Kapitel 2

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In der großen Pause wollte Moira bei Iwen bleiben, was ihm nur recht war. Aurelio und Aurelia trotteten den beiden nur schweigend hinterher. Schließlich fanden die Vier eine gemütliche, schattige Ecke unter einem Baum, in der auch eine freie Bank war. Die Jungen saßen außen und die Mädchen zwischen ihnen. Dann stellten alle ihre Taschen und Rucksäcke vor die Füße und kramten ihr Frühstück heraus.

»Ich hab eine Orange mit, möchte jemand was davon?«, meinte Iwen, als sie aßen. Moira bejahte sofort und als einzige, woraufhin sie die Hälfte bekam.

»Oh, danke! Ich mag orange Sachen.«, murmelte sie, bester Laune, und steckte sich das erste Stückchen in den Mund.

»Du hast ja auch hübsche, orange Haare.«, fügte Iwen hinzu. Moira wiederholte sich, allerdings ein bisschen leiser und verlegener.

»Oh, danke …«

»Also … Ich hab Weintrauben dabei … Wenn jemand möchte …«, brummte Aurelio, was Iwen zufrieden stellte. Er versuchte endlich, freundlich zu sein.

»Oh, lecker! Danke.«, meinte Moira, die offenbar nicht nur orange Dinge, sondern Essen allgemein recht gern hatte. Aurelia pickte sich vorsichtig eine Weintraube aus Aurelios Frühstücksbox und murmelte dann leise:

»Danke.« Nach und nach verstanden sich die Vier besser, sodass sie die ganze Zeit, wenn sie nicht gerade alle den Mund voll hatten, miteinander erzählten. Fast am Ende der Pause kam von Iwen die Frage:

»Sagt mal, seid ihr eigentlich verwandt?«

»Wieso fragst du?«

»Ah, ich dachte nur, weil ihr euch ja schon kanntet und beide neu seid.«

»Wir sind …«, sagte Aurelia, wurde dann aber kurzerhand von Moira unterbrochen.

»Schwestern. Wir sind Schwestern. Richtig geraten, Iwen!« Sie warf ihm ein hartnäckiges Lächeln zu und legte ihre Hand dann auf Aurelias Schulter.

»Oh, ach so.« Keiner der beiden Jungen wollte fragen, warum sie sich als Schwestern so unähnlich sahen.

Auch den restlichen Schultag verbrachten die Vier mehr oder weniger zusammen. Als dann Schulschluss war, bemerkte Iwen, dass die Mädchen ebenfalls zu Fuß nach hause gingen und ebenfalls in die gleiche Richtung wie er und Aurelio mussten.

»Na, wenn das mal kein Zufall ist! Dann können wir euch ja sogar nach hause begleiten.«

»Und morgens zur Schule.«, meinte Moira glücklich. Die Vier mussten zuerst durch einen kleinen Wald, dann einen langen, ziemlich ruhigen Feldweg entlang und schließlich nur in verschiedene Straßen.

»Wie wäre es, wenn wir uns morgen früh hier am Anfang von dem Feldweg treffen?« Die Ideen kam von Iwen und wurde gleich freudig angenommen. Nachdem eine Zeit ausgemacht wurde, verabschiedeten sich die Mädchen von den Jungen. Danach gingen sie getrennte Wege.

Aurelia und Moira mussten nicht mehr sehr weit laufen. Als sie allein waren, änderte sich Moiras fröhliche, hohe Tonlage. Sie wurde leise und schien ein wenig erschöpft. Dann murmelte sie:

»Scheint so, als hätten wir gleich gute Freunde gefunden, nicht wahr?«

»Ja, sie scheinen nette Jungen zu sein … Ein Glück für sie.« Moira verpasste ihr einen leichten Schlag auf den Arm.

»Sag so was nicht.«

»Weißt du …«, erzählte Aurelia dann. »Ich glaube, ich mag diesen Jungen … Aurelio.«

»Das hab ich mir schon fast gedacht.«, meinte Moira und verstummte. Auf Aurelias Gesicht breitete sich ein Grinsen aus. Daraufhin fügte Moira hinzu:

»Tu bitte nichts Dummes.«

Am nächsten Morgen trafen sich die Vier an der ausgemachten Stelle.

»Guten Morgen, ihr beiden.«

»Guten Morgen, Iwen und Aurelio.«

»Morgen Moira. Morgen Aurelia …«, murmelte Aurelio daraufhin.

»Guten Morgen.«, sagte Aurelia fröhlich. Sie schien viel aufgeschlossener als am Tag zuvor.

»Oh, heute tragt ihr beide eine rote Schleife.«, bemerkte Iwen. Die Mädchen nickten zufrieden. Dann gingen sie alle gemeinsam los.

Nachdem Aurelio während des Schulweges unaufhörlich gähnen musste, fragte Aurelia ihn:

»Sag mal, hast du wieder nicht geschlafen?« Er schien zunächst ein wenig verwundert über die Frage, antwortete dann aber:

»Doch, irgendwann schon … Aber nicht lange genug.«

»Darf ich fragen, warum du solche Probleme mit dem Schlafen hast?« Iwen verzog sein Gesicht, weil er wusste, wie empfindlich sein Freund bei diesem Thema war. Zu seinem Erstauen erzählte Aurelio Aurelia ziemlich ehrlich und genau, was ihn bedrückte.

»Na ja, wenn du' s wissen willst … Meine Ex-Freundin hat vor ein paar Tagen ziemlich mies Schluss gemacht … Sie kam an und hat mir ganz stolz erzählt, dass sie jemand Besseren gefunden hat und mich nicht mehr braucht. Tja … Mit anzusehen wie der Mensch, den man liebte dich von einem Tag auf den anderen lückenlos ersetzt hat, das, na ja … Das raubt mir den Schlaf.« Es war kurz ganz ruhig. Man hörte lediglich leises Rascheln aus dem Wald, den die Freunde durchquerten.

»Das tut mir Leid für dich. So etwas hast du nicht verdient. Und wer so etwas tut, der verdient es nicht, weiter zu leben.« Moira kreischte plötzlich drauf los.

»Aurelia! Sag so was nicht! Hörst du? So was darfst du nicht sagen!«

»Reg dich nicht auf.«, meinte sie daraufhin kühl. Dann redete sie weiter mit Aurelio.

»Weißt du, mein letzter Freund hat mich auch ziemlich verletzt …« Erneut lösten ihre Worte bei Moira Panik aus, woraufhin diese quiekte:

»Aurelia! Du wirst nur wieder traurig, wenn du darüber sprichst! Lass uns über was Schöneres reden!« Von ihr kam nur ein Schulter zucken. Aurelio meinte:

»Tut mir auch Leid für dich … Du findest ganz bestimmt einen viel, viel Besseren.« Nun lächelte Aurelia. »Hoffentlich.«

YanderellaWhere stories live. Discover now