The Games We Play (BoyxBoy)

By SunshinePulse

171K 8.7K 16.2K

Ace hat die Nase voll von seinem Leben. In der Schule steht er an erster Stelle auf der Abschussliste der Mob... More

Vorwort & Aesthetics
Grayton Beach, Florida
Wie ich meine Ferien verbracht habe
Schulbeginn
Willkommen zurück
Körperliche Ertüchtigung
Sommerspaß mit Freunden
//Mortal Realms
//Fremdenführer
//Gal'grim
Gay Bois hmu
//Zuflucht
//hetero
Jose
//Geringe Hoffnungen
Echte Freunde
//Tyrann
Ermüdend
Nachtwandler
//Player versus Player
Mitgefühl
Ace macht Selfies
Zwergenaufstand
Missoula
Häschen
Morgen danach
Ethan ist nicht glücklich
Win some, lose some
Funkstille
Gefühlsgelaber (1)
Gefühlsgelaber (2)
Ace, der Forscher (1)
Ace, der Forscher (2)
Ace erweitert seinen Horizont (1)
Ace erweitert seinen Horizont (2)
Schulausflüge
//Ace, Herr des Chaos
Ace wird bissig (1)
Ace wird bissig (2)
Gehirntumor
Planänderungen (1)
Planänderungen (2)
Ace und die Kunst der Erpressung
Ace ist ein mieser Geheimniswahrer (1)
Ace ist ein mieser Geheimniswahrer (2)
//Wetten
Arschlochfreunde (1)
Arschlochfreunde (2)
Ace wünscht Gesellschaft (1)
Nero wählt das geringere Übel (2)
Nero wählt das geringere Übel (3)
Ace ist grundsätzlich überfordert (1)
Ace ist grundsätzlich überfordert (2)
Enthüllungen (1)
Enthüllungen (2)
Schadensbegrenzung (1)
Schadensbegrenzung (2)
Schlussstrich (1)
Schlussstrich (2)
Schlussstrich (3)
Oben in den Boonies (1)
Oben in den Boonies (2)
Oben in den Boonies (3)
Oben in den Boonies (4)
Oben in den Boonies (5)
Wie macht man dieses Flirten? (1)
Wie macht man dieses Flirten? (2)
Wie macht man dieses Flirten? (3)
Wie macht man dieses Flirten? (4)
Wie macht man dieses Flirten? (5)
Wie macht man dieses Flirten? (6)
Wie macht man dieses Flirten? (7)
Wie macht man dieses Flirten? (8)
Wie macht man dieses Flirten? (9)
Wie macht man dieses Flirten? (10)
Kein Kapitel, shame on me
Nehmt keine Drogen, Kinder (1)
Nehmt keine Drogen, Kinder (2)
Nehmt keine Drogen, Kinder (3)
Nehmt keine Drogen, Kinder (4)
Halloween (1)
Halloween (2)
Halloween (3)
Willkommen zurück
Willkommen zurück (2)
Willkommen zurück (3)
Willkommen zurück (4)
Willkommen zurück (5)
-Info für Leser-
april april
Aufrüsten

Halloween (4)

4.3K 109 433
By SunshinePulse


"Einer von beiden ist Ethan." Sie saßen in reichlich dezimierter Gruppe auf dem Boden. Katherine hatte sich mit schreckhaft eingesunkenen Schultern neben Ace gehockt, Devon saß neben seinem Kumpel und in reichlich Abstand zu Zacharias, ihre Austauschschülerin klammerte sich an Richard und Quinn und Angel versuchten eifrig flüsternd, ihr Cape von hartnäckigen Erdbröckchen zu befreien. Jessica sah sich etwas auf verlorenem Posten und hockte mit angezogenen Beinen zwischen den Grüppchen.

"Was zur Hölle, Fuckface!" Der Junge fuhr auf, aber Ace hatte vier Minuten Zeit gehabt, um seine Angriffsstrategie auszuarbeiten, und holte noch einmal aus: "Ganz am Anfang hat Nero dich schon im Verdacht gehabt, und du hast dafür gestimmt, ihn hinrichten zu lassen. Die einzige Zeugin, die bisher meinte, dich harmlos gesehen zu haben, war Angel-"

"Nein, war ich nicht", klang naserümpfend vom Mädchen, und Quinn fügte hinzu: "War das nicht Keighley oder Aubrey?"

"-Aubrey", verbesserte Ace sich rasch. "Du hast Brenda hinrichten lassen wollen, obwohl nichts gegen sie gesprochen hat außer die Tatsache, dass sie sich nicht mehr genau erinnern konnte, wo sie wahr. Und bisher hat keine der Hinrichtungen die Morde eingedämmt. Oh, und dann habe ich vor vier Minuten mitgekriegt, wie du Anya draußen an der Terasse gekillt hast-"

"Erzähl keinen Scheiß, ich war ganz woanders, du blöder kleiner Wichsfleck-!"

"Ethan!", kam nun auch entsetzt von Mrs. Hill, aber bevor Ace oder der Angeklagte sich dazu äußern konnte, meinte Quinn sinnierend: "Aber du warst draußen, nicht wahr? Ich glaube auch, dich gesehen zu haben."

"Okay." Katherine riss das Ruder an sich. "Ich hab genug gehört. Wer ist dafür, Ethan hinzurichten?" Ein Großteil der Arme wanderte nach oben, während der Junge noch Gift und Galle spuckte.

"Habt ihr sie noch alle? Ihr könnt doch nicht einfach auf irgendwas hören, was Fuckface sagt! Im Ernst, wenn ihr mich jetzt raushaut, dann wird das noch übel für euch enden-!" Katherines Richterlächeln blieb reichlich ungerührt von seiner Tirade. Die Entscheidung war gefallen, und der erste Werwolf auch.


Für die nächste Runde hatte Ace sich an Katherine gehängt. Zwei Leute konnten mehr Detektivarbeit leisten als einer, so ihr Argument, und Ace sah wenig, was dagegen sprach. Ihre gemeinsame Detektivarbeit führte sie in den Keller, wo sie Devon im ehemaligen Massenmordszimmer fanden, an der Wand hinter dem Billiardtisch. Ace wollte gerade zu einer ausführlichen Befragung übergehen, als Katherine ihm die Arme um den Hals legte.

"Tschuldigung." Und dann drückte sie sachte zu, und während Ace noch sein Bestes versuchte, gurgelnd zu Boden zu sinken, stieß er ein enttäuschtes "Verräterin!" aus. Sie schien reichlich ungerührt und ging stattdessen auf Devon zu, der sich im letzten Moment entschied und mit einem Hechtsprung über die Tischplatte flüchtete. Fluchend setzte sie ihm nach, und Ace blieb allein zurück. Er zückte sein Handy, um der Dunkelheit auszuweichen, und rief die wichtigste Konversation auf.

StrangeGuy18: Ich bin tot x.x

Keine Antwort. Nero war online. Ace zog die Mundwinkel zur Seite, ehe er weitertippte.

StrangeGuy18: und mir ist langweilig!

Keine Antwort.

StrangeGuy18: Unterhalte dich mit mir q.q

In Maßen betteln war okay, oder?

PARADOX: tut mir leid

PARADOX: ich rede nicht mit verlierern

Und dann, als wäre das nicht Ansage genug, ein Gif von irgendeiner Schauspielerin, die sich divenhaft umdrehte und mit wiegendem Kleid aus der Tür schritt. Ace grinste.

StrangeGuy18: Du bist nur sauer, weil es dich zuerst erwischt hat :p

PARADOX: ich bin sauer, weil ich hier seit ner halben stunde rumsitzen und euch affen zuhören muss, wie ihrs nicht schafft, 1 und 1 zusammenzuzählen >.<

PARADOX: so, als wäre es von runde 2 spätestens nicht glasklar gewesen, wers war

StrangeGuy18: So klar war das nicht D:

Nero schickte ihm zur Antwort eine neuerliche Verlinkung auf einen Post. Als Ace draufklickte, blinkte 'ich rede nicht mit verlierern' auf. Er seufzte leise. Also tatsächlich nachtragend.


Sie hatten es Devon zu verdanken, dass die minimale Restbevölkerung überleben durfte, ohne Katherines Blutdurst zum Opfer zu fallen. Der Junge hatte es geschafft, davonzulaufen und sich gemeinsam mit Quinn und Angel zu verstecken, bis die Nacht vorüber war. Alles weitere war nur noch eine Frage der Stimmenanzahl, und sobald das Spiel für beendet erklärt wurde, sah Katherine sich einer wütenden Meute ihrer Massenmord-Opfer entgegen, die ihr erbost die Freundschaft kündigten. Zumindest für die nächste Runde des Spiels. Ace, der das Gefühl hatte, durch seinen Tod zumindest eine halb-gute Tat geleistet zu haben, fühlte sich erleichterter, aber auch nur, bis er durch Zufall mitbekam, wie Aubrey und Anya ihn ansahen. Ihren Blicken nach hätten sie einem Riesentausendfüßler wahrscheinlich mehr Liebe entgegengebracht als Ace, aktuell. Und auch, wenn das einen Teil von ihm wehtat, konnte er nicht anders, als sich trotzig vor seinen eigenen Gefühlen zu behaupten. Er hatte das Beste getan. Scheiß doch drauf, wenn Leute, die ihn nicht mochten, ihn weiterhin nicht mögen würden.

Es hatte noch fünf weitere Spiele gebraucht, bis die Jugendlichen erschöpft genug waren, um ihre misslungene Feier auch endgültig für beendet zu erklären. Einzelne Leute hatten sich schon vorher verabschiedet, und obwohl die Lehrer sicherlich wussten, dass Angel, Devon, Sean und Jessica nicht vorhatten, sich brav ins Bett zu legen und zu schlafen, ließen sie sie ziehen. Der Rest hatte Blut geleckt, und Ace bewegte sich im Dunkeln und auf der Flucht von einem Adrenalinrausch zum nächsten, bis die Sache endlich für beendet erklärt wurde und man die Schüler anwies, sich Licht in die Duschen mitzunehmen. Das Wasser funktionierte zum Glück noch ohne Strom - die Wärmeregulierung allerdings nicht.


Als Ace fröstelnd zur Hütte zurückkehrte, wurde ihm beim Öffnen der Tür klar, dass er aktuell nicht erwünscht sein mochte. In erster Linie, weil er kaum eingetreten war und sich zwei Blicke auf ihn richteten - der von Devon, ein wenig gereizt, und der von Angel, die auf ihm draufklebte und unter der Decke hoffentlich Kleidung trug. Auf ihren Schultern sah Ace gerade nichts. Ihr Gesicht war ein wenig wächsern und die Augen von dunklem Rand umgeben, also hatte sie wahrscheinlich darauf verzichtet, in Kälte und mit eisigem Wasser ausführlich Make-Up zu entfernen.

"Ich fass es immer noch nicht, dass der hier einfach bei euch schläft", hörte Ace sie murmeln, aber sie kuschelte sich dabei so in Devons Halsbeuge, dass er davon ausging, nicht in der Konversation eingeplant zu sein. Seufzend hängte er seine Jacke an den Ständer und seufzte noch einmal leise, als sie unzeremoniell zu Boden rutschte, sobald er seine Hände entfernt hatte.

Er trottete vorbei an Nero, der auf seinem eigenen Bett ausgestreckt lag und glücklicherweise nicht von irgendwelchen Mädchen beschmust wurde, und hüpfte nach einem Abstreifen der Schuhe aufs eigene Bett, wo er sich rasch in die Decke einwickelte. Es wurde nur unwesentlich wärmer. Ace beneidete Devon fast ein bisschen darum, dass er einen zweiten Körper für die Temperaturregulierung bei sich hatte. Als sein Handy vibrierte, versuchte er unbeholfen, es aus seiner Hosentasche zu winden, ohne dabei ein Stück von sich der harten, unschönen Welt außerhalb seiner Decke preiszugeben.

PARADOX: du hast sachen verpasst x)

Du auch, wollte Ace schreiben, aber dann hätte er die Situation erklären müssen und sich rechtfertigen, warum er Nero nichts davon erzählt hatte. Das war ihm zu kompliziert. Im Nachhinein fragte er sich sogar, ob er das Risiko nicht sogar höher eingeschätzt hatte, als es war. Außerdem wollte er lieber froh sein, dass ihm inzwischen keine launischen Divenbilder mehr geschickt wurden. 

StrangeGuy18: was für Sachen?

PARADOX: devon.

PARADOX: manchmal frage ich mich, wie der junge allein lebensfähig ist

Mehr aus den Augenwinkeln schielte Ace zu ihrem Quarterback herüber, der aktuell ziemlich frisch und lebensfähig wirkte und nur ein bisschen benommen guckte, aber das schob Ace eher auf die Idee, sich flaschenweise Alkohol in den Körper zu schütten, um den Wärmepegel zu erhöhen.

StrangeGuy18: was hat er angestellt?

PARADOX: ok. folgendes szenario

PARADOX: er will zurzeit was von nem mädchen, was definitiv nicht angel ist

PARADOX: und angel scheint das zu spüren, denn sie macht sich mehr an ihn ran als gewohnt

PARADOX: siehe heute abend

PARADOX: sie kommt an, will kuscheln und sonstwas, devon sagt nicht nein, weil er absolut hacke ist und sowieso sehr schlecht, sich an prinzipien zu halten, wenn son fremder körper auf seinem schoß rumrutscht

PARADOX: und während sie beide betrunken vor sich her labern, murmelt sie plötzlich was von 'ich liebe dich'

Uff. Ace, der selbst aktuell von seinen Gefühlen von einem Extrem ins andere gerissen wurde, wusste nicht, ob er plötzlich mitfühlen sollte, und wenn ja, mit wem.

PARADOX: und dieser trottel

PARADOX: dieses dumme kind

PARADOX: sagt 'ich dich auch'

PARADOX: und ich frage ihn, was zum fick er sich gedacht hat

PARADOX: seine antwort 'ja keine ahnung, normalerweise sagt das doch kein mensch, ich kenn den satz eher von meiner mum. da sagt man das doch aus reflex zurück!'

Ace grinste verstohlen unter seiner Decke und versuchte, nicht zu Angel und Devon zu gucken. Als wäre das einfach, nach all den Neuigkeiten, die ihm so ganz ohne Vorwarnung um die Ohren geknallt worden waren.

StrangeGuy18: Also glaubt Angel jetzt, das sie zurückgeliebt wird, obwohl er eigentlich auf ne andere steht? x.x Hat er das Missverständnis aufgeklärt?

PARADOX: hah

PARADOX: devon und irgendwas mit angel klären

PARADOX: guter witz

PARADOX: aber wahrscheinlich hat er jetzt wieder ne freundin. weil er seine mama so lieb hat

Er grinste immer noch, aber das konnte nicht verhindern, dass die nagende Stimme in seinem Kopf sich schon wieder durch seinen Körper grub. Wahrscheinlich würde sie niemals Ruhe geben. Gut, dass Nero sowas nicht passieren würde, hm? ... Was glaubst du, würde er tun bei unerwünschten Geständnissen? Denjenigen auslachen? Sich mal eben zum Zigaretten holen verabschieden? Auf Abstand zu dir gehen, weil die Intensität deiner Gefühle eine Belastung ist? Du kannst Dinge spüren, Ace. Er nicht. Dieses Spiel hast du von Anfang an verloren. Ace grub sich tiefer in seine Decke ein und schloss die Augen, als würde das irgendwas ändern. Gerade wollte er Devon sein und auch einen warmen Körper haben. Seine Gedanken kamen ihm vor wie Gift, und solange Nero ihn in den Armen hielt, hörte es zumindest auf, weiterzufließen. Es ist egal, antwortete er seiner Unsicherheit trotzig. Nero muss nicht dasselbe empfinden wie ich. Es reicht, dass er mich duldet und mit mir umgeht, wie er es tut, wenn ich mich gewollt fühle. Der Rest ist egal.

Roxxy hatte er es schon einmal gesagt. Er war nicht annähernd so überzeugend gegenüber sich selbst, wie Ace gewünscht hätte.


Der Morgen begrüßte sie eisig kalt, und Ace hatte in der Nacht klammheimlich ein paar Anoraks auf seinem Bett ausgebreitet, um die fehlende Heizung in der Hütte auszugleichen. Dass Mrs. Hill sie früh weckte und Angelina unter Geschimpfe aus Devons Bett verjagte, trug nicht dazu bei, die allgemeine Stimmung in der Hütte zu heben. Devon hatte sich nur irgendwann seine Waschtasche geschnappt und war knurrend nach draußen gegangen, vielleicht, um solange in Eiswasser zu duschen, bis das Liebes-Problem sich selbst erledigt hatte, und Ace versuchte, nicht so laut mit den Zähnen zu klappern, dass es ihm die letzte halbe Stunde Schlaf rauben konnte. Die Kälte hielt seine Aufmerksamkeit aber im Hier und Jetzt, und es war unmöglich, seinen Fokus auf etwas anderes zu lenken als die Tatsache, dass Nero aufstand und sich gemächlich zu seinem Bett bewegte.

"Du musst mal ein bisschen Platz machen."

"Muss ich?", murmelte Ace verschlafen und rutschte schon beim Sprechen so weit nach hinten, dass notfalls auch zwei weitere Personen aufs Bett gepasst hätten. Nero schlüpfte unter seine Decke, und er brachte so wohltuende Wärme mit sich, dass Ace am liebsten geseufzt hätte, als sich der fremde Körper an ihn drückte. Stattdessen schlang er nur Arme und Beine um Nero und schmiegte sich gegen seine Brust, wo er leise brummte. Das Geräusch kam willkürlich und war nichts weiter als ein kleines Zeichen der Behaglichkeit. Das ist perfekt.

Nero ließ die Finger träge durch Aces Haarschopf gleiten und murmelte: "Musst du nicht. Ich kann natürlich auch gerne wieder gehen." Ace drückte Arme und Beine noch einmal fester um ihn. Wehe. Wag es ja nicht. Er hielt die Augen geschlossen, und als der Duft des fremden Körpers in seine Nase stieg, dachte er noch, dass er für immer so liegenbleiben wollte.


Eine halbe Stunde später erwachte Ace noch einmal aus seinem Halbschlaf, und schlagartig wurde ihm bewusst, wer und wo sie waren. Er strampelte sich aus Neros Griff, und nachdem dieser Kraftakt endlich vollzogen war, setzte er sich aufrecht an die Bettkante und betrachtete den schlafenden Jungen vor sich, der sich stärker zusammenrollte, nun, da sein Kuschelspielzeug verschwunden war. Eigentlich wollte er Nero ja auch weiterschlafen lassen-

er lag nur leider im falschen Bett.

Ace verschränkte die Arme.

"Hältst du das für klug? Devon könnte jeden Moment reinkommen." Nero brummte neben ihm, mit geschlossenen Augen, und mehr als vorher erinnerte er Ace an einen großen, trägen Kater.

"Wird er nicht." Ace, der sich nicht annähernd so entspannt wie Nero fühlte, knetete die Hände unter der Decke, die er sich Stück für Stück durch Schulterarbeit zurückeroberte.

"Ach ja? Woher willst du das wissen? Selbst wenn er im Moment beschäftigt ist, könnte er von einer Sekunde auf die andere-"

"Weil ich ihm gesagt hab, er soll sich fernhalten?" Nun öffnete Nero die Lider doch einen spaltbreit und blinzelte zu ihm auf. "Glaubst du, wir hatten noch nie zuvor ne Situation, in der einer von uns ein bisschen private time im Zelt oder Zimmer brauchte? Wir haben sogar Codes dafür."

"Codes", echote Ace, dem wieder einmal bewusst wurde, dass die meisten Jugendlichen nicht waren wie er. Manche davon erfuhren diese zwischenmenschlichen Dinge sogar vor dem Alter von 18.

"Jep." Neros Belustigung klang unter der verschlafenen Stimme durch, als er den Arm streckte und halbblind nach seinem Handy fischte. Den Rest der Decke, der dabei freigegeben wurde, ging in Aces Besitz über. Kurz darauf rief Nero etwas auf, und Ace wurde eine Konversation vor die Nase gehalten. Die vorletzte Nachricht stammte von RX_Nero, und zu sehen war nicht nur das Bild eines flauschigen Pinguins, der mit einer Waffe auf den Beobachter zielte, sondern auch die sehr aussagekräftige Zeile

'You kill the mood

you get the shoot'

Ace zog die Brauen zusammen, während er noch las, wie sich BRV Dev darunter erkundigte 'Ernsthaft jetzt, so früh? Wen diesmal??'

"...Das ist euer geheimes Codewort", sagte er und versuchte nicht einmal, so zu tun, als hätte er sich darunter nicht etwas anderes vorgestellt als bewaffnete Pinguinbildchen. Wie machten sie das in Filmen gleich, mit Socken an der Tür? Nero hatte die Augen schon wieder geschlossen, sich in Embryonalhaltung gekringelt und lächelte ins Leere.

"Es ist das Beste unserer geheimen Codewörter."

"Klar. Wenn du meinst." Aces Augen glitten schon wieder vom Handy weg zu Nero, der sich vor ihm in so vollkommener Seelenruhe zusammengekugelt hatte, über gut geschnittene Gesichtszüge, dichte Brauen und volle dunkle Locken, über die Ansätze des sehnigen Bauchs, der unter seinem hochgerutschten Shirt durchblitzte, über die muskulösen Beine und die vom Schlaf zerknautschte Unterhose - er schluckte und richtete den Blick wieder ins Leere, als wäre es etwas Falsches, was er hier tat.

Was ist das zwischen euch eigentlich?

Gar nichts. Irgendwas. Körperliche Anziehung. Lass mich in Ruhe. Solange ich nicht gezwungen bin, dem hier einen Namen zu geben, muss ich mich auch nicht enttäuschen lassen. Er spürte sich schon wieder schlucken, als ihn eine Hand in die Seite stupste.

"Was guckst du wieder so, Zwerg?"

"Nenn mich nicht so", brummte Ace. Er wusste nicht, wie er die Vertrautheit einordnen sollte. Sie machte ihm Angst. Wusste Nero eigentlich, wie unglaublich viel er sich darauf einbildete?

"Ich nenn dich, wie auch immer ich will... Also. Was guckst du so?" Bevor Nero ein zweites Mal in seine Seite stupsen konnte, drehte Ace sich zur Seite und versuchte nach seiner Hand zu schnappen und sie sicherheitshalber unter seinem Arm festzuklemmen.

"Ich gucke, wie immer ich will", erklärte er mit aufgesetzter Schnippigkeit und fügte rasch hinzu: "Ich denk nur nach."

"Ist auch mal was Neues", erwiderte Nero und rutschte ein Stück weg, als Ace ihn mit einem Tritt in die Rippen belohnen wollte. Einen Moment später grinste er schon wieder auf die Art, die es schwer machte, ihm seine Worte übelzunehmen. "Und? Woran denken wir so?"

Schlagartig schien sich Aces Kehle zu verengen.

Über dich. Über mich. Ich will es nicht sagen, ich hab solche Angst, ich will, dass es genauso bleibt wie jetzt, denn dann müssen wir niemals drüber reden und es kann niemals irgendwas kaputtgehen. Ich will nicht wissen, was du über das hier denkst. Nicht wirklich.

"Dies und das?", meinte er und versuchte sich an einem unverfänglichen Blick.

"Oha. Gibts das auch genauer?" Jetzt, wo keine Gefahr mehr bestand, von der Bettkante gestrampelt zu werden, schob sich Nero wieder näher. Augenblicklich spürte Ace sich seinen Blicken ausweichen. Einerseits sah Nero ihn an, als würde er gar nichts an ihm hinterfragen, als würde er grundlegend akzeptieren, dass Ace genau der Mensch war, der er eben war...

Aber andererseits hatte er ihn schon immer so angesehen.

Was bin ich für dich?!

"Naja..." Ace ließ sich die Worte vorsichtig auf der Zunge zerfließen. "Sachen halt..." Inzwischen zog Nero die Brauen zusammen.

"Wenn du so rumdruckst, muss es was Schlimmes sein."

"Das kannst du gar nicht wissen!", protestierte Ace, und als Nero Anstalten machte, noch näher zu rutschen, wollte er auf Sicherheitsabstand gehen. Er hatte die Rechnung ohne die Hand gemacht, die er vorhin derart geschickt unter seinen Armen gefangen hatte.

Nero zerrte ihn näher, als wäre es das einfachste auf der Welt, dieses zappelnde Bündel Mensch von einem Fleck zum anderen zu bewegen. Er schlang die Arme um Ace und vergrub das Gesicht leise brummend in seinem Nacken, ohne auf das Knurren vor ihm zu achten.

"Und wie ich das weiß."

"Tust du nicht!" Ace strampelte nach hinten und hatte das Gefühl, dass ihm die Möglichkeiten zur Gegenwehr ausgingen.

"Doch. Meine Mami sagt, ich bin ein sehr kluger Junge."

"Deine Mami redet gar nicht mit dir!" Ace wollte schon triumphieren, als er spürte, wie die Arme sich lockerten, aber im nächsten Moment wurde er schon wieder herumgezerrt und auf die Knie gesetzt. Sicherheitshalber verschränkte er die Arme, als er zum grinsenden Nero herabstarrte. Hier kam es darauf an, Oberhand zu demonstrieren.

"Andersrum... aber ich meine, ich überlege tatsächlich, den Kontakt wieder aufleben zu lassen." Vollkommen aus dem Konzept gebracht blinzelte Ace.

"Was, echt? Wieso?" Sein Herzschlag beruhigte sich inzwischen schon wieder. Das hier war sicheres, sanftes Terrain. Hier ging es weder um ihn noch um seine Gefühle.

"Na, um sie auf den neuesten Stand zu bringen?" Nero blinzelte unschuldig. "Nein, mit der Blonden läuft nichts mehr. Aktuell habe ich einen älteren Mann, der sich für mich interessiert." Aces Gehirn brauchte peinlich lange, um zu verstehen, dass er unter bestimmten Gesichtspunkten besagter älterer Mann war.

"Ich bin überhaupt nicht-!"

"Keine Sorge, er behandelt mich gut, Mami. Er sagt, dass er mich wirklich mag und dass ich auch schon ganz reif für mein Alter bin", fuhr Nero schon grinsend fort, während der ältere Mann empört die Wangen aufblies.

"Also, erstens, reif für dein Alter bist du schonmal gar-"

"Achso, nein, er arbeitet nicht und lebt noch bei seinen Eltern. Aber das ist okay, immerhin ist er lieb und hat ganz viel Geduld mit mir-"

"Meine Geduld mit dir ist sowas von am Ende-!"

"-ich hab nur ein wenig Sorge, dass er Dinge vor mir geheimhält."

Ace, der endlich eine Möglichkeit sah, Neros Monolog zu unterbrechen, plusterte sich auf.

"Wenn man sich Sorgen um jemandes Geheimnisse machen sollte, dann ja wohl um deine. Ich bin ein offenes Buch."

"Ja?" Nero lächelte wieder träge zu ihm auf, und Ace, der sich gerade noch in Sicherheit gewogen hatte, gab einen erschrockenen Laut von sich, als ihn jemand am Kragen packte und ihn soweit nach unten zog, dass seine Nase fast in der Matratze versank. "Heißt das, wir können endlich darüber reden, was dich so sehr zu beschäftigen scheint?" Und schon verpuffte jede Form von Sicherheit, die Ace gerade noch gespürt hatte. Rumalbern war eines. Das hier schnitt zu tief.

"Ähhh..." Und da war sie wieder. Die Angst wollte ihm fast die Kehle zuschnüren. Konnte man irgendwas kaputt machen, nur durchs Aussprechen? "Also... ich denke..." Ace stockte, und Nero hob die Brauen, als wolle er sagen 'an dem Punkt waren wir schonmal'. Nur den Schritt, mit dem man weiterging, konnte ihm keiner verraten. Wie wahrscheinlich war es , dass man ihn auslachen würde, wenn er es aussprach?

Häh? Was sollen wir denn sein? Oh - haha, fuck, Moment, fuckface, du dachtest doch nicht etwa - ich meine, ich find dich ganz süß, aber lass uns Mal realistisch bleiben-

Und dann würde er sich ins Badezimmer verabschieden, um ne halbe Stunde heulen gehen zu können. Wieder einmal. Warum hatte sich Aces Seelenleben keinen Jungen suchen können, der ein winziges bisschen weniger unerreichbar schien? Selbst wenn man direkt neben ihm lag?

„Ich bin wie diese Mädchen, über die man immer lästert, dass sie zu sehr auf Arschlöcher stehen", ächzte Ace und zerrte das Kissen an sich, als könne es ihm Schutz vor Verurteilung bieten. Nero schwieg einen Moment.

"Das ist dein Problem?" Ace sah nicht auf und hielt die Lippen geschlossen. Es mochte vielleicht nicht wahr sein, aber die Welt war so viel einfacher, solange Nero davon ausging. "Hey, falls es das besser macht – ich auch?" Er runzelte die Stirn und spürte die Rädchen in seinem Kopf verwirrt drehen, bis er sich schlagartig aufrichtete und mit dem Kissen nach Nero hieb.

„Ich spreche nicht vom Körperteil, du Sack!"

"Ich aber?" Ace drehte sich weg. Demonstrativ. Um zu zeigen, wie wenig Erwiderung das verdient hatte. Er spürte, wie sich eine Hand um ihn schlingen und ihn näher zerren wollte, und versuchte noch ein wenig weiter zu rutschen. Wie immer erwies es sich als wenig zweckmäßig, und er wehrte sich zumindest halbherzig, als man ihn wieder zurückzog und unnachgiebig in die Arme schloss. Das Bett knarzte, als Nero sich aufrichtete und weiche Lippen die Linie von Aces Hals nachfuhren.

"Du kannst nicht entkommen." Die Worte wurden belustigt gemurmelt, und sie stachen im Hals. Irgendwo im 'ich wünschte, du würdest es ernst meinen'-Gebiet. So unauffällig wie möglich wischte er sich mit dem Handrücken die Augen trocken, damit sie nicht verräterisch glitzerten, und drehte sich schnaubend um.

"Sagt wer?" Um der zu erwartenden Antwort - Ich - zu entgehen, fügte Ace hinzu: "Ich hab deine Nicht-Psycho-Seiten gesehen. Du kannst mir gar nichts mehr." Nero grinste schwach.

"Ich fürchte, so leicht funktioniert das nicht. Und bin ich nicht immer noch Arschloch?"

"Damit komme ich klar." Und Ace sagte das auch noch voller Überzeugung, während er den seltenen Moment nutzte, um sich aus dem Griff herauszustrampeln. Er setzte sich auf und verschränkte die Arme. Zuviel Nähe hätte ihm wahrscheinlich irgendwann die Luftröhre abgeschnürt. "Wenn man deine Arschloch-Taktiken einmal versteht, dann funktionieren sie nicht mehr." Was er selbst nicht glaubte.

"Das glaubst du doch selbst nicht." Ace reckte das Kinn hoch.

"Warum sollte ich nicht?" Abstand. Abstand um jeden Preis. Gib mir etwas, womit ich meine Gefühle abkühlen kann, ehe sie überkochen. Ich will nicht so abhängig sein von jedem Wort, was du sagst.

"Du meinst, abgesehen davon, dass es Bullshit ist?" Nero lächelte träge, und das schien alles zu sein, damit Ace den Sprung ins kalte Wasser machte. Alles, was ihm half, von hier fortzutreiben und wieder einen klaren Kopf zu kriegen.

„Na dann..." Ace warf ihm einen auffordernden Blick zu. „Bring mich zum weinen."

Nero grinste schief, als wäre das hier nur ein Spiel. War es vermutlich auch, wenn man dieses lästige Ding namens Emotionen nicht besaß. „Ich glaube nicht, dass du das willst."

„Versuch dein Schlimmstes?" Leise Angst kribbelte in seinem Magen, trotz des abgehobenen Spotts. Unschlüssigkeit, wie weit er tatsächlich gehen konnte, ehe der Junge beschließen würde, die alten Saiten aufzuziehen... Als Nero die Brauen hob und die Hand ausstreckte, drängte Ace seine Sorgen beiseite und bemühte sich um einen eigenen gleichmütigen Gesichtsausdruck. Er hatte über die Jahre schon viel Schlimmeres erleben müssen, also würde er ja wohl nicht zusammenbrechen, nur weil Nero im Spieltrieb beschloss, die Maske fallen zu lassen. Er konnte das ab. Wenn er dieses... was immer es war... zwischen ihnen weiterführen wollte, musste er das abkönnen. Es änderte sich ja niemand über Nacht, und auch nicht über eine Woche.

Er spürte das altbekannte Flattern im Bauch, als Nero ihn auf seinen Schoß hob, Ace mit Blick zur Wand drehte und die Arme um ihn schlang, während die Wärme seines Körpers durch den Stoff des Shirts zu Aces Rücken durchdrang. Ace versuchte sich zu wappnen, als er Neros Lippen an seiner Ohrmuschel spürte, wieder unschlüssig, ob er das nicht gleich bereuen würde, als er die sanfte Stimme des Jungen hörte.

„Du bist wunderschön." Uff. Das war nicht die Richtung, die er erwartet hatte, vor allem, als er spürte, wie sich alles in ihm zusammenzog und die Worte von sich weisen wollte. Lüge, Lüge, Lüge, sowas konnte gar nicht sein, niemand konnte ihn hübsch finden, Nero log, Nero spielte, Nero hatte sich einfach damit arrangiert, seine Ansprüche sehr weit senken zu müssen-

Ace schluckte, als sich eine Hand um seinen Hals und Kiefer legte und der Junge hinter ihm fortfuhr. „Bezaubernd. Verfickt perfekt. Faszinierend, tiefgründig, ein süßes Spielzeug und angenehme Gesellschaft, und wenn ich gewusst hätte, dass all diese Facetten in dir schlummern, hätte ich nie in meinem verdammten Leben Hand an dich gelegt..." Ace wand sich, nicht einmal ganz bewusst, wollte den Arm zur Seite schieben und sich erheben, während sein Rückgrat ein wenig verlegen zu brennen schien. Das ist nicht wahr, wollte ihm sein Kopf immer noch mitteilen. Ich bin nichts davon. Ich bin einfach nur Ich, und ich habe Glück, dass es irgendjemanden gibt, der mich so nimmt, wie ich bin, weil ich ansonsten nichts zu bieten habe. Nero übertreibt. Nero hat keine Ahnung, wovon er redet. Nero manipuliert nur. Nero versucht nur, mich soweit geistig zu reparieren, dass ich wieder fuckable bin. Nero spielt, weil ich ihn dazu aufgefordert habe. Er spielt nur spielt nur spielt spielt spielt

„...Und wenn jemand anders Hand an dich legen sollte..." Inzwischen schwang deutliche Belustigung im Raunen des Jungen mit, als wüsste Nero, wie es in ihm aussah. Natürlich wusste er es. Blöder manipulativer Wichser. „... Dann werde ich ihm sehr, sehr wehtun, weil du mir gehörst. Weil ich nicht zulassen werde, dass jemand außer mir diesen perfekten kleinen Körper anrühren wird, oder diese wunderschöne, zerbrechliche Welt, die dein Kopf darstellt..." Ace knurrte frustriert, kickte mit den Füßen blind nach Neros Schienbeinen, weil sich der verdammte Arm über seiner Brust einfach nicht zur Seite bewegen ließ und ihn unnachgiebig an Ort und Stelle hielt.

„Weil ich in dich verliebt bin." Fuck. Ace spürte seinen Widerstand im selben Moment erlahmen, und als wäre das alles, was es brauchte, um ihn von seinem Drahtseil zu stoßen, befanden sich seine Emotionen im nächsten Moment im freien Fall. Alles in ihm – jeder Millimeter seines wachsamen, abgekapselten Körpers und Geistes, der sich geschworen hatte, diese Kerle nie mehr so nah an sich heranzulassen, dass sie ihm wehtun konnten – schien zu toben, während seine Barrieren unter Neros Worten wegbrachen wie Sand. „Ich liebe dich, Zwerg. Du bist einzigartig für mich." Erst, als Nero sie wegwischte, wurde Ace sich bewusst, dass die Tränen in seinen Augen aufgequollen waren. Er blieb sitzen, angespannt, reglos, verwirrt, emotional aufgewühlt, mit rasendem Herzen und einem Körper, der viel zu warm war, als es bei dieser Zimmertemperatur sein sollte.

„Und ein wenig durchschaubar. Glaub doch nicht, du könntest mich herausfordern." Jetzt konnte er das Grinsen aus der Stimme hören, während Nero seinen bebenden Puppenkörper umdrehte und die Tränenspur mit seinem Daumen nachfuhr, ehe er Aces gesunkenen Kopf anhob und Blickkontakt erzwang. „Du weißt, dass ich meine Worte ernstgemeint habe, oder?" Aces Augen wanderten zur Seite.

„Wenn ich jetzt ja sage, hören wir dann auf mit diesem Spiel-" Der Griff um seinen Kiefer wurde fester, beinahe schmerzhaft. Diesmal sprach Nero mit Betonung.

„Ace. Du weißt, dass ich es ernst gemeint habe."

„Vielleichtglaubstdudas-"

„Ich bin verliebt in dich." Unwillkürlich spannte sich Aces Kiefer ein wenig an, genauso wie der Rest seines Körpers, als würde er doch noch einmal eine Fluchtmöglichkeit suchen. „Ich liebe dich. Ich bin total vernarrt nach dir. Ist das angekommen?" Ace hatte das Gefühl, seine Stimme wäre kurzzeitig abgestorben.

„Hmhm", krächzte er. Neros Brauen zogen sich zusammen.

„Nicht ‚hm'. Sag es. Schau mir in die Augen und sag ‚Hi, ich bin Ace, und dieser dumme Spast Nero ist absolut verliebt in mich'."

„Nur, weil du nicht wirklich weißt, wie sich sowas anfühlt!", versuchte Ace sich herauszuretten, mit einem winzigen Bruchteil all der wilden Zweifel, die in ihm tobten.

„Ach ja? Ich bin gefühlsbeschränkt, aber nicht blöd, und ich fänds echt herrlich, wenn du aufhören würdest, mich wie einen Behinderten zu behandeln." Einen Moment hatte seine Stimme eine strengere Färbung, die sich gleich darauf wieder verlor. „Sag es."

„Es wäre gelogen!" Ace bereute die Heftigkeit, mit der diese Worte herausplatzten, und versuchte zur Wand zu schauen, zur Decke, überallhin, nur nicht zum Jungen, der vor ihm saß. Er verfluchte die Tränen, die ihm übers Gesicht liefen, ohne dass er überhaupt wusste, wo sie gerade herkamen. Nero ließ sich nicht aus seiner Ruhe bringen.

„Ist es nicht. Sogar du weißt das, so sehr du auch versuchst, dich dem zu verschließen... Ich. Liebe. Dich." Ace zerrte an seinem Kopf, bis sich der Griff um seinen Kiefer löste, und ließ ihn sinken. Sein Atem flog so rasch, dass er das Gefühl hatte, er stand am Rand der Hysterie.

„Hör auf das zu sagen." Diesmal war seine Stimme leiser, fast flehend. Er war es gewohnt, dass Neros Worte schmerzen konnten, aber nicht auf diese neue Weise, die hoch oben in seiner Kehle ansetzte und sein gesamtes Gefühlssektrum durchbohrte.

„Ich werd damit aufhören, sobald du aufhörst zu heulen, wenn du es hörst.", erklang nüchtern über ihm, ehe Nero ihn wieder an sich zog und in die Arme schloss. Aces Körper schmiegte sich wie von selbst an, auf der Suche nach Wärme, während sein Kopf ihn einen Idioten nennen wollte. Er stützte sein Gesicht gegen seinen eigenen Arm, so dass die Tränen auf seiner Haut versickerten statt auf Neros Shirt, während sein Körper sich still schüttelte.

Sie verharrten eine Weile, bis Ace das Gefühl hatte, seine Stimmbänder spielten wieder mit, und sich brüchig erkundigte: „Darf ich aufstehen?"

„Du weißt, was ich hören will." Neros Stimme war weich, sein Körper ein absoluter Ruhepol zu all den Stürmen, die Ace gerade durchliefen. Still fragte er sich, ob ihn das hier gar nicht mitnahm oder ob das nur die Selbstbeherrschung war, von der Nero gesprochen hatte.

„...Bitte, Daddy?" Eigentlich wollte Ace es scherzhaft aussprechen, aber mit dem weinerlichen Ton, der noch in seiner Stimme nachhallte, klang es so ernst, dass er sich einen Moment selbst eine reinhauen wollte. Die Intention schien allerdings rüberzukommen, er konnte das kurze Zucken von Neros Körper spüren, ehe der Junge lachend zusammensank und Ace neben sich aufs Bett warf.

„Ich meine den Satz, du Autistenkind." Ehe Ace seine Flucht antreten konnte, hatte Nero sich herumgerollt und die Arme auf seinem Becken abgestützt. „Sag es. Sonst lasse ich dich nicht gehen."

„Das ist Erpressung.", protestierte Ace schwach.

„Ich hab schon Schlimmeres als Erpressung auf meiner ‚böse Taten gegenüber Ace'-Kartei gesammelt. Sag. Es."

„Meine Mutter hat mir beigebracht, nicht zu lüg-" Ace quietschte unvermittelt auf, als Nero seine Finger in die empfindlichen Nervenbündel an den Hüften grub. Er zappelte hilflos, wollte die Hände unter erzwungenen Lachkrämpfen wegschieben und durfte feststellen, dass er genau so schwach wie immer war.

„Sag. Es."

Ace hatte Mühe, seine Worte unter dem erzwungenen Kichern hervorzupressen. „Es- es könnte sein, d-" Diesmal quiekte er nur ins Kissen, bis er hastig den Rest des Satzes ausspuckte. „-dass Devon reinkommt. Oder sonst jemand"

„Soll er halt. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie scheißegal mir das gerade ist. Der einzige, der sich hier Sorgen um seine soziale Reputation macht, bist du, Johnson..." Einen kurzen Moment hielt Nero inne und legte den Kopf schief, während Ace versuchte, zu Atem zu kommen. „Was ich ehrlich nicht nachvollziehen kann, die ist ja eh schon am Boden."

„Ich mach mir Sorgen um dich!" Ace war das gar nicht bewusst gewesen, ehe er die Worte herausgeschleudert hatte. Jetzt durfte er feststellen, dass es stimmte. Er wollte nicht, dass Nero irgendwas oder irgendwen verlor. Nicht wegen ihm.

„Ja. Hör gefälligst auf damit, das ist bescheuert."

„Ist es nicht! Niemand weiß, wie die anderen reagieren werden, wenn-" Er japste wieder auf und warf Nero einen giftigen Blick zu. „Lasst mich ausreden!"

„Nein, denn du redest scheiße." Der Junge hob die Brauen. „Wie die anderen reagieren werden, ist mein Problem, nicht deines. Mach dir keinen Kopf um Sachen, die du nicht ändern kannst, vor allem, wenn ich sie unter Kontrolle habe." Dann lächelte er weit, und wie so oft glaubte Ace ein gewisses sadistisches Funkeln in seinen Augen zu sehen. „Außerdem hast du den Satz noch nicht gesagt. Versuch nicht abzulenken."

Ace atmete tief durch und schloss die Augen, ehe er murmelte: „Du glaubst irrtümlicherweise, du bist in mich verliebt. Das ist nicht nur ziemlich albern, weil du mich so zwei Wochen kennst, sondern auch-" Ungelenk stieß sein Bein in Neros Richtung, als der ihn in den Bauch piekste. Dann verlagerte sich das Gewicht, und einen Moment wollte er wieder Flucht anstreben, als Nero sich der Länge nach auf ihn legte und ihm mit trägem Lächeln entgegenstarrte. Kurz trafen sich ihre Blicke, und im selben Moment bereute Ace und sah wieder weg. Immer noch leere, braune Tiefen. Immer noch gruselig.

„Du weißt, dass ich sehr viel Geduld habe, Johnson?" Sein Magen begann zu schlingern, wie jedes Mal, wenn Neros Ton ins Flirtende, Verspielte, Raunende abglitt, und Ace schloss die Augen peinlich berührt, als er eine Regung spürte und ihm klar wurde, dass er einen Ständer bekam. Und er hatte immer gedacht, Unterricht wäre ein unpassender Moment. Es gab seit neuestem noch Schlimmere. Nero hatte zumindest den Anstand, nicht darauf einzugehen.

„Und glaubst du, ich hab keinmhh-" Seine Worte endeten in einem empörten Laut, als sich Neros Hand auf seinen Mund legte und ihn die braunen Augen in Verbindung mit dem unschuldigsten Gesichtsausdruck anstarrten.

„Ich glaube, es liegt in deinem Interesse, schnell zu reden." Und mit diesen Worten bohrten sich seine Finger zwischen Aces Rippen.

Eine Zeitspanne zwischen Minuten und gefühlten Stunden hatte er damit verbracht, sich quietschend umherzuwerfen und vergeblich zu versuchen, seine Last von sich zu schütteln, bis er mit der Faust aufs Bett klopfte und undeutlich ächzte: „'kay! Ifsch rege! I-" Er blinzelte und schnappte nach Luft, als die Hand verschwand. „Ich rede. Äh..." Einen kurzen Moment starrte er die Decke an und war sich nicht sicher, ob er sich die letzten Minuten nicht doch nur herbeigeträumt hatte und Nero ihn auslachen würde, wenn eines dieser Worte seinen Mund verließ. Ace schluckte schwer und schloss die Augen, wie um die Welt auszusperren.

„Mein Name ist Ace, und dieses blöde Arschloch Nero hat Gefühle für mich."

„Siehst du.", tönte es vergnügt von seinem Bauch, und die Last verschwand. „War doch gar nicht so schwer." Ace rappelte sich auf, und ein kleiner Teil von ihm wünschte, Nero wäre liegengeblieben und sie könnten bis in die Nacht durchkuscheln und... andere Dinge tun? Er verdrängte hastig die aufkommenden Bilder, wie Nero ihn hielt, während er beschämt ins Kissen stöhnte und versuchte, die Beine ruhig und gespreizt zu halten, weil er ein braver Junge war... Die Röte auf seinen Wangen vertiefte sich, während der Größere sich schon wieder aufgesetzt hatte und mit seinem Handy hantierte. Innerhalb von Sekunden war Neros Tonfall wieder ruhig und nüchtern geworden.

„Ich würd ja gerne noch bleiben und spielen, aber Devon schreibt, ich soll Mal fertigmachen. Frühstück beginnt gleich, und danach erwarten sie, dass wir zusammenpacken und in ner Stunde abreisen können. Und wenn du nicht willst, dass er oder Kathy in Kürze reinkommen und dich mit wortwörtlich runtergelassenen Hosen erwischen..." Die letzten Reste von Fantasien in seinem Kopf wurden von Horrorvisionen verdrängt.

„Muss nicht sein.", meinte Ace mit absterbender Stimme.

„Dachte ich mir." Nero erhob und streckte sich, und Ace musste den Drang niederringen, auf das Stück heller Haut zu starren, was zwischen seinem Shirt und der Jeans aufblitzte. "Guck nicht so deprimiert, so schlimm wird's nicht. Ich sorg dafür, dass der Erste, der sich über dich lustig macht, mit dem Gesicht im Gaskocher landet... Aus Versehen." Ace musste sich räuspern.

„Könntest du bitte keine physische Gewalt anwenden?... Nicht gegen mich und nicht, äh, für mich?"

„Sagen wir nicht Gewalt... sagen wir lieber glückliche kleine Unfälle." Nero grinste ihm zu, ungeachtet Ace' grimmiger Miene, und verschwand summend aus der Tür heraus. Als sie sich hinter ihm schloss, sackte Ace zusammen und fragte sich, ob die Schmetterlinge in seinem Bauch jemals wieder schweigen würden.


Brenda saß auf ihrem Bett, hatte die Füße auf dem gepackten Koffer abgestellt und starrte auf ihr Handy. Von Alex hatte sie sich mit den Worten verabschiedet, sie hätte keinen Hunger und würde erst zuhause Mittag essen wollen.

Ganz falsch war das nicht - sie fühlte sich nicht hungrig. Sicher, da war dieses Loch in ihrem Bauch, aber es war kein knurrendes Magenloch, sondern eher eine gähnende Leere, wie immer, wenn die Gefühle nicht genau wissen, was eigentlich los ist und wie man reagieren soll. Sie hätte so, so gerne gefragt und sich einfach Sicherheit verschafft - aber zu fragen würde bedeuten, dass man sich nur noch mehr Blöße gab. Sie konnte es sich nicht erlauben, Devon zuzuspammen. Wer war sie auch, dass es ihr zustand, sich so in sein Privatleben einzumischen? Immerhin hatten sie niemals- Sie hatten... sie hatten nichts konkretes gemacht. Nur geredet. Gewandert. Sie waren Freunde, bestenfalls, und als Freundin sollte sie sich freuen, dass er endlich wieder jemanden an seiner Seite hatte.

Auf dem Bildschirm vor ihr blinkte Angelinas YU.space-Timeline und ihr aktuellster Eintrag, auf dem sie einen blonden Jungen stürmisch zu umarmen schien. Im Bild selbst sah man zum Großteil ihren Rücken und die perfekt fallende Haarmähne, aber Angel wäre nicht Angel, hätte sie das Bild nicht so weit vor einem Spiegel aufgenommen, dass man ihr Gesicht noch einmal im Hintergrund bewundern konnte. Im Gegensatz zu Devon, der relativ gelassen wirkte, strahlte sie. Und vielleicht war das ja auch gut. Vielleicht meinte sie es diesmal wirklich ernst, und beide würden glücklich werden.


In einer Beziehung mit BRV Dev

Ein Mädchen verwöhnen heißt nicht nur, ihr hübsche Sachen zu kaufen, sondern auch, ihr all die Liebe zu geben, von der sie nicht wusste, dass sie sie braucht. Baby, du bist der Beste. <3


Und dahinter mehr Smileys, als Brenda für gewöhnlich innerhalb eines Monats benutzte. Sie zog Luft ein, dann ließ sie das Handy sinken, starrte an die Decke und zwang sich zu lächeln. Freunde freuten sich, wenn etwas Gutes im Leben des anderen passierte, nicht wahr?... Also würde sie sich gefälligst freuen.


An dieser Stelle - danke für eure Liebe, eure Begeisterung, danke an diejenigen, die dranbleiben, wenn hier auch mal länger nichts kommt, danke für wunderwunderschöne Fanarts und Nachrichten und Reviews (Thx an minerva8002 & wer sein Buch analysiert haben will, dem empfehle ich sie sehr), danke an meine Beta und alles, was mich Motivationsmäßig am Ball bleiben lässt, wenn der Rest der Welt auf dem Kopf steht.

Und das wars wieder fürs Erste. Falls es Ideen oder Wünsche für kleine Szenen und Mini-OS gibt, ich überlege gerade, ob ich genug Zeit für einen Weihnachtskalender habe, und nehme gerne Vorschläge entgegen :)

Continue Reading

You'll Also Like

282K 21.3K 50
Shirin ist auf dem Weg einen neuen Abschnitt in ihrem Leben zu beginnen. Weg aus der Kleinstadt, welche man schon als Dorf bezeichnen kann. Mit ihren...
144K 4.9K 50
„Du glaubst uns zu kennen, Madelyn. Doch das tust du nicht. Das wirst du niemals." - Vier Männer. Ein Mädchen. Zu viele Fragen. Zu wenig Antworten.
29.5K 1.7K 59
Maurice ist 17 und muss nun auf ein ,,Internat'' gehen. Seine Eltern sind bei einem Autounfall gestorben und seine Geschwister passen auf sich selber...
37.1K 1.2K 42
Pov. Oikawa (Y/N) war schon immer ein ruhiger Mensch dem man viel erzählen konnte außerdem habe ich früher gerne mit ihr gespielt auch wenn sie meist...