The Games We Play (BoyxBoy)

By SunshinePulse

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Ace hat die Nase voll von seinem Leben. In der Schule steht er an erster Stelle auf der Abschussliste der Mob... More

Vorwort & Aesthetics
Grayton Beach, Florida
Wie ich meine Ferien verbracht habe
Schulbeginn
Willkommen zurück
Körperliche Ertüchtigung
Sommerspaß mit Freunden
//Mortal Realms
//Fremdenführer
//Gal'grim
Gay Bois hmu
//Zuflucht
//hetero
Jose
//Geringe Hoffnungen
Echte Freunde
//Tyrann
Ermüdend
Nachtwandler
//Player versus Player
Ace macht Selfies
Zwergenaufstand
Missoula
Häschen
Morgen danach
Ethan ist nicht glücklich
Win some, lose some
Funkstille
Gefühlsgelaber (1)
Gefühlsgelaber (2)
Ace, der Forscher (1)
Ace, der Forscher (2)
Ace erweitert seinen Horizont (1)
Ace erweitert seinen Horizont (2)
Schulausflüge
//Ace, Herr des Chaos
Ace wird bissig (1)
Ace wird bissig (2)
Gehirntumor
Planänderungen (1)
Planänderungen (2)
Ace und die Kunst der Erpressung
Ace ist ein mieser Geheimniswahrer (1)
Ace ist ein mieser Geheimniswahrer (2)
//Wetten
Arschlochfreunde (1)
Arschlochfreunde (2)
Ace wünscht Gesellschaft (1)
Nero wählt das geringere Übel (2)
Nero wählt das geringere Übel (3)
Ace ist grundsätzlich überfordert (1)
Ace ist grundsätzlich überfordert (2)
Enthüllungen (1)
Enthüllungen (2)
Schadensbegrenzung (1)
Schadensbegrenzung (2)
Schlussstrich (1)
Schlussstrich (2)
Schlussstrich (3)
Oben in den Boonies (1)
Oben in den Boonies (2)
Oben in den Boonies (3)
Oben in den Boonies (4)
Oben in den Boonies (5)
Wie macht man dieses Flirten? (1)
Wie macht man dieses Flirten? (2)
Wie macht man dieses Flirten? (3)
Wie macht man dieses Flirten? (4)
Wie macht man dieses Flirten? (5)
Wie macht man dieses Flirten? (6)
Wie macht man dieses Flirten? (7)
Wie macht man dieses Flirten? (8)
Wie macht man dieses Flirten? (9)
Wie macht man dieses Flirten? (10)
Kein Kapitel, shame on me
Nehmt keine Drogen, Kinder (1)
Nehmt keine Drogen, Kinder (2)
Nehmt keine Drogen, Kinder (3)
Nehmt keine Drogen, Kinder (4)
Halloween (1)
Halloween (2)
Halloween (3)
Halloween (4)
Willkommen zurück
Willkommen zurück (2)
Willkommen zurück (3)
Willkommen zurück (4)
Willkommen zurück (5)
-Info für Leser-
april april
Aufrüsten

Mitgefühl

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By SunshinePulse


„Hi." Er wollte nicht schniefen. Er wollte auch nicht, dass das Wort derart brüchig klang, aber das ließ sich gerade nicht vermeiden.

Ace saß auf seinem Schreibtischstuhl, hatte eine Decke um seinen Körper geschlungen und kugelte sich ein, als würde er der Welt so weniger Angriffsfläche bieten. Er hatte den Chat auf seinem Handy offen und Kopfhörer auf den Ohren, und in seinem Magen fühlte sich alles ein bisschen kalt und leer an, aber er vertraute aus Erfahrung darauf, dass das früher oder später wieder weggehen würde.

Es war Freitagnachmittag. Ace war seit ein paar Stunden aus der Schule zurück und hatte die Zeit solange mit ‚Rumsitzen' und ‚Gedanken kreisen lassen' überbrückt, dass er sich inzwischen nur noch schwach und trübsinnig fühlte.

„Hi... du klingst nicht gut, Icy." Er hatte Mühe, die Tränen in seinen Augen zurückzublinzeln, als er die Sorge in der Stimme hörte.

Para und er waren allein im Chat – weniger durch Zufall und eher, weil Ace ewig auf sein Erscheinen gewartet und ihn in der Sekunde seines Auftauchens um ein persönliches Gespräch gebeten hatte. Das war wahrscheinlich unfair, er zerstörte damit nicht nur dessen Tagesplanung, sondern auch die seiner wartenden Mitspieler, aber Ace wusste sich nicht anders zu helfen.

„Mir geht's auch nicht so gut." Seine Stimme brach zwischendurch ein bisschen, ehe er sich wieder gefangen hatte. „Ich muss mit dir reden. Über dieses Zeug... naja, das du Leute gemobbt hast. Oder so."


Dabei hatte die Woche eigentlich so gut angefangen. Ace lebte in seiner eigenen Welt oder in der virtuellen von Mortal Realms, und die Schule war daneben nur eine Randerscheinung, durch die er geisterte und hoffte, keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ungefähr die Hälfte aller Unterrichtsstunden verbrachte er damit, mehr oder weniger subtil zu zeichnen – Duffy, der in Schneelawinen erstickte und durch dieses nicht allzu noble Opfer Bosskämpfe behinderte, nervige androgyne Schattenläufer mit rotzfrechem Grinsen im Gesicht, Comics, in denen Spidey ihre Genehmigungen für eine festgelegte Anzahl von Peniswitzen am Tag verteilte – und sobald er zuhause ankam, war er wieder im Spiel. Es war so leicht, sich bei den anderen treiben zu lassen. So leicht, dumme Witze zu machen und Spaß zu haben und Monster zu töten und darüber all seine realen Probleme zu verdrängen.

Es war ein wenig lästig, dass er keine Möglichkeit mehr bekam, mit Para zu sprechen. Zumindest nicht richtig. Sicher, Ace hatte auch nichts dagegen, einfach herumzusitzen und sich beschallen zu lassen, aber dennoch waren die Gespräche, die sie in der Gruppe führten, immer nur oberflächlich und dazu da zu unterhalten. Jede ernstzunehmendere Frage, egal von wem, wurde mit Lachen und Witzen abgebremst. So sehr es auch entspannte, komplett abschalten zu können, wünschte ein Teil von Ace sich wieder tiefere Diskussionen. Gleichzeitig traute er sich nicht wirklich, Para selbst anzuschreiben und darum zu bitten. Ace wusste ja nicht einmal konkret, über was er reden wollte! ... Und zusätzlich war der Junge jedes Mal, wenn er online war und sich nicht irgendwo im realen Leben herumtrieb, schon wild in Gespräche verstrickt.

Dann kam der Freitag. Ace hatte den ersten Bus verschlafen, und hätte seine Mutter ihn nicht aus dem Bett gescheucht, wäre ihm dasselbe mit dem zweiten Bus passiert. Er hatte den Donnerstag ein wenig zu lange gespielt, immer wieder mit der Begründung, dass es doch nur noch dieser eine Boss ist und er könne ja in Kürze verschwinden, und erst drei Uhr morgens war ihm klar geworden, dass er sein Glück nicht herausfordern sollte.

Er war immer noch nicht richtig wach, als er sich dem Schuleingang genähert hatte, mit dunklen Schatten unter den Augen, eingezogenen Schultern und Händen, die tief in der Bauchtasche seines Hoodies vergraben waren.

Dort brach die Realität wie ein Schwall kaltes Wasser über ihn herein. Als er über den Vorplatz trottete, erkannte er aus dem Augenwinkel Devon, der auf ihn zuschlenderte. Ace versuchte sein Tempo zu beschleunigen und wusste gleichzeitig, dass er sich keine Mühe machen musste. Sie würden ihn doch ohnehin kriegen, vor allem, wenn sich sein Kopf und Körper vor Schrecken gelähmt fühlten. Mal wieder.

„Ace!" Ein Sunnyboy-Lächeln lag auf Devons Gesicht, eines, dass Mädchenherzen erweichte, wenn er es mitten im Training zu ihnen herübersandte, während sie auf der Tribüne saßen und versuchten, nicht zu offensichtlich zu gaffen. „Du bist am Samstag so schnell abgehauen, ich hatte gar nicht mehr die Möglichkeit, dir hallo zu sagen!"

„Jaa..." Aces Stimme schwankte. Die anderen Schüler wanderten an ihnen vorüber, ohne ihnen einen Blick zu schenken – wieso denn auch, es war doch nur ein harmloses Gespräch über Wochenendaktivitäten, es war ja nicht, als würde jeder zweite zumindest ahnen, dass diese Kerle nur mit Ace sprachen, um ihm das Leben schwer zu machen... Er biss die Zähne kurz zusammen, hob den Kopf und sah im selben Moment wieder weg, als er Devons Blick auf sich ruhen spürte. „Ich muss zum Unterricht."

Er war zu müde für das hier. Zu müde, zu erschöpft, zu sehr aus einer Welt herausgerissen, in der er sich nicht fürchten musste, und die Bruchlandung in der Realität hatte ihm einen Moment lang die Luft aus den Lungen gepresst.

Kurz überlegte er, ob er vielleicht schreien sollte, als sich der Arm um seine Schultern legte, um ihn in Richtung Eingang zu schieben. Dann würde er zwar den Rest seiner Schulzeit das komische Autistenkind sein, dass vor der Schule grundlos herumbrüllte, aber vielleicht zog das ja doch genug Aufmerksamkeit an, damit Devon es sich anders überlegte. Und ein paar Stunden später nochmal ankommt, wisperte eine Stimme in seinem Kopf. Später wird es nicht weniger wehtun. Ace spürte sich kaum merklich beben, als er mit dem großen Jungen mittrottete und Magenschmerzen vor Angst hatte.


Schweigen erfüllte die Leitung am anderen Ende einen Moment. „Inwiefern ‚darüber reden'?", erkundigte Para sich schließlich, und Ace suchte ein wenig hilflos nach Worten.

„Keine Ahnung, ich will... ich weiß nicht. Ich will wissen, was da passiert ist." Ich will wissen, ob ich dir überhaupt vertrauen kann.

„Einfach so oder aus besonderem Anlass?" Ace biss sich auf die Lippe. „Einfach so." Lüge.

„Um mir moralische Vorhaltungen zu machen oder um herauszufinden, ob wir uns schonmal begegnet sind?" Oh. Also war er nicht der einzige, dem diese Vermutung – diese Befürchtung bereits gekommen war. Nur gelang es Para, interessiert und locker zu sprechen, wo Ace kaum ein Wort hervorgebracht hätte.

„Wäre es dumm, wenn ich mir darüber Sorgen mache?" Er traute sich kaum, die Stimme zu heben.

„Nee, es wäre nachvollziehbar. Ganz am Anfang habe ich mich das auch gefragt, aber inzwischen gehe ich gar nicht mehr davon aus." Die Stimme war wieder beruhigend und ausnahmsweise ernst, lud ein zum Zuhören, und dennoch fragte sich ein Teil von Ace, ob er sie mit anderen Tönen nicht schon einmal irgendwo gehört hatte.

„Warum nicht?", erkundigte er sich automatisch, obwohl das eigentlich gar keine seiner Fragen war.

„Weil du diesen Leuten vom Verhalten her nicht ähnelst. Ist jetzt nicht, als würde ich jeden davon in- und auswendig kennen, aber das, was ich von ihnen weiß, verträgt sich nicht mit dem, was ich von dir weiß."

„In der Schule verhalte ich mich anders als bei euch.", nuschelte Ace in seine Decke. „Also, wurde mir erzählt. Wie sehr sich das unterscheidet, weiß ich selbst nicht." Dazu hätte er sich mit Jose auseinandersetzen müssen, und obwohl sie im Laufe der Woche hin und wieder vorsichtige Blicke getauscht hatten, schien keiner von ihnen seinen Stolz soweit begraben zu können, um tatsächlich miteinander zu reden. Die Kommentare ihrer Klassenkameraden waren natürlich keine Hilfe. Mit Jose reden war ein soziales Todesurteil, mit Ace auch, und miteinander zu reden sorgte erst recht für Gestichel.

„Gutes Argument..." Para hielt einen Moment inne. „Grenzen wir es ein. Ohne jetzt Namen oder Orte zu nennen – männlich, weiß, dunkle Haare, dunkle Augen, Lehrerliebling, arroganter sechzehnjähriger Wichser?"

Ace konnte nicht anders, er spürte seine Mundwinkel kurz zucken. „Du warst mal Lehrerliebling, als du sechzehn warst?" Zugegeben, es gab auch Lehrer, die Devon und Nero mochten, aber Ace konnte sich ehrlich nicht vorstellen, dass es an deren akademischen Leistungen lag. Wieder das kurze Schweigen, bis Para kurz Luft ausstieß.

„Sekunde... Was glaubst du denn überhaupt, wie alt ich jetzt bin?"

„Weiß nicht. Ich hätte irgendwas von neunzehn bis Dodge geschätzt." Dessen genaues Alter kannte Ace nicht, aber in den Gesprächen war durchgedrungen, dass er Student Mitte zwanzig war. Wenn er fokussiert oder gelassen war, konnte Para zwar hin und wieder älter als Dodge wirken, aber es gab ja auch ruhige Neunzehnjährige.

„Jaa... ich fürchte, das musst du ein wenig runterschrauben."

„Achtzehn?"

„Icy, bei meiner Beschreibung eben habe ich jetzt nicht von meinem Ich vor zwei Jahren gesprochen." Ace blieb einen Moment der Rest des Satzes in der Kehle stecken.

„Nie im Leben bist du erst sechzehn!"

„Willst du eine Geburtsurkunde sehen oder was?" Para klang leicht amüsiert, während sich in Aces Kopf alles drehte. Er war davon ausgegangen, dass Para älter wäre als er. Natürlich war er davon ausgegangen, Para wäre älter als er! Er konnte doch keinem Jungen hinterherträumen, der – nun ja, in seinem Alter war Ace noch ein halbes Kind und hatte sich mehrere Monate als asexuell diagnostiziert, weil ihm der Gedanke Angst machte, dass er nur auf Kerle stand! Er ächzte und vergrub den Kopf auf den übereinandergelegten Armen.

„Nein, ich meine nur... Argh! Du überforderst mich! Warum erzählt mir Spidey das nicht!?"

„Warum sollte sie?" Para schien immer noch belustigt, während Ace das gar nicht zum Lachen fand. Wie konnte dieses Mädchen ihn nicht vorwarnen? „Die Leute, die mich kennen, wissen, dass sie es nicht so breittreten sollen, weil ich mich sonst mit Kerlen wie Dodge rumschlagen darf, die sich plötzlich in ner Autoritätsposition sehen, weil sie schon ein paar Jahre länger auf der Welt sind."

Ace war immer noch dabei, leise in seine Arme zu seufzen. „Schickst du deswegen keine Bilder rum? Damit man nicht sieht, wie jung du bist?"

„Hm?... Nein, das ist eine Frage des Prinzips. Vom Aussehen her geh ich locker als 18 durch, bei mieser Beleuchtung auch irgendwas bis Mitte 20."

„Hah.", meinte Ace schwach. „Ich glaube, an den Gedanken muss ich mich erstmal gewöhnen."

„Machs wie Spidey und schieb drei Stunden Panik, ehe du beschließt, dass es dir eigentlich scheißegal ist... wobei, Spidey hatte wenigstens Grund zur Panik. Du hast ja noch nichtmal irgendwas Schlimmes mir gegenüber gesagt. Du kriegst eine Stunde." Ace horchte auf.

„Warte, was hat Spidey-"

„Das ist Privatsache. Wechsel nicht das Thema." Para klang entschieden zu gutgelaunt dafür, dass Ace sich immer noch sehr überrumpelt fühlte, ehe sich auch seine Stimme wieder ernüchterte. „Kommen wir zum Punkt zurück, an dem wir angefangen haben... Klingt das nach irgendwem, mit dem du Probleme hast?"

„Nein. Also..." Ace schloss den Mund und überlegte einen Moment. Altersmäßig passte es zu den drei gar nicht. Von Devon wusste er, dass der neunzehn war, und Ethan und Nero konnten nicht viel jünger sein. Und Lehrerliebling... zugegeben, die Lehrer ließen ihnen einiges durchgehen, aber auch nur, weil die Jungen – vielleicht mit Ausnahme von Ethan – sehr geschickt Lügen und Manipulieren konnten. Para würde er dagegen zutrauen, dass der tatsächlich geistig und im Unterricht einiges drauf hatte. „Nein. Nicht, dass ich spontan wüsste." Hatte jemals jemand aus den unteren Jahrgängen mitgemischt, als die drei Jungen ihn drangsaliert hatten? Er zögerte. „Hast du dich von einer Gruppe älterer Kerle überreden lassen, irgendwem in deiner Schule wehzutun?"

„So betrunken, dass mich überhaupt irgendwer zu etwas überreden könnte, bin ich in der Schule nicht.", klang trocken zurück. „Und nein ... wenn ich Scheiße baue, dann geht die von mir selbst aus. Kein Überreden von irgendwem."

„Und wenn doch?" Ace ließ sich die Worte durch den eigenen Kopf gehen, ehe er rasch korrigierte: „Ich meine, wenn wir jetzt erfahren hätten, dass wir uns doch kennen... was hättest du gemacht? Hättest du irgendwas gemacht? Hättest du es mir überhaupt gesagt?"

„Nein..." Die Antwort war sanft und gleichzeitig hatte Ace das Gefühl, als würde sie wie ein Hammer auf ihn niederfahren. „Aber ja, ich hätte gehandelt. Online hätte ich dafür gesorgt, dass du aus meinem Umkreis verschwindest, und dich in irgendeiner anderen Gilde untergebracht, in der ich den Leuten vertraue. Vielleicht noch ein paar Gespräche arrangiert, in denen ich irgendwelche Scheiße sage, damit du dir sicher bist, aus freien Stücken aus meiner Umgebung abzuhauen und dass es anderswo ohnehin weit besser ist." Ace fühlte sich schlucken. Das klang... relativ abgebrüht, und immer noch nicht vereinbar mit seinem Bild von Para, dass er sich schon wieder neu zusammenbasteln musste. „Und real hätte ich dafür gesorgt, dass man dich in Ruhe lässt. Nicht offensichtlich, nur soweit, dass du heil durch den Tag kommst. Danach hätte es von meiner Seite aus nie wieder Kontakt gegeben – vielleicht abgesehen davon, dass ich dich nicht anschweigen würde, wenn du mich auf irgendwas ansprichst oder so."

Er war sich gar nicht sicher, warum ihn die Vorstellung so entsetzte, derart aus einem Leben gedrängt zu werden. Auf der einen Seite konnte er verstehen, warum Para all das tun würde, Schritt für Schritt, und auf rein logischer Ebene machte es Sinn, aber... „Und du hättest kein Problem damit, nie wieder richtig mit mir zu reden?" Du kennst ihn gerade mal zwei Wochen, wollte ihm sein Kopf klarmachen. Es sollte sich nicht anfühlen, als würde man dir etwas wichtiges rauben. Das ist doch nicht mehr nur harmlose Schwärmerei.

„Ich kann mich mit einer Menge arrangieren, Icy... und es wäre nicht fair, danach noch mit dir zu reden. Würden wir uns tatsächlich aus so einer Situation kennen, würdest du das auch gar nicht wollen." Das wiederum klang ihm viel zu entschieden nach Devon – oder allgemein jedem der Jungen, und Ace schnaubte leise. Ja. Wäre Para einer davon, wäre das ein Grund, den Kontakt so schnell wie möglich abzurechen und so weit zu laufen, wie er konnte. Aber hieß das... ja, was hieß das? Was für ein Mensch war Para eigentlich?

„Okay..." Ace hob den Kopf wieder und holte tief Luft, als könnte ihn das davor bewahren, die nächste Frage allzu schnell aussprechen zu müssen. Er war sich nicht sicher, ob er das überhaupt wissen wollte. „Was hast du getan?"


Die Jungen hatten ihn in ins Aulagebäude geschleppt, dass außerhalb der Versammlungszeiten und insbesondere an einem Freitagmorgen wie ausgestorben waren, und dort den Schlenker zu den Toiletten eingeschlagen. Als Ace begann sich zu wehren, war es nicht so sehr aus Überlegung heraus und mehr, weil sich sein Magen umdrehen wollte, als man Anstalten machte, ihn gegen die Porzellanschüssel und ins Wasser zu drücken. Man drehte ihm den Arm so heftig auf den Rücken, dass ihm Tränen kamen, und dann schob man ihn nach unten. Eine weitere Hand drückte sich auf seinen Kopf und sorgte dafür, dass er nicht von selbst wieder hochkam.

Es war nicht das erste Mal, dass Ace so etwas erlebte. Grausamkeit war nichts Neues. Entwürdigung war nichts Neues. Was neu war, war, dass er begann, zu strampeln und zu spucken und zu fluchen, und trotzdem schien keinem aufzugehen, dass ihm die Luft ausging.

Die Schmerzen in seiner Brust nahmen zu, und Ace wurde zunehmend panischer. Er versuchte nach hinten zu treten, was damit endete, dass sich jemand auf sein Bein stellte, und der Druck auf seinen Schläfen mischte sich mit der Panik, die vernünftige Gedanken in seinem Kopf zu ersticken drohte. Seine Augen waren dicht zugekniffen, und sein Kopf fühlte sich beengt, unfähig, auszuweichen, während er zitterte und die wenigen Zentimeter hin- und herrutschte, die ihm an Schulterfreiheit blieben.

Im selben Moment, als er dem Brennen in seiner Brust nachgeben wollte, zerrte man ihn nach oben, ließ ihn spucken und Flüssigkeit aushusten. Ace war sich ziemlich sicher, dass er heulte, aber bei all dem Wasser auf seinem Gesicht würde das ohnehin untergehen.

„Tief einatmen.", raunte Nero belustigt neben ihm, und als Ace noch versuchte, nach Luft zu schnappen, drückte man ihn wieder nach unten.

Seine Schläfen dröhnten. Er zuckte, versuchte durchzuhalten, wollte schreien, sogar betteln, dass sie bitte aufhörten ihn umzubringen. Ein Teil von Ace wusste, dass sie das vermutlich nicht tun würden, aber dieser Teil wurde bedrängt von der blinden Panik, dem Entsetzen, dass ihn am ganzen Körper erfasst hatte, während er spürte, wie der traurige Rest Luft in seinem Mund schon wieder schal schmeckte. Sein ganzes Gehirn fühlte sich an, als würde es dumpf pochen.

Diesmal hatte er tatsächlich Wasser eingesogen, als man ihn wieder hochzog, und unwillkürlich erbrach Ace Flüssigkeit in die Toilettenschüssel, während sein Oberkörper unter hektischen Schluchzern bebte. Die ersten Atemzüge brannten noch, und dennoch sog er sie dankbar ein – bis man ihn wieder untertauchte.

Ace zählte nicht mehr mit. Er wusste nur, dass man ihn irgendwann nach oben riss und dem nassen Haarschopf tätschelte, während er verarbeiten musste, dass er noch am Leben war. Eine seiner Kontaktlinsen schien herausgefallen zu sein, und die Gesichter der Jungen waren nur verschwommene, bösartige Schemen, als Devon sich erkundigte, ob das jetzt ausreichte. Ob Ace jetzt wusste, dass es sehr unhöflich war, mitten im Gespräch davonzulaufen. Ace nickte und zitterte am ganzen Körper, während Ethan lachend meinte, ein bisschen länger, und Acey hätte seine Unterhose wegschmeißen können.

Sie verschwanden kurz vor dem Stundenklingeln, während Ace sich wie gelähmt fühlte. Es dauerte eine Weile, bis er sich vom Boden aufstemmte und aus der Kabine zur Spiegelwand trottete.

Ihm starrte ein blasser, kränklich erscheinender Junge entgegen, der vom Hals aufwärts wie ein begossener Pudel wirkte. Seine Augen schienen geweitet, und so oft Ace auch blinzelte, er bekam den Ausdruck stummen Entsetzens nicht ganz heraus.

Als er mit schweren Schritten zu seiner Tasche herübertrottete, stellte er fest, dass zumindest sie intakt war. Schwerfällig ließ er sich wieder neben ihr sinken, während seine Gedanken kreisten. Aber weiter bleiben wollte er nicht... allein beim Gedanken, den Dreien in der Schule zu begegnen, drehte sich sein Magen um. Warten, bis er trocken war, und dann ins Sekretariat, beschloss Ace und starrte die weiße Kabinenwand an, die von Generationen von Schülern mit irgendwelchem Unsinn und vereinzelten Stickern beschmiert worden war. Irgendwo einen Kopf über ihm hatte jemand ein Logo von einer Initiative gegen Mobbing und für mehr Toleranz geklebt, und Ace konnte nicht anders, als sardonisch zu lächeln.


„Ich bin mir nicht sicher, ob es dir gut tut, sowas zu hören.", vernahm er in besänftigendem Ton von Para und biss die Zähne aufeinander.

„Du meinst, du bist zu feige, es zu erzählen."

„Ich meine, was ich sagte, Icy. Ich habe kein Problem damit, die verkommensten, menschenverachtensten Dinge rauszuhauen ... Aber ich kann mir kaum vorstellen, dass du gerne da sitzt und mir bei sowas zuhörst."

„Ja und?" Ace hatte das Gefühl, er kaute sein Zahnfleisch wund. „Wenn du diese Dinge getan hast, warum ist es dann ein Problem, darüber zu reden? Das wird mir doch nicht mehr wehtun als den Leuten, die darunter litten."

„Mag sein. Im Gegensatz zu ihnen bist du mir aber nicht scheißegal." Er spürte, wie er wütend wurde, ohne ganz zu wissen, auf wen oder was. Vielleicht auf Para – auch wenn er eigentlich gar nicht wütend auf ihn sein wollte. Para behandelte ihn gut, weit besser, als Ace sich erklären konnte, wenn er einbezog, dass der Junge anscheinend auch ein unglaublich mieser Scheißkerl sein konnte.

„Wie kannst du sowas sagen?! Wie können andere dir scheißegal sein?!"

„Dir ist bewusst, dass ich eine Empathiestörung habe, oder?" Ace fühlte sich aus dem Konzept gebracht.

„...Was?" Er schnappte nach den Deckenenden um seine Schultern und zog sie enger um sich.

„Quasi nicht vorhanden. Schon von Geburt an, und alles danach hats jetzt echt nicht besser gemacht." Ace konnte nicht verstehen, wie Para so locker sprechen konnte. Er konnte nicht verstehen, wie irgendwer auf der Welt derart sorglos erzählen konnte, dass... ja, was eigentlich? Die Empathielosigkeit war ja nicht seine Schuld, und das alles danach, was Para so flüchtig beiseiteschieben wollte, ließ irgendwo in seinem Kopf eine Alarmsirene klingeln ... Aber sprach es ihn frei, wenn Para sich nicht in andere Menschen reinversetzen konnte? Nein, entschied Ace rigoros – es machte die Sache nur um ein Vielfaches komplizierter.

„Also... empfindest du kein Mitgefühl?"

„Kein Mitleid, kein Mitgefühl, kein ‚es ist nicht gut, wenn es anderen Menschen mies geht'." Trotz der weichen Tonlage wollten die Worte Fluchtreflex wecken, aber Ace riss sich zusammen. Als ob er einfach so abhauen würde, gerade jetzt!

„Glaube ich nicht. Ich meine, wenn mir miteinander reden... du sorgst dich um..." Er zögerte. „Ich meine, du bist für mich da, wenn ich sage, dass es mir mies geht. Du weißt, wie du mich beruhigen kannst." Waren deine Worte nur Lügen?

„Dafür braucht es keine Empathie, Icy. Ich höre an deiner Stimme, dass es dir nicht gut geht, ich beschließe, dass ich das ändern will, ich sage die Dinge, die meiner Erfahrung nach helfen könnten." Danke, das macht mich gefühlt kein Stück klüger.

Ace lachte kläglich. „Aber wenn du gar kein Mitgefühl empfinden kannst, dann interessiert es dich doch eigentlich einen Dreck, wie es mir geht." Er wollte nicht aggressiv klingen, aber er wusste seine Unsicherheit und Verletztheit nicht anders zu verbergen.

„Tut es nicht." Para klang unaufgeregt, wie immer.

„Ach ja? Wieso?"

Der Junge holte einen Moment Luft. Die Stimme hatte fortwährend den sanften, interessierten, konzentrierten Klang, und auch wenn Ace inzwischen annahm, dass der Absicht war, war es schwer, sich nicht augenblicklich darin zu verlieren. „Ich muss nicht mitfühlen können, um zu entscheiden, dass es mir nicht gefällt, wenn du unglücklich bist. Du weckst Sympathie, ich mag dich, und du bist - im glücklichen Zustand - wichtiger Bestandteil eines Ortes, den ich genauso zur Entspannung nutze, wie du ihn als Zuflucht siehst. All das führt darauf hinaus, dass ich will, dass du happy bist... was nicht der Fall ist, wenn du im Voice hockst und man dir mehr oder weniger das Wasser aus den Augen fließen hört." Ace ließ sein Kinn auf seinen Kopf sinken, sein Kopf trübe und seine Gedanken ein wilder, dunkler Strudel, der ihn immer aufs Neue in die Tiefe ziehen wollte.

„Also ist es was unangenehmes, wenn ich nicht glücklich bin?" Und was bedeutete das überhaupt? Wenn Para gar nicht mitfühlen konnte, nervte es ihn dann vielleicht? Ace wollte auf keinen Fall der Junge sein, der immer ankam, um sich auszuheulen, und mit seiner Stimmung niederdrückte. Vielleicht wäre es doch klüger, wieder zum In-sich-Reinfressen überzugehen...

„Es ist nichts, was mir zu schaffen macht. Wie gesagt, keine Empathie... mir geht es nicht schlecht, nur weil es anderen schlecht geht." So sehr Ace sich auch am Grundgedanken stören wollte, musste er sich wenigstens weniger Sorgen darum machen, ob er Para nicht doch lieber eine glückliche Version von sich vorspielen wollte. „Aber ich mag es trotzdem nicht. Mir gefällt der Gedanke nicht, dass du dich selbst fertig machst. Ist ja nicht, als würden das alle anderen nicht schon zur Genüge tun... und in deiner traurigen Version stehst du dir selbst im Weg. Wenn du glücklich bist, merkt man dagegen richtig, wie du aufblühst. Es macht Spaß, das mitzuerleben."

„Tue ich?", fragte Ace, irgendwo zwischen Spott und Hoffnung und Verwirrung. Er wollte es gerne glauben und konnte doch nicht ganz. Allein der Gedanke sorgte für schwaches Flattern in seinem Magen.

„Klar? Du redest mehr, und selbst wenns nur Unsinn bist. Du machst Scherze, du lachst, du singst irgendwelche megaschwulen Musicals mit Spidey-"

„Musicals sind nicht schwul... und überhaupt, schwul ist keine Beleidigung!"

„Und wie sie das sind. Ich kenne keinen Heterokerl, der Musicals und Disneyfilme mag. Außerdem ... Wenns keine Beleidigung ist, dann lass dich doch nicht davon beleidigen?" Letzeres klang genauso logisch wie ärgerlich. Ace würde es doch gar nicht als Beleidigung sehen, wenn er nicht alle drei Tage hören müsste, wie die Jungen in seiner Schule es als eine nutzten! Para fuhr in der Zwischenzeit fort. „Du stellst Fragen, du traust dich, deine Meinung zu sagen und aktiv in der Gruppe mitzuarbeiten, du haust kreative Ideen raus, als wäre es nichts... also, ja, es ist definitiv ein Unterschied."

„Das sind alles Sachen, die jeder normale Mensch tut."

„Dann herzlichen Glückwunsch, dass du dich wieder zu einem normalen Menschen entwickelst, nachdem man sich jahrelang Mühe gegeben hat, dir Traumata und Bindungsängste einzuprügeln?" Para klang wieder heiter, und auch Ace spürte sich Lächeln, auch wenn die Worte eigentlich gar nicht zum Lachen waren.

„So schlimm war es jetzt auch wieder nicht..."

„Wen von uns beiden versuchst du zu verarschen, Icy?" Er nagte sich ertappt an den Lippen.

„Keine Ahnung.", gab er schließlich zu, richtete sich ein wenig auf und lehnte sich zurück. „Wenn ich dich bitten würde, diese Kinder an deiner Schule..."

„Die Kinder an meiner Schule sind vollkommen irrelevant für dich und ein Teil meines Lebens, mit dem du nie in Berührung kommen wirst." Para klang immer noch freundlich, aber es war überdeutlich, dass er abblockte.

„Sind sie nicht! Ich meine... ich weiß, dass es ihnen schlecht geht, und... Es kann doch nicht so schwer für dich sein, aufzuhören, oder?" Ace zögerte. Irgendwo hinter Paras dauer-gutgelaunter, entspannter, geduldiger Fassade musste etwas brodeln, und im Gegensatz zu ihm schien der Junge kein überflüssiges Wort über das zu verlieren, was ganz tief in ihm abging. Jetzt, wo der kurze Moment der Ablenkung verschwunden war, spürte er, wie sich ihm die Kehle wieder zusammenzog. „Vielleicht bin ich ja unglücklich, solange es ihnen schlecht geht?"

„Netter Versuch, aber ich lasse mich nicht erpressen, Icy."

„Was hat das mit Erpressung zu tun? Du bist derjenige, der anderen das Leben schwermacht!"

„Stimmt." Ace biss die Zähne aufeinander, wartete, dass noch etwas kam, ehe er dann doch wieder fortfuhr.

„Und wenn ich einfach aufhöre, mit dir zu reden?" Ihm war selbst klar, dass das eine gewagte Ansage war. Ace bezweifelte, dass er das länger als ein paar Tage durchziehen könnte.

„Dann redest du halt nicht mehr mit mir."

„Und es würde dir nichts ausmachen?" Eigentlich wollte er die Frage gar nicht stellen. Inzwischen hatte Ace ein wenig Angst vor der Antwort.

„Doch... aber ich würde mich damit arrangieren können. Hatten wir das nicht schon?"

„Großartig." Die Enge in seiner Kehle blieb. Ace rieb sich über die Stirn und biss die Zähne zusammen. Wie konnte ein Mensch gleichzeitig so nett und so ein Arschloch sein? „Wissen deine anderen Freunde eigentlich davon?"

„Davon, was für Scheiße ich in meiner Freizeit treibe?... Ja, wenn auch nicht jeder gleich viel."

„Ah. Hast du dich mit denen auch hingesetzt und einen langen Vortrag über Empathielosigkeit gehalten?" Ace versuchte scherzend zu sprechen, auch wenn sein Kopf noch brummte nach der Ansage, wie leicht es Para doch fallen würde, ihn aus seinem Leben herauszuschneiden.

„Nein... tatsächlich bist du nur eine von drei Personen, die überhaupt davon weiß." Und wieder hatte er das Gefühl, sich in freiem Fall zu befinden.

„Wieso?!" Er klang nicht verzweifelt. Gut, vielleicht klang er ein klein wenig verzweifelt.

„Fragst du mich gerade ernsthaft, warum ich nicht in die Welt hinausschreie, dass ich keine Empathie besitze? ... Icy, wir sind keine zwölf und leben in der Kommentarspalte unter nem Anime-Musikvideo. Normale Menschen sagen sowas nicht."

„Nein, ich meine, warum erzählst du es ausgerechnet mir?" Para schwieg einen Moment, und als er wieder das Wort erhob, machte er es ganz und gar nicht besser.

„Das weiß ich selbst nicht genau." Ace schnaubte und hörte stumm zu. „Ich schätze, du hast mich bisher einfach überrascht mit deinen Reaktionen. Vielleicht will ich ja sehen, wie weit ich gehen kann, bis du mir richtig eins reinwürgst."

„Aber ich habe doch gar nicht reagiert!"

„Keine Reaktion ist auch eine.", wurde trocken erwidert. „Du bist weder geflüchtet noch hast du versucht, mir irgendwie das Leben schwerzumachen." Para hielt einen Moment inne. „Wenn es dich überfordert, kann ich auf der Stelle aufhören, irgendwas davon zu erzählen."

„...Nein." Vielleicht war er ein bisschen überfordert. Aber es war keine panische Überforderung. Zugegeben, Ace konnte spüren, dass er aufgeregt war, vielleicht sogar ängstlich, ohne genau benennen zu können, warum, aber gleichzeitig wollte er nicht, dass Para jetzt dicht machte. Er wusste immer weniger, was er von diesem Jungen zu halten hatte und was er in Bezug auf ihn fühlen sollte, und es schien ihm wichtig, mehr zu erfahren. „...Flüchten andere denn, wenn du ihnen sowas erzählst?"

Sowas erzähle ich generell so gut wie keinem, wie wir bereits festgehalten haben. Und die meisten Menschen spüren von selbst, wenn in der Konversation ein Punkt auftaucht, der moralisch fragwürdig ist... und dann machen sie einen thematischen Schlenker oder denken sich, dass doch alles okay sein muss, solange ich Witze drüber mache. Nicht jeder stürzt sich da so drauf wie du."

„Ist das gut oder schlecht?"

„Nichts von beidem. Es ist einfach nur etwas Icy-mäßiges." Ace atmete tief ein, zog den Mund zur Seite und krallte sich in seinen Unterschenkeln fest, ehe er sich erkundigte:

„Was meinst du eigentlich mit... ‚Wie weit du gehen kannst, bis ich dir eins reinwürge'?"

„Oh, ich gehe definitiv davon aus, dass ich diese Gespräche früher oder später bereuen werde." Jetzt sprach Para wieder locker. Fast belustigt, hätte Ace gesagt, aber da war er sich nicht mehr ganz sicher. „Der Punkt, an dem wir meine... Komfortzone an persönlichen Informationen überschritten haben, ist bereits vorüber."

„Warum redest du dann weiter?", erkundigte sich Ace, während seine Finger seine Jeans entlangtrommelten.

„Du willst es wirklich nicht akzeptieren, dass ich einfach gerne mit dir rede, oder?" Jetzt klang Para definitiv amüsiert, und Ace ließ den Kopf hängen. Hör auf, dafür zu sorgen, dass ich dich mag. Hör auf, mein Herz klopfen zu lassen. Das macht alles noch hundertmal komplizierter.

„Okay, aber-" Er zuckte zusammen, als er das Geräusch einer sich öffnenden Tür hörte. Rasch stellte er sich auf stumm, versuchte tief durchzuatmen und sah sich zu seiner Mutter um, die den Kopf ins Zimmer steckte.

„Och Ace... na, immerhin nicht an der Konsole." Sie seufzte, dann trat sie ein. „Geht's dir schon wieder besser?"

„Ja... das war heute Morgen schnell vorbei. Ich hab mich in der Schule in die Toilette erbrochen, aber zuhause gings dann bald wieder." Er lächelte ihr schwach zu, diesmal ohne rot zu werden. War ja nicht einmal wirklich gelogen.

„Oh, du Armer... kann ich dir doch was machen? Eine Wärmflasche? Ich könnte dir einen Salat aus Apfel und Karotten-"

„Nein, wirklich, es geht mir schon viel besser.", versuchte er zu beschwichtigen, als würde sein Puls gerade nicht rasen und sein Kopf riesige Fragezeichen rund um Paras Namen zeichnen. Carla sah nicht ganz überzeugt aus, und Ace ergänzte betont: „Wirklich."

„Wenn du das sagst..." Sie seufzte leise. „Aber du sagst mir Bescheid, wenn du irgendwas brauchst, ja?"

„Klar." Ace schenkte ihr das überzeugendste Lächeln von allen, und sie schmunzelte, als würde sie ihn zumindest halb durchschauen.

„Und grüß deine Internetfreunde von mir." Zwei Sekunden, nachdem sie aus der Tür verschwunden war, hatte er das Mikrofon schon wieder aktiviert.

„Tschuldigung, Eltern... Wo waren wir?" Er versuchte selbst, wieder zum Punkt zu kommen. Empathie, Schule, Gespräche – oh, ja. Ich rede gerne mit dir. Ace spürte sich erröten und redete sich ein, dass man ihm nichts ansah. Warum, wollte er im ersten Moment fragen, unsinnigerweise, obwohl er Antworten doch mehrmals erhalten hatte. Es ging ihm weniger um das warum und mehr um die Tatsache, dass sein Gehirn einfach nicht akzeptieren konnte, dass irgendwer – vor allem jemand wie Para- sich gern mit ihm auseinandersetzte.

„An dem Punkt, an dem ich dich normalerweise fragen würde, warum du dich so sehr gegen die Gewissheit sträubst, dass andere Menschen dich mögen könnten... aber das kann ich mir sparen, ich kenne die Antwort ja eigentlich."

„Jaaa...", murmelte Ace ein wenig kläglich und fügte hinzu: „Ich soll meine Internetfreunde übrigens von meiner Mum grüßen."

Para lachte nur. „Grüße zurück. Wie geht's dir inzwischen eigentlich?"

„Weiß nicht." Ace seufzte. „Ich bin nicht mehr wirklich traurig... aber verwirrt. Und wütend. Aber auf dich, irgendwie."

„Ist doch gut so." Para klang beinahe belustigt. „Je länger du wütend auf mich bist, desto weniger Zeit verschwendest du darauf, dir Sorgen zu machen und an irgendwelche Arschlöcher in deiner Schule zu denken."

„Wa- Nein, so funktioniert das nicht!", protestierte Ace wild. Er wollte eigentlich nicht wütend auf Para sein – und vor allem wollte er nicht, dass der das als legitimes Mittel betrachtete, ihn abzulenken!

„Jaja, was immer du sagst... Duffy fragt, ob ich bald fertig bin, mich bei dir auszuweinen, sie wollen einen Speedrun durch den toten Tempel machen. Willst du mit?" Nein! Auf keinen Fall! Ich will weiter hier mit dir bleiben, deiner Stimme lauschen und ... dich über viel zu private Dinge ausfragen? Was auch immer. Irgendwas tun, um ein privates Gespräch aufrecht zu erhalten und die Tatsache zu ignorieren, dass ich dieses Flirten nie gelernt habe und mir wahrscheinlich schon mein eigenes Grab schaufel...

„Klar.", sagte Ace äußerst enthusiastisch und bemühte sich zu Lächeln.

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