pov. Elisabeth:

Die Kutsche hält vor dem Gorbeau Haus. Meine Tante hat mich am Morgen alleine hierher geschickt. Anscheinend glaubt sie nicht, dass ich bei Marius etwas Dummes anstellen würde und das ist auch nicht mein Plan. Nicht direkt zumindest. Courfeyrac, mein Verlobter und gleichzeitig der beste Freund meines Bruders, würde um zehn Uhr 'zufällig' hier vorbeilaufen und auf mich stoßen. Dann werden wir zum Musain gehen, wo ich meine Freunde wiedersehen werde.

Ich schaue auf die Uhr. Noch eine Stunde bis er hier ist. Das müsste genügen, um Marius zu erklären, was gestern beim Ball passiert ist. Ich steige aus und gehe zur Haustür, dann die Treppe hoch, bis ich vor unserer... Marius Wohnungstür stehe. Ich will gerade klopfen als die Tür aufgeht und Enjolras vor mir steht. Er bleibt in seiner Bewegung stehen und sieht mich verwundert an. „Ist Marius zu Hause?", frage ich ihn. Er nickt langsam, sein Blick immer noch auf mir. „Gut. Könntest du mich dann bitte durchlassen? Ich habe nur noch eine Stunde Zeit bis...", fange ich an. Er verschränkt seine Arme und fragt: „Bis was?" „Bis mein Verlobter kommt", beende ich den Satz und muss mir ein Lächeln verkneifen, da diese Situation so lächerlich ist. Allerdings zieht er nur seine Augenbrauen nach oben und tritt zur Seite damit ich hinein kann.

Ich sehe Marius am Esstisch sitzen und gehe auf ihn zu. Dann werfe ich einen Brief, den ich von Großvater bekommen habe, vor sein Gesicht, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. „Wir müssen reden", sage ich ernst und ernte einen besorgten Blick meines Bruders. „Guck mich nicht so an. Es gibt gute Neuigkeiten", füge ich schnell hinzu. „Zumindest halbwegs gut." Dann setzte ich mich ihm gegenüber und fange an zu erzählen. Als ich ende, sieht er mich entgeistert an und fragt: „Du bist mit Courfeyrac verlobt?"

Ich kann nicht mehr anders und fange an zu lachen. „Was ist, wenn seine Eltern und dein Großvater von eurer Lüge erfahren?", fragt Enjolras. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er noch da ist. Mein Lachen verstummt, denn daran habe ich noch nicht nachgedacht. „Dann sorgen wir dafür, dass sie nichts mitbekommen", meine ich so zuversichtlich wie möglich. Die beiden sehen mich trotzdem noch ernst an, weshalb ich frustriert seufze und sage: „Ich weiß, dass ihr mich nicht hier haben wollt, aber ich will das hier nicht verlieren, versteht ihr? Mein Leben bei dir, Marius, das Musain und Jean. Ich will weder heiraten, noch zurück in dieses riesige, einsame Haus ziehen, wo ich lernen muss mich zu benehmen und eine gute Ehefrau zu sein. Ich würde keinen von euch je wieder sehen, von Courfeyrac abgesehen... Das hier ist meine einzige Chance etwas daran zu ändern!"

Tränen laufen über meine Wangen. Wie ich es doch hasse andauernd zu weinen! Ich wische sie weg und stehe auf. „Wenn ihr mich bitte entschuldigen würdet", nuschel ich und gehe zu meinem Kleiderschrank. Dort packe ich meine Sachen in eine Tasche. Als ich fertig bin, sammele ich den Rest ein. Die Zeichnung von Marius und mir lasse ich stehen. Plötzlich fällt mir wieder der Brief ein, den ich ihm geben sollte. „Der Brief auf dem Tisch ist für dich, Marius. Großvater wollte, dass ich ihn dir gebe", meine ich und drehe mich kurz um, um zu sehen, ob er ihn auch wirklich öffnet. Zu gern würde ich erfahren, was in dem Brief steht, aber ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich gehen muss.

Also gehe ich zügig zur Tür und verschwinde mit einem „bis gleich". Jedoch komme ich wenige Sekunden später wieder herein, um meinen Hut zu holen, den ich anscheinend vergessen hatte. Dann laufe ich nach unten und lasse meine Sachen in die Kutsche tragen. Ich will gerade einsteigen als jemand meinen Namen ruft. Gespielt überrascht drehe ich mich um und sehe Courfeyrac hinter mir. „Amias", sage ich erfreut und lächele ihn an. Er küsst meine Hand zur Begrüßung und sagt: „Wie schön Sie hier zu sehen. Vielleicht würde ein Spaziergang Ihnen zusagen?" Ich nicke erfreut und sage den Bediensteten, dass sie zurück fahren und meiner Tante sagen sollen mit wem ich unterwegs bin.

Elisabeth Helóise Pontmercy (Les Mis FF)Where stories live. Discover now