27. Das Ende des Liedes

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Thomas war frei und begann jetzt, mich zu sich herüber zu ziehen, um mich zu befreien.
„Newt!", hörte ich Teresa sagen, als sie ihn ebenfalls zu sich zog, um ihn von seinen Fesseln zu lösen.
„- oder ihr könnt Widerstand leisten – dann wird jeder einzelne von euch sterben. Schon bald wird der Brand den Rest von uns auslöschen. Eine Hoffnung, ein Heilmittel liegt in euren Händen. Die Entscheidung liegt bei euch", hallte Jansons Stimme weiter durch das Gebäude.
Ich war frei, sprang auf die Beine, packte eine Stange, die auf dem Boden lag und angelte nach Aris, während Thomas Minho und Teresa und Newt Fry Pan befreiten. Mit zitternden Fingern begann ich, seine Fesseln zu lösen.
Endlich waren alle frei und wir sahen uns aufgeregt um, auf der Suche nach einem Fluchtweg.
Thomas lief los, in die Richtung, aus der wir gekommen waren.
„Okay, weiter, weiter!"
Doch da blieb er plötzlich wie angewurzelt stehen und im nächsten Augenblick sah ich auch, warum. Der Mann, der mich gefesselt hatte und eben bei uns gewesen war, als wir uns mit Jorge unterhalten hatten, stand dort und zielte mit einer Pistole auf uns.
„Shit!", stieß ich hervor und griff instinktiv nach Newts Arm.
„Wir... Wir wollen keinen Ärger machen, okay? Wir wollen nur... Wir wollen nur hier raus", versuchte Thomas ihn mit erhobenen Händen zu besänftigen.
„Ach, ist das so?", fragte er und grinste uns mit seinem ekelhaften Grinsen an.
Dann hielt er ein Walkie-Talkie hoch.
„Janson, ich hab' die Kids. Ich bring' sie jetzt runter. Nicht schießen!"
Er hatte ihn also benachrichtigt. Plötzlich hatte ich das starke Bedürfnis, diesem Mann mitten ins Gesicht zu schlagen, ganz egal, ob er eine Waffe hatte oder nicht.
„Kommt! Los jetzt."
Als sich keiner von uns rührte, wurde er lauter.
„Ich sagte 'Los jetzt'!"
Jetzt kam er einen Schritt auf uns zu und im nächsten Moment packte Thomas die Pistole und richtete sie blitzschnell zur Decke, wobei sie losging. Der Mann schrie entsetzt auf und kämpfte jetzt gegen Thomas an. Die beiden rangen miteinander und als wir unserem Freund gerade zur Hilfe kommen wollten, gewann der Mann das Duell, machte einen Satz zurück und richtete die Waffe wieder auf uns. Sofort wichen wir alle aus und hoben entsetzt die Hände.
Das hat ja nicht sonderlich gut geklappt.
„Du kleiner Bastard!", stieß er hervor und im nächsten Augenblick ertönte ein Schuss.
Entsetzt erstarrten wir alle und ich dachte schon, jetzt hätte es den nächsten von uns erwischt. Ich schlug mir eine Hand vor den Mund und griff mit der anderen wieder nach Newt, als wollte ich mich vergewissern, dass es nicht er war, der getroffen wurde.
Doch da ließ der Kerl plötzlich die Waffe fallen, verdrehte die Augen ganz merkwürdig und kippte zur Seite weg, wobei er den Blick auf das Mädchen freigab, dass uns zu Jorge geführt hatte. Sie hatte eine Waffe auf ihn gerichtet und ließ sie erst sinken, als er reglos liegen blieb.
„Okay, kommt mit!"
Wir standen noch immer wie erstarrt da und sahen sie perplex an.
„Kommt schon, gehen wir!", rief sie und rannte los.
Endlich lösten wir uns aus unserer Starre und rannten hinter ihr her, in der Hoffnung, dass sie uns hier weg bringen würde.
Wir waren schon fast um die Ecke, als ich bemerkte, dass Teresa nicht bei uns war. Ich wirbelte herum und sah, wie sie sich nach etwas bückte.
„Teresa, komm schon! Worauf wartest du?", rief ich.
„Ich komme!"
Sie steckte irgendetwas in die Tasche ihrer Jacke, bevor sie aufstand und mir folgte.
Gemeinsam schlossen wir wieder zu den Anderen auf und durchquerten mehrere Gänge, als plötzlich ein Lied aus Lautsprechern zu dröhnen begann, die ich vorher noch nicht bemerkt hatte.
Was geht denn jetzt ab?
Aber es blieb keine Zeit, um diese Frage zu stellen, denn jetzt erreichten wir die Treppe, über die wir schon einmal zu Jorges Zimmer gelangt waren und erklommen diese. Oben angekommen wartete er schon auf uns. Aber warum liefen wir nach oben, wenn wir doch fliehen mussten?
„Brenda, beeil dich! Wir haben nicht mehr viel Zeit!"
Es war das erste Mal, dass ich ihren Namen hörte und ich nahm kaum wahr, dass ich bis jetzt nicht gewusst hatte, wie sie hieß. Viel zu viel Adrenalin befand sich in meinem Körper, was wohl auch der Grund war, warum ich mich nicht gleich fragte, was Teresa da mitgenommen hatte.
„Na los, na los!", trieb Jorge uns an und blieb dann vor einem Fenster stehen. „Und zwar hier lang!"
Er stieß das Fenster auf und eine Seilbahn kam zum Vorschein, die rüber zu einem anderen Gebäude führte. Jetzt verstand ich auch, warum wir nicht nach unten, sondern nach oben gelaufen waren. Damit rechnete Janson ganz bestimmt nicht.
„Das soll wohl ein Witz sein!", stieß Fry Pan ungläubig hervor.
„Plan B, Hermano. Ihr Kids wollt zum Rechten Arm? Ich werd' euch zu ihnen bringen – aber ihr schuldet mir was", sagte er an Thomas gewandt.
Jetzt zog er eine Vorrichtung herunter, mit der er im nächsten Moment aus dem Fenster sprang und an der Seilbahn entlang rutschte, bis zu dem anderen Gebäude.
„Mir nach!"
„Also gut, los geht's! Kommt jetzt!", trieb Brenda uns an und zog die nächste Vorrichtung herunter.
„Los, los, los! Alle nacheinander!", rief Thomas.
Minho war der erste, der sich eines der Dinger schnappte und aus dem Fenster sprang.
„Pan, jetzt du!"
Fry Pan folgte Minho und als nächstes hielt Thomas Newt eines der Dinger hin. Der schob mich allerdings vor.
„Zuerst du."
„Nicht ohne dich!", stieß ich hervor, weil ich Angst hatte, dass wir getrennt werden könnten.
„Ich bin direkt hinter dir. Jetzt mach schon. Wir sehen uns auf der anderen Seite."
Er gab mir einen schnellen Kuss und drückte mir das Stück Stoff in die Hand, an dem ich mich festhielt und im nächsten Moment hinter Fry Pan her sprang.
Das Gefühl des Rutschens war unbeschreiblich und als ich herunter sah, kribbelte alles in mir, weil es verdammt hoch war. Ich kniff die Augen zusammen, weil man mich mit einem Scheinwerfer anstrahlte und betete, dass man nicht auf uns schießen würde, als ich im nächsten Moment auch schon das andere Gebäude erreichte und Minho mich auffing.
Newt hatte sein Wort gehalten und kam nur wenige Sekunden nach mir an. Ich fiel ihm in die Arme, überglücklich, dass wir beide es unbeschadet bis hierher geschafft hatten.
Jetzt kam Aris angerutscht und kurz nach ihm auch Teresa. Dann kam niemand mehr.
„Was ist mit Thomas?", fragte ich entsetzt und machte einen Schritt auf die Öffnung zu, um zu dem anderen Gebäude herüber zu schauen.
„Er wollte gleich nachkommen. Brenda ist plötzlich weggelaufen und er ist ihr nachgegangen..."
„Sie wollte es holen..."
„Wollte was holen?!", fragte Newt jetzt Jorge.
„Ihr Amulett. Sie hatte es sicherlich noch irgendwo zwischen ihren Sachen. Macht euch keine Sorgen. Die beiden kommen da raus. Brenda kennt einen anderen Weg", sagte er, als wir entsetzt beobachteten, dass SWAT-Mitglieder von WICKED die Etage durchsuchten, aus der wir eben noch gesprungen waren.
„Kommt, wir müssen weiter. Wir treffen die beiden bei Marcus."
Er drehte sich um und lief los.
„Wer zum Teufel ist denn jetzt schon wieder Marcus?", fragte Minho, als wir ihm widerwillig folgten.
„Ein Freund. Er wird uns helfen."
Mehr sagte er nicht.
Als wir gerade eine Treppe herunter liefen, hörte ich, wie das Lied, das noch immer aus den Lautsprechern gedröhnt war, zu Ende ging und fiel im nächsten Moment beinahe die letzten Stufen herunter, als es mehrere aufeinanderfolgende Explosionen gab.
„Ach du Scheiße, was ist denn jetzt los?!", stieß Fry Pan hervor.
Ein paar Sekunden später begann das gesamte Gebäude, in dem wir uns befanden, zu beben und ein ohrenbetäubendes Geräusch kam auf. Entsetzt stürzten wir zu einem Fenster und beobachteten, wie das Gebäude, aus dem wir eben noch geflüchtet waren, einstürzte.
Thomas ist da drinnen.
„Was läuft hier?"
Minhos Stimme war scharf und er packte Jorge an der Schulter.
„Wenn Sie uns nicht sofort sagen, was hier gespielt wird, gehen wir keinen Meter weiter", drohte er und verschränkte die Arme vor der Brust.
Der Mann blieb jetzt stehen und drehte sich zu uns um, als Aris als letzter den Fuß der Treppe erreichte.
„Also gut, passt auf. Wir haben nicht viel Zeit, deswegen kann ich euch keine Einzelheiten erzählen, das müsst ihr verstehen. WICKED kann jeden Moment hier sein –"
„Wohl eher nicht, nachdem sie in die Luft gesprengt wurden", bemerkte Newt.
„Und Thomas gleich mit! Das ist Ihre Schuld!"
Jetzt baute Minho sich wütend vor dem Mann auf und er erinnerte mich an Gally, wenn er sauer gewesen war.
„Nein, er und Brenda haben es raus geschafft. Sie kannte einen anderen Weg, das habe ich euch doch schon gesagt!"
„Und was macht Sie so sicher, dass sie es tatsächlich geschafft haben?", fragte ich.
„Ich weiß es einfach. Brenda ist schlau."
„Thomas auch", warf Newt ein.
„Seht ihr."
„Na schön, gehen wir davon aus, dass sie es wirklich geschafft haben. Aber woher wissen Sie, dass wir uns bei diesem Typen treffen werden?"
Minho war noch immer nicht überzeugt. Genau wie wir anderen.
„Weil Brenda weiß, dass sie nach Marcus suchen muss, wenn es um den Rechten Arm geht. Sie weiß, dass ich zu ihm gehen werde."
„Und wer ist dieser Marcus?", fragte ich.
„Er ist... sagen wir... ein alter Freund."
„Was soll das heißen? Warum zögern Sie so?", mischte sich jetzt Aris ein.
„Wir hatten vor einiger Zeit eine kleine Auseinandersetzung mit Marcus. Aber er wird uns helfen, ich habe schon einen Plan, wie ich ihn überzeugen werde, keine Sorge."
Als wir ihn noch immer nicht überzeugt ansahen, fügte er hinzu: „Und jetzt kommt. Wir müssen hier verschwinden."
Mit diesen Worten wandte er sich wieder zum Gehen und dieses Mal ließ Minho ihn.
Wir wechselten einen Blick, dann folgten wir ihm. Was sollten wir auch sonst tun?

Through The WICKED Scorch | A Maze Runner StoryWhere stories live. Discover now