Kapitel 13

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Kathi

Meine Füße tragen mich langsam durch die Gassen, in meinen Händen zwei Einkaufskörbe. Ich habe Zutaten für das Mittagessen besorgt. Für gewöhnlich hätte ich mich ja immer davor gedrückt, schließlich hasse ich es lange zu einem Geschäft zu laufen, um dann mit schweren Körben zurückzulaufen, aber ich will mich ablenken. Das Treffen mit Hans rückt immer näher. Minute um Minute werde ich aufgeregter. Nicht, weil ich mich freue, sondern weil ich panische Angst habe.

Peter und ich haben alles in Detail geplant. Oder eher alle Fragen. Ich versuche die Fragen zu stellen, die Hand über das Gespräch zu haben, damit er ja keine Chance hat, mir Fragen zu stellen und Dinge aus mir herauszubekommen. Ich bin mir zwar sicher, dass ich dichthalten kann, aber bei meiner Aufregung wäre es kein Wunder, wenn ich doch etwas zu viel erzähle.

Während ich um die letzte Ecke gehe, werden meine Knie merklich weicher. Es ist nur ein Treffen. Für gewöhnlich bin ich kein Fan von Mantras, aber das ist mein Mantra seit gestern Abend. Seitdem Peter mir Mut zugesprochen hat.

Ich schließe die Tür zu unserem Wohnhaus auf, laufe die Treppe hoch in den 2. Stock und öffne auch diese Tür. Waltraud kommt auf mich zu und nimmt mir die Körbe ab. Sie ist keine Frau der vielen Worte und ehrlicherweise finde ich es gut. Wenn ich eine Sache nicht mag, dann sind das Leute, die ununterbrochen reden.

Mein Blick wandert zu der großen Standuhr. 16:54. Nur noch eine Stunde und sechs Minuten, bis Hans mich abholt. Ich streife meine Schuhe von den Füßen, hänge den Mantel an den Wandhaken und gehe ins Bad.

Vor dem Spiegel bürste ich schnell meine Haare, lasse das Wasser in die Badewanne. Dann lasse ich mich in das Wasser sinken. Ich versuche mich zu entspannen. Schließe die Augen und atme tief durch. Doch der Gedanke, mit diesem Nazi ins Kino zu gehen wird immer und immer präsenter. Er rückt immer weiter in den Vordergrund, wie ein Mensch, der es liebt im Mittelpunkt zu stehen. Nur eben nicht im positiven Sinne. Meine Hände zittern, meine Knie sind weich und mein Herz pocht, als würde es gleich aus meiner Brust springen. Und langsam kommt mir der Gedanke, dass ich mich einfach nur zu sehr stresse. Wir gehen ins Kino, nicht in ein nobles Restaurant wo ich gezwungen bin mit ihm zu sprechen. Nein, ins Kino. Ich werde nicht gezwungen sein, mit ihn zu sprechen. Ich werde schweigend neben ihm sitzen und einen Film ansehen. Nicht mehr, nicht weniger. Ich habe doch schon öfter ein Treffen mit Personen gehabt, die ich nicht sonderlich leiden konnte, also werde ich das jetzt auch überstehen.

Ich stehe in meinem Zimmer, habe ein blaues Kleid in der rechten Hand und ein weißes mit bunten Blumen in der linken Hand. Ich mag keines der beiden sonderlich, aber Hans eben auch nicht und deswegen muss ich eines davon anziehen.

"Nimm das blaue. Das passt zu deinen Haaren.", eine raue Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Ich drehe mich um und blicke in das Gesicht meines Bruders. Wer auch sonst?

Meine Miene wird ernst. Was will er jetzt hier? Ich starre ihn einfach an, warte, dass er irgendetwas sagt.

"Hör zu, Schwesterchen, ich will nicht, dass es so zwischen uns ist. Wir haben im Endeffekt doch bloß uns, niemand anderen sonst, dem wir so bedingungslos trauen können. Wir müssen... wir dürfen uns nicht ignorieren, weil wir das Tun des anderen hassen. Irgendwie müssen wir miteinander auskommen, schließlich leben wir hier unter einem Dach.", seine diplomatische 'Ich weiß alles besser als du, schließlich habe ich das Abi schon hinter mir' Stimme. Ekelerregend und beim besten Willen kein Stück hilfreich.

"Das fällt dir jetzt auf? Was ist deine Aufgabe? Mich aushören, oder ist dafür dein bester Freund Hans da?", schnippisch erhebe ich das Wort. Er kann mich Mal!

Ein Schnauben erfüllt den Raum. Ich wende mich ab und quetsche mich in das meiner Meinung nach viel zu enge blaue Kleid. Er tritt näher, schließt die Tür hinter sich. Mit einem dumpfen Knall sitzt er auf dem Fußboden. Ich ignoriere ihn, ich will mich nicht von einer solch gestörten Persönlichkeit unterbrechen lassen.

1941- Zwischen Verrat und FamilieNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ