dreißig.

62 14 0
                                    

Die Polizisten stehen im Schlachtraum des Fischereibetriebs in der Kensington Road und starren sprachlos auf das Opfer, das tot an einem der Haken hängt, der vermutlich für Thunfische oder weitaus größere Fische verwendet wird.

Der Körper des Leichnams ist durch und durch mit Angelhaken in diversen Größen geziert. Kein Körperteil wurde ausgelassen. Auf der Höhe seines Halses beginnt ein Schnitt, der seinen Oberkörper bis hinab zu seinem Penis entzweit. Um das Ausweiden besonders gründlich angehen zu können, wurden die Rippen gebrochen. Seine inneren Organe, die ihn irgendwann einmal am Leben gehalten haben, liegen nun als rote, groteske Pfütze unter ihm auf dem Boden. Daneben sind diverse Glasgefäße angeordnet, akkurat und feinsäuberlich beschriftet, gefüllt mit menschlichem Gewebe, das nicht auf den ersten Blick zuzuordnen ist.

Mena ist die Erste, die den Beschriftungen genauere Aufmerksamkeit schenkt.

Potenzhilfe

exquisite Küche

Statussymbol

Leistungssteigerung

Allheilmittel

„Ist das in dem Fläschchen mit der Aufschrift Leistungssteigerung ein Stück Gehirn?", fragt Navarro, der sich nun ebenfalls auf die Phiolen konzentriert und seinen Würgereiz zu unterdrücken versucht. Nicht nur der Anblick, sondern auch der Gestank, setzen ihm schwer zu.

„Da dem Kerl am Haken offensichtlich der Schädel geöffnet wurde, liegt diese Vermutung nahe", bestätigt Mena.

Obwohl er den Anblick kaum ertragen kann, starrt Navarro weiterhin auf die Behälter. Eine ekelerregende Faszination, die ihn in seinem Handeln einfriert. „Vermutlich will ich überhaupt nicht wissen, was in dem Behälter mit der Aufschrift Potenzhilfe ist?"

Menas Blick fällt zwischen die Beine der Leiche. „Dem Opfer ist ein Ei abgetrennt worden. Ich würde darauf wetten, dass es sich um einen zerstückelten Hoden handelt. Aber um das mit Sicherheit sagen zu können, müsste ich mir das unter dem Mikroskop genauer -" Weiter kommt sie nicht.

„Nun holen Sie schon diesen verdammten Zettel aus seinem Arsch!", bringt sich Miller in diese verstörende Unterhaltung ein, der keinerlei Wert darauf legt noch mehr Details zu erfahren, die ihn tagelang nicht schlafen lassen. Er will hier raus, denn der beißende Gestank des Todes treibt ihm bereits Tränen in die Augen.

Mena tut wie geheißen. Inzwischen geht sie bei diesem Vorgang mit einer gewissen Routine vor. Sie faltet das Stück Papier auseinander. „Hehler", liest sie laut ab.

•••

Als Aenon aufwacht ist sein Gesicht von einem befremdlichen Lächeln eingenommen. Der Sex mit Tallulah hat ihm eine Welt eröffnet, die ihm bisher fremd gewesen ist. Völlig ausgelaugt sind sie anschließend eng umschlungen eingeschlafen. Erwartungsvoll neigt er seinen Kopf zur Seite, um sich darüber zu vergewissern, wie übel er Tallulah mitgespielt hat. Er hat ihr die Seele aus dem Leib gefickt und mit Sicherheit wunderschöne Biss- und Kratzwunden auf ihr hinterlassen.

Doch von Tallulah ist nichts zu sehen.

Erschrocken richtet sich Aenon auf und sieht sich um, in der Hoffnung, sie ausfindig zu machen. Doch weit und breit ist nichts von ihr zu sehen. Während er darüber nachdenkt, was er getan hat, fährt er sich mit der Hand durch die Haare. Sofort spürt er, dass etwas nicht stimmt. Er hält sich seine Hand vor die Augen und findet die Gewissheit, dass sein Ring nicht länger an seinem Finger steckt. Diese verkommene Schlampe hat ihm nicht nur den Mondstein gestohlen, sondern damit auch seine Macht.

•••

„Hey", macht Dan vorsichtig auf sich aufmerksam.  Das abrupte Aufbrechen aus dem Kino und der neue Tatort haben keine Möglichkeit gelassen, um über den Kuss zu sprechen. Um ehrlich zu sein, weiß er nicht, ob er bedrückt oder erleichtert darüber sein soll.

drOWNingWhere stories live. Discover now