Kapitel 23 - Asche und Rauch

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„Mordremoth? Wie kommt Ihr denn darauf?" Laranthir änderte ächzend seine Position; scheinbar war ihm das lange regungslose Sitzen doch zu anstrengend geworden. Mit einem dumpfen Grollen bedachte er seine zurzeit nutzlosen Hände und die klebrigen Bandagen, als er sich schließlich auf die Seite gerollt und eine einigermaßen bequeme Lage gefunden hatte. Dann wanderte sein Blick wieder zu mir, doch im Gegensatz zu meinen Freunden damals im Krähennest bedachte er mich nicht mit ungläubigen Blicken. Er schien ehrlich verstehen zu wollen, weshalb ich ausgerechnet zu dieser Annahme kam.

„Die Drachen... sie werden nach und nach aktiv. Zhaitan hat nicht nur die Ruinen von Orr aus dem Meer geholt, sondern er hat sich eine ganze Armee von Leichen zu seinen Dienern gemacht. Jormag hat sich zu unserem Glück in Tyria noch nicht blicken lassen, aber seine Diener hat er schon vor langer Zeit zu uns geschickt. Ich habe sie selbst bekämpft, und das war bereits vor einem Jahr..."

Ich erlaubte mir, mich an die Zeit zurückzuerinnern. Es war schon so lange her, kaum zu glauben, dass ich davor ein ganz anderes Leben geführt hatte! Verschwommen sah ich Narru, Nahraija und mich auf der Suche nach Halla. Damals hatte ich kaum einen einfachen Hammer halten können, und meine einzige Sorge war gewesen, als Mensch im Körper einer Asura nicht zu sehr aufzufallen. An dem Tag war ich das erste Mal den Dienern Jormags begegnet; sie hatten unter anderem Hallas Körper korrumpiert und Narru hatte ihrer alten Freundin den Frieden geben müssen. An diesem Tag hatte ich mich nur in meine alte Welt zurückgesehnt, und jetzt? Was würde ich dafür geben, wieder dorthin zurückkehren zu können. Zu dem Anfang, wo die Welt noch in Ordnung war. Wo die Bewohner Tyrias den Sieg über Zhaitan feierten, Löwenstein noch eine heile, unabhängige Stadt war und der Kontinent noch nicht von einer irren Sylvari heimgesucht wurde. Was würde wohl in Zukunft noch passieren, damit ich mich zum heutigen Tag zurücksehnen würde? Würde unsere Geschichte noch so viel schlimmer werden?

Laranthir unterbrach mich nicht. Er ließ mir die Zeit, die ich brauchte, um aus meinen Erinnerungen zurückzukehren, und unauffällig strich ich eine kleine Träne aus meinem Augenwinkel. „Auf jeden Fall... Sogar Primordus zeigt erste Anzeichen von Aktivität. Die Zerstörer, die in letzter Zeit an verschiedenen Orten aufgetaucht sind?" Ich lehnte meinen Oberkörper wieder gegen Kesh, die sich in der ganzen Zeit nicht ein bisschen geregt hatte. Dass sie atmete, war das einzige Anzeichen dafür, dass sie noch bei uns war.

„Was ich damit sagen möchte ist, dass alle Drachen ihre Diener haben. Alle, bis auf Mordremoth. Zumindest keine, von denen wir wissen."

Der mir mittlerweile so vertraute Kopfschmerz machte sich wieder breit, doch ich biss mir auf die Zunge, um mich abzulenken. Jetzt durfte ich nicht lockerlassen, sonst würde alles wieder hinter der undurchlässigen Nebelwand verschwinden! Es waren nur Informationsfetzen, auf die ich Zugriff hatte, doch sie waren wichtig genug, den Schmerz zu ertragen.

„Mordremoth ist ein Dschungeldrache. Und Sylvari sind im Grunde intelligente Pflanzen. Was, wenn es eine Verbindung gibt? Niemand weiß, woher Ihr kommt; Ihr seid vor fünfundzwanzig Jahren einfach so hier aufgetaucht. Es... würde doch irgendwo passen, oder?"

Was ich sagte, beruhte mehr auf einem Gefühl als auf tatsächlichem Wissen. Ich erinnerte mich daran, felsensicher davon überzeugt gewesen zu sein, dass Mordremoth als nächstes angegriffen werden würde, und alles Weitere schien nur eine logische Schlussfolgerung. Ich erwartete, dass Laranthir mich für verrückt erklären würde. Dass er mich anschreien, mich eine Lügnerin nennen würde, aber er tat nichts dergleichen. Stattdessen starrte er einfach nur an die Decke und schwieg. Minuten vergingen, ohne dass einer von uns etwas sagte, und mehrfach stand ich kurz davor, einzunicken. Doch schließlich richtete Laranthir seine müden Augen wieder auf mich und sprach mit viel zu ruhiger Stimme: „Was Ihr sagt, klingt verrückt. Aber ich kann nicht leugnen, dass Ihr in gewisser Weise recht habt. Ich möchte nicht glauben, dass die Sylvari Diener eines Drachen sein könnten... Aber zumindest würde es ihr Verhalten erklären."

In einem Augenblick - Guild Wars 2 FanfictionWhere stories live. Discover now