Kapitel 8: Zerstörung

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Bakugous PoV

Als ich am nächsten Morgen aufwachte runzelte ich kurz verwirrt die Stirn, ehe mir einfiel, wo ich war. Eine Bewegung erweckte meine Aufmerksamkeit. Red hatte sich halb auf mich gelegt, die Beine mit meinen verschränkt, den Arm um meine Brust geschlungen. Der Halbdrache hatte sein Gesicht in meiner Halsbeuge vergraben und sein rotes Haar fiel ihm wie ein Vorhang über die Augen.

Ich lächelte und strich ihm eine Strähne aus der Stirn. Als wir gestern aus dem Wald zurück ins Lager kamen, hatte Telana uns mit einem verschmitzten Grinsen gefragt, was mir gemacht haben. Der Halbdrache war so heftig errötet, dass es keine Worte mehr brauchte. Ich schmunzelte, als ich daran zurückdachte.

Red blinzelte verschlafen und seine langen dunklen Wimpern kitzelten an meinem Hals. Er sah müde zu mir auf und bemerkte, dass ich wach war. Ein kleines verschlafenes Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Guten Morgen.", flüsterte er leise mit einer tiefen Morgenstimme, bevor er sich ein wenig hochstützte und mir einen kleinen Kuss gab.

Ich schloss kurz die Augen und erwiderte die zärtliche Geste, bevor ich mich ebenfalls auf die Ellenbogen stütze und Red damit zwang ein wenig abzurücken. Ich schaute mich im Lager um. Das Feuer war längst niedergebrannt und zwischen den Decken auf der anderen Seite erspähte ich kupferrotes Haar. Doch Taran sah ich nirgendwo.

„Wo ist Taran?", fragte Red verschlafen, als er sich ebenfalls aufsetzte.

Doch bevor ich antworten konnte, kam der der Schlüsselhüter aus dem Wald zurück. Fragend hob ich eine Augenbraue.

Er zuckte mit den Schultern. „War nur kurz austreten. Und im Gegensatz zu euch, meine ich damit auch genau das."

Red wurde wieder rot. Es war irgendwie süß, dass ihm das so peinlich war.

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Nach einem kurzen Frühstück machten wir uns wieder auf den Weg. Den Kuma ließen wir hinter uns und wir zogen entlang der Bergkette nach Osten, wo sich das Dorf befand. Wir verließen somit den grünen und von Bäumen umsäumten Bereich, der sich rund um den Fluss befand und die Ebene wurde immer karger.

Ich scannte aufmerksam die Landschaft vor mir. Das betroffene Dorf war winzig klein und war quasi auf keiner Karte verzeichnet, müsste aber schnell ausfindig zu machen sein, wenn es sich nicht in den Bergausläufern versteckte. Wir ritten nun schon einige Stunden, daher konnte es nicht weit sein. Mein Blick schweifte nach links zu den Bergen und ich kniff die Augen zusammen, als ich eine kleine Rauchfahne bemerkte. Ich hielt mein Pferd an.

„Dort!", sagte ich ruhig und zeigte auf den Rauch, der sich kaum vor den sonnenbeschienenen Bergen abzeichnete.

Wir trieben unsere Pferde an und galoppierten auf die Lücke zwischen zwei Hügeln zu, hinter denen wir das betroffene Dorf vermuteten. Doch was wir hinter den kleinen Bergen sahen, ließ keinen von uns kalt. Wir hielten unsere Pferde an und starrten entsetzt auf das Bild der Zerstörung direkt vor uns.

Die Häuser der Einwohner waren zerstört. Das Holz war zum großen Teil verbrannt und das übriggebliebene rußgeschwärzt und in einer Weise zersplittert, die von großer Krafteinwirkung zeugte. Das Kopfsteinpflaster war aufgerissen und die Steine in alle Richtungen zerstreut. Und dann waren da die Leichen. Männer. Frauen. Kinder.

Ich spürte wie meine Hände begannen zu zittern, als mich die Bilder aus meiner Kindheit einholten. Mein Dorf, so ähnlich wie dieses nur um einiges größer, war auf dieselbe brutale Weise zerstört worden. Außer mir hatte kaum einer überlebt, auch nicht meine Eltern, deren Ermordung ich mit eigenen Augen ansehen musste. Wäre der Drachentöter All Might nicht gewesen und hätte den verantwortlichen Drachen nicht getötet, hätte ich mich dasselbe Schicksal ereilt. All das war der Grund gewesen, warum ich so ehrgeizig meine Ausbildung verfolgt und so verbittert die Drachen gehasst und gejagt hatte. Während meiner gesamten Zeit als Drachentöter, hatte ich nie wieder solche Zerstörung gesehen, da es mir immer gelungen war, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen. Und nun, nach all den Jahren, stand ich hier. Mein Wissen hatte sich erweitert, meine Ansichten sich geändert und dennoch spürte ich die tiefsitzende Verzweiflung von damals und den Hass in mir hochkommen.

„Alles in Ordnung, Bakugou?", hörte ich Taran hinter mir fragen. Erst da bemerkte ich, dass ich abgestiegen und langsam auf das Bild der Zerstörung zugegangen war. Der Schlüsselhüter legte eine Hand auf meine Schulter, um mich zurückzuhalten.

„Lass mich los!", fauchte ich ihn an, bemerkte aber, dass meine Stimme leicht zitterte. Taran nahm seine Hand von meiner Schulter und hob sie abwehrend in die Höhe.

„Red?", fragte ich leise.

Sofort war er bei mir und zog mich ein wenig von den anderen weg, ehe er die Arme um mich schloss. Ich schloss die Augen und vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge. Tief atmete ich ein und der vertraute Geruch beruhigte mich langsam. Nach und nach hörte ich auf zu zittern.

„Besser?", fragte er und strich mir beruhigend durch meine blonden widerspenstigen Haare.

Ich nickte leicht und löste mich weit genug von ihm, um in seine besorgten Augen sehen zu können. „Ich hatte einen Flashback."

„Ich weiß.", erwiderte er sanft. „Ich habe auch nicht erwartet, so etwas hier vorzufinden."

„Ich hasse es so schwach zu sein.", knurrte ich mit zusammengebissenen Zähnen.

Red zog verärgert die Augenbrauen zusammen. „Du bist nicht schwach. Nicht im Geringsten. Ich kenne niemanden, der das erlebt hat, mit dem du täglich fertig werden musst, also mach dir keine Vorwürfe." Als ich nicht darauf antwortete, warf er einen kurzen Blick zur Seite. „Hieß es nicht, wir sollten Leute befragen? Hier ist doch keiner mehr."

Ich runzelte die Stirn. Es stimmte. Durch meinen kurzzeitigen Zusammenbruch war ich zu abgelenkt gewesen, um es zu bemerken, aber die Informationen vom Orden passten nicht zu diesem Grad der Zerstörung. Schließlich war noch ein Bote aus diesem Dorf zum Orden geschickt worden, der von diesem Angriff berichtete. Es hieß, es waren einige Häuser zerstört worden und es habe Verletzte und Tote gegeben, aber der größte Teil habe überlebt.

Ich löste mich ganz von Red und trat auf den Eingang des Dorfes zu. Ich sah zu der kleinen Rauchsäule herüber, die uns den Standort des Dorfes verraten hatte. Eine tiefe Falte hatte sich zwischen meinen Augenbrauen gebildet, als ich mich bückte und etwas von der Asche zwischen Daumen und Zeigefinger verrieb.

„Sie ist warm.", flüsterte ich und sah zu Red herüber, dessen Augen sich weiteten. Die Erkenntnis war auf seinem Gesicht abzulesen: Es hatte einen erneuten Angriff gegeben, und zwar vor noch nicht allzu langer Zeit.

„Wir sollten gehen und dem Rat davon berichten.", sagte Telana nervös.

Doch ehe ich ihr irgendjemand antworten konnte, hörten wir ein tiefes grollendes Brummen, durch das Dorf hallen. Der Drache war noch im Dorf und es hatte wahrscheinlich keinen Zweck davonzustürmen, da er keine Mühe haben würde uns einzuholen.

Ich stand auf und zog instinktiv mein Schwert. Taran tat es mir gleich und schob Telana hinter sich. Red hingegen ging an uns vorbei. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich seinen ernsten gefassten Gesichtsausdruck. Auch wenn es mir nicht gefiel: Das hier war sein Kampf. Der Halbdrache stellte sich vor uns, noch immer in seiner menschlichen Gestalt.

Das dröhnende Grollen des Drachen und seine schweren Schritte kamen näher. Wir hielten alle den Atem als, als schließlich der dunkelgrüne Drache um den Berg herumkam, der  uns bis zu diesem Zeitpunkt die Sicht versperrt, und uns sogleich vor seinen Blicken beschützt hatte. Der lange schlangenähnliche Hals schimmerte in der Sonne, als der Drache seinen eckigen Kopf in unsere Richtung wandte. Dunkelgrüne Augen fixierten uns, als er uns feindselig anstarrte.

DRACHENBRUT II (Kirishima x Bakugou)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt