Kapitel 39

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Das Haus ist wunderschön. Wahnsinnig modern, mit vielen Fenstern, die aber für die Privatsphäre und bestimmt auch wegen des Ausblickes aufs Meer nach hinten hinaus gehen. Es liegt direkt am Strand. Wegen der Dunkelheit sehe ich nicht viel mehr, doch wieder gibt es erst hundert Meter weiter Nachbarn. Wie zu Hause auch.
„Du schätzst deine Privatsphäre."
„Das ist der Preis, um den Beruf auszuüben den ich liebe."
„Das ist traurig."
„Das ist meine Welt und es ist ja in Ordnung. Die meiste Zeit liebe ich alle Seiten von meinem Job, doch ich brauche Orte an denen ich mich vollkommen zurückziehen kann."
„Du hättest dir dafür keinen besseren aussuchen können."
Jack lacht. „Dann solltest du das alles mal tagsüber sehen. Der Strand ist dann noch viel schöner. Also komm! Lass uns rein gehen."
Ich steige immer noch bewundernd aus. Das Salzwasser richt hier noch viel intensiver und an der Straße entlang stehen abwechselnd Palmen und Sträucher. Eine Promenade geht links weiter bis zum Horizont und grenzt den Strand von der Straße ab.
„Wunderschön", flüstere ich.
„Was?"
Ich drehe mich zu ihm um. „Ach nichts. Ich finde es hier nur wahnsinnig schön."
Jack lächelt zufrieden und nimmt unsere Taschen aus dem Auto. Sofort laufe ich zu ihm und nehme sie ihm ab. Ich ignoriere seinen Protest und laufe schnell aufs Haus zu, bevor er mich erwischt.
„Komm schon. Die Taschen waren jetzt wirklich nicht schwer."
„Anordnung vom Arzt. Und je schneller du wieder gesund wirst, desto schneller kannst du wieder das tun was du liebst."
„Ich liebe dich."
„Charmeur." Wir grinsen uns beide an, als er die Tür aufsperrt. Sobald er das Licht angemacht hat, bin ich schon wieder sprachlos.
„Wow."
„Gefällts dir?"
Ich kann nur nicken. Die ganze Etage im Erdgeschoss ist durch keine Wand voneinander getrennt. Alles ist offen und läuft auf die riesige Fensterfront zu, die auf das Meer zeigt. Vom Esstisch aus, der nahe der Fenster steht, kann man schon am Frühstück aufs Wasser sehen. Die Küche ist links in der Ecke. Ein Tresen begrenzt sie vom Wohnzimmer, dass voller Sofas ist, aber ich sehe keinen Fernseher. Dafür steht an diesem Platz ein Ofen.
„Wird es hier jemals so kalt, dass du den benutzen musst?" Ich zeige auf ihn.
„Im Winter."
Zwischen Küche und den Sofas führt eine Wendeltreppe nach oben. Die Stufen sind von unten durch LED-Streifen beleuchtet.
„Was ist oben?"
„Zwei Bäder und drei Schlafzimmer. Meistens komme ich mit Freunden hier her und dann braucht man diese Zimmer."
„Zeigst du es mir?"
„Aber natürlich. Die Dame." Ich gehe nach seiner einladenden Geste die Treppe als erstes nach oben. Ich stolpere, aber Jack fängt mich auf. Seine Reflexe sind nach wie vor geschärft. Er lässt den Arm auch gleich um meine Taille liegen.
Oben gibt es einen runden Raum von dem aus alle Türen abzweigen. Es hat große Ähnlichkeit mit seinem ... unserem Haus. Eigentlich hat alles sehr große Ähnlichkeit damit.
Er führt mich durch die erste Tür ganz rechts und schaltet das Licht an. Wow. Auch hier hat er im Schlafzimmer wirklich nur ein Bett und eine Lampe stehen. Hier sieht man allerdings nicht seitwärts aus dem Bett durchs Fenster, sondern immer, denn hier sind sie am Fußende des Bettes. Ein weiteres ist an der Seite und man sieht von hier die Promenade und noch mehr Strand. Die stehende Lampe taucht alles in sanftes, weiches Licht, doch ich bin fasziniert vom Ausblick. Ohne das ich es mitbekommen habe, stehe ich so dicht davor, dass mein Atem die Scheibe beschlägt. Die Wellen sind dunkel, schwarz mit weißer Gischt. Sie schlagen heftig auf den Strand.
„Heftiger Wellengang. Tagsüber ist es ruhiger." Jack steht hinter mir und sieht mit mir aufs Meer hinaus.
„Rieche ich hier Essen?"
Lachend hält Jack die Tüte von Kay hoch und legt sich aufs Bett. Ich betrachte das wilde Wasser und den Strand noch eine Weile, bevor ich mich umdrehe und zu Jack liege, der währenddessen das Essen ausgebreitet hat.
„Hier für dich." Er reicht mir den Pudding. Das hat er sich gemerkt? Ich habe doch nur einmal erwähnt das ich den liebe und das ist schon ewig her. Nämlich bei unserem ersten Date.
Ich beuge mich zu ihm und küsse ihn. Es ist mir egal, dass ich mich mitten zwischen das Essen abstütze und alles durcheinander bringe.
„Dafür liebe ich dich." Jacks Augen leuchten auf und in ihnen sehe ich nichts anderes als Wärme und Liebe.
Ich setze mich wieder auf. Jack bleibt liegen, stützt sich aber mit einem Arm ab, um essen zu können.
„Das Haus sieht so ähnlich aus wie das zu Hause."
Er nickt. „Dieser Stil hat mir immer schon gefallen. Fenster vom Boden bis zur Decke, die durch keinen Balken getrennt sind und eine schöne Aussicht waren mir wichtig. Witzig das sich das nach all den Jahren nicht geändert hat."
„Nach all den Jahren?"
„Als ich gedraftet wurde und mein erstes Monatsgehalt bekam, vertiefte ich mich in die Planung von unserem zu Hause. Ich steckte mein gesamtes erstes Geld dort hinein und erschuf mir ein Ort genau nach meiner Vorstellung. Dieses Haus habe ich vor zwei Jahren gekauft."
„Dann war das giftgün also quasi eine Jugendsünde?" Ich lache.
„Quasi."
Wir essen schweigend weiter. Abwechselnd beobachte ich das Meer und Jack. Die Aussicht(en) sind der Hammer und wunderschön. Dieses Wort kommt gerade in Endlosschleife in meinem Kopf vor. Wunderschön. Doch es gibt kein besseres Wort um das hier gerade zu beschreiben.
„Was denkst du?"
„Hmm?"
„Du bist wie ausgewechselt seit wir los gefahren sind."
Ich nicke lächelnd. „Darin war ich schon immer gut. Verdrängen, los lassen, weiter machen und dann Spaß haben. Aber ja du hast recht. Dad hat mir vor der Abreise geschrieben."
Jack setzt sich auf und sieht mich aufmerksam an. „Was wollte er?"
„Nichts. Er hat wohl von Mum erfahren, dass wir zwei in den Urlaub fahren. Er schrieb, dass ich mich entspannen und glücklich sein soll. Ich soll die Zeit genießen und wir reden danach."
„Ein Friedensangebot?"
„So habe ich es aufgefasst. Deswegen bin ich so gelöst. Ein riesen Problem weniger, unbegrenzt Zeit mit dir und der erste Urlaub seit langem."
„Also das ist ... Wow! Ich hätte nie gedacht, dass sich Rey von seinem Standpunkt abbringen lässt. Ich frage mich was ihn dazu bewegt hat."
„Nein! Wir denken erst wieder zu Hause an diese Themen. Jetzt genießen wir den Augenblick. Und darauf stoßen wir an."
Ich proste ihm mit meiner Wasserflasche zu. Jack lacht zwar, tut es mir aber gleich. „Auf den Augenblick."
„Auf uns."
Jack beugt sich zu mir, um mich zu küssen und ich kann nicht anders als aufzuseufzen. Dieser Moment ist perfekt. Den Mann den ich liebe vor mir, das Meeresrauschen hinter mir und wir haben in diesem einen Augenblick keine Probleme, die uns im Nacken sitzen. Die Welt könnte nicht besser sein.

FootballgirlWhere stories live. Discover now