Kapitel 1

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Mark's POV


Es war kalt draußen und noch hell, als er seinen Wagen endlich vor dem großen Mehrfamilienhaus parkte, und sein frierender Freund eilig die Tür öffnete und auf der Beifahrerseite Platz nahm.

"Hättest du dich nicht melden können, dass du später kommst, dann wär ich oben geblieben." maulte ein immer noch zitternder Max und rieb sich die kalten Arme.

Mark sah entschuldigend rüber, konnte sich allerdings ein Schmunzeln bezüglich des süßen Gesichtsausdruckes, das er sah, nicht verkneifen. "Da war wirklich Stau und immer dachte ich, jetzt geht's weiter. Aber ich hätte auch geklingelt, wenn du nicht dagestanden wärst." Sein Freund sah ihn nicht an, aber er wusste, dass er nicht wirklich sauer war, ein bisschen brummlig vielleicht, aber das würde ihnen die Laune auch nicht verderben.

Sofort startete er den Motor wieder und fuhr los.

Es war Februar und Mark hatte gerade den ersten Teil seiner Ganzjahrestour hinter sich gelassen, immer noch in dem euphorischen Hype, wie perfekt sich alles angefühlt hatte, trotz Erkältung, die ihn immer noch leicht quälte.

Dass er bei seinen Club-Konzerten auch Witze über Max Giesinger gerissen hatte wusste der andere, würde es ihm bei nächster Gelegenheit auch heimzahlen, da war er sich sicher.

"Wie läuft es bei dir und Lena?"

Mark musste schlucken, wurde aus seinen wohligen Gedanken gerissen. Warum musste er ausgerechnet jetzt damit anfangen. Aber es war eigentlich klar, dass es kommen würde. Seit dem letzten Treffen war einige Zeit vergangen und die neue Staffel von 'The Voice Kids' war schon zum Teil abgedreht. Und dieses Mal war Lena wieder dabei.

Und Max wusste es. Nicht, weil er es ihm erzählt hätte, doch als sie sich vor fast zwei Jahren bei einem Bierchen getroffen hatten, hatte Max ihn direkt mit 'Satellite' konfrontiert, dem Lied, dass er bei 'Sing meinen Song' an Lena ihrem Abend gesungen hatte. Er hatte nicht locker gelassen und ihm so lange den Spiegel vorgehalten, dass er es nicht mehr verneinen konnte.

Viele hatten ihn ebenso danach gefragt, weil er dieses Lied mit all seinen Gefühlen gespickt hatte, deren er überhaupt fähig war, doch die meisten waren mit der Aussage, er sei doch Sänger, da sollte er doch Emotionen transportieren können, zufrieden gewesen. Nur Max nicht, und Nitti. Die einzigen Menschen, die nun wussten, wie er wirklich fühlte.

Er zuckte mit den Schultern. "Naja, weiß nicht so. Es ist für sie nicht leicht nach der Trennung. Und die Hates, die immer wieder aufkommen, belasten jetzt noch mehr. Fehlt halt die Schulter zum Anlehnen."

Max legte ihm eine Hand auf seinen Arm. "Du weichst mir aus. Das hab ich nicht gefragt. Also hast du ihr nichts gesagt?"

Unruhig zappelte Mark mit seinem Bein. Ihm war bewusst, dass sein Freund ihn nicht pushen wollte, doch unweigerlich spürte er den Druck in der Brust, wenn er daran dachte. Er atmete schwer ein und aus, schüttelte den Kopf. "Nein." war alles, was er über seine Lippen brachte.

"Ach, Mark!" Es klang nun doch etwas ärgerlich von Max. "So eine Gelegenheit bekommst du so schnell nicht wieder. Die Blinds sind so intensiv, das bindet. Ich weiß ja jetzt, was du immer gemeint hattest, wenn du darüber gesprochen hast. Und jetzt hast du endlich die Möglichkeit, Lena nah zu kommen und lässt es verstreichen. Mann, ich versteh' dich nicht. Du bist doch sonst nicht so ängstlich!"

Mark schnaufte wiederum kurz tief durch. "Ich will's einfach nicht verkacken!"

Er war ihr ja nah gekommen. Sie hatten während der Show so viel gelacht. Mit Steff und den BossHoss. Es war fast so wie in Südafrika gewesen. Doch er hatte auch ihren Kummer gespürt, den sie zu verstecken versuchte, und er wollte sie nicht zusätzlich verwirren, sie dazu treiben, auf Abstand zu gehen. Auf Abstand zu ihm. Das würde er noch weniger verkraften, als diese unerwiderte Liebe.

"Es ist einfach noch nicht die Zeit dafür." murmelte er zaghaft. "Versteh' mich doch."

Doch Max schien nicht aufgeben zu wollen. "Du bist einfach feige, das ist alles. Wenn es so ist, dann steh' doch dazu! Aber dieses ganze sentimentale Gerede 'es ist noch nicht soweit', wann soll es denn sonst soweit sein?! Sie ist Single, verdammt noch mal! Irgendwann kommt ein anderer daher, der mehr Eier in der Hose hat, und sie ist weg!"

Sein Kopf brummte. Einerseits wegen den immer noch bestehenden Kopfschmerzen aufgrund der Erkältung, andererseits hatte Max ja recht. Er war feige. Feige, dass mit seinem Geständnis auch das letzte bisschen Hoffnung verloren wäre, weil sie ihn eben nicht so mochte, sie es sich nicht vorstellen konnte, dass sie und er...

Kräftig trat er auf die Bremse, hätte fast die rote Ampel vor sich übersehen.

Dieses Thema war nicht gut für ihn. Zu viele unterdrückte Gefühle hatten ihn mürbe gemacht, so dass ihn allein das Ansprechen aufwühlte. "Können wir nicht das Thema..."

"Mark, ich weiß, dass du nicht darüber reden willst, aber nachher geht's nicht mehr mit den Jungs." Sie waren gleich bei dem Café angelangt, wo sie sich mit den beiden Johannes', Strate und Oerding von Majo Majo, treffen wollten. "Werf doch endlich mal all deine Zweifel über den Haufen und zeig ihr, wer du bist! Oder willst du, dass ich es tu? Ich hab da keine Hemmungen."

Mark starrte ihn an, sein Herz schlug heftig gegen seine Brust. "Das wagst du nicht..." Panik wallte in ihm hoch. Er würde doch nicht...er war sein Freund. "Das...Ich muss doch entscheiden, wann der richtige Zeitpunkt..."

Max lachte auf. "Als ob du das könntest. Lena wird dich nicht hassen. Aber irgendjemand muss doch mal die Initiative ergreifen. Sonst wird das nie was."

Es wurde grün und Mark fuhr los, innerlich zitternd. Würde Max es wirklich tun und gegen seinen Willen...

Wäre er konzentriert gewesen, hätte er es vielleicht früher bemerkt. So hörte er nur das Quietschen von Bremsen und den Schrei von Max, bevor der Aufprall sie über die Straße schob.

Sofort waren alle Airbags aufgegangen, sie wurden hin und her geworfen und kamen letztendlich mit einem Knall zum Stehen, als sie gegen den Pfeiler stießen.

Sein Herz hatte vor Schreck aufgehört zu schlagen. Mark atmete hörbar aus, seine Hände, die er noch am Lenkrad hielt, zitterten heftig. Er spürte wie etwas feuchtes den Rachen hoch kam und erbrach Blut, würgte, bis es aufhörte. Schmerzen hatte er zwar keine, doch er fühlte sich merkwürdig dämmrig, während er voller Angst nach rechts zu Max sah, der zusammengesunken und blutend neben ihm saß, die Augen geschlossen.

"Max." flüsterte er. Doch schon senkte sich ein Schleier über seine Augen und er fiel in ein schwarzes Loch.


FateWhere stories live. Discover now