft schwebten, bis seine Mitspieler sie aufsammelten. Wie konnte Para nach so einer Ansage erwarten, dass er noch Konzentration für irgendein Spiel übrig hatte?

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