sechsundzwanzig.

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„Wie wird es jetzt für dich weitergehen?", erkundigt sich Chantara.

Yarrow zuckt mit den Schultern. „Es ist schon immer ein Traum von mir gewesen, mir den Norden anzusehen. Ich denke, dazu wäre jetzt der perfekte Zeitpunkt."

„Du hast dich also entschieden, nicht zum Schwarm zurückzukehren?", entnimmt Chantara seiner Aussage.

Er nickt. „Es gibt nichts, wofür es sich lohnen würde zurückzukehren."

„Zale wird es nicht gefallen", sagt sie mit einem Hauch von Schadenfreude. Ihr gefällt es, dass sich erneut jemand gegen den Anführer auflehnt. Es fühlt sich gut an, einen Gleichgesinnten in Yarrow gefunden zu haben.

„Wer hätte gedacht, dass uns eines Tages das gleiche Schicksal verbindet", sinniert Yarrow.

„Das scheint aber auch schon die einzige Gemeinsamkeit zu sein, die wir teilen", entgegnet sie. „Keine zehn Wale würden mich in die Kälte des Nordens bringen. Aber ich habe gehört, dass die Meermänner dort größer und stärker sein sollen."

„Höre ich da heraus, dass du es in Erwägung ziehst, vielleicht doch mitzukommen?", spekuliert Yarrow darauf, diese Reise nicht alleine antreten zu müssen.

„Nein, ich ziehe es höchstens in Erwägung, dich dort irgendwann Besuchen zu kommen", antwortet sie. „Aber zuerst muss ich hier noch etwas in Ordnung bringen."

„Bist du dir sicher, dass ich dich allein lassen kann?", überkommen Yarrow Zweifel.

„Ja. Ich habe dir bereits genug zu verdanken", erwidert sie. „Wann soll es bei dir losgehen?"

„In den nächsten Minuten. Ich denke, je mehr Vorsprung ich habe, desto schwerer wird es für Zale sein, mich zu finden." Er schenkt Chantara ein wehmütiges Lächeln.

„Danke für alles", ist es ihr wichtig dies noch einmal zu sagen.

„Schau an, schau an", mischt sich Aenon in das Gespräch ein, dessen Kopf, wie aus dem Nichts, auf der Wasseroberfläche zu sehen ist. „Was der überaus mächtige Zale dazu sagen würde, wenn er wissen würde, dass sich seine rechte Hand mit seiner Geliebten auf derart vertraute Art und Weise abgibt?" Um seiner Bemerkung mehr Aussagekraft zu verleihen, bedenkt er Yarrows nackte Erscheinung mit einem abschätzigen Blick.

„Du kannst gerne los und ihn davon unterrichten", pokert Yarrow. Aenons Machtspiele gehen ihm an seinem menschlichen, blanken Allerwertesten vorbei.

Aenon versucht abzuwägen, wie viel Berechnung dieser Aussage zu entnehmen ist.

„Zale hat ein neues Spielzeug gefunden", setzt Chantara nach, um Aenon zu verdeutlichen, wie inhaltslos seine Drohung ist. „Somit ist unser Deal genau in diesem Moment geplatzt", reibt sie ihm genüsslich unter die Nase. „Mit einer neuen Gespielin an seiner Seite macht sich Zale sicher nicht mehr viel aus meinem Verbleib", speit sie dem feindlichen Anführer mit Genugtuung ins Gesicht.

„Wenn du glaubst, dass ich auf diesen armseligen Bluff hereinfalle, meine Liebe, dann hast du dich getäuscht!", entgegnet Aenon.

„So nett ich diese Unterhaltung auch finde, langweilt sie mich dennoch", bringt sich Yarrow wieder mit ein. Er richtet sich an Chantara, sodass nur sie ihn hören kann. „Ich werde mich jetzt auf den Weg machen." Nebenbei schließt er den Mondstein, den er noch immer um seinen Hals trägt, in seiner Faust ein. „Nachdem ich mich verwandelt habe, gebe ich das gute Stück an dich zurück. Und keine Angst, bevor ich aufbreche, werde ich mich darüber vergewissern, dass diese verabscheuungswürdige Kreatur verschwunden ist."

Aenon gefällt es nicht, dass er zum Narren gehalten wird. Noch weniger gefällt es ihm, dass er nicht den Hauch einer Ahnung hat, was die beiden tuscheln. Er erhebt seine Hand aus dem Wasser, an der er seinen eigenen Mondstein, in der Form eines klobigen Ringes, trägt. Unter Einfluss des Steins setzt er seine Kraft ein, die dadurch ein gewaltiges Ausmaß erlangt.

drOWNingWhere stories live. Discover now