Kapitel 21: Im Angesicht der Kirishimas

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Kirishimas PoV

Der Raum vor mir war riesig und prunkvoll. Die steinernen Wände waren verziert und die kunstvoll ausgearbeiteten Reliefs erzählten in Bildern eine wahrscheinlich jedem Drachen bekannte Geschichte. Aber viel Aufmerksamkeit konnte ich dem Prunk vor mir nicht schenken. Denn insgesamt acht glühend rote Augenpaare waren auf mich gerichtet.

Die Schuppenfarbe der Drachen variierte in verschiedenen Rottönen, nur zwei von ihnen waren tiefschwarz. Der Drache, der mir direkt gegenüber stand war gigantisch. Seine Schuppen waren an den Rändern zum Teil grau verfärbt, was darauf hindeutete, dass er schon sehr alt war. Seine Augen waren von einem dunklen warmen rot und sahen mich als einziger mit milder Überraschung an, während der Rest gelinde gesagt schockiert von meinem plötzlichen Auftauchen war.

Auch die waren Wachen, die mich verfolgt hatten, waren hinter mir stehen geblieben. Alle schienen überfordert mit der Situation und warteten darauf, dass ich etwas tat.

Ich straffte meine Schultern, die Flügel instinktiv halb ausgebreitet, um zumindest ein bisschen größer zu wirken. Ich atmete noch immer schwer durch den Sprint, den ich soeben zurückgelegt hatte, doch ich musste jetzt etwas sagen. Ich hob das Kinn. „Mein Name ist Eijirou Kirishima. Und ich muss dringend mit euch reden.", dabei fixierte ich den alten Drachen direkt vor mir, von dem ich glaubte, dass es Kurini, also das derzeitige Oberhaupt war.

Ein Kirishima? Das ich nicht lache! Verschwinde du Wurm!, zischte einer der beiden schwarzen Drachen. Seine Augen waren von einem so hellen rot, dass sie fast zu leuchten schienen.

Mashimo. Beruhige dich, kein Grund unhöflich zu werden., sagte der ältere Drache ruhig. Der schwarze Drache namens Mashimo fletschte die Zähne und starrte mich verächtlich an, hielt sich aber an die Anweisung des Obersten. Ich erschauderte. Dies war also Mashimo, derjenige, der die Nachfolge als Oberhaupt antrat. Schon vom ersten Moment an wusste ich, dass ich ihn nur schwerlich von meiner Mission überzeugen konnte. Zum Glück schien Kurini deutlich entspannter zu reagieren.

Tritt näher Eijirou., sagte der Kurini. Er neigte leicht den Kopf ein wenig und betrachtete mich gutmütig, als ich ein paar Schritte vortrat.

Aber Oberster., sagte ein weiblicher Drache zu meiner linken vorsichtig. Das Rot der Drachendame hatte einen kupfernen Schimmer und ihre Stimme war beinahe sanft. Da wurde mir bewusst, dass ich zum ersten Mal bewusst einem Drachenweibchen begegnete und ich musterte sie aufmerksam. Alles in allem wirkte sie graziler als die Drachen, die ich bisher kannte, was aber auch dem Umstand geschuldet sein konnte, dass sie noch sehr jung war. Mashimos Einwand ist durchaus gerechtfertigt. Es gibt keinerlei Beweise, dass er tatsächlich einer von uns ist. Ist es nicht ein wenig leichtfertig, ihn einfach so in unserer Mitte zu dulden? Wie kann es überhaupt sein, dass plötzlich ein Halbmensch in unserer Mitte steht?

Als ich ihre Worte vernahm, begann ich wieder fieberhaft nach einem Argument zu suchen, dass sie von meiner Identität überzeugen konnte. Doch natürlich hatte ich nach wie vor keins. Ich kaute nervös auf meiner Unterlippe und wollte gerade ansetzten etwas zu sagen, als mich das Oberhaupt des Herrscherclans unterbrach.

Es gibt durchaus einen Beweis, Hesaya. Seinen Namen. Eijirou.

Verblüfft schaute ich auf. „Wie meinst du das?"

Ein kleines Lächeln umspielte das Maul des Oberhauptes. Du bist der Sohn meines Bruders, Kleiner. Leider ist es Karano nicht mehr vergönnt dich kennenzulernen. Aber er hat mir seinen kleinen Trip ins Menschenreich gestanden, obwohl wir eigentlich gesagt hatten, dass wir es nicht mehr tun würden. Er war schon immer der Draufgänger von uns. Er zwinkerte mir zu. Und er erzählte mir, dass er deiner Mutter gesagt hatte, sie solle dich Eijirou taufen. Es besteht kein Zweifel. Du bist es, denn niemand sonst außer mir wusste davon.

Obwohl mich bei seinen Worten pure Erleichterung durchströmte, stiegen mir Tränen mir in die Augen, aber ich hielt sie zurück. Obwohl ich meinen Vater nie kennengelernt hatte, hatte ich immer darauf gehofft ihn kennenzulernen und dass ich es jetzt nicht konnte schmerzte mich.

Warte! ER ist Karanos Sohn?, fragte Mashimo aufgebracht. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen und ein leises Knurren entfuhr seiner Kehle.

Ich spürte wie sich die anderen unruhig regten, verstand die Aufregung darum aber nicht ganz. Allein der Älteste blieb ruhig und schien Mashimos aggressives Verhalten nicht weiter zu beachten. Ja, Mashimo. Er ist dein Cousin.

Ich musterte den schwarzen Drachen nun doch ein wenig interessiert. Noch so ein naher Verwandter. Doch von Mashimos Seite spürte ich nur puren Hass. Wenn ich jedoch die anderen Mitglieder des Clans anschaute, teilten sie seine Abneigung nicht. Im Gegenteil sah ich Neugierde und Freude, ein neues Familienmitglied zu begrüßen. Ich atmete erleichtert aus, als ich feststellte, das Mashimo der einzige war, dem mein Auftreten aus irgendeinem Grunde ziemlich gegen den Strich ging.

Also Eijirou. Es tut mir leid, dass es dir so schwer gemacht wurde zu uns vorzudringen. Um ehrlich zu sein, hat keiner von mehr damit gerechnet, dass wir jemals einen Halbmenschen aus unserer Familie empfangen können. Selbst ich hätte es nicht gedacht, nachdem die Menschen bisher jeden einzelnen unserer halb menschlichen Nachkommen getötet hatten., er seufzte und ein Hauch von Bitterkeit, hatte sich in seine Stimme geschlichen. Umso glücklicher bin ich, dass ausgerechnet du, mein Neffe, überlebt hast. Aber du hast diesen Weg, all diese Hindernisse, bestimmt nicht nur auf dich genommen, weil du uns kennenlernen wolltest, nicht wahr?

Ich nickte und wurde mir auf einmal bewusst, dass dies genau der Moment war, auf den ich mich die ganze Zeit vorbereitet hatte und mein Herz setzte vor plötzlicher Aufregung einen Schlag aus. Jetzt musste ich sie überzeugen. Ich musste ihnen klarmachen, warum das Verhältnis zwischen Menschen und Drachen so gestört war. Musste ihnen erklären, wie es zu den Missverständnissen zwischen den Kulturen gekommen war und dass wir diese Zeit hinter uns lassen mussten.

Ich atmete tief durch, ehe ich anfing zu sprechen. Ich hatte den Unterricht des Ordens teilweise nur mit einem Augenrollen ertragen, wenn es um Rhetorik und Argumentation ging. Doch in dieser Situation war ich froh, dass ich nicht groß über meine Formulierungen nachdenken musste, da ich sie schon so oft wiedergegeben hatte.

Während ich sprach, ließ ich den Blick über die Anwesenden wandern. Sie hörten mir aufmerksam zu und unterbrachen mich nicht. Dennoch sah ich die leichte Skepsis in ihren Augen. Aber ich sprach weiter. Ruhig, bedachtsam und dennoch eindringlich. Ich musste ihnen klarmachen, wie wichtig mir die Angelegenheit war.

Nachdem ich die letzten Worte meiner Ausführung gesprochen hatte, herrschte eine Zeit lang Totenstille in dem Thronsaal. Etwas unruhig faltete ich die Flügel, als ich auf ihre Reaktion wartete. Jetzt würde sich entscheiden, ob sich meine Reise gelohnt hatte.

Das sind interessante Ansichten, Eijirou., sagte Kurini schließlich und mein Herz hämmerte hoffnungsvoll in meiner Brust, als er es nicht sofort ablehnte. Ich finde durchaus, dass das alles eine Überlegung wert ist. Wir alle haben Drachen, die uns nahestanden, in diesem Krieg verloren. Und wenn du mir versicherst, dass ein Frieden möglich und sogar von den Menschen gewünscht ist, dann bin ich der letzte, der sich dem in den Weg stellt.

Ein Grinsen machte sich auf meinem Gesicht breit. Hatte ich es gerade wirklich geschafft, einen Herrscherclan von mir zu überzeugen?

Doch dann zuckte ich zusammen, als ich das tiefe Knurren zu meiner Seite hörte. Mashimo hatte die Zähen gefletscht und seine Augen glühten nun geradezu vor Hass. Nur über meine Leiche!, fauchte der schwarze Drache. Er zitterte vor Wut und wendete sich den Zuhörenden zu. ICH bin das zukünftige Oberhaupt diese Clans! Und ich lasse niemals zu, dass wir einfach vergessen, was sie uns angetan haben! Den Drachen! Unserem Clan! Meinem Vater! Ich lasse nicht zu, dass wir uns von einem dahergelaufenen Halbmenschen, der keine Ahnung von unserer Kultur hat, sagen lassen wie wir unsere Kämpfe auszutragen haben!

Ich schluckte, als er sich wieder expliziert mir zuwandte. Und ganz besonders lasse ich nicht zu, dass so jemand mir die Position als Nachfolger des Oberhauptes streitig macht. Ob Cousin oder nicht., knurrte er gefährlich leise.

Meine Augen wurden groß, als mir klar wurde, wie er das meinte. Es war unser Familienstamm, der die Position des Oberhauptes innehatte. Wenn Mashimo als Neffe Kurinis die Nachfolge antrat, hieß es, dass dieser selbst keine Nachkommen hatte. Und jetzt wurde mir klar, warum er mich vom ersten Moment so gehasst hatte.

Mashimo und ich waren beide gleichfalls als Nachfolger qualifiziert.

DRACHENBRUT II (Kirishima x Bakugou)Where stories live. Discover now