14. Unangenehme Begegnung

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14.Kapitel| Unangenehme Begegnung

Es war bereits spät am Abend, als ich noch in meinem Büro saß und in meinen Unterlagen blätterte. Ich seufzte. Morgen waren wieder einmal vier Rollen Pergament über die Zubereitung des Schrumpftrankes fällig, obwohl man wieder wetten könnte, dass die Hälfte der Klasse die Hausaufgaben entweder gar nicht hatte, oder nur absoluten Schwachsinn enthielt. Ich sollte endlich zu stärkeren Maßnahmen greifen! Und während ich so über härtere Lernmethoden nachdachte, flammte mein alter Kamin urplötzlich grün auf.
„Severus? Komm bitte hoch in mein Büro. Wir haben etwas Wichtiges zu besprechen." Albus Stimme ertönte und verschwand ehe ich zu einer Antwort ansetzen konnte. Die Flamme erlosch und mein staubig dunkler Kamin blieb allein bei mir zurück.
„Was könnte der Schulleiter nur wollen?" fragte ich mich, während ich mich müde erhob und mit meinem Zauberstab die Bürotür hinter mir verschloss.
Was könnte nur so wichtig sein, dass es nicht einmal bis morgen früh warten konnte?

Ich lief die dunklen Korridore entlang, traf leider keinen der unartigen Biester die um die Uhrzeit im Bett zu sein hatten, und klopfte schließlich an Dumbledores Tür. Diese öffnete sich wie von Geisterhand und ich Schritt auf den Schulleiter zu, der, wie so oft, an seinem riesigen Schreibtisch saß.

„Severus." Sagte er und legte seine halbmondförmige Lesebrille zur Seite. „Gut, dass du gekommen bist." Dumbledore deutete auf einen Stuhl und ich setzte mich, während ich ihn auffordernd ansah. Er stützte seine Ellenbogen auf den Tisch und verschränkte seine Hände. Was er nur von mir wollte? Normal verhielt sich der alte Dumbledore keineswegs.
„Sie wollten mich sprechen, Albus?" fragte ich, weil er immer noch nicht zu reden begonnen hatte. „Ja.." sagte er und wirkte wie aus einem Traum gerissen.
„Du kannst dich sicher erinnern, was ich damals zu dir sagte, als Mirana Evans nach Hogwarts kam." „Natürlich." Sagte ich, wusste jedoch immer noch nicht worauf er hinaus wollte. „Ich habe dir damals erzählt, wer Mirana ist, wer ihre Eltern sind und so weiter..." „Worauf wollen sie hinaus?" Überrascht über die Unterbrechung fuhr er fort: „Nun... ich habe dir damals nicht die ganze Wahrheit erzählt, Severus."
Was sollte das denn nun bedeuten? Ich blickte Dumbledore nun fragend an. Dieser räusperte sich. „Lily Evans war 14 als sie schwanger wurde, wusstest du das?" Lily? 14? Stimmt. Mirana war nun 17, Lily wäre nun 31, genauso wie ich selbst. War sie tatsächlich so jung gewesen? Und warum hatte ich es nie bemerkt? Wie konnte sie so etwas verstecken?
Albus fuhr fort. „Und James... James Potter... war auch nicht ihr Vater."
„WAS?"
Das...das überraschte mich tatsächlich. Wenn aber James nicht ihr wahrer Vater gewesen war, wer war es dann?
„Kannst du dich noch an das Winterfest 1973 erinnern?" Wie kam er denn jetzt darauf? „Äh.. nein...Ich.." Mir war es unangenehm Dumbledore die Wahrheit zu sagen, denn ich hatte noch nie so viel getrunken in meinem Leben wie an diesem Abend und erinnerte mich an keine einzige Sekunde. Dumbledore schmunzelte nur. „Lily Evans könnte sich heute noch nicht an diesen Abend erinnern. Ein Glas Vergiss-jetzt-Drops haben diesen Abend etwas anders verlaufen lassen, als er ursprünglich geplant war. Noch ein zusätzlicher Grund, warum wir dieses Fest heute nicht mehr im Schloss feiern..." Dumbledore verschränkte seine Finger erneut. „Mirana scheint eine außerordentliche Begabung für Zaubertränke zu haben, findest du nicht?"

Ich erstarrte. Tausend Bilder flogen in meinem Inneren umher und zeigten Lily, wie sie lachend über die Ländereien rannte; wie sie sich von einen auf den anderen Tag komplett von mir fern hielt; wie sie seitdem peinlich berührt auf den Boden blickte, wenn ich an ihr vorbei lief. Dann der Tag, an dem ich sie anschrie, dass ich keine Hilfe von einem wertlosen Schlammblut bräuchte, obwohl sie für mich doch einfach alles war. Lilys entsetzten Blick, den sie mir daraufhin zuwarf. Und dann sah ich Mirana, das Mädchen, das genauso aussah wie Lily und wirklich ein erstaunliches Talent für Zaubertränke hatte, die sie von ihrem... von ihrem Vater geerbt haben muss, von... von mir. Diese Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. Ich war Miranas Vater. Der Vater von einem Mädchen, das ich nie leiden konnte, weil ich glaubte ihren Vater zu kennen. Ja ich kannte ihren Vater und ich hasste ihn dafür, dass er nicht früher auf diese Erkenntnis gestoßen war. Dass er sich jahrelang selbst bemitleidet hatte, anstatt für seine Tochter da zu sein, die über den Verlust ihrer Mutter trauerte. Auch mir hatte Lilys Tod zugesetzt. Ich war dort gewesen, hatte sie voll Tränen im Arm gehalten, gehofft sie würde wieder aufwachen. Ich hatte gedacht, ich würde ihre Augen nie wieder sehen, und dann traf ich Mirana. Und was hatte ich getan? Ich hatte meine ganze Wut auf Potters Untätigkeit an ihr ausgelassen. An das arme Mädchen, das nicht einmal James Potters Blut in sich trug, sondern meins! Ich hatte mein eigen Fleisch und Blut über Jahre hin wie Dreck behandelt, und ich wusste nun, dass ich es in diesem Leben nicht wieder gut machen könnte. Wenn sie meine Sturheit besaß, würden es hundert Leben dauern, bis sie mir verzeihen könnte.

Albus räusperte sich und holte mich somit zurück in das Büro des Schulleiter, der mich leicht schmunzelnd betrachtete.
„Sie wird jeden Augenblick hier sein. Du solltest..." begann er. „Was?! Albus, ich..."
Es klopfte und mein Herz blieb vor Panik stehen. Ich konnte sie doch jetzt nicht sehen! Nicht jetzt, nicht so!
Bevor ich protestieren konnte, rief Albus ein „Herein!", und die schwere Holztür öffnete sich. Ich wagte kaum mich umzusehen, als der hinterlistige Schulleiter ein: „Ah.. Mirana. Schön dass du zu dieser späten Stunde noch hierher kommen konntest." durch den Raum trällerte. Ich drehte mich nach hinten und blickte in zwei strahlend grüne Augen, die mich so geschockt ansahen wie ich mich fühlte.

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Als Charlie die Bürotür von Professor Dumbledore öffnete, wäre ich am Liebsten wieder umgedreht, hätte mich in mein Bett vergraben und wäre nie wieder aufgetaucht. Snapes Augen starrten mich an und zeigten mir unmissverständlich, dass er es wusste. Ich bekam angst. Alles in mir werte sich auch nur einen Schritt in diesen Raum zu gehen. In diesen Raum, indem dieser Mann war. Diesen fledermausartigen Professor, den ich über Jahre hin gehasst hatte, weil er immer und immer wieder auf mir rumhacken musste. Wenn ich nur seinen wehenden Umgang sah, in sein ernstes Gesicht schauen musste, weil er sich wieder mit seiner abwertenden Stimme vor mir aufgebaut hatte und mir vor der ganzen Klasse ins Gesicht raunte: „Miss Evans... halten Sie sich wieder einmal für ganz besonders intelligent? Soll ich Professor Dumbledore vielleicht um einen Orden für Sie bitten?".

Und nun saß er da, geschockt, nervös und so schwach wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Wie ihn vermutlich noch nie irgendjemand gesehen hatte. Ich konnte, und vor allem wollte gar nicht akzeptieren das ich 50 Prozent meiner Gen mit diesem... mit diesem scheußlich gemeinen Mann teilte. Allein der Gedanke ekelte mich an und wenn ich es wirklich akzeptieren würde, könnte ich mich nie wieder im Spiegel ansehen.
Aber... andererseits. Er war mein Vater. Sollte er nicht zu meiner Familie gehören? Zu genau der, die vor neun Jahren einfach zerbrach. War er nicht alles was ich noch hatte? Aber warum ausgerechnet er? Und glaubte er ernsthaft, er könnte je ein wirklicher Vater für mich sein? Glaubte er ernsthaft, er könnte James jemals als Vater für mich ersetzen?

Eine Ewigkeit muss ich wohl dagestanden, Severus Snape angestarrt und kein Wort gesagt haben. Bis Charlie sachte meinen Arm berührte und mich, nun wieder im hier und jetzt, in den Raum hineinschob. Dumbledore lächelte mich aufmunternd an, was nicht wirklich half. In der Mitte des Raumes blieb ich stehen, löste mich von Charlies Hand und vergrub meine nervös zitternden Hände in meinen Hosentaschen. Zu ihm zu sehen, wagte ich nicht.
Dumbledore erhob sich aus seinem beeindruckenden Bürostuhl. „Kommen Sie, Mr.Weasley. Würden Sie mir bitte ins Nebenzimmer folgen?"
Charlie warf mir einen letzten Blick zu und wollte an mir vorbei, Dumbledore folgen, doch ich hielt in fest. Mein „Lass-mich-bloß-nicht-allein-Blick" erwiderte er lediglich mit einem entschuldigenden Lächeln und einem Schulterzucken. Na toll! Er konnte mich doch jetzt nicht hier alleine lassen!
Dumbledore schloss die Tür zum Nebenzimmer und wir waren allein.

Schüchtern und peinlich berührt über diese fast lachhafte Situation, starrte ich weiter zu Boden. Ich hörte wie ein Stuhl über den Holzboden schrappte, als sich Severus Snape erhob. Mit leisen, aber unüberhörbaren Schritten lief er langsam und fast schüchtern auf mich zu. Ich traute mich kaum mich zu bewegen, geschweige denn hoch zu sehen.
Er stand vor mir, als er zögernd seine Hand unter mein Kinn legte und meinen Kopf nach oben drückte. Unweigerlich blickte ich in seine tiefschwarze Augen, die auch Meine beobachteten. „Du hast die Augen deiner Mutter." flüsterte er. „Ich weiß." war das einzige, dass ich zurück hauchen konnte. „Und auch dein Haar, dein Gesicht..." Ich lächelte verlegen.
Dann wurde plötzlich ernst.
„Ich.. ich wollte nie... ich wusste nicht, dass..." Ich wusste genau was er meinte. „Ich versteh schon." Sagte ich, härter als vielleicht beabsichtigt und trat einen Schritt nach hinten, sodass seine Hand von meinem Kinn verschwand. „Dann muss also eine deiner Schüler erst zu deine Tochter werden, damit du erkennst wie scheußlich du dich eigentlich benimmst. Dann muss also erst deine eigene Tochter erfahren, wie du dein Umfeld behandelst, damit du erkennst wie vielen Schülern du eigentlich das Leben zur Hölle machst. Nur weil man dich früher so behandelt hatte, musst du das nicht weiter geben. Meine Eltern... meine Mum, hat mir davon erzählt."
Meine Trauer war kaum zu überhören. Ich war traurig, dass dieser Mann mit seien schrecklichen Taten, mein Vater war.

Snape war erstarrt. Noch immer hatte er die Hand gehoben, in der Höhe wo mein Kinn vorher war. Dann machte er wieder einen Schritt auf mich zu. „Ich weiß, dass ich nie... dass ich ihn nie ersetzten kann, aber..."
Ich hatte genug gehört. Seine billigen Entschuldigungen brauchte ich nicht. Ich drehte mich um und Schlug die Tür hinter mir zu, sodass es vielleicht im ganzen Schloss zu hören war. Snapes letzte Worte „...aber ich werde mich bemühen." konnte ich nicht mehr hören.

Mirana Potter - die wahre Auserwählte?Where stories live. Discover now