26 Kapitel: Gone bad

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Dieses Mal werde ich um einiges sanfter aufgeweckt. Von einem Anruf. Niall.

“Guten Morgen... Ich hoff, ich hab dich nicht geweckt“, lacht er gut gelaunt und ich kann gar nicht anders als zu grinsen. Und ich hab das Gefühl, dass sich das den Rest des Tages nicht mehr ändern wird, dieses Grinsen.

„Hey...“, murmele ich also leise ins Telefon und kämpfe mich aus der Decke, bedacht, mir nicht irgendwo den Kopf anzuhauen oder vom Bett zu fallen. 

“Ich hab dich echt geweckt, oder?“ Ich schüttele den Kopf, bis mir einfällt, dass er mich ja nicht sieht.

„Nein nein... passt schon." Ich hab es tatsächlich geschafft, unfallfrei vom Bett zur Tür zu kommen und gehe jetzt mit dem Handy am Ohr Richtung Küche. Ich rieche den unverwechselbaren Geruch von Kaffee und bin erstmal abgelenkt. Erst Niall's' Stimme, die mehr oder weniger verzweifelt

„Josy, bist du noch dran?“, ruft, reißt mich zurück.

„Ja... Jaaa... Bin noch da... Warum rufst du eigentlich an?“, frage ich, lasse mich auf einen der Stühle am Esstisch fallen und nehme mir eine Banane aus der Schale. 

„Wollt fragen, ob du vielleicht den freien Tag mit mir verbringen willst?!“ Ich beiße mir auf die Lippe, ignoriere Liam's fragenden Blick, als er mir eine Tasse Kaffee reicht. 

„Gerne... Und was machen wir?“ Vielleicht höre ich mich ein wenig zu enthusiastisch an, zu aufgeregt, aber ich freue mich wirklich darauf. Niall gibt mir einfache in Gefühl von Sicherheit, das ich mir nicht erklären kann, das hat er gestern schon bewiesen. Das hat er mir gestern bewiesen. 

„Keine Ahnung... rumsitzen? Reden? Einfach wir sein? In der Stadt will wieder jeder ein Autogramm und ein Foto und ich will doch nur...“

„Ist gut. Wir sitzen rum und reden“, unterbreche ich ihn. Okay. Damit kann ich leben. 

„Okay... Sorry...“. Mein Gott, er ist so vorsichtig. So bedacht. Irgendwie süß. Er ist einfach Niall. Um mich besorgt. 

„Hey Nia-..“, ich unterbreche mich selbst, fange nochmal an, „Hey Nini... Es muss dir nicht leid tun... Ich bin doch nicht aus Glas und inzwischen komm ich mit sowas klar... Ich bin nicht mehr die verunsicherte Josy, die du damals aus dem Krankenhaus abgeholt hast“, grinse ich. Ich wollte das klarstellen, denn – egal wie süß dieses Besorgt sein ist – es ist nervig. Irgendwie. Vielleicht war ich nie der romantische Typ, aber Niall ist es – das weiß ich inzwischen. Niall ist übel romantisch. Und er tut alles für die Menschen, die er liebt. Er tut alles für mich. Das wiederum ist süß. Richtig wunderschön und süß.

„Du hast da Nutella." Liam streicht mir über die Wange und ich werde rot. Ups. Ich kann also nicht mal mehr richtig essen, wenn ich mit ihm rede.

„Du hast dir Nutella ins Gesicht geschmiert?“ Jaja, macht euch nur über mich lustig.

„Ruhe, sonst ertränk ich dich darin“, gebe ich zurück und wische mir den Rest von der Wange.

„Da ist sie endlich wieder, meine freche Josy“, lacht er am anderen Ende der Leitung. Seine freche Josy. Oh Niall. Bin ich seine Josy? Ist er mein Niall?

***

***

 „Hey, da bist du ja“. Kaum habe ich geklingelt, werde ich in eine feste Umarmung gezogen und sofort ist es wieder da: Dieses unerklärliche Gefühl der Sicherheit, der Geborgenheit. Ich lächele leicht, erwidere die Umarmung. 

„Hey...“, gebe ich dann zurück und löse mich von ihm, ziehe mir Schuhe und Jacke aus. 

„Komm dann ins Wohnzimmer... Willst du was trinken?“ Er ist längst verschwunden, bevor ich antworten kann. Heut hat er es aber eilig.

„Cola? Hast du sowas da?“ Aus der Küche höre ich einen dumpfen Laut, der sich sehr nach 'Ja' anhört und setze mich dann im Wohnzimmer auf die Couch. Dann werden wir also rumsitzen und reden. Wir werden uns langweilen, vielleicht werden wir ja wirklich reden. Ich weiß es nicht. Ich weiß schon wieder einfach nichts. Dieser dämliche Gedächtnisverlust. Ohne den würden wir jetzt nicht so hier sitzen. Würden nicht so miteinander umgehen. Nicht so vorsichtig. Das ist doch alles bescheuert. Wegen einem kleinen Fehler von mir. Weil ich doof war.

„Deine Coke." Niall grinst mich schief an, gibt mir das Glas. Das ist auch süß. Für ihn ist es selbstverständlich, mir etwas zu trinken zu machen. Ein anderer Kerl wäre gar nicht auf die Idee gekommen. 

„Danke“, murmele ich, spüre wie sich die Couch ein wenig senkt, als er sich neben mich setzt. 

„Für dich immer." Ich schenke ihm ein halbes Lächeln, trinke dann wieder einen Schluck aus der Cola. Das ist schon wieder so eine verdammt unangenehme Situation. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll und wenn einfach dieser scheiß Unfall nicht gewesen wäre, dann würden wir jetzt nicht so unbehaglich nebeneinander sitzen und uns anschweigen. Mein Fehler, ganz allein meiner. Auf einmal würde es mich interessieren, wo ich den Unfall produziert habe. Wo auf der Strecke. Vielleicht ruft der Schock Erinnerungen zurück. Aber will ich das überhaupt? Will ich, dass meine Erinnerungen zurückkommen? Ich weiß es nicht. Ich weiß einfach gar nichts momentan und wenn ich für jedes 'Ich weiß es nicht', das ich mir in Gedanken sage, einen Euro bekommen würde, würde ich Millionärin werden. 

„Kannst du einfach mal aufhören, über alles und jeden nachzudenken?“, kommt es leicht aggressiv von der Seite und ich stelle das Glas ab, will antworten. Auf einmal liegen warme Lippen auf meinen, Hände ziehen mich auf Niall's' Schoß. Mein Gott, konnte er schon immer so gut küssen? Ich schließe die Augen, meine Finger krallen sich in den Kragen seines Shirts. Und auf einmal ist alles ganz klar. Auf einmal weiß ich, was ich will. Ihn. In diesem einen Moment will ich nur ihn. Seine Finger liegen längst nicht mehr auf meinen Hüften, haben sich unter mein Shirt verkrochen, fahren filigrane Muster. Verursachen Gänsehaut. Und daran, wie er in den Kuss grinst, erkenne ich, dass ihm gefällt, was er fühlt. Auch wenn er all das – meinen Körper schon kennt. Und für mich... Für mich ist es wie ein Geschenk auszupacken. Alles neu, alles so schön. So perfekt. Seine Lippen saugen sich an meinem Hals fest, seine Zunge zieht Muster über meine Haut. Himmel, er weiß, was er tut.Meine Hände zerren ihm das T-Shirt über den Kopf, werfen es in eine Ecke. Egal. Braucht man nicht. Ich berühre mit den Fingerspitzen ganz leicht seine Bauchmuskeln, fahre die Konturen seines unendlich perfekten Sixpacks nach, spüre wie er schaudert. Und auf einmal liege ich auf dem Rücken, befreit von Shirt und BH. Er liegt über mir, sieht mich mit einer Mischung aus Lust und Überraschung an. Seine Hände rechts und links von mir abgestützt. Und dieser intensive Blick. 

„Du bist wunderschön."  Gott, diese Stimme, diese verdammt sexy, raue Stimme. Er raunt es fast, haucht es gegen meine Haut und ich spüre die Gänsehaut. Gerade könnte er mir vermutlich alles sagen, ich würde es glauben. Allein deswegen, weil seine Stimme so verdammt sexy klingt. 

Wieder und wieder küsst er mich, lässt seine Hände über meinen Körper wandern. Er macht mich wahnsinnig. Ich habe die Augen geschlossen, genieße seine Liebkosungen. 

„Mach endlich“, keuche ich irgendwann. Ich will ihn. Jetzt. Ich weiß nicht, wo das her kommt, dieses Verlangen, aber es ist da und das einzige, was ich jetzt will, ist Niall. Mein Niall. Ich will Niall. Jetzt, hier, auf dieser bequemen Couch. 

„Sicher?“. Was war an 'mach endlich' so missverständlich? Ohne ihm eine Antwort zu geben, ziehe ich ihn wieder zu mir runter, küsse ihn wieder. Führe seine Hände zu meiner Hose. Jetzt. Nur er. Nur er zählt.

*

*

*

Ich fühle mich schlecht. Richtig schlecht. Verdorben. Irgendwie.Niall's Hand zieht Kreise auf meinem Rücken und ich sehe ihn selig grinsen. Klar, es war verdammt gut, aber... Jetzt... Nachher... Ich fühle mich nicht gut deswegen. Ich werde ihn wieder verletzen, das weiß ich. Ich kann ihm nicht geben, was er will. Er will eine Beziehung, aber ich... Ich weiß es einfach nicht. In einem Moment würde ich mit ihm bis ans Ende der Welt gehen, im nächsten ist er nur gut für den besten Sex meines Lebens und im nächsten könnte ich ihn am liebsten auf den Mund schießen. Rumhängen. Reden. Fast hätte ich geschnaubt. Wir haben nichts gemacht. Wir hatten nur Sex und jetzt liegen wir nebeneinander unter der Kuscheldecke auf der Couch und Niall geht’s wunderbar, ganz im Gegensatz zu mir. Ich bin einfach naiv. Dumm. Das war vermutlich gerade der größte Fehler, den ich machen könnte. Aber – bei Gott – es hat sich so verdammt gut angefühlt. Es hat sich richtig angefühlt. Ich stecke bis zum Hals in der Scheiße. Wahrscheinlich sogar noch tiefer. 

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