Chapter 27

1.5K 40 13
                                    

Lets Dance beneath the stars
and forget the world

- unknown

Christina

Als Tanzfläche wählen wir die Wiese neben dem Spielplatz. Umsäumt von unzähligen Bäumen und beleuchtet vom fahlen Mondlicht wirkt sie wie ein Ort aus einer anderen Welt. Ich folge Luca bis in die Mitte der kleinen Lichtung, wo er schließlich stehen bleibt und sich zu mir umdreht. Mein Herz macht einen Satz. Mit einem liebevollen Lächeln macht er einen Schritt auf mich zu, verbeugt sich tief und hält mir ganz klassisch seine Hand hin. "Darf ich bitten?" Amüsiert von seiner übertriebenen Geste schüttle ich den Kopf, mache aber trotzdem einen Schritt auf ihn zu und lege meine Hand in seine. Luca beginnt leise irgendein Lied zu summen, das ich ein oder zweimal im Radio gehört habe, und trotz der schwachen Müdigkeit, die die Ereignisse der letzten Stunden in mir ausgelöst haben, schleicht sich ein Lächeln auf mein Gesicht. Wir beginnen uns langsam zu Lucas Melodie zu bewegen, ohne jegliche Tanzschritte, sondern nur unserem Gefühl folgend. Er übernimmt die Führung, dreht mich einmal von sich weg und zieht mich wieder an seine Brust. Mit jeder Bewegung scheinen wir uns näher zueinander zu bewegen, bis sich unsere Nasenspitzen fast berühren. Ich trage immer noch Lucas Jacke aber obwohl mir mittlerweile wieder angenehm warm ist, bekomme ich eine Gänsehaut, als sich unsere Blicke treffen. In Lucas Augen spiegeln sich so viele Gefühle, so viele Emotionen, dass mir beinahe die Luft wegbleibt. Obwohl wir schon gefühlt hunderte Male miteinander getanzt haben, fühlt sich das hier irgendwie anders an. Intimer. Persönlicher. Keine Musik, keine Zuschauer, keine Gerüchte. Nur Luca und ich, zusammen unter den Sternen. Für einige Augenblicke sind wir ineinander verschlungen, drehen uns auf dem Rasen unter dem glitzernden Nachthimmel, summen zufällige Teile von Liedern und vergessen alles andere um uns herum. Als Lucas Lied endet, wirbelt er mich noch einmal von sich weg und ich drehe mich lachend an seiner Hand im Kreis, bevor er mich schwungvoll zurück in seine Arme zieht und fest an sich drückt. Mein Kopf findet wie automatisch seinen Platz an seiner Schulter, direkt über seinem klopfenden Herzen, während seine Hände unter meine Jacke gleiten und kleine Kreise auf meinen Rücken zeichnen. Einen Moment lang erlaube ich es mir die Augen zu schließen und einfach glücklich zu sein. 

Wir werden erst wieder ins Hier und Jetzt zurück gerissen, als hinter uns ein verhaltenes Klatschen ertönt. Trotzdem dauert es noch einen Augenblick, bis wir uns aus der Umarmung lösen und uns umdrehen, um nach der Quelle des Beifalls zu suchen. Schnell fällt mir eine alte Dame auf, die uns offensichtlich aus dem Schatten der Bäume heraus beobachtet hat und jetzt langsam zu uns herüberkommt. Lächelnd greift Luca nach meiner Hand und wir gehen ihr ein Stück entgegen. "Es tut mir wirklich leid, ich wollte Sie nicht beobachten", fängt die Dame an als wir sie erreichen. "Aber Sie zwei tanzen einfach so wundervoll, da konnte ich nicht weitergehen", schwärmt sie mit brüchiger Stimme, als sie schließlich vor uns steht. Bei ihren Worten wird mir ganz warm ums Herz. Das ist es, was ich an meinem Beruf liebe. Leute zu berühren mit dem was ich tue. Weil ich gerade kein Wort herausbekomme, antwortet Luca stattdessen. "Das macht doch nichts, wir freuen uns darüber, dass es Ihnen gefallen hat." Die Dame schenkt ihm ein mildes Lächeln. "Wissen Sie, als mein Mann noch gelebt hat, sind wir jedes Wochenende in einen Tanzsalon gegangen, aber seit Manfred nicht mehr da ist – Gott hab ihn selig – hab ich nicht mehr getanzt", erzählt sie und auf ihrem Gesicht macht sich ein trauriger Ausdruck breit. "Würden sie denn gerne wieder? Tanzen meine ich", fragt Luca und die alte Dame lacht leise auf. "Ach Herzchen, mit wem den?" 
"Sie können mit mir tanzen, wenn sie möchten", schlägt er zu meiner und auch zu ihrer sichtlichen Überraschung vor. "Ich tanze auch noch nicht so lange aber ich könnte Ihnen ein paar Schritte zeigen." Gerührt von seiner unglaublich freundlichen Geste betrachte ich Luca. Immer wenn ich denke, ich hätte alle Facetten von ihm gesehen, überrascht er mich und bringt mein Herz aufs Neue zum schmelzen. Gespannt blicke ich zu der Frau, die etwas unschlüssig vor uns steht. "Ach, ich weiß nicht. Das ist schon so lange her und ich bin ja auch nicht mehr so schnell zu Fuß." Bei ihren Worten kann ich mir ein Lachen nicht verkneifen. "Oh glauben Sie mir, das macht nichts", beruhige ich sie grinsend. "Unser Luca hier kommt beim Tanzen eh nie in die Gänge, da können Sie leicht mithalten." Empört schubst Luca mich ein Stück zur Seite, kann sich aber selbst ein Grinsen nicht verkneifen. Er macht sich von mir los und streckt stattdessen der alten Dame erwartungsvoll die Hand entgegen. "Also?" 
Da ist es auch um sie geschehen und sie lässt sich von Luca ein Stück weiter auf die Wiese führen. Diesmal spiele ich leise Musik auf meinem Handy ab, während ich Luca beobachte, wie er die alte Dame vorsichtig im Kreis herumdreht. Technisch gesehen kann man es kaum tanzen nennen, es ist mehr ein Schwanken zur Musik aber die Frau strahlt als hätte sie schon lange nichts mehr so Schönes erlebt. Sie tanzen einen ganzen Song lang und als die letzten Töne in der Nacht verklungen sind, drückt sie dankbar Lucas Hände, der sie nur stolz anlächelt. Er bietet ihr seinen Arm als Stütze an, damit sie zu mir laufen kann. Liebevoll nimmt sie meine Hände in ihre und spricht uns nochmal ihren Dank aus. Bevor sie sich allerdings von uns verabschiedet und uns wieder alleine lässt, sieht sie mir noch einmal tief in die Augen. "Ich habe schon lange niemanden mehr getroffen, der mich so glücklich gemacht hat wie Sie beide heute Abend." Ihr Blick gleitet zu Luca, dann sieht sie wieder mich an. Auf ihren Lippen bildet sich ein wissendes Lächeln. "Lassen Sie ihn nicht mehr gehen. So einen Mann findet man nicht zweimal im Leben, mein Kind. Glauben Sie mir." 


Magnetic HeartsDonde viven las historias. Descúbrelo ahora