Kapitel 17 | Nächtliches Gespräch

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Schwach bewegte ich mich geradeaus und sobald ich ein wenig Sicherheit zu meinen wackligen Knien bekam und mein Verstand noch wissen wollte, weshalb Carter derjenige war, der mich nun sicher zurück ins Hotel bringen wollte, wagte ich es, zu fragen: „Wieso tust du das?" 

„Weil ich ein gutes Gewissen habe und dich nicht verrecken lassen will", lachte er, aber mir war nicht nach solchen Witzen zumute. 

„Haha", entgegnete ich sarkastisch und musste weiterhin aufpassen, nicht gegen eine Hauswand zu laufen. „Soll dir doch egal sein, ob ich verrecke, oder nicht." 

„Ist es aber nicht. Pass auf." Er zog mich leicht zu sich und verhinderte damit, dass ich gegen eine Straßenlampe knallte, die ich tatsächlich gar nicht gesehen habe. „Außerdem ist es das Mindeste, was ich tun kann, wenn ich dich schon nicht beim Sturz aufgefangen habe, wie damals in London." 

Ach ja, London. Das war zu der Zeit, wo wir uns in den Haaren lagen und ich ihn kein bisschen ausstehen konnte. Darauf antwortete ich nichts und war froh, als wir in die Metro stiegen und ich dort einen Sitzplatz abbekam. Ich hatte gar kein Zeitgefühl mehr, aber es war bestimmt sehr spät, auf jeden Fall weit nach Mitternacht, also war es relativ ruhig und noch wenige Nachteulen trieben sich herum. 

Ausnahmsweise war es mir sogar egal, was die anderen von mir dachten, wenn sie mich so betrachteten, denn noch hatte ich das Alkohol im Blut. Noch befand ich mich in der „Scheißegal-Einstellung" und außerdem konnten die meisten bestimmt nachvollziehen, wie ich mich fühlte, schließlich waren die meisten schon einmal betrunken gewesen. 

„Alles okay bei dir?", fragte mich Carter, als ich meinen Kopf gesenkt hielt und meine Haare mein gesamtes Gesicht bedeckten. 

„Ja", murmelte ich nur und war nicht in der Stimmung, eine Konversation aufrechtzuerhalten. In Wahrheit war gar nichts okay, aber ich würde ihm ganz sicherlich nicht mein Herz ausschütten. 

Erst als ich den Namen unserer Station vernahm, rappelte ich mich auf und strich mir einzelne Haarsträhnen aus dem Gesicht. Carter warf mir einen mehr oder weniger besorgten Blick zu, sagte aber auch nichts mehr. Still schweigend traten wir ins Hotel und ich schloss die Tür zum Zimmer auf. Ich wäre beinahe in Freudentränen ausgebrochen, als ich das weiche Bett erblickte und ließ mich ohne zu zögern darauf fallen. Ich strampelte nur noch die Schuhe von meinen Füßen und warf die Decke über mich. 

„Ähm... Willst du dich nicht vielleicht erst einmal umziehen... oder so?", schlug Carter mir vor und ich sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. 

„Dazu habe ich keine Kraft mehr. Willst du nicht vielleicht schon gehen?" 

Er schnaubte und konterte mit einer Gegenfrage: „Willst du dich nicht vielleicht bei mir bedanken, dafür, dass ich dich sicher und heile zurückgebracht habe?" 

Mit einem seligen Lächeln auf den Lippen schloss ich meine Augen und war nicht mehr weit davon entfernt, ins Land der Träume zu reisen. „Du hast recht. Danke", brachte ich noch hervor und meinte es ernst. Er hätte dies nicht machen müssen und hat es trotzdem getan, das musste ich ihm hoch anrechnen. 

„Gerne. Und bist du dir wirklich sicher, dass ich gehen soll? Soll ich dir zumindest einen Eimer besorgen und ihn dir ans Bett stellen?" 

„Nein, nein", murmelte ich schläfrig. „Ich brauche keinen Eimer. Und ja, du kannst gehen. Gute Nacht." 

Das Letzte, was ich noch hörte, war ein Knarzen, das zwar nicht nach der Tür klang, aber meine Augenlider waren wie zugeklebt und ehe ich mich versah, befand ich mich bereits im Tiefschlaf. Als ich das nächste Mal wach wurde, spürte ich sofort eine gewisse innere Unruhe, die durch flüsternde Stimmen ausgelöst wurde. Genervt wälzte ich mich auf die andere Seite und versuchte, erneut einzuschlafen, stattdessen wurde ich nur noch wacher und die Stimmen wurden klarer. 

Lumina ✈ Destination: EuropaWhere stories live. Discover now