Kapitel 22 - Flucht aus Löwenstein

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Die erste Bombe traf die große Brücke, die den Stadtkern Löwensteins mit den Außenbezirken verband. Passanten, die die Gefahr unterschätzt hatten, wurden von Bombenteilen zermalmt oder von Trümmern in die Tiefe gezogen. Nur wenige Augenblicke später hagelte es Geschosse auf die ganze Stadt, und aus allen Richtungen vernahm ich das Knallen der Explosionen.

Das Krähennest verwandelte sich schnell in pures Chaos, denn sobald die erste Bombe gefallen war, brachen alle anwesenden in Panik aus. Um mich herum hörte ich nur noch verzweifelte Schreie, Stühle und Tische wurden umgeworfen bei dem Versuch, dem Todeshagel zu entkommen, und Geschirr zerbrach, während die panische Masse alles umrannte, was nicht schnell genug aus dem Weg war. Immer mehr Luftschiffe stimmten in das Feuer mit ein; ich jedoch war vor Angst wie gelähmt und starrte in die Ferne, in der mittlerweile gewaltige Feuer die Behausungen in Brand gesetzt und in ein Meer aus lichterloh brennenden Flammen verwandelt hatten. Noch begriff ich nicht so recht, was gerade um mich herum geschah, doch Kesh hatte die Situation schnell erfasst und zog mich von der Bank hoch, während der Rest unserer Truppe bereits dabei war, sich einen Weg durch die Masse nach unten zu suchen.

Nicht weit von uns schlug eine weitere Bombe ein und wirbelte heißen Staub auf, während Tische, Stühle und Lebewesen gleichermaßen unter ihr zerbrachen; der Staub verschlug mir den Atem und machte es beinahe unmöglich, etwas um mich herum zu erkennen, doch ich spürte, wie der Boden unter uns Stück für Stück nachgab. In kleinen Abschnitten schien der Stein Stück für Stück weiter einzureißen, und es würde nicht mehr lange dauern, bis das gesamte Gebäude in sich zusammenfiel – und wir mit ihm. Ich warf einen Blick zur Treppe, die selbst von dem Einschlag größtenteils zerstört worden war. Leichen und Trümmer gleichermaßen versperrten das, was vom Weg noch übrig war, und vereinzelte Stadtbewohner suchten sich noch einen Weg nach unten, während sie keinerlei Rücksicht auf andere gaben und mehr als nur einer dabei von der Plattform gestürzt wurde.

Panisch ergriff ich meinen Rucksack, gerade noch schnell genug, denn durch den Grund zu meinen Füßen fuhr ein gewaltiger Ruck und die Mitte des Krähennestes war plötzlich nur noch ein gewaltiges Loch, das den Staub der Trümmer in die Luft schleuderte. Ich konnte einen Zivilisten erkennen, der sich verzweifelt an den Rändern des neu geschaffenen Kraters festzuklammern versuchte, doch im nächsten Moment war er gemeinsam mit einem noch voll gedeckten Tisch in der Tiefe verschwunden.

Einen Augenblick später fiel auch ich, wenn auch nicht mit den Trümmern, wie ich im ersten Moment dachte. Kesh hatte mich gepackt und mich auf ihren Rücken geschleudert, und so fest ich konnte, klammerte ich mich an ihre Mähne, während die Charr mit einem gewaltigen Satz von dem, was noch vom Krähennest übrig war, hinunter sprang und wir ohne jeglichen Schutz mehrere Stockwerke in die Tiefe fielen. Es war unmöglich, diesen Sturz zu überleben, ohne sich alle Knochen zu brechen, und ich kniff die Augen zusammen in Erwartung an den nahenden Tod. Doch Kesh überraschte mich erneut, denn kurz bevor wir den Boden erreichten, verwandelte sie sich. Ihr Körper schien zu verschwinden, die feste Masse löste sich auf und machte Platz für eine geisterhafte Erscheinung, die aus transparentem grünen Nebel zu bestehen schien. Die Materie waberte, als könne sie sich nicht entscheiden, in welcher Form sie bleiben wollte, und die Umrisse der Charr waren nur noch äußerst schwer zu erkennen. Dennoch war die Gestalt, die die Nekromantin angenommen hatte, weiterhin physisch genug, und ich hielt meinen Griff, auch wenn mich bei der Berührung eine eisige Kälte umfing.

Der Aufprall traf uns hart, und ein gewaltiger Ruck fuhr durch beide Körper, doch wir überlebten. Sobald wir festen Grund unter uns hatten, verkrampfte sich Keshs Körper unter mir und sie wurde wieder zu der mir vertrauten Charr, doch während ich sie noch mit riesigen Augen ansah und wieder einmal vergaß, dass um mich herum gerade die Welt unterging, setzte sie sich erneut in Bewegung und rannte auf allen Vieren, so schnell sie konnte.

In einem Augenblick - Guild Wars 2 FanfictionWhere stories live. Discover now