Das Kapitel, in dem sie erste Freunde findet

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"Jungs, wir können Freunde sein", verkündete Anastasia und lehnte sich vor. Die vier saßen im Wohnzimmer auf dem Boden und warteten darauf, dass die Sendung 'Joko gegen Klaas' begann. Da Anastasia noch nicht den Hauch einer anfänglichen Freundschaft während ihrer ersten Schulwoche verspürt hatte, hielt sie sich nun doch an Henry und seine Freunde. Im Grunde genommen waren sie ja alle feine Kerle und bitte - sie mochten sich ja auch. In Tim's Augen flackerte die Begeisterung auf, als sie diese Worte sagte. "Klar, klar!", rief er, nagte an dem Strohhalm seiner Cola und rückte gleich zu ihr rüber, woraufhin sie sich kichernd von ihm entfernte. Henry zappte durch die Kanäle. Ein Grinsen zierte sein Gesicht. "Gute Entscheidung." Frank klopfte ihr anerkennend auf die Schulter. "Find ich echt verdammt cool. Ich mein so, als einziges Mädchen unter drei Jungs... Du bist echt anders", lobte er. Anastasia lachte. "Wisst ihr, ich glaube, ich kann mich besser durchsetzen, als ihr denkt", sagte sich und sah dabei besonders Tim hämisch grinsend an. Er errötete und heftete seinen Blick auf die Fransen des Wohnzimmerteppichs. Die Unterhaltung wurde von Torben's Gebrüll unterbrochen und die vier stöhnten im Chor auf. Obwohl dieses Kind gerade mal 4 Tage alt war konnte es schreien wie am Spieß. Anastasia fragte sich, wo aus so wenig Körper so viel Stimme kommen konnte. "Susi!", kreischte sie, "bring Torben zur Ruhe! Es ist Samstag und wir schauen fern, also BITTE!"

Von oben war eine Klospülung zu hören. "SUSI!", brüllte Anastasia und warf wütend die Chipstüte in die Ecke, wobei sich deren Inhalt auf dem Boden verteilte. Henry stöhnte auf, aber trotzdem musste er grinsen. "Kannst du das nicht mal machen?", schrie Susi zurück. Anastasia zog eine Grimasse und stürmte die Treppe hinauf, um die Angelegenheit zu regeln und ihrer Stiefmutter weiß zu machen, dass sie nichts mit diesem Baby zu tun haben wollte. Sie lief durch den Flur im Obergeschoss und als sie das Plätschern der Dusche vernahm, ging sie schnurstracks hinein. Hinter dem neuen Duschvorhang sah erst Susi's, dann der Kopf ihres Vaters hervor. Na toll! Sie verdrehte die Augen und knallte die Tür wieder zu. Doch das immer lauter werdende Gebrüll veranlasste sie dazu, wieder hineinzustürmen und Susi davon zu überzeugen, sich um das Baby zu kümmern hatte, ganz egal, ob diese gerade im Akt der Liebe vertieft war. "Leute, ihr Ekeligen, das Kind hat Hunger!", rief sie, um das Rauschen der Dusche zu übertönen. "Komme!", antwortete Susi kichernd. "Es hat jetzt Hunger!", schrie Anastasia. Gott, diese Familie war nicht nur kompliziert, sie war die reinste Herausforderung. Für einen winzigen Augenblick dachte sie daran, was sie wohl tun würde, wenn ihr Vater Susi nie kennengelernt hätte. Sie säße nun womöglich mit Ella in ihrem Zimmer in Köln und würde sich die Fußnägel lackieren und Schminktipps auf YouTube stellen. Aber sie trauerte ihrem alten Leben schon lange nicht mehr hinterher. Hier in diesem Haus passierte so viel, dass sie keine Zeit hatte, sich an ihre Vergangenheit zu klammern. Also, konnten ihre Eltern jetzt nicht ein gutes Vorbild sein und Torben zur Ruhe bringen, um nicht ihre Samstagslaune zu zerstören? Sie verschränkte die Arme vor der Brust und holte tief Luft, um den beiden ordentlich den Hintern anzuheizen und ihnen einzuweisen, was sich für Eltern gehörte.

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Henry vernahm Anastasia's Schreien und ihm taten seine Eltern Leid, die sich das gerade anhören mussten. Er lachte in sich hinein und erhöhte die Lautstärke des Fernsehers. Wenige Minuten später hörte er eine eingeschüchterte, einwilligende Stimme und Torben's Gebrüll hörte aprubt auf. Schließlich trappelte es auf der Treppe und Anastasia gesellte sich wieder zu ihnen. Auf ihrem Gesicht lag ein zufriedenes Lächeln, auch wenn ihre Haare ein wenig abstanden, was darauf hindeutete, dass sie mit der Hand dadurchgefahren war, als sie Stephen und Susi angekreischt hatte. Sie machte es sich auf dem Sofa gemütlich und hob die Chipstüte wieder vom Boden auf und nickte zum Fernseher. "Hat's schon angefangen?" Frank nickte und warf sich neben sie auf das Sofa. In dem Moment stand ein verschlafener Moritz in seinem 'Tom & Jerry'-Pyjama im Türrahmen und klagte darüber, dass er bei diesem Geschrei im Haus nicht schlafen könne. Anastasia richtete sich wieder auf und raufte sich erneut die Haare, was Henry dazu veranlasste, noch breiter zu grinsen, als er es ohnehin schon tat. Tim trat den Rückzug an, da er womöglich nicht unter Anastasia's Beschuss geraten wollte. Diese fixierte Moritz mit ihren dunkelgrünen Augen, ehe sie auf ihre Uhr sah. Ihr Blick verfinsterte sich und wenig später öffnete sie den Mund, um erneut loszudiskutieren. "Sag mal, ist das dein Ernst? Es ist zwanzig nach Acht und du willst schlafen? Am Samstag? Du bist zwölf, aber du verhälst dich wie ein vierjähriger, ganz ehrlich! Mir geht das sowas von auf die Nerven, dass du ständig einen auf brav machst! -" "Anastasia!", unterbrach Henry sie und bannte sie mit seinem Blick, der soviel sagte wie: 'Du hast Recht, aber er verträgt keinen Ärger' Doch Anastasia gestilulierte wild mit den Händen. "Was denn? Der entwickelt sich doch falsch, wenn er weiterhin mit Tom und Jerry auf dem Rücken um acht Uhr schlafen geht!" Das war zu viel für seinen kleinen Bruder, denn dieser gab ein leises Aufschluchzen von sich und verschwand aus dem Raum. Anastasia zog einen Schmollmund und lehnte sich wieder zurück. "Was will er denn jetzt? Ich war ja wohl noch nett!", regte sie sich, doch Tim, der zurückgekommen war, legte ihr bloß seine Hand auf's Bein und warf ihr ein mitfühlendes Lächeln zu. Und diesmal wies sie ihn nicht zurück, schließlich waren sie ja Freunde. Henry hob unbemerkt und leise den Daumen, als Lob für Tim.

Und dann widmeten sie sich vollkommen der Sendung, um die Gedanken über die vergangene, anstrengende Woche abzuschalten.

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Es ist zwar nicht allzu lang, aber hoffentlich gefällt es euch trotzdem. Es wäre nett, wenn ihr einen Kommi zurücklassen würdet, das würde mich am letzten Ferientag echt fröhlich stimmen! :D

Alitschi

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