Kapitel 30 - die Zeit verfliegt

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Narru wiederzusehen ließ mich für einen kurzen Augenblick alle Sorgen des Tages vergessen. Ich dachte nicht mehr an die Müdigkeit in meinen Knochen oder an meinen verletzten Fuß, an die Verbrennungen an meinen Armen oder meine verbrannte und verdreckte Rüstung.

In diesem Augenblick umarmte ich einfach nur meine Mutter, die ich schon viel zu lange nicht mehr gesehen hatte. Ich verschwendete keinen Gedanken an die Menschenfrau in einer anderen Welt, die ich eigentlich als Mutter hätte ansehen sollen – die Frau, an deren Gesicht oder Stimme ich mich nicht einmal mehr erinnern konnte.

„Szallejh! Ich bin so froh, Dich zu sehen. Wie geht es Dir?"

Nach einer Weile löste sich Narru aus unserer Umarmung, behielt ihre Hände aber auf meinen Schultern, während sie mich musterte. „Scheint ja eine ganz schön spannende Reise gewesen zu sein."

Ich nickte lachend. „Das kann man wohl sagen. Ich war gerade auf dem Weg zur Krankenstation. Eine Splitterbombe von den Banditen hat meinen Fuß erwischt, und es ist wohl besser, wenn sich jemand das mal ansieht."

Schmunzelnd schüttelte Narru den Kopf und verdrehte kurz die Augen. „All die Wochen Training, und meine Tochter ist immer noch nicht in der Lage, einer einfachen Bombe auszuweichen?"

Erst wollte ich etwas erwidern und mich dafür rechtfertigen, doch dann sah ich das Blitzen in ihren Augen und verstand, dass sie einen Scherz gemacht hatte. Sicherlich wäre ihr so etwas nie passiert, aber sie hatte wohl nicht vor, es mir zum Vorwurf zu machen.

Narru brachte mich zur Krankenstation, in der sich schon einige andere meiner Reisegefährten eingefunden hatten. Es dauerte eine Weile, bis einer der Heiler die Zeit hatte, nach meinem Fuß zu sehen, und ich nutzte die Gelegenheit, Narru von den Ereignissen der Reise und in groben Zügen von den Geschehnissen davor zu berichten. Es machte mich stolz, als sie mir bei der Erwähnung des Feuerelementars in Thaumanova anerkennend zunickte, und ich erfuhr, dass Narru vor der Katastrophe oft dort gewesen war.

„Wusstest Du, dass Thaumanova eigentlich die neue Hauptstadt der Asura werden sollte?"

Kopfschüttelnd machte ich mich daran, schon einmal meinen Schuh auszuziehen. Was gar nicht so einfach war durch die Schwellung.

„Nachdem die Asura von Primordus aus dem Untergrund vertrieben wurden, haben sie Thaumanova errichtet und sich von dort aus eine neue Heimat aufgebaut. Irgendwann haben sie dann den schwebenden Würfel gefunden und ihn übernommen. Thaumanova hatte eigentlich weit mehr Vorteile, von einer zentraleren Lage bis hin zu besserer Infrastruktur. Aber aus irgendeinem Grund hat sich der Rat doch dafür entschieden, Rata Sum mühevoll auf- und auszubauen und die Nachteile der Stadt in Vorteile zu verwandeln. Statt der zentralen Lage auf dem Land gab es nun die Portale und den Hafen, der sich wunderbar für Handel eignete. Und der Würfel bot außerdem weit mehr Platz für Labore und all das. Und dann... naja... war's das plötzlich mit Thaumanova."

„Dann ist es ja gut, dass die Wahl doch auf Rata Sum gefallen ist."

Ein sehr kleiner Sylvari nahm sich schließlich meiner an, und irgendwie hatte ich das Gefühl, ihn zu kennen. Doch ich konnte mich weder an einen Namen noch an eine Situation erinnern, und er mied nicht nur Blickkontakt, sondern war auch alles andere als gesprächig.

Es stellte sich heraus, dass wohl doch ein Splitter übersehen worden war, der sich durch den Marsch tief in die ledrige Sohle meines Fußes gebohrt hatte. Die Stelle war mittlerweile stark gerötet und geschwollen, und der Schmerz kehrte zurück, sobald der Heiler sich mit einer Pinzette daran zu schaffen machte.

Narrus Anwesenheit und die schmerzlindernde Wirkung der Heilkräfte des Sylvari waren vermutlich verantwortlich dafür, dass ich nicht die gesamte Station zusammenschrie, doch schließlich war auch dieser letzte Splitter restlos entfernt und die Wunde wurde gesäubert und neu verbunden. Mit leiser, kaum verständlicher Stimme wies der Sylvari mich darauf hin, dass ich den Fuß ein paar Tage schonen sollte, einer problemlosen Heilung aber sonst nichts im Weg stünde. Sollte die Wunde sich entzünden, würde man sich meiner noch einmal annehmen, ansonsten würde kein weiterer Besuch in der Krankenstation nötig sein. Für die Verbrennungen an meinen Armen erhielt ich eine übelriechende Paste, die ich zwar nur widerwillig annahm, aber aus Erfahrung wusste ich, dass das am schlimmsten stinkende Zeug oft die beste Wirkung zeigte.

In einem Augenblick - Guild Wars 2 FanfictionWhere stories live. Discover now