Kapitel 50

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Johannes' POV


Nun verabschiedete sich auch Nitti von ihnen und trat den Weg in eines der Gästezimmer an, um sich etwas auf's Ohr zu legen. Er nahm Hannes kurz in eine Umarmung und klopfte Mark auf die Schulter, stoppte kurz, wollte wohl etwas sagen, seufzte allerdings nur und ging dann mit einem kurzen Gruß aus dem Zimmer. Anna war bereits vor einiger Zeit zu Bett gegangen.

"Du kannst ruhig schlafen gehen." Mark saß vornübergebeugt neben ihm auf dem Sofa und drehte die Bierflasche in seinen Händen, schien nachzudenken. In der letzten Stunde hatte er sich kaum an ihrem Gespräch beteiligt, war nur in seinen Gedanken gefangen. Hannes lehnte sich zurück, nahm auch einen Schluck von seinem Bier. "Ich muss jetzt nicht schlafen."

Er würde Mark hier nicht allein sitzen lassen. Wieder musterte er ihn von der Seite. Er machte einen gefassteren, auch gestärkten Eindruck, obwohl ihn die vielen, auch schwierigen, Termine, die er so ganz nebenbei erwähnt hatte, sichtlich geschlaucht hatten, er unglaublich müde wirkte. Dass sie ihn bei den 'Voice Kids' so abgespeist hatten, konnte Hannes nicht verstehen, aber das Business war hart. Es ging eben um Einschaltquoten und viel Geld.

"Wann hast du denn vor mit deinem Manager zu sprechen? Die Tour fängt ja bald an und es sind sicherlich noch Vorbereitungen zu treffen." Hannes wusste ja selber, wie viel Vorarbeit geleistet werden musste, bis so ein Konzert tatsächlich stand und durchgezogen werden konnte. Mark zuckte mit den Schultern. "Schon bald, aber dazu muss ich den Kopf frei haben. Ich hoffe, dass er das versteht."

Hannes wüsste nicht, ob er das mit seinem Sturkopf nach so einem hin und her noch könnte, aber das Verhältnis zwischen Mark und Esteban war ja auch nicht typisch für die Branche. Schon bei 'Sing meinen Song' war ihm aufgefallen, wie eng bei ihnen alles abgesprochen war und wie akribisch sein Manager auf alles acht gegeben hatte.

Er selber war auch die letzten Tage im Studio gewesen und hatte mit den Jungs den Ablauf für ihre Tour durchgearbeitet. Doch bei ihnen war soweit alles klar. In vier Tagen würden sie in Emden den Auftakt spielen und alle waren schon ganz heiß darauf. Jetzt musste nur die Sache mit Max in eine gute Richtung gehen, wovor hier alle Angst hatten. Mark natürlich besonders, der seine Finger den ganzen Abend nervös bearbeitet hatte, ansonsten jedoch versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. Doch Hannes wusste, wie es in ihm aussah.

Auch ihn selber ließ diese Situation ja nicht kalt. Fast jeden Tag hatte er Max und seine Mutter besucht, war für sie der erste Ansprechpartner geworden, was nicht immer einfach war. Gerade diese Situation jetzt brachte ihn an eine Grenze, an welcher ihm die Worte ausgingen, da alles so unvorhersehbar war. Niemand konnte wirklich sagen, was passieren würde, außer, dass jetzt die Aufwachphase im Gange war.

Mark seufzte schwer auf und wie selbstverständlich legte Hannes seinen Arm um ihn, der immer noch so vor sich hin sah und grübelte. "Du darfst mir auch sagen, was du denkst. Ich mein, vielleicht ist es ja etwas, wo ich auch was dazu beitragen kann." Er hörte Mark leicht auflachen, dann lehnte sich dieser endlich zurück und Hannes zog ihn näher zu sich. "Es dreht sich doch alles im Kreis." murmelte er. "Da wünscht man sich, dass er endlich aufwacht, und dann hat man solche Angst davor, als würde man es von sich wegschieben wollen. Ich war noch nie so ohne klaren Gedanken wie jetzt gerade, wie in dieser Zeit."

Hannes strich ihm über den Arm. "Es ist ja auch nichts klar. Glaub mir, mir geht's auch so. Vielleicht kann ich das etwas rationeller abhandeln als du, aber die Unsicherheit spür' ich auch. Es ist da immer dieser kleine Prozentsatz, der auch passieren kann. Daran bleibt man unwillkürlich hängen." Von zirka zwanzig Prozent Restrisiko hatten sie gesprochen. Und die blieben auch bei Hannes haften, nicht die achtzig Prozent, dass alles gut ging.

"Hmm." brummelte Mark neben ihm und Hannes spürte, wie er sich in seinem Arm gehen ließ, was ihn freute. "Ist mit dir und Anna wieder alles in Ordnung?" Hannes musste bei dieser Frage schmunzeln, hatte sofort ein Grinsen im Gesicht. "Ja, ist es." Innerlich dachte er kurz an seinen Plan. Sollte er ihn jetzt schon Mark mitteilen? Doch, sie waren so eng zusammengewachsen. Wenn nicht ihm, wen sollte er es sonst erzählen? Momentan wusste es noch niemand.

"Ich werde ihr nach der Tour einen Antrag machen." Mark löste sich aus der Umarmung und sah ihn ungläubig, aber mit einem Lächeln im Gesicht an. "Nicht dein Ernst." Kurz stieß er einen Juchzer aus, nahm ihn aber sofort in den Arm. "Ey, das freut mich." Sie sahen sich wieder an und Hannes räusperte sich. "Ich weiß noch nicht genau, wie, aber ich habe das Gefühl, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist. Wir wollten das ja nie. Aber ich möchte ihr auch das letzte Rest Gefühl geben, dass sie die Einzige für mich ist." Sie waren wieder glücklich, dennoch schwebte der Kuss immer noch wie eine kleine Wolke über ihnen.

"Und du? Hast du Lena wiedergesehen?" Sie hatten sich die Tage nicht geschrieben, aber nach Mark's Andeutungen war da auch kaum Zeit oder Nerv dafür gewesen. Er nickte und lehnte sich wieder in seinen Arm. "Sie ist grad bei mir. Natalie auch. Wir lassen es langsam angehen, ist auch irgendwie komisch, weil wir uns ja kennen, auch die Macken vom anderen." Er lachte auf, was Hannes sehr gefiel. "Eigentlich fehlt uns nur der Alltag und der...Sex." Dann kicherte er richtig und auch Hannes musste schmunzelnd den Kopf schütteln.

Es war schön, dass auch bei ihm das Leben weiterzugehen schien, trotz der Probleme, die da waren. Und dass er in Lena eine Liebe gefunden hatte, freute ihn sehr. Kurz seufzte er auf, drückte seinen Freund nochmal und nahm einen Schluck aus der Flasche. Es war bereits weit nach Mitternacht. Sein Handy lag auf dem Tisch und würde anschlagen, wenn Max' Mutter Informationen geben könnte. Ein kleiner Blick zu Mark zeigte ihm, dass dieser sich nicht schlafen legen würde, also blieben sie gemeinsam sitzen und warteten darauf, dass das Leben sich auch für Max wieder weiterdrehte.



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