Kapitel 1

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Es fühlte sich so an, als würde ein Bauarbeiter in meinem Kopf mit seinem Presslufthammer den Asphalt aufschlagen. Was sollte ich auch erwarten nach der Party von gestern Abend. Wie viel habe ich eigentlich getrunken? Bei einem Glas ist es wohl nicht geblieben.

Mit einem schmerzerfüllten Gesicht hielt ich mir die Hand an den Kopf und verfluchte mich mal wieder dafür, dass ich es mit dem Alkohol übertrieben habe. Ich setzte mich auf und lies meine Beine vom Bett hängen. Diese Hitze hier drin war kaum auszuhalten und ich brauchte dringend eine Schmerztablette. Deshalb rappelte ich mich auf und verließ das Schlafzimmer, um in die kleine Hotelzimmerküche zu gehen.

Dort schnappte ich mir ein Glas aus dem Schrank und schüttete kühles Wasser hinein. Anschließend stöberte ich in meiner Handtasche herum, die auf dem Tresen lag und holte eine Tablette gegen meine Kopfschmerzen heraus. Die warf ich mir in den Mund und spülte sie mit dem Wasser herunter.

Da fiel mir gerade ein, dass mich Violet an diesem Morgen noch gar nicht vollgequatscht hat. Stirnrunzelnd schaute ich mich in dem überschaubaren Zimmer um, das Küche, Esszimmer und Wohnzimmer zugleich war. Aber meine beste Freundin war nicht hier. Ich entschied mich dazu auf den Balkon zu gehen, um ein wenig frische Luft abzubekommen, als ich mich der Glastür näherte, entdecke ich sie doch.

"Wow siehst du scheiße aus.", waren ihre Worte zur Begrüßung. "Du siehst auch nicht besser aus. Das nächste Mal lasse ich mich sicherlich nicht auf deine Trinkspiele ein.", antwortete ich der Blondine mit schulterlangen Haaren. Diese Frau war eine wahrhaftige Schönheit, vor allem ihre großen, blauen Augen. Und ich war stolz darauf sie meine beste Freundin nennen zu dürfen, auch wenn sie manchmal ziemlich nervig war.

"Tu nicht so, als hättest du keinen Spaß gehabt. So hast du wenigsten nicht an Jake gedacht.", lachte Violet und trank dann ihren Kaffee. Wo sie recht hat, hat sie recht. Mein Ex war ein riesen Arschloch. Wir waren knapp fünf Jahre zusammen und dann hat er mich vor drei Wochen mit einer anderen betrogen. Solche Männer gehören einfach kastriert. Jake hat mir mein Herz gebrochen und dieser Urlaub mit meinen Freunden brachte mich auf andere Gedanken.

"Da hast du wohl recht. Trotzdem glaube ich, dass mein Kopf gleich platzt.", auf dem freien Stuhl gegenüber von Violet nahm ich platz und beklagte mich über meine Schmerzen. Die wunderschöne Aussicht auf den Strand von Kuba machte das Ganze dennoch etwas erträglicher.

"Dann solltest du bis heute Abend etwas dagegen tun.", meinte sie mit einem Grinsen in ihrem Gesicht. Das bedeutete nichts Gutes ...
"Oh nein, was kommt jetzt schon wieder?", murmelte ich und schnappte mir wenig begeistert ihren Kaffee. "Heute Abend ist eine Strandparty unten am Meer!", völlig begeistert riss sie ihre Augen auf, die schon fast so hell wie der Himmel waren. "Das kannst du vergessen.", ich schüttelte meinen Kopf und gab ihr nach einem Schluck von dem Kaffee die Tasse wieder zurück.

"Emilia, jetzt sei doch nicht so. Das wird bestimmt lustig. Brooke, Isaac und Toby  kommen auch.", versuchte sie mich weiter zu überreden. Die drei gehörten ebenfalls zu meinem engsten Freundeskreis.
"Ich weiß nicht.", einerseits hatte ich wirklich gar keine Lust auf eine weitere Party. Viel lieber würde ich mich an den Pool legen und mich Sonnen. Aber andererseits würde ich schon gerne hingehen, da ich noch nie auf einer Strandparty war.

"Komm schon.", Violet zog eine Schnute und blinzelte mit ihren Augenlidern. "Na gut.", schnaufte ich und verdrehte meine Augen. "Du bist die Beste!", sie sprang auf und legte einen kurzen Tanz hin. Oh Gott, war die Frau verrückt.

"Wann fängt die Party an?", wollte ich wissen.
"Um 20 Uhr glaube ich.", nachdenklich schaute mich meine beste Freundin an. "So früh?", verwundert zog ich meine Augenbrauen zusammen. "Ja klar. Das ist keine Disco. Am Strand wird auch spanische Musik gespielt.", mit einer passenden Oberkörperbewegung zeigte sie mir ihre kubanischen Tanzmoves.
"Das wird ja lustig.", mit dieser sarkastischen Bemerkung stand ich auf und erlöste mich von den heißen Sonnenstrahlen, die mir ins Gesicht schienen.

Ich schlenderte ins Badezimmer, um mir die Zähne zu putzen und duschen zu gehen. Die völlig verkaterte Gestalt im Spiegel hatte einen hellbraunen, zerzausten Dutt auf dem Kopf. Meine Augenringe hatten schon fast eigene Augenringe und auf meinen vollen Lippen waren noch rote Reste von dem gestrigen Lippenstift. Ich verdrehte meine Augen und konnte es mal wieder selbst nicht glauben was mit mir passiert ist.

Vor der Trennung mit Jake war ich nie so oft feiern. Eher war ich eine ruhige Person, die lieber zuhause geblieben ist und den Abend mit einem Wein und einem Film ausklingen lassen hat. Aber das gehörte der Vergangenheit an. Die Trennung hat mich verändert und bis jetzt wusste ich noch nicht ob es gut oder schlecht war.

Wie dem auch sei, öffnete ich nach dem Zähneputzen meinen Dutt und fuhr mit meinen Fingern durch mein dichtes Haar. Dann entledigte ich mich meiner Klamotten und stieg unter die Dusche. Fünfzehn Minuten später stand ich mit einem Handtuch auf dem Kopf und um meinen Körper gebunden wieder vor dem Spiegel und cremte mir mein Gesicht ein. Die Make-up Reste waren jetzt weg und ich fühlte mich schon viel besser.

Nur mit dem Handtuch bedeckt wanderte ich ins Schlafzimmer und suchte in meinem Koffer nach den passenden Klamotten für den Tag. Gleichzeitig schaute ich auch schon nach einem Outfit für heute Abend.

🔹🔹🔹

Hergerichtet für den Abend stand ich im Flur unseres Hotelzimmers und wartete auf Violet, die wie immer länger als ich brauchte. Während ich schon mein weißes Sommerkleid mit V-Ausschnitt und dazu weiße Sandalen trug, stand sie noch vor dem Spiegel und glättete ihre Haare. Meine braunen Haare waren zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengebunden und um meinen Hals hing eine goldene Kette. Natürlich hatte ich dazu die passenden Ohrringe an.

"Fertig.", lächelnd trat die Blondine aus dem Badezimmer und zeigte mir ihr Outfit. Es war ebenfalls ein Sommerkleid, aber in Türkis mit Blümchen darauf. "Wie viele Männer willst du heute aufreißen?", scherzte ich und wackelte mit meinen Augenbrauen. "Mal sehen was sich so ergibt.", spielte sie mit und schnappte ihre kleine Handtasche. Dann verließen wir unser Hotelzimmer und gingen zum Aufzug, um in den Eingangsbereich des Hotels zu gehen, wo wir die anderen treffen sollten.

"Kann man euch kennenlernen?", eine bekannte Stimme näherte sich von hinten an. Violet und ich drehten uns fast synchron um und entdeckten Toby, der im selben Stockwerk wie wir wohnte. Der blonde Mann kam auf uns zu und trug selbst eine kurze Hose und dazu und Poloshirt.

"Nur hübsche Männer dürfen uns kennenlernen.", antworte Violet mit einem Zwinkern. "Autsch.", scherzte Toby und hielt sich die flache Hand auf die Brust in Höhe seines Herzens. Der Ton des Aufzugs erklang und wir stiegen ein. Grundsätzlich hasste ich diese Dinger. Ich hatte immer diese Horrorvorstellung, dass der Aufzug stecken bleibt oder nach unten kracht und alle in den Tod zieht. Bei dem Gedanken schüttelte ich meinen Kopf, um nicht mehr darüber zu grübeln.

Im Erdgeschoss angekommen öffneten sich die Metalltüren wieder und ich eilte zuerst aus dem engen Raum. "Ich habe mich schon gefragt was mit dir los ist, weil du so ruhig im Aufzug warst. Aber hier bist du ja wieder. Die ängstliche Emilia.", lachte Toby und ärgerte mich wie immer. "Das ist nicht witzig.", stellte ich mit einem grimmigen Gesichtsausdruck klar, aber meinte es natürlich nicht böse. Es war mir egal, was andere von mir denken.

"Seid ihr fertig? Wir würden jetzt nämlich gern zur Party gehen.", Brooke grinste und deutete mit einem Kopfnicken auf den Ausgang. Sie stand dicht neben Isaac, der seinen Arm um ihre Taille geschlungen hat. Die beiden waren beinahe im Partnerlook angezogen. Während Brooke, passend zu ihrer erstaunlichen Figur, ein enges rotes Kleid trug, zierte ein rotes T-Shirt Isaacs Oberkörper.

"Ja, lasst uns gehen. Emilia hat sowieso nicht besonders viel Lust, also dürfen wir ihr keine Möglichkeit geben einen Rückzieher zu machen.", beschloss Violet und schaute in die Runde. Ich konnte in ihren blauen Augen erkennen, wie sehr sie sich auf diese Party freute. Sie war generell eine totale Partygängerin, ganz im Gegensatz zu mir. Bis heute fragte ich mich, wie wir beste Freunde werden konnten.

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