Kapitel 2

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Meine Freunde amüsierten sich natürlich und waren auf der Tanzfläche. Ich hingegen habe mich fürs erste an die hölzerne Bar gesetzt und bestellte einen Tequila Sunrise. Aus meinen Fehlern werde ich wohl nie lernen, da ich schon wieder ein alkoholisches Getränk wollte. "Danke.", sagte ich zum Barkeeper, nachdem er mir das Glas mit der Orangen Flüssigkeit  gereicht hat und ich bezahlt habe. Der Mann zwinkerte mir zu und machte sich dann wieder an die Arbeit, die nassen Gläser abzutrocknen.

"Komm doch auch tanzen.", meine beste Freundin erschien aus dem Nichts neben mir. "Nein, noch nicht. Ich brauche erst den Drink.", ich nahm den Strohalm in den Mund und trank einen Schluck. "Na gut, aber du wirst heute noch tanzen.", drohte sie mir und bewegte sich dann wieder zurück auf die Tanzfläche. Ich schüttelte belustigt über Violet meinen Kopf. Dann widmete ich mich wieder dem kühlen Getränk und versank in meinen Gedanken.

"Ich weiß zwar nicht wer du bist, aber ich würde es gerne herausfinden.", eine männliche, tiefe Stimme ertönte neben mir. Aus irgendeinem Grund verteilte sich eine Gänsehaut auf meinem Körper. Da ich mir aber nicht sicher war ob er mit mir spricht, schaute ich den Mann nicht an, sondern hielt meinen Blick auf der Theke gerichtet.

Auf einmal kam mir die Stimme von Jake in den Kopf und wie ich ihn an dem Abend erwischt habe. Nach der Arbeit bin ich nach Hause gekommen und weil ich früher Feierabend hatte, habe ich mich tierisch gefreut. So konnte ich mehr Zeit mit ihm verbringen. Unsere Arbeitszeiten waren sehr verschieden und deshalb sahen wir uns nicht so oft wie normale Pärchen. Trotzdem liebten wir uns. Das dachte ich zumindest bis zu diesem Abend.

Er war nicht im Wohnzimmer oder in der Küche, auch nicht auf dem Balkon. Darum ging ich ins Schlafzimmer, weil ich dachte er wäre vielleicht müde gewesen. Ganz im Gegenteil er sah ziemlich fit aus, als ich ihn da über der Frau liegen sah. Jake schaute mich damals so schockiert an und stammelte irgendwas von es sei nicht so wie es aussah. Das machte mich nur noch wütender und trauriger. Die Frau habe ich noch nie zuvor gesehen. Sie lag da in unserem Bett und sagte nichts. Im Endeffekt bin ich zu Violet gefahren, nachdem ich Jake eine Watsche gegeben und ihm gesagt habe, dass er bis zum nächsten Tag die Wohnung mit all seinen Sachen verlassen soll.

"Es ist nicht schwer zu erkennen, dass dich etwas bedrückt. Manchmal muss man etwas dagegen tun, um sich frei zu fühlen. Tanz mit mir und du wirst das alles vergessen.", der Unbekannte begann wieder zu sprechen und als seine Hand in meinem Sichtfeld erschien, war ich mir sicher, dass er mich meinte. Aber auf einen Tanz hatte ich gerade sicherlich keine Lust. Um ihm das zu sagen, hob ich meinen Kopf und schaute in seine Augen.

Wow.

Das war das erste was mir in die Gedanken schoss. Der Mann hatte grüne Augen, wie ich sie noch nie zuvor gesehen habe. Sie waren so wunderschön und zogen mich in ihren einzigartigen Bann. Ich war wie in einer Trance und vergaß total was ich eigentlich sagen wollte. Stattdessen war ich gefangen in dem Grün seiner Augen, die von einem genau so schönen Gesicht umschmeichelt wurden. Der Unbekannte hatte markante Gesichtszüge und einen drei-Tage-Bart. Seine schwarzen Haare waren nach oben zur Seite gestylt und seine Wimpern waren viel dichter, als bei anderen Männern.

"Nathan Reynolds.", stellte er sich vor und riss mich so aus meinen Gedanken. Ich räusperte und versuchte mich zu konzentrieren, was bei dem Anblick dieses Mannes kaum möglich war. Dazu trug er auch noch eine beige Chino Hose und ein weißes, lockeres Hemd, bei dem die obersten Knöpfe offen waren.

"Emilia Rutherford.", stammelte ich immer noch völlig perplex meinen Namen und legte meine Hand in seine. Daraufhin huschte ein Grinsen über sein perfektes Gesicht und da entdeckte ich ein kleines Detail, das ihn noch attraktiver machte, als er eigentlich schon war. Nathan hatte Grübchen.

"Es freut mich dich kennen zu lernen.", sprach er mit einer Selbstsicherheit, von der ich nur träumen konnte. Dann führte er mich auf die Tanzfläche, wo im Hintergrund gerade die Musik wechselte zu Obsesion von Aventura. Im ersten Moment war ich nicht besonders begeistert davon.

"Dazu kann ich nicht tanzen.", gab ich zu und schaute zu dem Mann empor. "Ich führe dich. Lass dich einfach von der Musik mitziehen.", meinte Nathan mit seiner angenehmen Stimme und zog mich an sich heran. Und plötzlich hatte ich sogar Spaß daran zu tanzen. Das lag wahrscheinlich daran, dass er ein sehr guter Tänzer war. Sein Bein, das zwischen meinen Beinen stand, führte mich durch das spanische Lied. So tanzte man Bachata. Wir waren so eng aneinander, das ich von seinem himmlischen Geruch umhüllt wurde. Ich sog ihn ein und fühlte jede seiner Berührungen auf meiner Haut. Dann drehte er mich von sich weg, aber unsere Hände blieben fest ineinander verschränkt. Als er mich wieder zu sich zog, landete meine Hand auf seiner harten Brust und ich glaubte seinen Herzschlag zu fühlen.

Während wir in dieser Blase unseres Tanzes eingehüllt waren, blendete ich alle anderen um uns herum aus und konzentrierte mich nur auf Nathan und die Tanzschritte. Es war so, als würden wir uns schon seit Jahren kennen und jeden Tag so miteinander tanzen. Es war surreal und ich konnte nicht glauben, dass das gerade passiert. Doch dann war das Lied zu Ende und wir standen uns dicht gegenüber und blickten uns in die Augen. Graue Augen gegen grüne Augen.

Seine Lippen waren einen Spalt geöffnet und ich fühlte mich so, als würden sie mich anziehen. Erst versuchte ich dagegen anzukämpfen, aber Nathan nahm mir die Entscheidung ab und küsste mich. Das Adrenalin in mir schwappte beinahe über, als er seine großen Hände auf meine Wangen legte und eine Blitz durch meinen Körper schoss.

Ich stand gerade auf einer Tanzfläche an einem Strand in Kuba und küsste einen Mann, den ich gerade mal zehn Minuten kannte. Aber es kam mir so vor, als würde ich Nathan schon eine Ewigkeit kennen. Der Kuss war magisch, voller Leidenschaft und einfach nur einzigartig.
Als wir uns voneinander lösten, fühlte ich mich plötzlich so leer und unerfüllt. Doch wir lehnten unsere Stirn aneinander, was meinem Körper wieder das Gefühl von Geborgenheit gab.

"Komm mit zu mir.", hauchte mir der gut Aussehende zu und schaute mir tief in die Augen. Normalerweise würde ich niemals mit einem fast fremden Mann mit gehen, aber was hier geschah war nicht normal. Dennoch schwenkte ich meinen Kopf zu Violet, die mich mit einer offenen Kinnlade musterte. Allein mit meinem Blick sagte ich ihr, was Nathan vorhatte und sie nickte daraufhin zustimmend.

"Du sollst wissen, dass ich im Normalfall nicht mit irgendwelchen Männern mitgehe.", stellte ich klar und schmunzelte. Meine Aussage amüsierte Nathan anscheinend, denn er grinste ebenfalls. "Solange du nicht mit irgendwelchen Männern mitgehst sondern mit mir, ist mir der Rest egal.", seine tiefe Stimme war wirklich erstaunlich. Wegen seiner selbstbewussten Ausstrahlung fühlte ich mich klein und nickte einfach nur als Antwort.

"Ein Kumpel von mir hat hier in der Nähe ein Haus und dort wohnen wir während dem Urlaub.", erklärte Nathan und griff nach meiner Hand. Er führte mich von der Tanzfläche weg, wobei ich mir noch kurz über die Schulter schaute und meine Freunde beim tanzen sah. Das beruhigte mich ein wenig.

"Warum hast du dir genau Kuba für den Urlaub ausgesucht?", fragte ich den Mann und genoss die Berührungen unserer ineinander verschränkten Finger. "Manchmal möchte man einfach ganz weit weg von zuhause sein und abschalten. Kuba ist eine wunderschöne Insel und ermöglicht mir völlige Ruhe.", wir liefen den weißen Strand entlang, während er mir das erzählte. "Und warum bist du hier?", fügte er seinen Worten hinzu und schaute kurz zu mir herab. Was sollte ich ihm denn erzählen? Dass mich mein Ex Freund betrogen hat und ich nicht daran denken möchte. Und dass ich einen Urlaub brauchte bevor ich den neuen Job antrete auf den ich eigentlich keine Lust habe, weil Jake mich dazu überredet hat dort anzufangen.

"Meine Freunde und ich wollten gemeinsam Urlaub machen. Da haben wir uns auf Kuba geeinigt.", es war immerhin nicht gelogen, ich erzählte bloß nicht alles. Keine fünf Minuten später hielten wir vor einer Villa, die einen direkten Zugang zum Strand hatte. War das etwa das Haus von dem Nathan gesprochen hat?

"Wir sind da.", meinte er und es war tatsächlich eine Villa, in der er seinen Urlaub verbrachte. "Das ist mal ein großes Haus.", betonte ich begeistert. "Warte bis du es von innen siehst.", Nathan öffnete das Metalltor und danach auch die Haustür mit einem Schlüssel, den er aus seiner Hosentasche gezogen hat.

One Night StandWhere stories live. Discover now