Kapitel 15

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Am nächsten Morgen wachte Molly schon sehr früh auf. Ein Blick auf ihre Uhr zeigte, dass es gerade mal kurz nach halb 7 morgens war. Doch wie erwartet, konnte Molly nachdem Sherlock gestern Abend gegangen war, nicht besonders gut schlafen. Ihre Gedanken kreisten immer wieder um ihr Wiedersehen und dass, was er ihr erzählte.
Heute war Sonntag und eigentlich konnte Molly noch eine wenig länger schlafen.
Die wöchentliche Messe begann wie jeden Sonntag erst um 10 Uhr. Danach wurde für heute noch eine Versammlung mit allen Bewohnern der Gemeinde einberufen. Molly hatte schon einmal von ihren Nachbarn von diesen Versammlungen gehört aber war selbst noch nie mit dabei gewesen. Sie war leicht nervös aber auch neugierig. Schließlich wurde das Thema der Versammlung noch nicht bekanntgegeben.

Nachdem Molly nach mehrfachen Versuchen noch einmal einzuschlafen, kläglich scheiterte, entschied sie sich schließlich ihr Bett zu verlassen. Langsam und immer noch sehr erschöpft schlürfte sie in ihr Badezimmer, um erst einmal ausgiebig zu duschen, um eventuell dadurch etwas munterer zu werden.
'Ob er sich denn melden wird?' fragte sie sich dann wenig später als sie aus der Dusche stieg und sich ein Handtuch um den Körper band.

Molly hatte Sherlock ihre Hilfe bei der Lösung des Falls angeboten und er meinte, er würde ihr Bescheid geben, sobald er ihre Hilfe benötigte. Sie war sich jedoch nicht so richtig sicher, was sie davon halten sollte aber wollte auch nicht den ganzen Tag nur wieder an ihn denken.

Nachdem sie fertig geduscht war, entschied sie sich erst einmal zu frühstücken. Schließlich hatte sie genügend Zeit, bis die Messe beginnen sollte. Zügig wechselte sie das Handtuch mit frischer Unterwäsche und warf sich dann ihren flauschigen Bademantel über. Dann ging sie weiter in ihre Küche, um sich ihr Frühstück zuzubereiten.
Seit die Tage langsam wärmer wurden, nahm sie ihr Frühstück immer in ihrem hinteren Garten ein. Sie genoss die warmen ersten Sonnenstrahlen des Tages auf ihrer Haut und die Stille, die der Morgen mit sich brachte.

Dieser Garten war ihre kleine Oase. In die sie sich zurückziehen und völlig abschalten konnte. Sie schlürfte gerade an ihrem Kaffee, als das Klingeln an ihrer Tür sie unterbrach.
Sie stand vorsichtig mit ihrer Tasse in den Händen auf und ging dann zur Tür. Sie war leicht verwundert, wer sie zu so früher Stunde besuchen könnte.

Leicht zögerlich griff sie nach dem Knauf der Tür und öffnete diese dann vorsichtig. Ihr Herz machte einen kleinen Sprung, als sie sah, wer da vor ihrer Tür stand.

„Guten Morgen, Molly. Ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt?" fragte er dann.

Molly öffnete die Tür komplett und wollte sie sogleich wieder schließen, als sie seinen Blick auf ihrem Körper sah und sie sich bewusst wurde, dass sie nur Unterwäsche und ihren Bademantel trug. Und nicht nur das. Ihr Bademantel hatte sich beim Aufstehen leicht geöffnet, ohne dass sie es bemerkt hatte. Und nun stand sie halbnackt vor Sherlock Holmes. Noch nie hatte er sie in ihrer Unterwäsche, geschweige denn so viel Haut von ihr auf einmal gesehen.Nicht einmal, als er einige Zeit bei ihr lebte.

Sherlock räusperte sich kurz.
„Ähm...Dürfte ich vielleicht reinkommen?" fragte er dann leicht verlegen und fuhr sich mit den Händen durch sein Haar.

Molly schaute beschämt zu Boden. Mit der einen Hand hielt sie sich ihren Bademantel zu und mit der anderen deutete sie ihm hereinzutreten. Ihre Wangen erhitzten sich allmählich und ihre Gesichtsfarbe wechselte langsam zu der einer Tomate. Nachdem er eingetreten war, schloss sie die Tür und verschwand so schnell wie möglich, in ihr Schlafzimmer. Sie hoffte insgeheim, dass er ihr Gesicht nicht gesehen hatte. Aber was machte sie sich vor? Wir reden hier von Sherlock Holmes, dem jede ach so winzige Veränderung auffällt.

Sherlock ging unterdessen weiter in Richtung ihres Wohnzimmers. Er war immer noch leicht verlegen. Sicher, er hatte damals nach seinem vorgetäuschten Tod für einige Zeit bei ihr gelebt aber sie war immer sehr bedacht darauf, wie sie sich gegenüber ihm zeigte. So hatte er sie noch nie gesehen. Er bemerkte zudem, dass auch Molly diese Situation äußerst unangenehm gewesen war, vor allem nachdem sie wie ein Blitz in ihr Schlafzimmer gerannt war. Bei diesem Gedanken bildete sich ein kleines Lächeln auf seinem Gesicht. Er liebte ihre schüchterne Art einfach.

Molly wollte am liebsten im Erdboden versinken. Es war ihr unendlich peinlich und vor allem, dass ER sie so gesehen hatte. Sie überlegte kurz, ob sie vielleicht für immer in ihrem Zimmer bleiben könnte. Sicherlich würde er irgendwann wieder verschwinden. Aber dann fiel ihr ein, dass sie Sherlock ihre Hilfe angeboten hatte und er sich melden würde, wenn er sie brauchte.
Es nützte alles nichts. Molly musste sich dem stellen. Schnell suchte sie sich also ihre Kleidung für den heutigen Tag heraus und zog diese über. Sie legte noch ein wenig Make- Up auf und hoffte somit, ihre Gesichtsfarbe, die einer Tomate ähnelte, etwas kaschieren zu können. Ihr Haar steckte sie mit nur einigen Strähnen zurück und ließ es locker über ihre Schultern hängen.
Dann schaute sie noch einmal in den Spiegel und sprach zu sich selbst:

„Du schaffst das Molly" und ging dann langsam wieder zur Tür heraus.

Sie war gerade im Wohnzimmer angekommen und legte sich in ihrem Kopf schon einmal ihre Worte zurecht, als sie bemerkte, dass Sherlock nicht da war.

Leicht verwirrt und mit fragendem Blick schaute sie sich um und sah dann, dass ihre Terrassentür noch offen stand. Langsam näherte sie sich dem hinteren Ausgang ihres Hauses. Und dort stand er. Inmitten ihrer kleinen grünen Oase und schaute zum Himmel.

„Also Sherlock, was ist los?" fragte sie dann leicht nervös, nachdem sie sich ihm genähert hatte.

Sherlock fuhr erschrocken herum. Offenbar war er gerade in Gedanken versunken.

„Ähm, also..."

Was war bloß mit ihm? Sherlock wusste nicht, was er sagen sollte und wollte. Anscheinend war er von der vorherigen Situation immer noch verlegen. So hatte er sich nicht einmal damals gefühlt, als er die Frau komplett nackt vor sich stehen sah. Also was war jetzt anders?
Dann schaute er sich die Person, die vor ihm stand, genauer an.

„Deine Haare sind kürzer" stellte er dann fest.

Molly strich sich verlegen einige Strähnen zwischen ihre Fingern.
„Ähm, ja also..." begann sie zu stammeln.

„Es sieht gut aus" unterbrach er sie und lächelte ein wenig.

'Was war denn das? Hatte Sherlock Holmes ihr gerade ein Kompliment zu ihrem Aussehen gemacht?' fragte sich Molly dann in ihren Gedanken.

„Also Sherlock, was willst du? Du kommst nicht einfach so früh in mein Haus, machst mir ein Kompliment zu meiner neuen Frisur, ohne irgendetwas von mir zu wollen?" fragte sie dann.
Schließlich wusste sie nur allzu gut, dass Sherlock immer nur Komplimente verteilte, wenn er etwas wollte.

Kurz dachte er: 'Ich will Dich' doch dann schüttelte er leicht seinen Kopf und schaute sie leicht verwundert an. Er war leicht überrascht über ihre Reaktion hinsichtlich seines Komplimentes. Immerhin meinte er es doch ehrlich. Dann mit einem Mal, fiel es ihm wieder ein. Er hatte Molly immer nur ein Kompliment gemacht, wenn er etwas von ihr benötigte.
'Oh Mann, war ich ein Arsch gewesen' dachte er sich dann.

Aber wie sollte er sie jetzt danach fragen, weswegen er eigentlich hierher gekommen war?
Er entschied sich schlussendlich dann doch dafür, ihr die Wahrheit zu sagen. Schließlich ging sie ja sowieso schon davon aus.

„Ähm, also ich habe gestern noch einmal über alles nachgedacht und einige Nachforschungen angestellt. Offensichtlich hatte deine Freundin Recht. Es waren keine Unfälle. Und um das zu beweisen, brauche ich deine Unterstützung."

„Was brauchst du?"

Und mit einem Mal kamen ihm die Erinnerungen an den Abend zurück, als er sie das erste Mal um ihre Hilfe bat. Sie sah ihn damals so besorgt an und fragte nicht nach dem Warum. Stattdessen bot sie sofort ihre Hilfe an. Sherlock wusste es damals noch nicht, aber er spürte in diesem Moment zum ersten Mal diese seltsame Verbindung zwischen ihnen. Molly hatte ihm in all den Jahren immer wieder geholfen, ohne nach dem Grund zu fragen. Und was machte Sherlock? Er verhielt sich immer wieder wie ein kompletter Vollidiot gegenüber ihr und trampelte auf ihren Gefühlen herum.
Damals hatte er es vergeigt, dass wusste er. Wäre er sich seinen Gefühlen eher klar gewesen, dann wäre Molly nicht nach Irland gegangen. Sie wäre noch bei ihm. Aber jetzt, jetzt war er hier. Hier bei ihr und aus irgendeinem Grund gab ihm das Schicksal, auch wenn er nicht daran glaubte, eine zweite Chance. Und Sherlock war sich sicher, dass er es dieses Mal nicht versauen würde.

„Sherlock?" fragte Molly dann leicht irritiert und sah ihn fragend an.

Er bemerkte ihren Blick und schüttelte dann kurz seinen Kopf, um diese Gedanken erst einmal beiseite zu wischen.

„Wie dem auch sei. Das erste Opfer, Mrs. Daly. Ich benötige die Akte der Obduktion. Glaubst du, du kannst diese irgendwie besorgen?"

„Sicher. Wenn sie in Waterford obduziert wurde, dann wird die Akte sicherlich irgendwo dort sein. Ich werde morgen gleich danach schauen." versprach Molly.

„Sehr gut. Ich werde in der Zwischenzeit der örtlichen Polizei einen Besuch abstatten."

Molly nickte verstehend. Danach musste sie Sherlock jedoch zum Gehen bitten. Ein Blick auf ihrer Uhr zeigte, dass die Zeit schon ziemlich fortgeschritten war und sie sich bald zur Kirche aufmachen musste

Zweite ChanceWhere stories live. Discover now