9. Fernando

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Neuntes Kapitel
Fernando

Mary

Ich bin ehrlich gesagt recht froh, dass sich Olivers kleine Schwerster an meine Versen geheftet hat. Sie ist eine große Hilfe beim zuordnen der meisten Personen, denn sie kennt viele von Olivers Freunden.

Sie und ihr Bruder scheinen sich nahe zu stehen, zumindest ist er die einzige Person, von der sie nie wirklich abwertend spricht. Außer wenn er dabei ist und sie ihn unterbricht, weil er einfach nicht aufhören kann, sich zu entschuldigen.

Doch die meiste Zeit erzählt von Dingen, die sie und Oliver zusammen gemacht haben und besonders begeistert ist sie von dem einen mal, dass sie bei einem seiner Filme mitmachen durfte.

„Und du kannst mir wirklich nicht sagen, was da in dem Kasten ist?," frage ich Mai, nachdem wir Oliver mit seinem Geschenk alleine gelassen haben. Zwar hat sie behauptet, dass Oliver sich sehr über was auch immer in der Kiste ist sehr freuen wird.

Er selber scheint keine Ahnung zu haben, was ihn erwartet, im Gegenteil, er scheint unglaublich nervös zu sein und ich kann von hier sehen, wie er mit seinen Fingern gegen seine Beine trommelt.

„Ich lasse es lieber spannend," erklärt Mai und nimmt sich bestimmt schon das vierte Sandwich vom Buffet. Ich nehme mir auch eins und wende mich wieder der Raummitte zu.

Bei weitem nicht alle scheint es zu interessieren, was Oliver zum Geburtstag bekommt, doch Mai hat mir schon erzählt, dass sie einige der Leute gar nicht kennt, was heißt, dass sie nicht so eng mit Oliver befreundet sein können. Vermutlich studieren sie mit ihm, haben aber im Moment mehr Lust auf die Feier und das Tanzen.

Kai, der bis eben noch mit einer Gruppe von Studenten gesprochen hat, stellt sich neben mich und mustert Mai kurz, die ihn herausfordernd ansieht. Er mach keine Bemerkung zu der vierzehntjährigen an meiner Seite, sondern beginnt von einem der Typen zu erzählen, die er kennengelernt hat.

„Er ist mit einem Fuß schon in Hollywood, das schwöre ich!," sagt er begeistert. „Irgendwann bekomme ich Freikarten für eine Premiere von einem seiner Filme."

Ich nicke etwas abwesend und beobachtete, wie Oliver sich der Kiste nähert. Ich würde mich nicht als zurückhaltend bezeichnen, doch es würde mich nicht wundern, wenn Kai innerhalb der Stunde die wir hier waren schon mehrere Freunde gefunden und auf drei weiteren Geburtstagen und einer Hochzeit eingeladen wurde.

Das ganz in schwarz gekleidete Mädchen, dem ich eben mein Tuch geliehen habe, steht hinter ihm. Ich entdeckte auch einen von Olivers anderen Freunden, ein dunkelhäutiger Junge der schon seit dem Beginn der Feier durch den Raum hüpft und Leo heißen muss. Zumindest hat Clara ihn eben so gerufen, als er mit ein paar Flaschen jongliert hat.

Oliver kratzt sich kurz am Kopf, bevor er sich seinem Schicksal ergeben zu scheint. Er reißt an dem Geschenkpapier, das mehr schlecht als recht um die Kiste gewickelt ist.

Die Musik, die bis eben nur leise im Hintergrund gehalten wurde, schwillt plötzlich an, eine Geigenmelodie erklingt, die mir vage bekannt vorkommt.

Oliver, der die Musik ebenfalls bemerken zu scheint, reißt kurz den Kopf hoch. Seine Augen werden groß und er beginnt hektischer an dem Paket zu reißen. Ich kann nun sehen, dass es ein paar Löcher am Rand hat, wie die Kisten in denen Haustiere manchmal transportiert werden.

Vielleicht bekommt Oliver ja ein Pony.

Bevor ich den Gedanken vertiefen kann, hat Oliver die letzte Schicht der Verpackung erreicht und greift mit den Fingern unter die Rillen im Deckel.

Mary - Eine Geschichte in Lila und GrünWhere stories live. Discover now