Five 2

29-Lena

Jetzt gingen wir also durch dieses matschige Gebiet. Dort, wo ich meine Schwester verloren hatte, war alles schön und gut. Denkt ruhig, dass ich herzlos wäre. Das war ich jetzt auch. Ich wollte lebend hier heraus, also unterdrückte ich meine Gefühle. Niemand sollte mich behindern und nur das Bild des lieben Mädchens sollte aufrecht erhalten werden, wie es schon mein ganzes Leben funktioniert hatte.

Es gab mehrere Gründe, warum ich Max geschlagen hatte. Erstens war ich doch von einer Art Schock ergriffen und brauchte ein Ventil. Zweitens lenkte ich so von mir ab, weil es doch die ganze Zeit der jammernde Max war, dem man die Aufmerksamkeit schenken musste, bevor er noch in seinem Wahn den letzten Funken Realitätssinn verlor. Drittens konnte ich es nicht haben, seit ich von meiner Erhöhung im Schutt zu den Jungs blickte, dass er in seiner Trauer authentischer war als ich sie spielen konnte. Dafür wollte ich ihn strafen.

Doch dann hatte er mich mit voller Wucht zurück geschlagen und das hatte ich nicht kommen sehen. Der Schmerz war mir unerträglich gewesen. Seine riesige Pranke hatte gefühlt die gesamte Gesichtshälfte getroffen. Es war mir dabei der Atem weggeblieben. Ich hatte kurz zu ihm aufgesehen, als er gerade den Blick von mir abwendete. Da war pure Bosheit, die eine wirklich schauerliche Ausstrahlung mit sich brachte. Dann knockte Florian ihn weg.

Jetzt gingen wir hier diesen schlammigen Weg entlang und Florian dachte nicht daran, diesen Klotz abzusetzen und alleine laufen zu lassen. Er war sichtlich schwach, aber mir wäre das egal. Wie ich hier Max von der Seite ansah, fiel mir auf, dass ich ihn am wenigsten leiden konnte. Ich wollte, dass er als nächstes dran glauben musste. Es interessierte mich nicht, wie Florian darüber dachte. Er war ja auch bemüht, uns alle zusammen zu halten, und er schleppte freiwillig diesen Kerl mit sich herum. War er sich denn nichts zu schade? Garantiert würde er sich für andere opfern, also hatte ich gute Chancen, die eine zu sein, die es schaffte, zu überleben, wie es von der Durchsage bestimmt worden war.