Chapter 30

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The smell of her hair,
the taste of her mouth,
the feeling of her skin
seemed to have got inside him,
or into the air all around him.
She had become a physical necessity.
-George Orwell

Christina

"Weißt du dass ich dir gerade am liebsten den Hals umdrehen würde?", grummle ich, zwar leicht beleidigt aber dennoch mit einem Lächeln.  "Na hab ich ein Glück; dass du so klein bist und nicht an meinen Hals rankommst." Und das wars mit meinem Lächeln. "Das hast du jetzt nicht gesagt." Mit einem Satz springe ich auf die Beine, sodass Luca neben mir erschrocken zusammenzuckt. "Na warte, ich kann dir auch auf andere Weise wehtun!" Und schon rennt Andrzej quer über die Wiese während ich versuche ihn einzuholen. Natürlich ist er mit seinen langen Beinen viel schneller als ich aber ich gebe trotzdem mein Bestes um mit ihm mitzuhalten. Aus den Augenwinkeln bemerke ich Lucas Blick auf mir, der sich lachend auf der Bank herumgedreht hat und die ganze Szene auf Video festhält. In dem fahlen Licht wirken seine Gesichtszüge viel härter als normal und die Hälfte seines Gesichts verschwindet im Schatten aber ich kann dennoch erkennen, dass seine komplette Aufmerksamkeit auf mich gerichtet ist. Ich liebe die Art, wie er mich ansieht. Er denkt wohl ich merke es nicht, aber ich spüre ganz genau wie seine Augen mir folgen wenn ich den Raum durchquere oder mal nicht zu ihm sehe. Was nicht heißt, dass ich da besser bin. Manchmal kommt es mir so vor als wäre es über die letzten Wochen zu meiner Lieblingsbeschäftigung geworden ihn anzusehen. Wenn er lacht, wenn er redet, wenn er tanzt. Zumindest bei letzterem habe ich eine gute Ausrede dafür, schließlich bin ich immer noch seine Trainerin. 
Es sind nur ein paar Sekunden, in denen meine Aufmerksamkeit auf Luca liegt - oder sind es Minuten? - jedenfalls bin ich lange genug abgelenkt, um zu übersehen dass Andrzej die Gelegenheit nutzt und den Spieß umdreht. Und ehe ich mich versehe bin ich diejenige, die vor ihm davonrennt. Quietschend werfe ich einen Blick über die Schulter, um zu sehen wie nahe er mir schon ist. Mir bleibt gerade noch genug Zeit um Andrzejs erschrockenes Gesicht zu sehen aber selbst als er noch "Vorsicht" ruft, ist es schon zu spät und ich fliege in hohem Bogen über einen großen Ast, der mitten auf der Wiese liegt.

Ich hab keine Ahnung wie lange ich ausgeknockt bin aber als ich stöhnend die Augen wieder öffne, ist mein Kopf auf etwas Weiches gebettet und ich bekomme am Rande mit, dass mir irgendjemand die Hand auf die Stirn legt. Mein Schädel pocht tierisch und dunkle Flecken tanzen vor meinen Augen. Hektisch blinzle ich mehrmals, damit die Welt aufhört sich zu drehen und stelle fest, dass die anderen besorgt um mich herum stehen. "Oh Gott sei dank, du bist wach", nehme ich Andrzejs erleichterte Stimme wahr und schön langsam werden auch die anderen Gesichter wieder klarer. Jetzt erst erkenne ich Luca, der sich mit einem besorgten Ausdruck im Gesicht über mich beugt. Als ich realisiere, dass das Weiche unter meinem Kopf sein Schoß ist, schießt mir die Röte ins Gesicht. Oh Gott, peinlicher geht es wohl auch nicht mehr. "Ich bin mir nicht sicher ob ich dich in den Arm nehmen oder dir eine verpassen soll, weil du mir einen solchen Schrecken eingejagt hast", murmelt Andrzej. "Ich bin okay, nichts passiert", flunkere ich schnell und versuche mich aufzusetzen aber weit komme ich nicht, denn Andrzejs Hände auf meinen Schultern drücken mich sanft wieder nach unten. "Nichts da Bambi. Du bleibst schön liegen." Er blickt Kathrin und Tijan an. "Schaut doch mal ob ihr irgendwo was zu trinken für Christina auftreiben könnt. Luca, passt du auf sie auf? Dann hol ich derweil mein Auto." 
"Ihr müsst wirklich nicht...", setze ich an aber Luca unterbricht mich sofort, ohne meine Einwände überhaupt zu beachten. "Klar, ich bleib bei ihr." Mit einem knappen Nicken steht Andrzej auf und folgt Kathrin und Tijan, die sich schon auf die Suche nach einem Getränkeautomaten gemacht haben. Ergeben lasse ich meinen Kopf zurück in Lucas Schoß sinken und stoße genervt die Luft aus. Wieso muss immer mir sowas passieren? "Mach das nie wieder", durchbricht auf einmal Lucas Stimme die Stille. Seine Worte bringen mich dazu aufzusehen, aber ich kann den Ausdruck in seinem Gesicht nicht richtig deuten. Dass er besorgt ist, ist logisch aber da ist noch etwas anderes, das ich einfach nicht einordnen kann. Mein Atem stockt ein wenig, als er plötzlich die Hand hebt und mir eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht streicht. "Ich hatte eine Scheißangst um dich Christina. Das will ich nicht nochmal durchmachen müssen." Gedankenverloren streicht er mit dem Daumen über meine Wange und blickt aus ernsten Augen auf mich herunter. "Versprich mir, dass du mir nicht nochmal so einen Schrecken einjagst", flüstert er erstickt und mein Herz bricht ein kleines bisschen. Ich bin Schuld daran, dass er sich so fühlt. Ich will etwas sagen, aber dieser Ausdruck in seinen Augen, seine Sorge um mich, haben mir einfach die Sprache verschlagen. "Christina..." Die Art wie er meinen Namen ausspricht, jagt mir eine Gänsehaut über den ganzen Körper. "Ich verspreche es", flüstere ich heiser und Luca atmet erleichtert aus, als würde mein Versprechen eine riesige Last von seinen Schultern nehmen.

Magnetic HeartsWhere stories live. Discover now