Kapitel 39 - verwirrende Gefühle

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>>Sei gefühllos!
Ein leicht bewegtes Herz
Ist ein elend Gut
Auf der wankenden Erde.<<

-Johann Wolfgang von Goethe-


Ich traute mich erst dann wieder aus den Toiletten, als es bereits wieder zum Unterricht geklingelt hatte und ich mir sicher war, auf dem Flur niemandem mehr über den Weg zu laufen.

Als ich mich im Spiegel ansah fragte ich mich, was nur mit mir los war. Es geschah nur selten, dass ich so die Fassung verlor. Ich wollte meine Freunde nicht anschnauzen nur weil ich schlecht drauf war, vor Allem wenn sie mir nur helfen wollten. Es war nicht fair von mir sie so zu behandeln und das wusste ich. Ich hasste, dass ich mich so benahm.

Ich hatte mich selber in diese Lage gebracht und ich musste versuchen alleine wieder daraus zu kommen. 

Ich sah mir in die Augen. „Du gehst jetzt da raus und klärst das." Flüsterte ich und kniff die Augen zusammen, während ich schritt für schritt durchging was ich zu tun hatte.

Da ich ein Faible für Listen besaß und ich das Gefühl hatte, mich dadurch ein wenig beruhigen zu können, kramte ich meinen Collegeblock und einen Kulli aus meiner Tasche und begann zu schreiben.


1. Herausfinden, ob das zwischen Carter und mir etwas Ernstes ist

2. Mit Carter ausmachen, dass ich die Fake Beziehung mit Kyle bis zum Ende des vereinbarten Monats halten muss

3. Mit Kyle reden und ihm klar machen wie es zwischen mir und Carter steht

4. Das Gerücht, ich hätte eine Affäre mit Carter aus der Welt schaffen


Ich faltete die Liste zusammen und steckte sie in meine Hosentasche, dann warf ich noch einen prüfenden Blick in den Spiegel, bevor ich die Mädchentoilette verließ. 

Entgegen der Erwartungen, dass ich niemanden mehr antreffen würde, lehnte jemand an der Wand gegenüber.

Ich wollte mir die Haare wie einen Vorhang vors Gesicht fallen lassen und gehen, aber die Person hielt mich an meinem Handgelenk zurück.

Ich neigte den Kopf nach hinten, um zu sehen, wer mich zurückhielt. Und natürlich war es kein anderer als Kyle, womit ich meinen Plan schon mal vergessen konnte. Ich wollte meine Hand aus seinem Griff ziehen, aber er zu mich zurück und drückte mich dann an die Wand. 

Schnaubend versuchte ich mich zu befreien, aber Kyle hielt meine Hände so eisern gegen die Mauer gedrückt, dass ich mich kaum rühren konnte.

Während ich versuchte seinem Blick auszuweichen beugte sich Kyle ein wenig zu mir herunter, um auf Augenhöhe mit mir zu kommen.

„Was willst du?" fauchte ich etwas gereizt und quittierte dafür einen missbilligenden Schnalzer seinerseits.

„Hey, nicht so Kratzbürstig. Ich wollte mich doch nur nach dir erkundigen." Er versuchte immer noch meinen Blick aufzufangen. Einen Moment lang schwieg er, dann spürte ich seinen besorgten Blick auf mir. „Geht es dir gut?"

Ich schwieg und hatte erneut das Gefühl in Tränen auszubrechen. 

Gott was ist denn nur mit mir los?

Ich spürte wie Kyle eine meiner Hände frei ließ und sie dann an mein Kinn legte. Sanfter als ich es von ihm erwartet hätte hob er mein Kinn an und zwang mich somit, ihn anzusehen. Seine dunklen Augen bohrten sich in meine und plötzlich hatte ich das unkontrollierbare Bedürfnis ihm alles zu erzählen, was mir auf der Seele lag, aber ich hielt mich zurück.

„Ich gehe davon aus, dass du eh schon weißt was los ist." Entgegnete ich stattdessen ein wenig resigniert.

Kyle zögerte und ein seltsamer Zug spielte um seinen Mund, den ich nicht ganz verstand.

„Mir ist da etwas zu Ohren gekommen, aber ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, wie das mit deiner Gefühlslage zusammenhängt." Er legte den Kopf schief und dann flackerte etwas neues in seinem Blick auf, etwas dass ich noch nicht kannte und das fast schon wild wirkte. „Es sei denn" er verengte die Augen und sein Griff an meinem Handgelenk wurde fester. „Hat er dich zu etwas gezwungen? Oder dir weh getan?" seine Stimme wirkte tiefer und ein leichtes Grollen tönte in ihr mit.

Ich schüttelte den Kopf. Seine Stimmung wirkte fast schon bedrohlich und ein wenig verunsichert bewegte ich meine Hand unter seiner, um ihm zu signalisieren, dass er mir weh tat.

Sofort ließ er mich los und wich dabei automatisch einen Schritt zurück. 

„'tschuldige." Murmelte er und sah auf seine Hände. 

Von der einen auf die andere Sekunde, wirkte er wieder normal.

„Also? Wenn es nicht an Carter liegt, was ist es dann?" fragte er.

„Keine Ahnung" antwortete ich wahrheitsgemäß und rutschte dabei erschöpft an der Wand zu Boden. „Vermutlich bin ich einfach übermüdet und gestresst." 

Kyle kam zu mir und setzte sich zu meiner Überraschung neben mich auf den Boden.

Es herrschte eine Weile Stille, dann räusperte Kyle sich. „Warum hast du Carter geküsst?" fragte er und die Frage traf mich völlig unvorbereitet.

Ich sah ihn an und hob die Schultern „Keine Ahnung, ich schätze ich mag ihn einfach." Ich runzelte die Stirn „Du wusstest doch, dass ich ihn mag, warum überrascht dich das?"

„Ich weiß auch nicht. Bei Carter gehen solche Sachen normalerweise nicht so schnell. Ich habe mich einfach nur gewundert." Er brach den Blickkontakt ab und sah zur Wand.

Ich zögerte ehe ich meine nächste Frage stellte „Ist das ein Problem?"

Er lachte „Für mich? Warum?"

Ich spürte wie ich rot wurde und sich etwas seltsames in meinem Magen einnistete.

„Weiß nicht, nur so eine Frage. Ich will nicht, dass das zu einem Problem zwischen uns wird."

Er sah wieder zu mir und en schiefes Lächeln lag auf seinen Lippen. Aber es war nicht dieses amüsierte Lächeln, dass immer auf seinem Gesicht erschien, wenn er sich ein wenig lustig über mich machte (was dann auf eine 'liebevoll' gemeinte Art geschah), sondern dieses kalte, berechnende und herablassende Lächeln. 

Er stand elegant vom Boden auf und sah fast spöttisch zu mir herab. „Uns?" fragte er kalt „Es gibt kein uns. Das einzige was uns verbindet, ist der Deal den wir haben. Ich habe meinen Teil erfüllt und solange du deinen erfüllst ist alles gut zwischen uns."

Ich starrte ihn an und fühlte mich plötzlich unterlegen. Erneut bahnten sich Tränen ihren Weg nach draußen, aber ich hielt sie zurück.

Irgendwas stimmte doch wohl mit meinem Hormonhaushalt nicht ganz!

Ich rappelte mich ebenfalls auf, um ihm nicht ganz so untergeordnet zu sein.

Kyles Miene war ausdruckslos. „Es ist jedoch schon recht ungünstig, wenn du mit jemand anderem in der Schule rummachst, während alle anderen glauben, wir wären ein Pärchen. Es wäre also gut, wenn du noch bis ende des Monats warten könntest, bis du die Sache mit Carter offiziell machst."

Ich sah ihn an. Verwirrt und ein wenig verletzt.

Was war geschehen? Was hatte ich gesagt, dass er plötzlich wieder so herablassend und abweisend war?

Ich öffnete den Mund und wollte etwas sagen, aber er kam mir zuvor.

„Nach der Schule an meinem Auto. Wenn du zu spät bist fahre ich ohne dich."

Er drehte sich um und ließ mich alleine auf dem Gang zurück.

Ich fühlte mich zerschmettert, als hätte jemand auf mich eingeprügelt. Ohne mich zu rühren sah ich Kyle nach und wusste nicht, was ich fühlen oder denken sollte.

Irgendetwas in meinem Innern drängte mich, ihm hinterherzulaufen und herauszufinden, was mit ihm los war, aber ich blieb stehen und dachte über dieses neue Gefühl nach, dass sich langsam einen Weg in meine Brust bahnte.


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Hey,
Also ich möchte nur al darüber informieren, dass jetzt noch etwa 20 Kapitel kommen.
Ich habe das Buch schon fast beendet und werde jetzt immer zwei oder drei mal die Woche ein Kapitel hochladen.
Ich hoffe ihr bleibt bis zum Ende dran :)
LG Kat

PS: keine Sorge, es wird noch so einiges passieren ;)


faking itWhere stories live. Discover now