17 ~ Kleine Raubtiere

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Cian versuchte, seinen Herzschlag willentlich zu beruhigen und sich nur auf die warmen Sonnenstrahlen auf seinem Rücken zu konzentrieren. Er schaffte es sogar, das Gemurmel der anderen Gäste in den Hintergrund zu drängen.

'Ganz ruhig', besänftigte er das Raubtier in seinem Inneren, das panisch an seinen Fesseln zerrte.

„Ich will dich nicht stören, aber kann es sein das du unter Haptophobie leidest?" Die geflüsterten Worte rissen Cian aus seiner Konzentration und holten ihn in die Wirklichkeit zurück. Taluna hatte ihr Gesicht auf die Hände gestützt und sah ihn fragend an. Cian brauchte einige Augenblicke, um ihre Worte zu verarbeiten.

„Hapto - was?", fragte er und runzelte die Stirn.

„Angst vor Berührungen. Wunder dich nicht, ich musste mit meiner Freundin für ihre Prüfungen lernen – sie ist Psychologin." Sie lächelte freudlos und fügte hinzu: „Irgendwie bekomme ich diese Phobien nicht mehr aus meinem Kopf." Der Kellner brachte ihre Getränke und nahm die Bestellungen auf.

Als sie wieder allein waren, sah Cian Taluna ungerührt an. Das Wort, das sie ihm gesagt hatte, hatte er schon einmal gehört: Von den Seelenklempnern bei Phönix. Cian hatte es jedoch nicht ertragen, sich einer Therapie dagegen zu unterziehen. „Gruppenkuscheln" wäre für ihn damals nicht möglich gewesen, jedenfalls nicht ohne ein Blutbad zu hinterlassen.

„Kann sein", gab er schließlich zu und sah zum Waldrand hinüber.

„Habe ich's mir doch gedacht. Seit wann bist du in Behandlung?"

„Ich bin gar nicht in Behandlung." Seine goldenen Augen bohrten sich mit einer Intensität in Talunas, die sie schauern ließ. „Damit ist das Thema beendet, in Ordnung?", fügte er hinzu und wandte den Blick ab.

Taluna hob abwehrend die Hände und sah ihn mit einer Mischung aus Mitleid und Schock an. „Schon gut, du brauchst mich deswegen nicht anzufahren", sagte sie und er konnte hören, dass er sie verletzt hatte.

Am liebsten hätte Cian sein Gesicht in den Händen vergraben und geschrien. Er war so sehr daran gewöhnt, keine Konversation zu treiben, dass er sich nun vorkam wie ein Höhlenmensch. Banks hatte den schlechtmöglichsten Mann für diesen Auftrag ausgewählt. Er konnte nicht mit dieser lebenslustigen Frau umgehen, die wusste wie man lachte und sich unterhielt.

„Es tut mir leid", brummte er schließlich und wünschte sich in seine stille Einliegerwohnung zurück.

Taluna zuckte mit den Schultern und spielte mit dem Helixpiercing an ihrem Ohr. „Wenn du wüsstest, was für Gemeinheiten wir uns im Büro an den Kopf schmeißen, wenn Redaktionsschluss ist. Da war das noch harmlos dagegen." Sie lächelte und ihre weißen Zähne blitzen auf.

~

Ausgelassenheit herrschte auf dem Gelände nahe dem Gemeindezentrum. Taluna grinste vor sich hin, als sie sah, wie zwei Mädchen miteinander Fange spielten. In einer Kugel aus goldenem Fell mit Streifen und Flecken rollten sie übers Gras. Kurz vor ihren Füßen blieben sie liegen und kämpften spielerisch miteinander.

„Halt mal", wies Taluna Cian hinter sich an und drückte ihm ihre Kamera in die Hand. Mit beiden Händen griff sie in das Nackenfell der Kinder und hob sie hoch. Sie zappelten umher, maunzten und sahen Taluna mit großen Kulleraugen an. „Cloe hat euch doch gesagt, dass ihr es nicht zu wild treiben sollt." Taluna sah die Tigerin und die Gepardin eindringlich an.

Mit weichen Pfoten und eingezogenen Krallen strichen die Mädchen über Talunas Wangen und miauten herzerweichend. Taluna grinste und ging mit beiden in die Hocke. „Ihr seid so süß, euch kann man gar nicht böse sein", gurrte sie und kraulte das weiche Fell hinter den Ohren.

Love Me WildWhere stories live. Discover now