Chapter 45

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And when she looks at me 
I swear I cant breathe

Luca

Ich bin mir nicht sicher was es ist, das mich am nächsten Morgen weckt. Vielleicht ist es der Fakt, dass Christina sich nicht wie die letzten Nächte an mich kuschelt. Vorsichtig setze ich mich auf und schwinge die Beine aus dem Bett. Mit einem Lächeln auf den Lippen sehe ich rüber zu Christina, die ausnahmsweise auf der anderen Seite des Bettes liegt und immer noch tief und fest schläft. Eine Hand hat sie unter ihren Kopf geschoben, während ihr anderer Arm eines der Kissen an ihre Brust drückt. Hin und wieder rümpft sie die Nase oder lächelt leicht im Schlaf und ich frage mich unwillkürlich was sie wohl träumt. So leise wie möglich stehe ich auf und mache mich auf dem Weg in die Küche, aber nicht ohne vorher bei Christina stehen zu bleiben. Sie sieht so wunderschön und friedlich aus, dass ich nicht anders kann als ihr einen sanften Kuss auf die Haare zu drücken. Sie bewegt sich nicht und für eine Sekunde denke ich, ich würde damit davonkommen. Aber dann zucken ihre Augenlider und im nächsten Moment blinzelt sie schläfrig zu mir hoch. "Luca?" Die Art wie sie meinen Namen ausspricht, ganz leise und verletzlich, schickt ein Glücksgefühl durch meinen Körper, das mir eigentlich Angst machen sollte. Genau wie es mir Angst machen sollte, dass ich nach drei Monaten ohne zu Zögern bei ihr eingezogen bin obwohl ich mich bei Michéle nach einem Jahr immer noch dagegen gesträubt habe. Oder, dass ich 24 Stunden am Tag an sie denken muss. Aber merkwürdigerweise ist das nicht der Fall. Stattdessen erwische ich mich immer öfter dabei wie ich mir vorstelle, jeden Tag so aufzuwachen. Meine Stimme verrät allerdings nichts über all das, als ich ihr nochmal über den Kopf streiche. "Geh wieder schlafen", flüstere ich. Das verträumte Lächeln, das sich daraufhin auf ihren Lippen breit macht, lässt mein Herz einen Satz machen. "Okay", atmete sie, die Augen schon wieder geschlossen, und einfach so ist sie wieder eingeschlafen. Meine Hand immer noch auf ihrem Kopf, bleibe ich noch eine Minute länger so stehen, ehe ich aus dem Schlafzimmer trete und leise die Tür hinter mir schließe. 

In der Küche angekommen steuere ich zuerst einmal die Kaffeemaschine an, nehme zwei Tassen und eine Kanne aus dem Schrank über der Spüle und drücke auf den Knopf, von dem ich vermute, dass es der On-Schalter ist. Scheinbar wurde das Problem mit dem Strom über Nacht behoben, denn ich stelle erleichtert fest, dass die Kaffeemaschine surrend zum Leben erwacht. Da es noch relativ früh ist und wir noch mindestens drei Stunden Zeit haben, bis wir aus dem Haus müssen, beschließe ich Frühstück zu machen. Mit einem Ruck öffne ich die Kühlschranktür und muss grinsen, als mein Blick auf zwei XXL-Pakete Parmesan fällt. Christina muss sie extra gekauft haben, denn normalerweise steht sie nicht so auf Käse, zumindest hat sie mir das mal irgendwann in der Pause erzählt. Mit einem letzten Schmunzeln greife ich nach ein paar Eiern und einer Packung Schinken. Bevor ich allerdings eine Pfanne auftreiben kann, klingelt mein Handy, das immer noch auf der Küchentheke liegt. "Guten Morgen, Anni", begrüße ich meine Schwester, während ich in einem der Schränke nach den passenden Utensilien suche. 
 "Wann bitte hattest du vor mir - oder irgendwem - von ihr zu erzählen?", faucht sie ohne eine Begrüßung ins Telefon. Ich runzle verwirrt die Stirn. "Kannst du ein bisschen konkreter werden bitte? Ich hab keine Ahnung wovon du redest." Einhändig ziehe ich eine Pfanne aus dem untersten Schrank und stelle sie auf die Herdplatte. "Du hältst mich wohl für bescheuert." Anninas Ton ist jetzt richtig schneidend und ich merke schnell, dass sie wirklich sauer ist. "Ich zitiere: Mit Tasche und Rollkoffer steht Luca vor der Tür seiner Tanzpartnerin. Ist er schon bei ihr eingezogen?" Bei ihren Worten rutscht mir das Herz in die Hose. "Woher hast du das?", stoße ich hervor, was Annina ein Schnauben entlockt. "Na woher wohl? Closer hat heute morgen eine riesige Doppelseite darüber gebracht, inklusive Titelstory. Das ganze Internet ist voll davon, was du auch wissen würdest wenn du mal an dein verdammtes Handy gehen würdest", blafft sie mich an. "Also, was zum Henker soll das? Und wenn du mir jetzt sagst, dass es in deiner Wohnung auch einen Wasserschaden gegeben hat, dann steig ich durchs Handy und dreh dir den Hals um, das schwör ich dir." Seufzend lehne ich mich rücklings an die Küchenzeile und fahre mir mit einer Hand durch die Haare. "Diese verdammten Paparazzi." Ich weiß natürlich, dass diese Geier ständig um mich rumschwirren aber ich dachte, das Risiko abends um halb 11 fotografiert zu werden sei relativ gering. Tja, falsch gedacht. "Ich schätze ich bin ein ziemlich mieser Geheimagent", kommentiere ich trocken, in der Hoffnung die angespannte Atmosphäre etwas zu beruhigen. Aber das bringt meine Schwester nur noch mehr auf die Palme. „Sag mal hältst du die ganze Scheiße, die du hier abziehst etwa für einen verdammten Witz?! Michéle hockt zuhause und heult sich die Augen aus dem Kopf, während du mit dieser Tänzerin flirtest als gäbe es kein Morgen mehr!" Vorbei ist es mit meiner Ruhe, jetzt reicht es mir nämlich auch schön langsam. "Höre ich mich so an, als würde ich das für einen Witz halten?! Meinst du mir gefällt es, dass es Michéle schlecht geht? Aber so ist es jetzt nun mal gekommen und ob ich momentan bei Christina wohne oder nicht geht weder dich noch die verdammte Klatschpresse was an." 
"Spinnst du jetzt komplett oder was? Ich bin immer noch deine Schwester!" 
"Das gibt dir noch nicht das Recht mich so anzureden, nur weil ich eine Entscheidung getroffen habe, die dir nicht passt." Meine Stimme wird wieder etwas weicher. "Du machst dir Sorgen um Michéle und das verstehe ich. Aber ich habs dir schon mal gesagt und ich sag es dir gerne nochmal: Das mit Michéle ist vorbei. Und ich bin weder ihr noch dir Rechenschaft schuldig, mit wem und wo ich meine Zeit verbringe." Eine Weile ist es still in der Leitung und ich denke schon, dass sie aufgelegt hat, als sie doch noch etwas sagt. "Michéle hatte Recht, du hast dich verändert. Du bist zu einem richtigen Arsch geworden." 
"Nein, Annina. Ich lasse mir nur nicht mehr von anderen sagen was richtig und falsch ist. Einmal in meinem Leben bin ich einfach meinem Instinkt gefolgt und das war eine der besten Entscheidungen, die ich hätte treffen können. Du bist nur sauer auf mich, weil ich mich von deiner besten Freundin getrennt habe." Ich hole einmal tief Luft und sammle mich, bevor ich noch etwas sage, das ich vielleicht bereue. "Ich werde jetzt auflegen und erst wieder mit dir reden, wenn du dich ein bisschen eingekriegt hast und wir normal miteinander telefonieren können, ohne dass ich mich für irgendetwas rechtfertigen muss." Ich warte nicht, bis sie mir antwortet. Stattdessen nehme ich das Handy vom Ohr und beende das Telefonat. In meinem Magen verknotet sich etwas schmerzhaft. Das letzte Mal als ich meine Schwester so angeredet habe war als sie an dem Geburtstag meiner Mutter die Torte runtergeworfen und es mir in die Schuhe geschoben hat. Eine Weile starre ich das dunkle Display meines Handys an, dann seufze ich leise und wende mich wieder dem Frühstück zu. Aber so richtig kann ich mich nicht auf das Essen konzentrieren und ich brauche drei Anläufe, bis ich die Eier unfallfrei aufgeschlagen habe. Ein paar Minuten später, ich nehme gerade die Pfanne mit dem Rührei vom Ofen, ertönen leise Schritte hinter mir. Sofort rücken alle Gedanken an das Gespräch mit meiner Schwester in den Hintergrund. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen blicke ich auf und sehe, wie Christina durch den Flur in die Küche kommt. Dabei reibt sie sich verschlafen die Augen und bleibt letztendlich mit der Schulter an der Wand hängen, weil sie die Tür um ein paar Zentimeter verfehlt. „Fuck!", flucht sie leise und reibt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Arm, während ich versuche mir ein Lachen zu verkneifen. Wie kann man in der Früh nur so dermaßen verpeilt und gleichzeitig so süß sein? 
"Guten Morgen", begrüße ich sie grinsend und beobachte schmunzelnd, wie sie barfuß durch die Küche tapst, nur um neben mir vor der Kaffeemaschine stehen zu bleiben. "Du hast Kaffee gemacht", stellt sie fest und dreht sich strahlend zu mir herum. "Und Frühstück. Ich weiß doch, dass du ohne Kaffee zu nichts zu gebrauchen bist und essen tust du mir sonst auch nichts." Sanft drücke ich ihr einen Kuss auf die Lippen, bevor ich ihr eine Tasse einschenke, die sie mir dankbar aus der Hand nimmt. Genießerisch schließt sie die Augen und nimmt einen großen Schluck von der dunklen Brühe. "Ich glaube dich behalt ich", murmelt sie, ohne die Tasse von ihren Lippen zu nehmen. Merkwürdigerweise habe ich mit dem Gedanken absolut kein Problem. 

Magnetic HeartsWhere stories live. Discover now