Kapitel 45

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Der Morgen im Hause Heinemann verlief schweigend. Monique schien sich entschlossen zu haben, weiterhin sauer auf ihren Verlobten zu sein und strafte sowohl ihn als auch den wie immer ausgelassenen Allegro mit tiefster Missachtung.

Daniel war der Umstand nur recht. Er kannte das von ihr. Irgendwann würde sie doch nicht anders können und das Schweigen brechen. Spätestens am Abend, wenn sie auf dem Heimatfest ein paar Becher Punsch zu viel hatte und tanzen wollte, musste er ja wieder ran und dann war der Zank schnell wieder vergessen.

Monique war schon immer der eher eifersüchtige Typ gewesen und reagierte schnell über, wenn sie meinte, jemand oder etwas anderes würde Daniels Aufmerksamkeit von ihr ablenken. Sie war einnehmend wie ein Kind. Die letzten Jahre hatte der junge Mann das als gutes Zeichen empfunden, denn wer wollte nicht gern ehrlich von jemandem geliebt werden. Doch momentan war nichts mehr so wie sonst.

Als es Zeit wurde, wie jedes Jahr zum Fest aufzubrechen und Friedrich auf dem Hof bereits ungeduldig die Hupe des Wagens drückte, zischte Monique in einem leichten blauen Kleidchen an dem Dunkelhaarigen vorbei, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen.

Doch sie verstand das Spiel, wie das bei den Heinemanns lief. Egal wie viel Stress es zuhause gab, ob man sich zerstritten hatte bis aufs Blut, nach außen hatte die Fassade zu stehen. Das bedeutete, man schluckte seinen Stolz und präsentierte Einigkeit.

Daniel und Monique trugen beide etwas Blaues, um ihre innige Verbundenheit auszudrücken, ähnlich wie Manuela Heinemann in ein elegantes weißes Sommerkleid gehüllt war, passend zum Hemd ihres Mannes, der sich mit seinem Hut Luft zuwedelte und missbilligend auf seinen Sohn blickte, der als Letzter das Haus verließ.

»Können wir dann vielleicht endlich mal? Ich will da sein, bevor die Hanseln von der Fleischerei das Schwein anschneiden. Nicht so ein Debakel wie letztes Jahr!«

Daniel verzog leicht den Mund, als er in den Fond des Mercedes stieg. Vergangenen Sommer war Friedrich so spät zum Fest gekommen, dass man nicht mehr hatte warten wollen, um das Essen nicht verkommen zu lassen. Und so war der Bürgermeister um seine peinliche Ansprache gebracht worden, in deren vermeintlichem Ruhm er sich gern zu sonnen pflegte. Friedrich brauchte auch nach zwanzig Jahren noch das Gefühl, ein Lokalheld zu sein, weil er der Party ein Schwein stiftete.

»Es ist gerade Fünf, Paps. Wir sind locker pünktlich«, murmelte der junge Mann und kassierte von seinem Vater ein Knurren.

»Du kannst gleich zu Fuß gehen. Seit Jahren bist es immer du, der trödelt!«

Daniel nickte nur leicht und antwortete nicht. Das war er auch gewöhnt.

Die Dorfbewohner und wie immer auch etliche Besucher von außerhalb flanierten bereits über den Platz, als die Heinemanns ankamen. Der junge Mann stieg aus und schnaufte leise, denn trotz des jungen Abends war es heiß und der Gummigeruch der Hüpfburg stieg ihm penetrant in die Nase. Die anderen Leute auf der Wiese ließen sich davon jedoch nicht stören und hatten bereits ihre Plätze eingenommen, viele von ihnen mit Bechern. Das Freibier floss bereits.

Friedrich setzte sein gewohntes Gönnergesicht auf, das er immer spazieren führte, wenn er unter den Dörflern war. Wenn die nur einmal mitbekommen würden, wie der Mann zuhause schimpfte, würden sie ihn nicht mehr toll finden.

Ohne ein Wort oder einen Blick ließ Monique Daniel stehen und eilte zu ihren Freundinnen aus Jugendtagen hinüber. Kathrin war ohne ihren Mann da, was sie nicht weiter zu stören schien und Anja beobachtete mit verzücktem Gesicht ihren Sohn, der gerade einen Wutanfall zu haben schien. Ein fürchterlich verwöhntes und verzogenes Kind. Daniel konnte den Bengel nicht leiden, doch seine Verlobte fand ihn zuckersüß.

Somewhere Only We KnowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt