16. Kapitel: Dilemma

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Sie es doch endlich ein, Josy... ich habe keine Neue und ich werd auch keine haben, weil du die Liebe meines Lebens bist.

Ich starre ihn an, kann nicht fassen, was er gerade gesagt hat. Seine Hand wandert an meine Wange, streicht vorsichtig darüber. Er lächelt, ganz leicht. Aber sein Blick ist so verletzt. Und so hoffnungsvoll.

"Ich kann dir nicht geben, was du von mir willst", hauche ich, nehme seine Hand von meinem Gesicht. Deswegen bin ich doch gegangen. Weil ich es nicht ertrage, wenn er den alten Zeiten, dem alten Ich nachtrauert und nicht akzeptiert, dass ich das nie wieder sein werde. Weil er stur ist.

"Ich weiß". Wir reden leise, flüstern fast. Warum auch immer. Er hat meine Hand genommen, seine Finger mit meinen verschränkt. Deswegen bin ich gegangen. Weil ich für ihn alles bin und er für mich ein Freund, aber nicht der Freund.

"Aber du kannst es nicht akzeptieren!" Ich entziehe meine Hand seinem Griff, rutsche ein Stück von ihm weg.

"Doch." Ich ziehe eine Augenbraue hoch, er nickt. "Ich hab nachgedacht, okay?" Aha. Nachgedacht. Die ganze Geschichte genutzt, damit er mit mir reden kann, weil er wusste, ich würde seine Anrufe ignorieren und seine Nachrichten nur spärlich beantworten.

"Deswegen bist du gekommen", stelle ich fest, verschränke die Arme. Er seufzt.

"Josy, ich bin hier, weil Sarah mich völlig aufgelöst angerufen hat und mir erzählt hat, wie schlecht es dir geht. Ich war schon längst auf dem Weg, als ich dir geschrieben hab. Und es ist mein gutes Recht. Mir ist es doch genauso scheiße gegangen deswegen. Als mir das deine Mom erklärt hat, dass ich Vater geworden wäre, wenn der scheiß Unfall nicht gewesen wäre... Ich hab mich betrunken. Einfach um den Schmerz zu betäuben. Ich hab genauso ein Kind verloren wie du, ich bin genauso wenig glücklich damit wie du. Versuch du doch endlich mal,mich zu verstehen. Und ich hab mehr verloren als nur ein Kind: Ich hab dich verloren. Ich hab mir so Vorwürfe gemacht wegen allem und dass ich dir nicht den Freiraum gelassen hab, den du gebraucht hättest... Ich fühl mich so allein, seit du weg bist und ich kann einfach nicht glauben, dass du es beendest, weil du nicht damit zurechtkommst, dass du nichts mehr weißt. Das ist lächerlich." Tief atmet er ein, seine Brust hebt und senkt sich.

"Eben nicht! Schau, du verstehst mich einfach nicht und dir geht es nur darum, dass ich bei dir bin, weil du mich liebst. Aber ich liebe dich nicht und deswegen bin ich gegangen!" Ich habe die Hand vorwurfsvoll gehoben, lasse sie jetzt zurück auf die Matratze fallen.

"Du bist egoistisch, Josy. Ich hätte alles aufgegeben für dich, ich hätte um dich gkämpft, hätte von ganz unten angefangen. Mit einem ersten Date. Ich hätte dich zu Eis essen eingeladen, so getan als wärst du mir unbekannt. Ich hätte dich in ein Gespräch verwickelt, hätte dich nach Hause gebracht, dir Raum gelassen. Wenn ich das Gefühl gehabt hätte, du wärst soweit, hätte ich dich gefragt, ob du mit mir ins Kino willst. Ich hätte es so gemacht wie damals. Eis essen, Kino, in ein schickes Restaurant, einfach mal gemeinsam durch die Fußgängerzone spazieren. Aber du hast mir ja nicht mal die Chance gegeben." Er ist mir gefährlich nah gekommen, ich spüre seinen Atem auf meiner Haut, sehe genau die vor Wut zusammengezogenen Augenbrauen. Und ich muss mir eingestehen, dass er recht hat. Ich hab ihm nicht mal die Chance gelassen, zu beweisen, dass er von neu anfangen kann. Nein, ich bin einfach gegangen.

"Ich bin gegangen, weil du immer nur die alte Josy siehst. Das bin ich nicht mehr und das werd ich auch nie wieder sein. Aber du kommst anscheinend nicht von dem Gedanken weg, dass du für mich mal der richtige warst. Ständig hast du diesen liebevollen Blick drauf und ständig berührst du mich...". Ich schnaube. Depp. Braucht nicht glauben, dass sein Vortrag grad irgendwas an der Situation ändert.

"Ich mag deine Haut halt gern". Er grinst, zwinkert mir zu. Widerwillen muss ich lachen.

"Depp!" Meine Faust trifft ihn nicht wirklich hart, aber er lässt sich komplett fallen, hält sich den Arm und jammert vor sich hin. Vielleicht macht das das perfekte Paar aus: sich streiten, aber trotzdem noch miteinander lachen zu können. Aber wir sind kein Paar. "Kannst du nicht einmal ernst bleiben?" Sofort sitzt er kerzengerade da, sieht mich wieder so an wie vorhin.

"Kann ich... und ich kann dir auch sagen, woran es eben liegt, dass ich so schau und dich berühre: Gewohnheit. Du hattest nie ein Problem damit und jetzt ist es schwierig, das einfach so von heut auf morgen zu lassen. Aber solltest du uns wirklich eine Chance geben oder mir, dann muss ich das sowieso lassen...". Er sieht mich ernst an, seine Hand löst ihren Griff um meine und er zieht die Augenbrauen hoch, als wollte er sagen: "Siehst du, ich schaff das".

"Du hast die ganze Babysache doch nur als Vorwand genutzt zu kommen!" Er reißt die Augen auf.

"Nein, Josy. Ich wäre auch ohne das alles gekommen. Weil ich dir das einfach sagen musste und jetzt kannst du dir überlegen, was du willst". Ja... Was will ich? Ich will gesund sein, ich will nicht mehr diese schrecklichen Krücken benutzen müssen, aber das hat alles hiermit nichts zu tun.

"Und wenn ich nicht weiß, was ich will?", flüstere ich. Er lächelt kurz und sanft.

"Du hast genug Zeit zum Überlegen. Ich bin unten, helfe deiner Mom. Und ich bleibe eine Woche... und dann brauch ich einfach eine Antwort." Und die Tür fällt hinter ihm zu.

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Bis zum nächsten Mal :)

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