Kapitel 38

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Mark's POV


Dagegen sagen durfte er nichts, also ergab er sich in sein Schicksal und legte sich nach der Ankunft in der Wohnung brav auf das Sofa, ließ sich sogar zudecken. Er fand diese Fürsorge ja irgendwie goldig, aber lieber hätte er Hannes nicht mit zum Arzt genommen. Nun war er sich sicher, dass sie ihn noch genauer beobachten würden, und wenn er auch nur ein falsches Zucken von sich geben würde...

Natürlich hatte Hannes allen sofort davon berichtet, damit auch wirklich jeder auf ihn acht geben konnte. "Wenn ihr denkt, dass ich jetzt nur noch im Bett bleibe, dann irrt ihr euch aber gewaltig." Sie sollten wissen, dass er immer noch erwachsen war und selbst entscheiden konnte, was gut war und was nicht. Und dass so viel los war die letzten Tage, lag ja auch nicht nur an ihm allein.

Nati lächelte ihn zuckersüß an. "Das sehen wir dann. Möchte der Herr vielleicht einen Kaffee?" Nun ja, einen Vorteil hatte es vielleicht, also nickte er. "Gerne, aber du weißt, wie ich ihn mag. Nicht zu viel Zucker, ne? Ich kann ihn mir ja leider nicht holen." Sollten sie merken, was sie davon hatten.

Seine Gedanken gingen zu Max zurück. So furchtbar es war, ihn so zu sehen, doch er war ihm nah gewesen, hatte diese Verbindung gespürt, welche zwischen ihnen existierte und das hatte sich gut angefühlt. Richtig gut. Wieder merkte er, dass seine Augen feucht wurden, wenn er daran dachte, und schon richteten sich zwei Augenpaare auf ihn. "Wie war das mit 'Wenn du heulen musst, ist das ok'?" Er musste selber über seinen Ausspruch lachen und auch Hannes und Nitti, die ihn gemustert hatten, schmunzelten nun.

Vorsichtig balancierend kam Nati mit dem Kaffee zurück. "So voll, wie er ist, hast du entweder zu viel Milch oder Zucker rein." mutmaßte Mark grinsend, nahm ihr die Tasse ab und schlürfte sofort davon ab. Beides war zu viel, dennoch nahm er noch einen großen Schluck, durch die viele Milch war er ja nicht heiß.

Da Nati wieder Richtung Küche lief und die beiden Jungs im Gespräch vertieft schienen, holte Mark sein Handy hervor und beantwortete mal wieder die Nachrichten, die ihn erreicht hatten. Wie fast jeden Tag musste er schmunzeln, wenn er den Chat zwischen Lena und sich öffnete und er das Herz sah, welches sie ihm täglich schickte. Nichts sonst. Doch jedesmal musste er grinsen, wenn er es sah. Bei dem ersten hatte sie noch geschrieben, dass er nicht antworten soll. Wahrscheinlich, weil sie ihn nicht bedrängen wollte. Doch heute ging es ihm gut. Er hatte Max gesehen. Ihn berührt. Lächelnd klickte er das Herzemoji an und schickte es ab. Dann legte er das Handy wieder auf den Tisch.

Er sah zu Hannes, der mit Nitti am Esstisch saß, und gerade mit den Händen etwas zu erklären schien. Vielleicht ging es ja um seine eigene Tour, welche auch in ungefähr einer Woche starten würde. Hannes und seine Band gingen dabei immer etwas anders vor, als er selber, der sich die letzten Wochen davor lieber intensiv mit seinen Leuten im Studio verkroch und dann direkt in die Tour startete. Hannes war da lockerer. Sie waren schon so gut vorbereitet, dass sie nur die letzten Tage nochmal alles durchgehen und dann innerhalb von vierzehn Tagen alles abbrennen würden. Bis dahin musste er soweit hergestellt sein, dass Hannes ihn sorgenfrei nach Berlin gehen lassen konnte.

"Wie geht's dir? So nach gestern." Anna setzte sich zu ihm und lächelte ihn an. Mark freute sich, auch mal ein paar Worte mit ihr zu wechseln. Sie war eine tolle Frau, hatte ihn auch nach dem Kuss von Hannes mit offenen Armen aufgenommen. "Du hast das mit dem Brief gewusst." gab er zurück. Das war zwar keine Antwort, aber es interessierte ihn. Sofort huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. "Max' Mutter hatte morgens früh angerufen und es erzählt. Da wusste Hannes ja noch nichts von dem Termin, aber ich dachte mir schon, dass es gut werden würde. Eine tolle Frau." meinte sie und Mark konnte dem nur zustimmen. "Ja. Ich wusste im ersten Moment gar nicht, was ich denken sollte, das hat mich so umgehauen. Wenn sie, die anderen natürlich auch und vor allem Hannes nicht gewesen wären...ich weiß ehrlich nicht, wo ich jetzt stehen würde." Sie strich ihm über den Arm. "Du magst ihn, nicht wahr?" Sie sprach leise, doch Mark war sich sicher, dass Hannes sie nicht hören konnte. Wollte sie mit ihm über den Kuss sprechen?

Er legte seine Hand auf ihre. "Anna, ich kenn' euch jetzt so lange. Und natürlich mag ich ihn, sehr sogar. Und nach diesem Erlebnis und den schweren Tagen noch tausendmal mehr." Mark machte eine Pause, überlegte kurz. Ob er jetzt die richtigen Worte fand? Doch dann fiel ihm etwas ein. Er griff nach seinem Handy, öffnete es, fand, was er suchte und reichte es ihr. Als sie auf das Display blickte, konnte er sehen, wie sie erst große Augen bekam, sich dann schmunzelnd eine Hand vor den Mund hielt und gleichzeitig Tränen ihre Wangen herunterliefen. Leicht schluchzend sah sie zu ihm hoch. "Ist das wahr?" hauchte sie. Mark nickte und doch war er bestürzt, wie Anna plötzlich immer mehr Tränen kamen. Was musste seit dem Kuss in ihr vorgegangen sein, welche Ängste hatten sie gequält. Er schluckte schwer, wusste nicht, was er noch tun konnte, um ihr zu helfen.

Doch, eines half immer. Er setzte sich auf, öffnete einfach seine Arme und drückte sie ganz eng an sich. Sofort ließ sie sich in die Umarmung fallen und er spürte, wie ihre Tränen seinen Pulli tränkten. So hielt er sie eine Weile im Arm, strich ihr sanft über den Rücken. Ihre aufgestaute Verzweiflung, die sich nun entlud, tat ihm weh. Doch irgendwann schniefte sie nur noch leicht. Als sie sich vollständig beruhigt hatte und von ihm löste, lachte sie ihn erleichtert an. Er nahm ihre Hand, erwiderte das Lachen sofort, strich ihr die Tränen von den Wangen. "Alles wieder gut?" fragte er leise und sie nickte. "Danke." murmelte sie, strich ihm kurz über seine Wange, stand dann auf und verließ den Wohnraum. Mark seufzte auf und sah ihr betrübt hinterher.

Dann wandte er den Blick wieder nach vorne, ließ ihn über Nati schweifen, die wohl etwas in der Küche zubereitete, um dann bei seinen Freunden hängen zu bleiben und bei den Augen von Hannes, die ihn ernst musterten.

FateWhere stories live. Discover now