Das Kapitel mit der Konfliktsituation

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"So, Ella", sagte Anastasia in ihren Laptop, während sie begeistert mit einem rosa Umschlag wedelte. Ella riss die Augen auf. "Ist es das, was ich denke?" Ihre Stimme war ein beinahe hysterisches Kreischen und Ana verzog das Gesicht. Doch dann nickte sie. "Rosas Antwort auf meinen Liebesbrief. Hab ich in der ersten großen Pause an Moritz' Spint gefunden. Nummer 110, wie angeordnet." "Wurde ja auch mal Zeit", sagte Ella, während sie eine Nagelpfeile hervorzauberte, um ihre Fingernägel zu stutzen. Anastasia sah sich nach einer Schere um, mit der sie den Umschlag aufritzen konnte. "Cool, dass sie mir so auf den Leim gegangen ist. Aber ich musste Tim anlügen." Sie zog eine Grimasse und Ella sah von ihren Nägeln auf. "Warum?" "Weil er mich kaum aus den Augen lässt. Er wollte halt wissen, warum ich einfach ein Briefchen von einem fremden Schließfach klaue. Ich hab ihm dann zwar gesagt, dass es Moritz' ist, aber Rosa konnte ich halt schlecht erwähnen. Die ist immerhin ganz dicke mit Linda und keine Ahnung, vielleicht hat er ja noch Kontakt zu ihr oder so. Jedenfalls meinte ich, dass Moritz mich gebeten hat, alle Briefe von seinem Spint zu entfernen, weil er Angst vor Kettenbriefen hat. Wegen Aberglaube und so. Du weißt schon, sieben Jahre Unglück und so. Ist das schlimm?" Ella stöhnte auf. "Ana! Ist dir nichts besseres eingefallen?" Anastasia schüttelte den Kopf, während sie mit ihrem Schlüssel - die Schere muss sie im Kunstsaal vergessen haben - den Brief öffnete. "An deiner Stelle würde ich diese Linda noch einmal unter die Lupe nehmen", sagte Ella. "Die ist mir nicht ganz koscher." "Ich wollte sie ja heute sprechen", nickte Anastasia und faltete den Zettel auseinander, der im Umschlag gewesen war. Auch er war rosa und mit weißen Blümchen versehen. "Sie war aber heute krank." Sie zuckte mit den Achseln, während Ella anerkennend durch die Zähne pfiff. Ihr Blick ruhte auf dem seidenen Briefpapier, das Anastasia nun in den Händen hielt. "Die legt sich aber richtig ins Zeug, das muss man ihr lassen. Und wegen Linda - ruf die doch mal an." "Spinnst du?", keifte Ana. "Tim ist so in mich verliebt, dass er meine Anruferliste durchgeht, damit ich ja keinen anderen Jungen außer Henry spreche. Und Linda würde sich am Ende eh verplappern. Nein, das lasse ich lieber. Aber jetzt hör doch mal zu:
Lieber geheimer Liebhaber,
danke für deinen Brief. Ich würde zu gern wissen, wer du bist und wie du aussiehst - ich könnte ihr ein Bild von einem Google-Kerl schicken, was meinst du? - Kennen wir uns? Na ja, ich habe mich sehr gefreut. Unglaublich, dass es so Romantiker wie dich überhaupt noch gibt. Ich habe den Glauben an die Liebe schon fast verloren - Oh, armes Ü-Ü. Blöde Kuh - aber deine Botschaft an meinem Spint hat mich umgestimmt. Ich habe dir meine Nummer aufgeschrieben. Hoffe auf baldige Antwort
Rosa." Anastasia sah zu Ella auf, die ihre Nagelpfeile sinken ließ. "Also, die hat's erwischt, würde ich jetzt mal sagen." "Krass, wie die direkt abgeht", stimmte Ana ihr nickend zu, während sie den Brief samt Umschlag in eine der Schreibtischschubladen legte. Dann legte sie die Hände zusammen. "Ich lass sie ein bisschen Zappeln." Ella nickte zustimmend. "Ist auch besser so, Schätzchen. Die hat sich ja auch vier Tage Zeit genommen. Aber jetzt erzähl doch mal von dir und Tim. Deine SMS gestern Abend war zwar 243 Wörter lang, aber wirklich schlau bin ich jetzt nicht daraus geworden. Arbeitet diese Linda tatsächlich im Puff?" "Diese Linda macht da höchstens Praktikum", entgegnete Ana, während sie ihr Haar zurückwarf. "Und Tim kommt heute Abend. Wir gehen ins Kino." "Das ist doch schön", sagte Ella, die nun ihre Nägel pink lackierte und leise vor sich hin summte. "Welcher Film?" "Love, Rosie." Anastasia verzog das Gesicht. "So 'ne Liebesschnulze. Darin geht es um ein Mädchen, das ein Kondom in ihrer Vagina verliert. Kein Wunder, dass der den sehen will." Ella kicherte auf, aber Ana war nicht nach Lachen zumute. "Ich hab das Buch gelesen", sagte ihre Freundin aufmunternd. "Ganz süß gemacht. Lohnt sich auf jeden Fall." "Ja, aber mir ist nicht nach Liebesfilmen." Anastasia trommelte mit den Fingern über das Holz ihres Schreibtisches. "Ich wollte in Ninja Turtles oder so. Was zum Lachen halt." Ella wollte gerade etwas erwidern, aber da platzte Isolde ohne Vorwarnung ins Zimmer. Hinter ihr lugte Moritz neugierig durch den Spalt. "Puh, hier muss jelüftet werden." Isolde durchquerte hinkend das Zimmer, um das Fenster zu öffnen. "Hab ich 'Herein' gesagt?", fragte Anastasia schroffer als beabsichtigt. "Hallo, Isolde!", krähte Ella begeistert. "Isch arbeite getz hier", sagte Isolde, ohne Ella zu beachten. "Isch muss jar nischts mehr fragen. Et jift übrijens Mittachessen." "Heringsfilet mit Pellkartoffeln!", rief Moritz stolz aus dem Off. Ana seufzte lang und tief. "Alles klar. Ich komme. Bis dann Ella. Sorry!" Ella winkte lachend ab. "Nicht schlimm. Ich seh dann auch mal zu, dass ich was zwischen die Beißerchen bekomme. Ciao, du coole Sau!" Anastasia lächelte dem Bildschirm entgegen und wollte gerade etwas erwidern, aber ihre Freundin hatte schon aufgelegt.

Achtung Patchwork!Where stories live. Discover now