Kapitel 33

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Johannes' POV


Er konnte es immer noch nicht fassen, doch Mark hatte sich geweigert, darüber zu sprechen. Natürlich hatte er danach fast nichts gegessen und ihm jedesmal einen bittenden Blick rüber geworfen, wenn er wohl Bedenken hatte, dass Hannes etwas erwähnen würde.

Nun lag er in seinem Bett und konnte nicht schlafen. Und er war sich sicher, dass es Mark nicht anders ging. "Schau' doch nach ihm, Schatz." Anna drehte sich zu ihm und strich mit ihrem Finger über seine Brust. "Du machst dir doch Sorgen." Ihr hatte er davon erzählt, als sie zu ihm unter die Decke gekrochen war, nachdem sie ihren fix und fertigen Sohn ins Bett gebracht hatte.

Vielleicht hatte sie ja recht, und wenn er doch schlief konnte er ja wieder gehen. "Geh', Schatz. Sonst kommst du nicht zur Ruhe." Er sah sie lächelnd an. Sein schlechtes Gewissen schob er etwas zur Seite. Er fühlte sich doch wohl bei Anna, erzählte ihr alles, küsste sie, schlief mit ihr. Ja, es war doch Liebe, was er fühlte. Dieser kurze Gedanke an einen Kuss mit Mark konnte, nein, durfte einfach nichts bedeuten.

Hannes drückte ihr zärtlich einen Kuss auf die Lippen und stand dann doch auf, ging leise auf den Gang hinaus und schaute vorsichtig in die Wohnstube. Der gedimmte Deckenfluter tauchte den Raum in warmes Licht und tatsächlich lag Mark mit offenen Augen auf dem Sofa, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, den Blick gegen die Decke gerichtet.

Er sah müde aus und gerade nach diesem harten Tag wäre ein erholsamer Schlaf so wichtig. Aber Hannes verstand auch, dass er es nicht konnte, nach dem, was Esteban gesagt hatte. Es würde ihm nicht anders gehen, wenn man seine Tour abblasen wollte, weil er mit einem traumatischen Erlebnis nicht zurecht kam.

Hannes räusperte sich. "Kann ich zu dir kommen oder willst du allein sein?" Mark schien überrascht, wandte den Kopf ihm zu, nickte dann aber und richtete sich auf. Hannes trat nun näher, setzte sich, wie so oft, schräg vor ihm auf die kurze L-Seite.

Sanft lächelte Mark ihn an und obwohl er die Wärme im Blick erkennen konnte, kaufte Hannes ihm das so nicht ganz ab. Doch bevor er etwas sagen konnte, kam ihm dieser mit "Kannste nicht schlafen?" zuvor. Er schüttelte den Kopf. "Du ja auch nicht." "Hm." machte Mark nur und musterte ihn. Warum nur hatte Hannes das Gefühl, dass sein Freund nicht mit ihm reden wollte. Aber irgendetwas musste er jetzt sagen, sonst hätte er auch liegen bleiben können. "Geht's dir besser?" war dann alles, was ihm einfiel. Das Grinsen in Mark's Gesicht wurde nun breiter, aber er nickte dann doch.

"Was ist los, Hannes? Warum schläfst du nicht?" Mark legte seinen Kopf etwas schräg, fixierte ihn mit seinem Blick. Was für eine Frage. Darüber konnte Hannes nur den Kopf schütteln. "Vielleicht weil ich mir Sorgen mache?" Ungläubig blickte er in dieses lächelnde Gesicht, welches ihn nun noch mehr aufregte, weil auch das Grinsen diese Erschöpfung, die sich dahinter verbarg, nicht verdecken konnte. "Mensch, Mark! Warum sagst du uns nicht, wenn es dir nicht gut geht? Kannst du dir vorstellen, was für einen Schreck ich bekommen hab?"

"Du musst mir doch nicht überallhin folgen." Dieser belustigende Unterton machte ihn grad mehr als wütend. Doch dann legte Mark eine Hand auf seinen Arm und seine Stimme wurde ruhiger und sanfter. "Es wird Zeit, dass ich wieder anfange selbst zu entscheiden, wie es weitergeht. Und da ist es nicht gut, wenn ihr euch immer solche Sorgen macht. Das will ich nicht." Und wie stellte er sich das vor? In seinem Zustand. "Ach, und du meinst, wenn du verheimlichst, dass du dich übergeben musst, machst du es besser für uns?"

Hannes wusste, was er eigentlich damit aussagen wollte, aber das war nicht die Lösung. "Wir machen alles für dich Mark, aber du musst offen sein. Nur dann können wir dir richtig zur Seite stehen." Er musterte ihn nochmal und das versetzte ihm doch einen Stich. Wären diese funkelnden Augen und das Lächeln nicht...er war so schmal geworden und wirkte einfach nur schwach und fertig.

Dann kam ihm ein Gedanke. "Rutsch mal rüber." Hannes war aufgestanden und deutete Mark an, sich nach hinten an die Rücklehne zu schmiegen. Dann hob er die Decke an und legte sich zu ihm. Da das Sofa breit genug war, hatten beide Platz. Sofort schob er seinen Arm zur Seite und forderte Mark auf, sich hineinzulegen. Sehr zögerlich und mit fragendem Blick kam dieser der Aufforderung nach. Hannes musste schmunzeln als Mark endlich in seinem Arm lag. "Du willst alles selbst entscheiden? Gut, da bin ich dabei. Und jetzt kannst du mir erzählen, was du dir so ausgedacht hast."

Mark schien verunsichert, sagte zuerst nichts. Hannes spürte nur den schweren Atem und den Herzschlag an seinem Körper. Wenn er sonst nichts tun konnte wollte er ihm wenigstens zeigen, dass er nicht alleine war. Er fühlte, dass Mark neben ihm extrem verkrampft war, doch langsam entspannte sich sein Freund dann doch und Hannes seufzte leise auf.

"Also?" forderte er ihn nochmals auf und zog ihn näher zu sich. Mark atmete hörbar aus, dachte wohl nach und meinte dann: "Ich werd' mich nochmal der Presse stellen. Allein. Ohne Esti. Und ohne vorgefertigten Text." Es klang noch unsicher, doch Hannes fand diese Überlegung mutig. "Wenn es weitergehen soll, dann muss ich das selber regeln. Und wenn sie mich auseinandernehmen wollen, dann sollen sie das tun." Er machte eine kurze Pause. "Aber ich werde nicht mehr davonlaufen."

Mit so einer Aussage hatte Hannes nicht gerechnet, aber er konnte nicht leugnen, dass ihm dieser Gedanke gefiel, auch, oder besser, obwohl er wusste, wie schwer das werden würde. Mark wollte kämpfen. Das war mehr, als er in dieser Situation überhaupt erwartet hatte. "Ist ein guter Plan. Ein sehr guter." Er strich ihm etwas über die Schulter und Mark wurde still.

So hing jeder seinen Gedanken nach, während Hannes mit seinem Daumen Kreise über Mark's Schulter zog. Natürlich konnte man die Reaktionen der Presse nicht einschätzen, aber auch Hannes würde sich dieses Mal eindeutig positionieren, allen zeigen, dass sie zueinander standen.

Er sah hinunter zu Mark, dessen Kopf leicht an seiner Brust lag und der nun gleichmäßig ein- und ausatmete. Überrascht hob er seinen Kopf an und musste zufrieden schmunzeln, als er registrierte, dass er eingeschlafen war.


FateWhere stories live. Discover now