"Ich bin mit Lenny verabredet, wir wollen feiern gehen.", sage ich und weil sich mein Puls plötzlich beschleunigt, nehme ich einen gewissen Abstand zu Mat. Er würde merken, dass etwas mit dem morgigen Abend zusammen hängt, wenn er meinen Puls spürt und ich weiß, dass er auf so etwas achtet. Er sieht mich prüfend an. "Ach ja? Nur ihr zwei?", fragt er und seine Eifersucht ist deutlich herauszuhören. Ich nehme seine Hand in meine. "Ja, ihm geht es momentan nicht gut und ich war vor zwei Tagen bei ihm, um mit ihm zu reden. Es würde ihm gut tun, ein bisschen rauszukommen.", sage ich. "Und wieso musst ausgerechnet du dafür sorgen, dass es ihm besser geht?" 

Ich setze mich aufrecht in den Schneidersitz. "Mat, bitte.", beginne ich und atme tief ein, "bitte sei nicht eifersüchtig auf einen meiner engsten Freunde, die wie Familie für mich sind. Es waren nie Gefühle zwischen Lenny und mir und daran wird sich nie etwas ändern. Wir sind nur Freunde." Er sieht mir tief in die Augen, als würde er darin die Wahrheit finden. "Also schön.", brummt er, "ich vertraue dir und ich weiß, dass er nicht so blöd ist, sich mit mir anzulegen." Ich lächle ihn an und streiche seinen Arm entlang. "Wir gehen auch in einen eurer Clubs.", sage ich und mein Blick folgt meiner Hand an seinem Arm. "Gut, dann habe ich ja meine Spitzel, die ihn mit Argusaugen beobachten werden." Ich schaue ihn tadelnd an, doch die Tatsache, dass wir in einem seiner Clubs sein werden, beruhigt ihn tatsächlich und er sieht wieder besser gelaunt aus. 

Ich hoffe nur, dass sie uns nicht wirklich mit Argusaugen beobachten werden.

"Ich wollte noch fragen, wie du die Leute so findest, die du beim Feiern kennengelernt hast." sagt er und spielt mit meinen Haaren. Erleichtert darüber, dass er den Themenwechsel anstrebt, atme ich aus. 

"Ich finde sie alle sehr nett. Ich hätte ehrlich gesagt gedacht, dass sie, naja, irgendwie dunkler und unfreundlicher wären.", gestehe ich. Er mustert meine Mimik amüsiert. "Dunkler und unfreundlicher also? Hast du Killian übersehen?" Wir müssen beide lachen. "Killian ähnelt Milo sehr.", stelle ich fest. "Ja, beides unbelehrbare...", doch bevor er zu Ende sprechen kann, halte ich ihm kichernd den Mund zu. "Zu viele Kraftausdrücke in den letzten Stunden." Er nickt und küsst meine Handinnenfläche. "Was ist mir dir und Maya?", frage ich. Ich war mir nicht sicher, ob ich das Thema überhaupt ansprechen soll, aber wenn er jetzt schon beginnt überdie Leute zu sprechen... Er sieht ernst aus und nervöser, als zuvor. "Wir hatten mal was miteinander." Ich kann nicht anders, als meine Hand in seinen Haaren zu vergraben, um ihm mit Körperkontakt das schlechte Gewissen zu nehmen. "Das konnte ich mir denken. Aber da ist nichts mehr?", frage ich so vorsichtig wie möglich. "Nein, seit einem Jahr nicht mehr. Das war auch nie..." "Mat, es ist okay. Du musst es mir nicht erklären. Was vor mir war, war vor mir und geht mich nichts an." Er versucht in meinen Augen die Wahrheit zu finden und nickt.

„Erzählst du mir ein bisschen über dich und die Gang?", frage ich neugierig. Ich würde gerne alles über sie erfahren, aber fürs Erste würde es mir schon reichen, einschätzen zu können, was sie mit uns machen, falls sie Lenny und mich erwischen. „Also schön, wenn du willst..." So kommt es, dass er mir davon erzählt, wer und warum ihm den Posten überlassen hat, wie mit der Zeit die Freundschaft zwischen allen immer fester wurde, er und Milo aber schon vorher befreundet waren. Dass die Gang für ihn über alles steht und er für seine Leute sterben würde. Bei dem Gedanken muss ich schwer schlucken. Wenn Mat etwas schlimmes passieren würde, wüsste ich nicht, wie ich reagieren würde. "Wie ist es für dich, so viel Verantwortung zu tragen?", frage ich. Er knackt mit seinen Fingerknöcheln und überlegt. "Keine Ahnung. Ich denke nicht groß darüber nach, ich tue das, was getan werden muss für meine Leute. So ist es einfach...."

"Wurde schon mal jemand deiner engsten Freunde schwer verletzt? Oder du selbst?" Bei dieser Frage wirkt er unruhig und atmet schwer. "Ein paar Messerstiche, aber nichts großes.", brummt er und ich merke, dass ich das Thema hier beenden sollte. "Das tut mir Leid.", flüstere ich und umarme ihn. Er lässt es zu und verharrt einen Moment in meinem Arm, bis er sich mit einem Räuspern wieder von mir löst. "Weißt du, es kann sein, dass du uns beitreten musst... also so richtig."

"Was genau meinst du damit? Bin ich nicht schon irgendwie dabei?", grinse ich, doch er bleibt ernst. "Nicht wirklich. Du befindest dich in einer Grauzone und als meine Freundin musst du vielleicht ganz beitreten. Ich weiß es aber noch nicht genau, ich wollte dich nur vorwarnen." Ich ziehe verwirrt eine Augenbraue in die Höhe. "Naja, dann trete ich halt ganz bei." Was kann daran schon so schlimm sein? "Das ist nicht so einfach, Julie.", seufzt er. "Dann erkläre mir, wieso es nicht einfach ist." Er fährt sich mit einer Hand über sein Gesicht und lehnt sich wieder zurück. Er starrt ins Leere und das gefällt mir gar nicht. "Mal ganz abgesehen davon, dass du dir das Tattoo stechen lassen musst, gibt es kein Entkommen mehr. Es kommen Prüfungen auf dich zu und du musst beweisen, dass du loyal bist. Sollte etwas schief gehen...sollte dich jemand als nicht loyal einstufen..." er beendet seinen Satz nicht.

Vielleicht sollte ich mit dem eintreten lieber noch warten, bis ich sicher sein kann, dass sie mich nicht verdächtigen. "Wir haben ja noch Zeit.", sagt Mat mit einem müden Lächeln. "Du weißt, dass ich für dich beitreten werde, oder? Wenn wir dann zusammen sein können und niemand mehr einen Zweifel hat, dann mache ich das.", sage ich mit fester Stimme, während ich im Unterbewusstsein an Morgen denken muss...



Matthew - My Guardian and Guilt / Abgeschlossen.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt