The Games We Play (BoyxBoy)

By SunshinePulse

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Ace hat die Nase voll von seinem Leben. In der Schule steht er an erster Stelle auf der Abschussliste der Mob... More

Vorwort & Aesthetics
Grayton Beach, Florida
Wie ich meine Ferien verbracht habe
Schulbeginn
Willkommen zurück
Körperliche Ertüchtigung
Sommerspaß mit Freunden
//Mortal Realms
//Fremdenführer
//Gal'grim
Gay Bois hmu
//Zuflucht
//hetero
Jose
//Geringe Hoffnungen
Echte Freunde
//Tyrann
Nachtwandler
//Player versus Player
Mitgefühl
Ace macht Selfies
Zwergenaufstand
Missoula
Häschen
Morgen danach
Ethan ist nicht glücklich
Win some, lose some
Funkstille
Gefühlsgelaber (1)
Gefühlsgelaber (2)
Ace, der Forscher (1)
Ace, der Forscher (2)
Ace erweitert seinen Horizont (1)
Ace erweitert seinen Horizont (2)
Schulausflüge
//Ace, Herr des Chaos
Ace wird bissig (1)
Ace wird bissig (2)
Gehirntumor
Planänderungen (1)
Planänderungen (2)
Ace und die Kunst der Erpressung
Ace ist ein mieser Geheimniswahrer (1)
Ace ist ein mieser Geheimniswahrer (2)
//Wetten
Arschlochfreunde (1)
Arschlochfreunde (2)
Ace wünscht Gesellschaft (1)
Nero wählt das geringere Übel (2)
Nero wählt das geringere Übel (3)
Ace ist grundsätzlich überfordert (1)
Ace ist grundsätzlich überfordert (2)
Enthüllungen (1)
Enthüllungen (2)
Schadensbegrenzung (1)
Schadensbegrenzung (2)
Schlussstrich (1)
Schlussstrich (2)
Schlussstrich (3)
Oben in den Boonies (1)
Oben in den Boonies (2)
Oben in den Boonies (3)
Oben in den Boonies (4)
Oben in den Boonies (5)
Wie macht man dieses Flirten? (1)
Wie macht man dieses Flirten? (2)
Wie macht man dieses Flirten? (3)
Wie macht man dieses Flirten? (4)
Wie macht man dieses Flirten? (5)
Wie macht man dieses Flirten? (6)
Wie macht man dieses Flirten? (7)
Wie macht man dieses Flirten? (8)
Wie macht man dieses Flirten? (9)
Wie macht man dieses Flirten? (10)
Kein Kapitel, shame on me
Nehmt keine Drogen, Kinder (1)
Nehmt keine Drogen, Kinder (2)
Nehmt keine Drogen, Kinder (3)
Nehmt keine Drogen, Kinder (4)
Halloween (1)
Halloween (2)
Halloween (3)
Halloween (4)
Willkommen zurück
Willkommen zurück (2)
Willkommen zurück (3)
Willkommen zurück (4)
Willkommen zurück (5)
-Info für Leser-
april april
Aufrüsten

Ermüdend

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By SunshinePulse


Duffy und Para hatten sich nach einer Weile in unterschiedlichen Abständen von ihnen verabschiedet, um zu verschwinden und dem Freitagabend mit anderen, näher gelegenen Freunden - doofe unnötige RL-Bekannte, wie Spidey so treffend schimpfte - zu füllen. Vielleicht auch, um Spidey und Ace zu entkommen, nachdem der seine Schüchternheit einmal soweit überwunden hatte, dass es ihm gelang, 'Hakuna Matata' im lauten und schiefen Einklang mit ihr zu singen. Nicht, dass es viel Unterschied machte. Gemeinsam mit Andi, der die Para-Funktion ausfüllen konnte und ihnen in scheinbar unmöglichen Kampfsituation mühelos den Hintern rettete, streunten sie über die Spiellandschaft und arbeiteten Spideys nie enden wollende Liste an Quests ab.

Ganz sicher war Ace sich nicht, ob der Kerl sie überhaupt ertrug. Andi war freundlich, aber reserviert, und während Spidey mit Ace herumalberte, hielt er sich im Hintergrund und beließ es bei den nötigsten Anmerkungen. Gerade weil Ace kurz zuvor noch erlebt hatte, wie locker der Kerl dagegen mit Duffy und Para war, fragte er sich insgeheim, ob sie vielleicht etwas falsch machten. War der Junge nur zurückhaltend gegenüber Fremden oder war ihre Anwesenheit ihm vielleicht sogar unangenehm? Ihn darauf ansprechen traute er sich aber auch nicht ... Je weiter Ace in diesen Grübeleien versank, desto ruhiger wurde er, bis sie alle drei sich nur noch über das nötigste unterhielten. Im Stillen wollte er seufzen. Wie konnte es anderen nur so leicht fallen, sich auf Menschen einzulassen?

Ein Teil von ihm war unangebracht neugierig, was Para wohl treiben mochte... als könnte er es sich nicht denken! Es war Freitag, und normale Menschen machten an Freitagen normale Menschendinge und gingen trinken, oder feiern, oder trafen sich und schauten Filme oder... überhaupt irgendwas. Vor kurzem noch hätte Ace behauptet – zumindest, wenn er seinen Klassenkameraden bei ihren Schilderungen lauschte - dass er sich mit so albernen, niveaulosen Zeitvertreiben gar nicht auseinandersetzen wollte, und das machte es umso schlimmer, dass ein Teil von ihm jetzt Sehnsucht danach hatte zu erfahren, wie sich das anfühlte. Was Para für Freunde haben mochte, und ob rund um ihn so eine gute Stimmung herrschte, wie sie im Spiel hatten?... Ace versuchte sich zur Ruhe zu rufen. Er konnte nicht einfach über das potentielle Privatleben von Personen grübeln, die er kaum kannte. Das war ja beinahe krank.


Am frühen Samstagvormittag fuhren sie los nach Great Falls, und Ace war zumindest ein bisschen froh, dass er nicht ewig aufgeblieben war. Wenn er den Morgen wie ein Halbtoter im Auto gesessen, hätte das nur für mehr unangenehme Fragen geführt. Er hatte keine Lust, dasselbe anstrengende Gespräch vom Freitagmorgen noch einmal zu führen.

Seine Mutter war ganz entzückt, als sie erfahren hatte, dass er Samstag mit Freunden unterwegs sein wollte. Ace hatte sogar ein paar Sätze mit Jose geschrieben, die er ihr zur Not als Beweis hätte vorlegen können, aber ganz so misstrauisch war sie zum Glück doch nicht, dass sie darauf bestanden hätte. Vielleicht war ihre Fragerei vom Freitag doch nur ein plötzlicher Impuls gewesen und kein Ergebnis wochenlanger Beobachtung. Er hoffte es.

Die neue Wohnung von Julie und John war nüchtern und realistisch. Ein mittelgroßes Appartment in einer weißgrauen Reihenhaussiedlung mit zwei Schlafzimmern und einer Mischung aus Küche und Wohnzimmer, die von Julie solange mit hübschen Bildern und süßem wild-romantischen Tand vollgestellt worden war, bis sie Lebendigkeit verströmte. Die beiden hatten vor, sie zu behalten, bis sie sich irgendwann eine anständige Bleibe leisten konnten. Die Seiteneinwürfe von Aces Mutter – „Richtig, auf so engem Raum lässt sich ja nicht leben, wenn plötzlich das Getrappel kleiner Füße dazukommt." – hatte John elegant umschifft, indem er ihr grinsend erklärte, der Vermieter würde ohnehin keine Hunde erlauben.

Julie verhielt sich Ace gegenüber wie immer  zurückhaltend, aber nett, doch mit John war es, als wären sie keine Sekunde getrennt gewesen. Solange ihre Eltern oder Julie in ihrer Nähe waren, versuchten sie, den verantwortungsvollen Erwachsenen zu spielen, doch das ließ exakt in dem Moment nach, in dem sich die Tür schloss und die beiden unbeaufsichtigt ließ.

„Du hast die Gesetze dieses Landes missachtet. Dein Leben ist keinen Penny mehr wert." John richtete ein Schwert aus Staupappe auf ihn, während Ace sich drohend mit zwei Luftpolstergranaten aufrichtete.

„Ach ja? Was habt Ihr mir vorzuwerfen?" Ace sprach spöttisch, fuchtelte überaus ninjahaft mit seinen improvisierten Knallgeschossen durch die Luft und umkreiste John langsam, während sie beide versuchten, den Bücherkisten auszuweichen, die sie eigentlich ausräumen sollten.

„Du hast den ‚Schrecken aus der Tiefe' doch extra so gelegt, dass Julie ihn zuerst sieht! Du kleine Kröte!" John vollführte beeindruckende Fuchtelmanöver, während Ace sich kurz das Grinsen verkneifen musste.

„Ewig konntest du das eh nicht vor ihr geheimhalten! Ich kapier nicht, wie das überhaupt solange funktioniert hat!"

„Ja, du hattest ja auch noch nie ne Beziehung!" John rümpfte die Nase, und Ace, den die Worte bei jemand anderem vielleicht geschmerzt hätten, feixte nur. Vermutlich hatte John wirklich sein Bestes gegeben, um seine tiefe Liebe zu furchtbar mieser Horrorliteratur vor seiner Freundin geheimzuhalten, aber irgendwann musste das doch wohl herauskommen! Jetzt standen auf einer Seite des Schranks kluge Pädagogenbücher, viele semi-intellektuelle, literaturhistorisch bedeutende Werke, die Julie sich gerne zuführte, und unten in einer Ecke, ganz verschämt, die plakativsten aller Horrorthriller und Groschenromane, von denen John wohl vor kurzem noch gehofft hatte, sie wären verlorengegangen.

„Was hat das eine mit dem anderen zu tun?! Als würde mir plötzlich ein Partner vor die Füße fallen, nur weil ich ganz viel John Sinclair lese."

„Solange du es nicht versucht hast, darfst du dich nicht drüber lustig machen." John stürmte unvermittelt nach vorne und schwang das Pappestück in seine Richtung, und Ace schlug die dick gefüllten Luftpolster im Selbstschutz zusammen. Der Knall klingelte in seinen eigenen Ohren, hallte durch den ganzen Raum und ließ Julie erschrocken Kieksen, als sie eintrat.

„Was treibt ihr beiden da?!" John hatte seine Waffe so schnell verschwinden lassen, dass es an Zauberei grenzte, und bückte sich außerordentlich geschäftig nach einer der Bücherkisten.

„Ach, der Kleine hat mal wieder rumgealbert."

„Lügner! Julie, du kannst ihm nicht vertrauen! ... An deiner Stelle würde ich mir das mit der Verlobung gut überlegen." Mit warnendem Blick drehte Ace sich zu ihr um, und sie kicherte und tänzelte um Boxenstapel herum, um zu John zu gelangen und ihm einen Kuss auf die Wange zu geben.

„Ach, daran habe ich mich schon gewöhnt... und mit dem ‚Schrecken aus der Tiefe' werde ich irgendwann auch klarkommen müssen." Sie lächelte breit, John brummelte mit hochroten Wangen und Ace machte sich daran, die Styroporfüllungen vom Boden aufzusammeln, die sie während ihres Kampfes verstreut hatten.


„Wir geht's dir eigentlich?" Sie waren für das Abendessen in ein Diner eingekehrt, und Ace wartete auf sein Essen, eine der Empfehlungen des Hauses, deren bloßer Anblick jede seiner Arterien verstopft hatte. Jetzt sah er auf, als John sich leise von der Seite erkundigte, und hob die Brauen.

„Hm? Naja, ganz gut...?" Er könnte schwören, dieselbe Frage war ihm heute Vormittag bei der Begrüßung schon gestellt worden, und Ace hatte sie genauso ausweichend beantwortet. John betrachtete ihn einen Moment länger, und Ace widerstand dem Drang, wegzusehen. Schließlich wandte sich der Junge schulterzuckend ab.

„Es ist nur... du siehst gut aus." John verstummte, zog die Brauen zusammen und wedelte mit der Hand. „Ich meine, normalerweise ist man's gewohnt, dass du nur zwei Tage zur Schule gehst und man das Gefühl hat, du brauchst schon wieder Ferien. Aber heute wirkst du so entspannt. Das freut mich echt." Ace starrte auf die Tischplatte und versuchte sich seine Überrumpelung nicht anmerken zu lassen. Man merkte es ihm an? Und machte es wirklich so einen Unterschied aus, dass er sich momentan manchmal sogar auf den nächsten Tag freute, statt sich vor dem Moment zu fürchten, an dem er das Bett verlassen musste?

„Danke.", murmelte er nur und versuchte, sich seine innerliche Bewegtheit nicht anmerken zu lassen. Wenn John ihn jetzt als entspannt empfand, hieß das, er hatte es auch immer gemerkt, wenn Ace zu viel von seinen Sorgen und Erinnerungen aus den Rissen seiner Fassade entweichen ließ? ... Ace versuchte den Gedanken abzuschütteln und zu verdrängen. Er war hier, um sich zu unterhalten und einen netten Nachmittag mit seiner Familie zu verbringen. Dafür würde er garantiert nicht in seltsamen Grübeleien versacken!

Als man ihnen das Essen brachte, konnte er nicht anders, als sein Handy zu zücken, so verstohlen wie möglich ein Foto zu machen und es ohne weitere Kommentare an Para zu senden. Bitte sehr, von wegen, ich würde mich zu wenig ernähren! Der Burger sah aus, als hätte er zwei Jungen von Aces Größe ernähren können. Er verlor sich eine Weile zwischen gut durchgebratenem Fleisch, Gurken, Tomaten, Salat, Mais, Jalapeños und Sauerrahm, der in seinem Mund zerfloss und sein Bestes tat, ihn zu überzeugen, dass Nahrungsaufnahme doch eigentlich gar nicht so schlimm war. Ace schaffte ungefähr die Hälfte, bis sein Magen so voll war, dass er keinen weiteren Bissen mehr nehmen konnte. Er lauschte mit halbem Ohr, wie Julie ihnen ganz aufgeregt berichtete, dass es dieses Jahr daran gehen würde, ihre Dissertation zu verteidigen, und je weiter sich der Tag zum frühen Abend hinneigte, desto beständiger streute Ace subtile Hinweise, dass er irgendwann auch Mal losmusste, immerhin wollte er sich heute mit seinen freundlich freundhaften Freunden treffen und so.


Kurz vor 18 Uhr ließen sie ihn gehen, nachdem seine Mutter ihn noch einmal geherzt und geknuddelt und ihm Höllenfeuer angedroht hatte, wenn sie nach Hause kommen und ihn an der Konsole erwischen würde. Sein Vater tat ihm den Gefallen, ihn zum Bahnhof zu fahren, und schließlich saß er im nächsten Bus nach Kalispell und drückte sein Handy an sich.

PARADOX: fuck

PARADOX: jetzt hab ich Hunger >_<

PARADOX: also, ich meine, brav gemacht

PARADOX: aber ich bin neidisch

Ace grinste schwach in sich hinein, während er tippte.

StrangeGuy12: Das hast du davon! Du hättest es dir eben früher überlegen sollen, ob du mich zum essen zwingen willst :p

PARADOX: essen ist eines

PARADOX: toast hab ich ja selbst da

PARADOX: (und krieg keinen bissen runter, weil hungover)

PARADOX: aber dieser Burger macht mich schon son bisschen horny :/

Also war er tatsächlich trinken? Ace kuschelte sich tiefer in den Sitz hinein und ließ seine Finger über die Tastatur fliegen. Einerseits wollte er Para auf keinen Fall mit Vorhaltungen nerven... aber andererseits hatte der ihn zur Nahrungsaufnahme gezwungen, also konnte er ja wohl kaum jammern, wenn Ace mit denselben Karten spielte.

StrangeGuy12: Vielleicht solltest du nicht so viel trinken :o

PARADOX: ok mami

PARADOX: was immer du sagst

StrangeGuy12: Sei nicht so, ich meins ernst >.< Was, wenn du irgendwann irgendwo aufwachst und keine Ahnung mehr hast, was am Tag zuvor passiert ist? :c

PARADOX: ‚irgendwann'

PARADOX: weil mir das ja auch noch nie passiert ist *cough*

Und da hielt er ihm Vorträge über seinen Lebensstil? Ace glaubte, sich verlesen zu haben.

StrangeGuy12: Und das ist kein Zeichen, dass dir sagt, dass du es nicht vielleicht ein bisschen übertreibst? Könntest du dich bitte nicht totsaufen?

PARADOX: niemand will ewig leben :>

So dumm der Scherz auch war, Ace hatte das Gefühl, sein Herzschlag setzte für einen kurzen Moment aus. Es bereitete ihm Magenschmerzen, wenn Leute Witze über sowas machten, und es fühlte sich um einiges unangenehmer an, wenn er diese Leute auch noch mochte.

StrangeGuy12: Para!

PARADOX: chill :D

PARADOX: ich bin ein großer junge und kann auf mich aufpassen

PARADOX: anderes thema. wir wollten heute abend btw anfangen, mavericks mit der gilde zu laufen. hab gehört, du machst dir nen wegwerfchar und kommst mit?

Ace, der einen Moment lang noch stumme Vorwürfe an Para formuliert hatte, hob jetzt die Brauen. Wegwerfchar?... Oh. Eigentlich hatte er angenommen, dass Para schon längst vergessen hatte, dass Ace seinen Spielcharakter gerne lebendig durchbringen würde, aber anscheinend war das doch im Gedächtnis geblieben.

StrangeGuy12: Ich würde echt gerne, aber wenn meine Mutter mich heute an der Konsole erwischt, bin ich tot. Und meine Datenbrille auch x.x

Erst beim zweiten Mal durchlesen wurde ihm klar, wie unfassbar peinlich das klang. Wer erzählte in seinem Alter denn bitte noch, dass man irgendwo nicht hindurfte, weil die Eltern es verboten? Er hätte sich irgendeine Ausrede suchen sollen...

PARADOX: rip

PARADOX: ich sag andi bescheid, dass wir verschieben

StrangeGuy12: Auf keinen Fall! Ihr könnt nicht einfach einen Termin wegen mir verschieben! q.q

PARADOX: und ob ich das kann

PARADOX: der steht eh erst zwei tage

PARADOX: und wenn ich sage, den laufen wir mit der gilde, soll gefälligst auch die ganze gilde da sein

So sehr Ace sich über die Dickköpfigkeit von Para ärgern wollte, er konnte nicht verhindern, dass das warme, kleine Glücksgefühl in seinem Magen weiterbrannte. Sie wollten – nein, Para wollte, dass er dabei war, und verschob dafür auch noch Termine? Er konnte es nicht einmal wirklich in den Kopf bekommen.


Jose hatte ihn zwischendurch angeschrieben und sich noch einmal nach dem Treffen erkundigt, und als Ace zwei Stunden später aussteigen und den Bus-Geruch in der kühlen Abendluft endlich abschütteln konnte, war es schon zu spät, um sich in der Stadt herumzutreiben. Er schickte dem Jungen seine Adresse, während er die andere Hand in der Hosentasche vergrub und mit müden Schritten zwischen den weißgetünchten Containerwänden irgendeiner Serviceagentur und der hellen Fassade einer Versicherungsgesellschaft auf der anderen Straßenseite über den Parkplatz trottete. Es waren wenige Menschen unterwegs, und nur vereinzelt wurden die Parklücken von Autos ausgefüllt. Ace zog die Kopfhörer zurück auf seine Ohren und stellte Pop-Punk-Lieder laut genug, um die Umgebung auszublenden. Dass das ein Fehler gewesen sein könnte, merkte er erst, als er um die Ecke bog.

Die Gruppe von Jungen war wahrscheinlich zum selben Busplatz unterwegs, von dem er gerade gekommen war. Devon fehlte ausnahmsweise, und Ethan war in irgendein wildes Gespräch verstrickt, aber Nero war der erste, dessen Augen sich auf ihn richteten, und als ihre Blicke sich trafen, zuckten seine Mundwinkel in die Höhe. Ganz spontan hatte Ace das Gefühl, der Burger wollte ihm wieder hochkommen.

Die anderen Gesichter kannte er vom flüchtigen Sehen. Von einem der Jungen – dem einzigen aus der Gruppe, der sich bereits etwas wachsen ließ, dass man Bart nennen konnte statt verirrte Haarstoppel – war Ace sich halbwegs sicher, dass er Kyle hieß, die anderen waren weniger leicht zuzuordnen. Was er wusste, war, dass ihre letzten Aufeinandertreffen niemals gut geendet waren und sie nur zu gerne den dummen Vorschlägen von Devon oder Nero nachkamen, ganz besonders, wenn einer dieser Vorschläge beinhaltete, dass man irgendwem auf die Fresse schlagen sollte.

„-mir doch scheißegal, wie mans spricht, Fakt ist, die Kleine fährt sowas von auf mich ab, ich schwöre... Moment." Und jetzt hatte ihn auch Ethan entdeckt. Aces Kopf sprudelte so über mit unwahrscheinlichen Fluchtoptionen, dass er kurzzeitig zu erstarrt war, um sich für eine davon zu entscheiden. „Alter! Nero! Das ist Klein-Acey!" Ihm wollte schlecht werden bei all der unangebrachten Begeisterung in Ethans Stimme, und wie von selbst bewegten sich seine Schritte ein wenig nach hinten, während er sich die Kopfhörer vom Haarschopf streifte. Bitte. Lasst mich in Ruhe. Ich will nur nach Hause, ihr wollt auch irgendwohin, wir finden eine Einigung.

„Ja. Danke. Ich hab selbst Augen im Kopf." Allmählich blieben auch die anderen Jungen stehen, während Aces Gedanken rasten. Einmal im Zickzack über den Parkplatz, und wenn er auf die Hauptstraße gelangte, dann wäre da diese Sportbar in der Nähe, und sie würden ihn nicht vor anrühren vor so vielen Zeugen... hoffte er. „Bleib stehen." Ace, der gar nicht richtig wahrgenommen hatte, wie seine Füße ihn langsam nach hinten trugen, hielt einen Moment inne und spürte sein Herz schmerzhaft gegen seine Rippen hämmern. Dann scherte er zur Seite aus und begann loszusprinten.

Einen Moment lang schien es die anderen Jungen überrascht haben, dann hörte er die Schritte hinter sich über den Asphalt hämmern. Ace fluchte unter seinem eigenen Atem und versuchte an Tempo zuzulegen. Er war kein guter Läufer. Über kurze Distanzen konnte er ganz schön spurten, nicht durch Sportunterricht, sondern weil er sich das zum Überleben in der Schule aneignen musste, aber das hier war keine kurze Distanz mehr. Sein Verfolger hatte mit einiger Wahrscheinlichkeit längere Beine als er und zusätzlich gefiel es Aces Körper, ihm immer mal wieder in Erinnerung zu rufen, wie wenig Sport er eigentlich trieb. Es dauerte keine fünfzehn Schritte, bis seine Wadenmuskeln sich bemerkbar machten, während sein Atem in hektischen Stößen aus seinem Mund entwich. Straße. Straße. Du musst nur bis zur Straße kommen. Er wiederholte es in seinem Kopf wie ein Mantra, als wäre ausgerechnet der Beginn des Straßenverlaufs der, an dem auf magische Weise ein fremder Passant zu seiner Rettung erscheinen würde. Ace hörte die anderen Schritte dicht hinter sich und biss die Zähne so fest aufeinander, dass sein Kiefer schmerzte.

Er wollte ein weiteres Mal zur Seite weichen, als ihn jemand am Rucksack zu fassen bekam und nach hinten zerrte. Er verlor den Halt unter seinen Füßen und sah die Welt einen kurzen Moment an sich vorbeifliegen, und erst, als er aufkam und über den Asphalt schrammte, kam Ace ganz zu sich und merkte, dass seine Flucht abrupt gestoppt worden war. Ehe er auch nur daran denken konnte sich aufzurichten, drückte ihn schweres Gewicht nieder und presste sich gegen seinen Rücken. Die Abschürfungen auf seinem Gesicht brannten leise durch die Wolke aus Panik, die sich in seinem Kopf ausbreiten wollte. Aufstehen fiel aus. Er konnte in kurzer Entfernung Gejohle hören, wollte die Faust ballen und die Finger in hilfloser Wut in den Asphalt graben, während über ihm die unbewegte, amüsierte Stimme erklang. „Was hatten wir dir übers Weglaufen erklärt, Fuckface? ... Du lernst wirklich langsam, oder?"

Weitere Schritte ertönten, und als man ihn am Jackenkragen packte und emporzerrte, versuchte Ace nicht mehr, sich zu wehren. Er ließ sich einfach kraftlos in Neros Griff hängen und betete still, dass sie nach kurzer Zeit wieder die Lust verlieren würden.

„Eins zu Null für dich, heh?" Ethan lachte über seine eigenen Worte, während Nero Ace kurz schüttelte und trockener meinte: „Eher so zehntausend zu null. Wann kommt der Bus gleich?"

„Ah..." Ethan kramte in seiner Tasche. „Viertelstunde. Wenn wir Glück haben, dann hat sich Dev, dieser Arsch, bis dahin eingekriegt und fährt uns doch noch. Ich hab was besseres zu tun, als ob! Der hat doch nichtmal ne Freundin zurzeit."

„Ja und? Du hast eine und kriegst trotzdem null Action. Ich würd meinen Mund also nicht so weit aufreißen." Ein paar der anderen Jungen johlten, Ace biss sich auf die Zunge und fragte sich, ob Nero nicht irgendwann der Arm schwer wurde. Im selben Moment, als er zuende gedacht hatte, ließ man ihn wieder ganz auf die Füße sinken und klopfte ihm herrisch auf den Haarschopf. „Aber Viertelstunde reicht ja." Neros Stimme wurde weicher, übertrieben freundlich, immer noch mit dem deutlich belustigten Unterton. „Wie siehts aus, Fuckface? Wollen wir ein bisschen spielen?" Aces Blick blieb auf die Parkplatzfläche zu seinen Füßen gerichtet, und seine Zungenspitzte schmerzte, wo sich seine Zähne immer noch hineingruben. Lass mich gehen. Ich weiß nicht wie, ich weiß nicht warum, aber bitte überleg es dir anders...

„Ich hab dich was gefragt." Nero griff von hinten um seinen Nacken, und Ace hob unwillkürlich die Schultern an, während er leise zischte. Der Druck rund um seinen Hals zog sich schmerzhaft bis zu den Schulterpartien und ließ seinen Kopf pochen, während er versuchte, die Antwort zu suchen, die die geringsten Probleme bereiten könnte.

„Ihr wollt bald los. Ich will euch nicht aufhalten." Leises Lachen ertönte von mehreren der Jungen, und er schloss die Augen gequält, während er belustigtes Schnauben hinter sich hörte.

„Arww, das ist so herzerwärmend, dass du immer zuerst an andere denkst... aber keine Sorge. Für dich erübrigen wir doch gern ein paar Minuten." Der Griff verstärkte sich, und Ace ächzte und biss die Zähne wieder aufeinander, um nicht laut zu jammern. Dann wurde er losgelassen und sog Luft ein, während ziemlich unangebrachte Dankbarkeit sein Gehirn füllte. „Guck nicht so autistisch, Fuckface, sonst kriegt man glatt Lust, dich zu schlagen. Und jetzt komm mit."

Aces Kopf schlug gerade noch eigene panische Wendungen, als er den Wagen sah, dessen Lichter sich in der Ferne näherten und der langsam auf dem Parkplatzgelände einfuhr. Auch die anderen Jungen wendeten ihren Blick in die entsprechende Richtung, und Ace dachte gar nicht mehr nach. Er riss sich nur los, schlüpfte unter dem Arm durch, der nach ihm greifen wollte, und spurtete, was seine Beine hergaben. Er konnte Reiben an seinen Knien spüren, wo er sie sich zuvor geprellt haben musste, und seine Wange pochte immer noch. Die Flüssigkeit, die er meinte, dort auf der Haut zu spüren, war vermutlich kein Schweiß.

Ihm folgten Rufe und Fluchen von einem der Jungen, aber diesmal hörte er keine nahenden Schritte, und als er vom Parkplatz herunterstürmte, auf die Hauptstraße schlitterte und weiter im Gewerbeviertel verschwand, war ihm schwindelig vor Erleichterung.


Etwa zwanzig später hatte er es bis zu seiner Haustür geschafft. Obwohl Ace klar war, dass er vermutlich schon nicht mehr verfolgt wurde, konnte er es nicht vermeiden, ab und zu wieder ein wenig zu joggen, nur, um Abstand aufzubauen, falls ihm vielleicht doch jemand hinterherkam. Jose erwartete ihn, und sein Blick gereizt, aber als er aufsah und Aces Gesicht erblickte, weiteten sich seine Augen.

„Bist du hingefallen?"

„Ich wurde eher gefallen.", murmelte er und zog seine Karte durch den Sensor ihres Gartentors. Jose kaut auf der Innenseite seiner Lippe.

„Waren das...-"

„Wer sonst." Ace fühlte sich müde. Ein Teil von ihm erwog fast, Jose wieder wegzuschicken, aber das wäre nicht fair, nachdem der Junge sich schon extra bemüht hatte, herzukommen.

„Diese dummen Wichser!", stieß Jose aus, und Ace trottete durch den Garten hindurch zur Eingangstür, ehe er sich mit kurzem Schulterblick vergewisserte, dass Jose ihm noch folgte. Er verdrängte seine Müdigkeit, seine Lustlosigkeit zu quasi allem und versuchte sich wieder gänzlich zur Ruhe zu rufen.

Wenig später saßen sie gemeinsam in der Küche. Als Jose ihm gesagt hatte, dass er heute Abend noch nichts gegessen hatte, hatte Ace Nudeln angesetzt, und inzwischen machte er sich daran, die Schürfwunden auszuwaschen. Zuerst hatte er Angst bekommen, als er die zerkratzte, blutverschmierte Fläche an der Seite seines Gesichts gesehen hatte, aber je länger er wusch, desto mehr merkte er, dass darunter nur ein oder zwei größere Schrammen lagen, die es geschafft hatten, die restliche angeschürfte Haut viel schlimmer aussehen zu lassen, als es wirklich um sie bestellt war. Jetzt, als die Angst nachließ, schmerzte sein Knie allerdings auch immer heftiger, und Ace befürchtete schon, den Sonntag durchhumpeln zu müssen.

„Und? Immer noch der Meinung, sie hätten keine Rache verdient?" Jose klang fast überheblich, aber als Ace sich umdrehte, waren die Augen des Jungen gierig auf das kochende Nudelwasser gerichtet statt auf ihn.

„Sie hätten eine Menge verdient." Ace stieß den Küchenschrank auf und begann nach dem Nudelglas und Pesto zu wühlen. „Aber ich werde mir nicht die Hände für sowas schmutzig machen, und du solltest es auch nicht tun. Die sind es nicht wert, dass du dich zu dem machst, was sie sind." Er war froh, dass er Jose den Rücken zugedreht hatte, denn vermutlich stand es in grellen Lettern auf sein Gesicht geschrieben, wie falsch diese aufgesetzte Abgebrühtheit war. Ich werde mir nicht die Hände schmutzig machen? Oh bitte. Er war sich nicht einmal sicher, ob er zuhauen könnte, wenn er wollte. Als Ace noch jünger war, hatte er es ein paar Mal versucht, und jedes Mal war mit so viel Gegengewalt geantwortet worden, dass sein Kopf dicht machte, wenn er auch nur versuchte darüber nachzudenken. Und außerdem... „Wenn es nach mir ginge, dann sollte einfach alles aufhören. Von heute auf morgen. Es kann doch nicht die Lösung sein, noch mehr Menschen Leid zuzufügen."

„Das sind keine Menschen." Aces Mundwinkel zuckten schwach, aber als er sich umdrehte und Jose ins Gesicht sah, war er sich nicht mehr sicher, ob der Junge nur einen bösen Witz gemacht hatte.

„Doch. Sind sie. Das macht es ja so übel." Er schüttete die Nudeln ins sprudelnde Salzwasser und begann sich auf der Suche nach einem Nudelsieb durch die unteren Schränke zu tasten. „Wenn du einmal anfängst, ihnen auf dieselbe Weise zu antworten, wer sagt, dass du nicht irgendwann wirst wie die?"

„Als ob ich jemals so werden könnte!", ertönte hinter ihm im verächtlichen Brustton der Überzeugung. „Ich hab nicht vor, voll durchzudrehen. Drei Namen sind genug, danach hab ich Frieden." Ace fuhr rasch genug herum, um die Pistolengeste noch zu sehen, mit der der Junge in die Luft feuerte, und er zischte: „Hör endlich auf damit! Bitte! Es ist nicht witzig!... Allein beim Gedanken, dass du dein Leben so zerstören könntest, wird mir übel." Jose, der gerade noch grinste, zog nun eine säuerliche Miene, als würde Ace ihm den Spaß verderben.

„Ist ja gut." Und noch etwas, diesmal leiser, dass Ace nicht ganz verstehen konnte. Seufzend goss er die Nudeln ab, füllte sie in eine der Schüsseln und verteilte das Pesto darüber. Erst, als er eine Gabel in das Gebilde steckte, wurde ihm klar, dass sie innen wohl immer noch ein bisschen fest sein mussten... Gut, er hatte ohnehin nie damit gerechnet, dass aus ihm ein Starkoch werden würde.

Sie hatten es geschafft, das Thema zu wechseln, und Ace war reichlich dankbar dafür. Es war nervenaufreibend, mit Jose zu reden, und fühlte sich an, als müsste er ein Schiff durch den Sturm steuern, dass jederzeit gegen einen Felsen prallen und zerbrechen könnte. Jetzt unterhielten sie sich über Lehrer, die sie mehr oder weniger leiden konnten, und einige der lächerlichsten Vorführungen aus den Assemblies des letzten Jahres, die Frustration, mitten in der amerikanischen Pampa aufzuwachsen, wo alles von Interesse mindestens zwei Fahrtstunden entfernt war, und über Spiele – keine besonders große Schnittmenge, Jose stand auf Shooter und Zombies, was sich nur am Rande mit Aces Fantasywelten vertrug.

„Hast du eigentlich schonmal real geschossen?" Ace wollte seinen Kopf in den Nacken werfen und die Wand anstarren, bis der gerade aufkommende Ärger wieder weg war. Hatte er dieses Thema nicht gerade eben noch erfolgreich vom Tisch gedrängt?

„Nee. Ich mag keine Waffen." Seine Eltern waren Anti-NRA, und sie hatten sich früh Mühe gegeben, ihren Sohn über die Unnötigkeit von Schusswaffen aufzuklären.

„So schlimm sind die nicht.", meinte Jose augenrollend. „Du musst es halt nur ein bisschen üben. Schießstand findest du ja zum Glück überall."

„Sagtest du nicht, du hast noch nie auf irgendwas geschossen?" Ace riss sich aus seiner Lethargie zurück und starrte Jose an, während er spürte, wie die Härchen auf seinem Nacken sich aufrichteten. Warum passierte das eigentlich ausgerechnet ihm? Warum gab es keine Eltern, oder Schulpsychologen, oder überhaupt irgendwen, der sich kompetenter darum kümmern konnte? Ace fühlte den Drang aufsteigen, Para nach Hilfe zu fragen, und drückte ihn beiseite. Selbst wenn der es wie durch ein Wunder ertrug, von Ace zu so abstrusen Situationen herangeklingelt zu werden, konnte er sich kaum vorstellen, dass Jose sich auf dieses Gespräch mit Aces Online-Bekanntschaft einlassen würde.

„Auf nichts Lebendes, klar. Aber Glasflaschen und Zielscheiben und so natürlich schon."

„Und wenn ich dich bitten würde, sie abzugeben? An deine Eltern oder an..." Ihm wurde klar, dass er wieder zu hastig und unüberlegt gesprochen hatte, als er den Blick in Joses Augen sah. Den Teil, wo er ankündigen wollte, sonst vielleicht weitere Leute einzuweihen, schluckte er hastig herunter.

„Einen Scheiß werde ich machen. Ich habs dir schon gesagt, ich tu nichts Dummes. Hälst du mich jetzt für einen Lügner oder was?" Ja. Nein. Es macht mir Angst, wie viel von deiner Gedankenwelt für diese drei Typen draufzugehen scheint. Ich will nicht, dass du dein Leben zerstörst, Jose. Oder das anderer. Ace atmete aus und bemühte sich um einfühlsamen Tonfall. „Nein. Nur für jemanden, der das aus den Augen verlieren könnte, was wirklich wichtig ist." Menschlichkeit, zum Beispiel. Jose seufzte betont.

„Weißt du was, Ace?"

Er mochte den Tonfall nicht. Ace hatte schon wieder das Gefühl, als würde Jose auf ihn herabsehen – Aber siehst du nicht auch auf ihn herab, wenn du ihm vorschreiben willst, was moralisch gut und richtig ist? – und das konnte er bei ihm genausowenig leiden wie bei jedem anderen. Er versuchte die nagenden Zweifel beiseitezuschieben, während er lauschte. „Weißt du, warum sie dich so besonders auf dem Kieker haben? Weil du ein verficktes Weichei bist." Ja und, wollte er im ersten Moment perplex entgegnen. Das ist ja jetzt nichts Neues. Ich hab nie versucht, wirklich stark zu tun. Ich will doch nur heil durch den Tag kommen. „Weil jeder weiß, dass du hinter deiner abgehobenen Fassade ein ängstlicher, kleiner Junge bist, der bei Neros Anblick jedes Mal losheulen will und zehntausend Worte finden kann, nur um zu sagen, dass er zu feige ist, ihm eins aufs Maul zu geben. Aber ich bin nicht so schwach wie du. Dir gefällt es vielleicht, den Rest deiner Schulzeit Opfer spielen zu müssen, aber mir nicht." Der Anfang hätte Ace noch gereizt mit den Schultern zucken lassen... Ja, er hatte nunmal Angst vor diesen Jungen. Das war doch jetzt nichts Neues, oder? Hatte er jemals unbewusst versucht, einen anderen Eindruck zu wecken? Aber als Jose fertig war, wechselte sich sein Unbehagen wieder mit Erschöpfung ab. Er schwieg kurz, doch die Worte, mit denen er hätte diskutieren können, fühlten sich zu schwer auf seiner Zunge an. Am Ende schüttelte er nur den Kopf.

„Bitte geh.", meinte Ace, ersteres nur noch aus Höflichkeit. Jose blinzelte.

„Tut die Wahrheit weh oder was?"

„Darum geht's mir nicht. Ich will nur nicht hier sitzen und mir sowas anhören müssen. Das ist immer noch mein Haus." Ace lehnte sich zurück und fragte sich still, ob etwas an Joses Worten dran sein mochte. Was machte sein Gesicht eigentlich, wenn er innerlich abschaltete, bis es nicht mehr wehtat? Blieb es wirklich unterkühlt? „Also bitte geh."

Einen Moment schien der Junge wiedersprechen zu wollen, oder weiterstochern, aber dann erhob er sich. Ganz kurz meinte Ace, sowas wie Bedauern in Joses Miene zu sehen, aber da war er sich nicht sicher. Er war immer noch nicht gut darin, Gesichter zu lesen.

„Tschüß.", murmelte Jose noch im Rausgehen. Die Kampflust von gerade war schon wieder aus seiner Stimme verschwunden, und diesmal schien eine unbestimmte Traurigkeit mitzuschwingen. Ganz kurz wollte Ace ihn zurückrufen, doch er riss sich zusammen. Er war zu fertig dafür. Eigentlich wollte er sich nur in seinem Bett verkriechen und den Tag endlich vorübergehen lassen.


Es mochte von Verzweiflung sprechen, aber er konnte nicht anders, als wach im Bett zu liegen und hilfesuchend Paras Icon auf YU.Space anzustarren. Im Chat war er nicht, also vielleicht draußen unterwegs? Oder in anderen Spielen? Bei anderen Gilden? Ace wollte sich zur Ruhe rufen und ermahnen, dass er den Jungen gefälligst nicht so stalken sollte. Und während er noch versuchte, verbal auf sein Gehirn und Gewissen einzutreten, gefälligst nichts Dummes zu tun, hatte er die Hand gehoben und das Symbol für den Anruf gedrückt.

Mit nervös klopfendem Herzen starrte er darauf. Para war nicht da. Para übersah den Anruf. Para hatte keine Lust, sich von ihm vollquatschen zu lassen, wenn es so viel spannendere Dinge zu erledigen gab. Para war sauer, weil Ace ihn abgehalten hatte von irgendwelchen wichtigen Dingen... Para nahm ab.

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