4. Hogwarts?

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4.Kapitel| Hogwarts?

Ich lief gedankenverloren in meinem Büro auf und ab -so wie ich es eigentlich immer tat- und erwartete die Ankunft von Remus und Mirana. Ich hatte das Mädchen seit Jahren nicht mehr gesehen und fragte mich was aus Harry Potters Schwester wohl geworden war. Da ich ihre Prophezeiung kannte, war ich umso verwunderter sie heute hier zu empfangen. Sollte sie nicht eigentlich tot sein? Oder war es die aller erste Prophezeiung, die sich nicht erfüllte?
Ich hatte Minerva eingeweiht, etwas anderes war mir nicht übrig geblieben. Sie reagierte ziemlich geschockt, als sie erfuhr, dass Harry Potter eine große Schwester hatte, die überlebt hatte obwohl für sie ein anderes Schicksal vorgesehen war..
„Das arme Mädchen!" hatte sie gesagt. „Sie hat ja niemanden! Es muss schlimm sein die gesamte Familie zu verlieren."
Ich setzte mich hinter meinen pompösen Schreibtisch und betrachtete Minerva, wie sie hektisch im Raum hin und her lief, sodass ich beim Zusehen stetig nervöser wurde.
Sie drehte sich zu mir um, ihre Augen besorgt blickend und begann: „Albus..." doch ein Klopfen unterbrach sie.
Minerva ging mit großem Schritten auf die schwere Holztür zu und öffnete sie mit Schwung.
Remus sah relativ gut aus, dafür, dass es in weniger als einer Woche wieder so weit war. Das rothaarige Mädchen schien sich hinter ihm zu verstecken.
Wie groß sie geworden war und wie sehr sie ihrer Mutter doch ähnelte. Erstaunlich!

„Ahh Remus! Schön dich hier wieder zu sehen."
„Mirana! Es ist schon lange her..." Sie unterbrach mich leise. „An wem das wohl liegt." Sie sprach es mehr zu sich selbst.
Ich ignorierte ihren Einwand, obwohl ich mich ein wenig schuldig fühlte. Mir fiel auf, dass ich sie schon lange nicht mehr besucht hatte. Es muss immer etwas besonderes für sie gewesen sein, wo doch sonst niemand von ihrer Existenz wusste. Vielleicht hätte ich ab und zu vorbei kommen sollen.
Ich schluckte meine aufkeimenden Schuldgefühle, die noch viel älter und tiefer waren, mühsam hinunter.
„Setzt euch doch." Ich deutete auf die zwei Stühle, die vor meinem Schreibtisch standen.
Ich hatte noch das Bild der jüngeren, glücklicheren Mirana vor mir. Voller Lebensfreude. Wie sie gestrahlt hatte, gelacht. Doch dieses Mädchen, dass nun vor mir saß, schien jemand völlig anderes zu sein. Mich schockierte ihre blasse Haut und ihre fahle Augen, die früher immer gestrahlt und mich immer an Lily erinnert hatten.
„Ihr beide wisst, warum ich euch heute eingeladen habe?" Ich sah die beiden an. „Ja" sagte dann Remus. Ich wandte mich nun zu Mirana.
„Mirana... wir alle hier verstehen, was du durchmachst. Wir wollen dir nur helfen." Ich sah sie mitleidend an. Sie tat mir schon wirklich leid. Sie war ja noch ein Kind!
„Ich brauche eure Hilfe nicht!" sagte sie dann. „Und ich glaube nicht, dass ihr mich auch nur annähernd verstehen könnt. Ihr habt keine Ahnung!"
Sie verschränkte die Arme und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.
„Hör zu Mirana... wir haben nur die Angst, dass es dir in Hogwarts schlechter gehen könnte, deshalb würden wir gerne deine Meinung dazu hören. Wir wollen alle, dass du die Trauer überwindest und wieder richtig lebst!"
„DAS IST ABER NICHT SO EINFACH! WIE STELLT IHR EUCH DAS VOR? SOLL ICH EINFACH VERGESSEN WAS VORGEFALLEN IST?! SOLL ICH MEINE LAGE EINFACH AKZEPTIEREN?! DENKT IHR WIRKLICH, DASS ICH EINFACH IN DEM WISSEN WEITERLEBEN KANN, DASS MEINE ELTER BRUTAL ERMORDET WORDEN SIND? VON EINEM ACH SO DUNKLEN ZAUBERER DER WEGEN MEINEM BRUDER NICHT MEHR DA SEIN SOLL?! Ihr könnt mir nichts vormachen. Wir wissen alle, dass er eines Tages zurückkehren wird!"
Ich wechselte einen Blick mit Remus. Sie wusste davon? Sie wusste von meiner Theorie, dass Voldemort zurückkehren könnte?
„Ach, und wenn wir schon mal bei meinem Bruder sind... ich darf ihn also nicht sehen, ja? Ihr wollt mir vormachen, dass ihr mir helfen wollt, meine Trauer zu überwinden, und ich darf meinen Bruder nicht sehen? Nicht einmal kennenlernen, jetzt wo er eine Erinnerung an mich haben könnte? Der einzigste Mensch der mir aus meiner Familie noch geblieben ist und ihr wollt mich von ihm fernhalten?"
Sie machte eine kurze Pause, bevor sie leise weitersprach.
„Euch wird es nicht gelingen. Ich habe meiner Mutter ein Versprechen gegeben. Ihre letzten Worte sagten, dass ich auf Harry aufpassen soll. Ihr könnt mich nicht aufhalten!"
Eine Träne lief über ihre Wange und sie stand auf. Sie wischte sich mit dem Ärmel über ihre Augen und sagte: „Remus, ich warte draußen. Ich muss an die frische Luft."
Sie ging aus der Tür und ließ uns alle, völlig perplex im Raum zurück. Remus wandte sich, nach einer kurzen Pause, wieder mir zu.
„So etwas kommt in letzter Zeit öfter vor." Sagte er entschuldigend. Professor McGonnigal setzte sich, noch völlig fassungslos, auf den freigewordenen Stuhl.
„Sie macht wohl einiges durch, Remus" sagte ich.
Minerva meldete sich zu Wort. „Albus, sollte sie nicht zu einem guten Psychologen? Es scheint ziemlich ernst zu sein."
„Es wird besser. Von Tag zu Tag." Meinte Remus nur.
„Albus, keine Frage. Mirana muss nach Hogwarts. Der Umgang mit anderen Jugendlichen in ihrem alter könnte ihr helfen. Vielleicht ist es genau das, was sie braucht: Ablenkung und die Chance Freunde zu finden."
Sie blickte mich traurig und voller Sorge an.
„Ich glaube, dass ein Privatlehrer in ihrem bekannten Umfeld eine bessere Alternative währe. Eine erneute Umgewöhnung... ich weiß nicht, ob das ihren Zustand vielleicht verschlimmern würde. Außerdem wenn sie wirklich Freunde finden sollte, würde das nicht ihre Aufgabe schwerer machen?"
Ihre Aufgabe? Würde sich die Prophezeiung also doch noch erfüllen? Ich bezweifelte das.
„Nein. Sie muss aus diesem Umfeld raus. Nichts für Ungut, Remus. Aber so abgeschieden, Mitten im Wald? Das ist für kein Kind förderlich. Wir können sie nicht von der restlichen Welt abschotten. Ihre Existenz mag geheim sein, trotzdem wird sie doch wohl leben dürfen!" McGonnigal sah finster zu Remus. Beide machten sich nur Sorgen.

Ich stimmte ihr zu: „Vielleicht haben sie recht, Professor." Ich hoffte einfach, dass sich ihre Lage bessern würde.
„Wir können ihr auf keinen Fall Hogwarts verweigern, Dumbledore." Minerva hatte sich bereits entschieden.
„Das Wichtigste für Mirana ist Halloween. Sie will unbedingt an diesem Tag nach Godric's Hollow. Das tut sie jedes Jahr. Das ist ihr wichtig, selbst wenn sie nach Hogwarts käme."
„Ich denke das wäre im Bereich des Möglichen... dann haben wir uns also entschieden? Mirana geht nach Hogwarts?"
Von allen Seiten ertönte ein deutliches „Ja" und Remus verließ das Büro. Er wirkte erleichtert aber auch wahnsinnig besorgt.
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Ich knallte die Bürotür hinter mir zu und lief eilig die Steintreppen nach unten. Ich hetzte die zahlreichen Treppen nach unten, bog in irgendwelche Gänge ein, die alle gleich aussahen und blieb erst stehen, als ich in einem Innenhof ankam.Ich lehnte mich an eine Säule und wischte die Tränen von den Wangen. In letzter Zeit wurde ich immer emotionaler. Früher war ich einfach nur stumm gewesen aber im Moment schrie ich immer mehr meinen Frust hinaus. Trotzdem verstand mich keiner.
Ich atmete tief durch und versuchte all die Wut und die Trauer nach unten zu schlucken, so wie ich es immer tat.
Die einzelnen Hogwartsschüler, die in den Gängen umherwanderten, betrachteten mich neugierig doch ich ignorierte sie.
Stattdessen sah ich mich um. Es war schön hier. Wunderschön. Dass Schloss war unglaublich und der Ausblick einfach fantastisch.
Was würde ich dafür geben hierher zu dürfen. Ich hatte keine Lust auf einen Privatlehrer. Ich wollte nach Hogwarts, wie alle anderen auch.
Ich wartete in der Sonne bis Remus die Treppe hinunter kam. Im Gegenteil zu mir kannte er sich hier wohl bestens aus. Selbst er war hier zur Schule gegangen.
Remus kam auf mich zu. „Komm lass uns nach Hause gehen."
Er legte seine Hand auf meinen Rücken und schob mich aus dem riesigen Schloss.
„Und? Wie habt ihr euch entschieden?" langsam wurde ich echt neugierig, denn Remus hatte sein übliches Pokerface aufgesetzt. Nach Hause gehen? Musste ich dort bleiben?
„Ja. Du darfst nach Hogwarts." Er setzte ein Lächeln auf.
„Tat... tatsächlich?"
Er nickte und ich lächelte. Ich lächelte. Hallo? Ich lächelte! Das erste Mal seit drei Jahren! Remus schien es zu merken, denn jetzt strahlte er.
„Wie...wie werde ich dann heißen? Ich darf ja nicht..." Potter... so durfte ich nicht heißen.
„Wie würdest du dich den gerne nennen?"
„Evans." sagte ich bestimmt. „Mirana Evans." Wie meine Mutter. Ein ganz normaler Muggelname der wenig Aufsehen erregte.
Remus nickte.
„Wie wäre es..." begann er. „Wie wäre es, wenn wir heute Abend mal irgendwo anders essen gehen würde? Dann bekommst du mal eine Abwechslung zu meinen, nicht vorhandenen, Kochkünsten." Ich lachte. „Gerne"
„Und danach... wird es mal Zeit, dass du die Winkelgasse kennenlernst. Du brauchst zwar noch keine Schulsachen, wir können aber trotzdem mal kucken, ob wir irgendetwas schönes finden. Außerdem... gibt es dort eine gute Eisdiele." Ich lächelte wieder.
Wir verbrachten also den Abend in einem Restaurant und anschließend in der Winkelgasse. Remus zeigte mir jeden einzelnen Laden.
Es war schon recht spät, als wir mit unserem leckeren Eis durch die Straßen der Winkelgasse schlenderten. Unter den Armen trugen wir einige Tüten mit Büchern, Federkielen, Pergament und noch anderem Zeugs, das uns gefallen hatte.

„Was ist das Erste, dass du in Hogwarst sehen willst?" Er sah mich von der Seite her an. „Ich denke... ich werde sowieso erst die große Halle und mein Gemeinschaftsraum sehen. Ob es jetzt Gryffindor, Ravenclaw oder sonst was ist. Aber auf die Bibliothek freue ich mich am meisten."
„Da hast du recht."
Wir liefen weiter. „In welches Haus willst du denn?" fragte Remus.
„Mum und Dad waren in Gryffindor, richtig?" Er nickte. „Dann Gryffindor, denke ich. Ravenclaw könnte ich mir auch noch irgendwie vorstellen. Hufflepuff ist sicher auch nicht schlecht und über Slytherin denke ich gar nicht erst nach."
„Weise Entscheidung."
Wir aßen noch unser Eis und gingen dann nach Hause. Es war ein schöner Tag gewesen.
Der Schönste in drei Jahren.

Mirana Potter - die wahre Auserwählte?Where stories live. Discover now